The Vengeance of She - Cliff Owen (1968)
Verfasst: Sa 17. Mär 2012, 22:57
#3 der Hammer Edition von Anolis
The Vengeance of She (Großbritannien 1968, Originaltitel: The Vengeance of She)
In der Wüste ohne Usch Undress
Carol (Olga Schoberová) irrt scheinbar planlos umher, landet schliesslich auf der Yacht des wohlhabenden George (Colin Blakely). Die junge Frau bleibt Antworten auf bohrende Fragen schuldig, weswegen George sich zunehmend genervt über rätselhafte Verhalten des ungebetenen Gastes zeigt. An Bord befindet sich ein guter Freund des Geschäftsmannes, der Psychologe Philip (Edward Judd) kümmert sich liebevoll um die unsichere und verwirrte Carol. Wenig später kommt es zu einem tragischen Zwischenfall, Carol springt ins Meer, beim Versuch das Mädchen zu retten verstirbt George. Gepeinigt von unerklärbaren Träumen zieht es Carol unaufhaltsam nach Nordafrika, Philip und der Haudegen Harry (George Sewell) folgen ihr, längst hat sich Philip in die blonde Schönheit verliebt. Tiefer und tiefer gerät die von Visionen gepeinigte Blondine in einen dunkeln Strudel, als unerwartet der freundliche Araber Kassim (André Morell) auftaucht und Hilfe verspricht. Doch Kassim ist den Kräften seiner Gegenspieler nicht gewachsen. Tief in der Wüste treibt der mächtige Men-Hari (Derek Godfrey) einen teuflischen Plan voran, sein Herr Killikrates (John Richardson) will um jeden Preis seine grosse Liebe Ayesha zurück, die nach Men-Haris Angaben in Carol wiedergeboren wurde...
1965 produzierte Hammer den unterhaltsamen "She" (Herrscherin der Wüste), ein recht aufwendiger Mix aus Abenteuer und Fantasy, gespickt mit Stars wie Peter Cushing, Christopher Lee und Ursula Andress in der Titelrolle, die Handlung wurde kurz nach dem ersten Weltkrieg angesiedelt. Im Sequel müssen wir auf die grossen Namen verzichten, insgesamt wurde sichtbar weniger Aufwand betrieben, darüber hinaus hat man die Handlung in die Gegenwart verlegt. Dem Werk war wenig Erfolg beschieden, es fiel an den Kinokassen durch, in Deutschland fand die Auswertung gar erst in den neunziger Jahren statt, im ZDF zeigte man den Streifen untem dem Titel "Jung, blond und tödlich" (aus meiner Sicht ein wohlklingender Filmtitel, dennoch unpassend). Viele Freunde konnte der Flick offenbar noch immer nicht gewinnen, im Netz findet man überwiegend verhaltene bis vernichtende Meinungsäusserungen. Während einige Titel aus der vergriffenen Hammer Editon von Anolis hohe Sammlerpreise erzielen, gibt es die DVD zu "The Vengeance of She" noch immer zu überschaubaren Kursen.
Hat der Film diese stiefmütterliche Behandlung tatsächlich verdient? Zugegeben, er gehört sicher nicht zu den besten Produktionen aus dem Hause Hammer. Mich konnte die Sause angenehm unterhalten, gerade weil das Drehbuch naiv bis grotesk aus der Kiste kommt, gleichzeitig aber durchaus solides Handwerk in den Bereichen Kameraarbeit und knuffige Kulissen geboten wird. Dazu noch der Auftakt mit einer Prise typischer Sixties-Atmosphäre, ich kann und will mich dieser liebenswerten Kombination Vorzügen und Unzulänglichkeiten (vorzüglichen Unzulänglichkeiten!?) nicht entziehen. An dieser Stelle eine Warnung! Wer bereits mit "Herrscherin der Wüste" nicht viel anfangen konnte, welcher bei vielen Hammer-Fans sowieso nicht allzu grosse Beliebtheit stösst, der sollte um "The Vengeance of She" lieber einen ganz grossen Bogen machen!
Edward Judd schlägt sich als Held tapfer, mit George Sewell hat er zeitweise ein kantiges Helferlein an seiner Seite. Colin Blakely darf zu Beginn ein wenig schlechte Laune verbreiten, Jill Melford spielt seine besorgte und überraschend tolerante Ehefrau. André Morell wirkte bereits in "She" mit, seine beste Rolle in einem Hammer-Film hat er vielleicht in "The Plague of the Zombies" (Nächte des Grauens) aus dem Jahr 1966. Auch John Richardson war in "She" am Start, seine Darstellung des verzweifelt liebenden und "eigentlich" tragischen Charakters mutet reichlich albern an, trägt vermutlich zum gern dem Film aufgedrückten Stempel mit der Aufschrift "Trash" bei. Richardson kam als Urzeitheld Tumak (One Million Years B.C. aka Eine Million Jahre vor unserer Zeit, 1966) nicht unbedingt talentierter rüber, gleichwohl ist er auf eigenwillige Art sympathisch und wird nie zur Nervensäge. Derek Godfrey fällt die Aufgabe des intriganten und machtbesessenen Bösewichts zu, er tritt damit das Erbe des grandiosen Christopher Lee an. Freilich kann er sich zu keiner Zeit mit der majestätischen Arroganz und Präsenz eines Christopher Lee messen. Legt man diesen Maßstab jedoch nicht an, macht die verschlagene Darbietung Godfreys fraglos Freude, also Daumen hoch. Noel Willman tritt als Gegenspieler des Herrn Godfrey an, interessanterweise gesteht man seinem Charakter eine gewisse Ambivalenz zu, was bei Godfrey nicht der Fall ist. Ursula Andress wurde von Olga Schoberová (unter dem Namen Olinka Berova aufgeführt) beerbt. Frau Andress war nie eine grosse Schauspielerin, hatte aber jede Menge Sexappeal im Gepäck, nicht ohne Grund ist sie als das erotischte aller Bond-Girls in die Filmgeschichte eingegangen. Ursula Andress musste nicht viel tun, bereits ihre Anwesenheit verlieh jeder Szene prickelnden Qualitäten. Olga Schoberová fehlt die Präsenz einer Usch Undress, sie ist fraglos ebenfalls eine Schönheit, aber dabei bleibt es dann auch. Gestört hat mich die "harmlose Lieblichkeit" der Schoberová nicht, sie passt prima in dieses kleine Filmchen. In den Gemächern des verborgenen Wüstenreichs treiben sich einige andere Schönheiten herum, Danièle Noël sticht hervor, ein echter Leckerbissen.
Es gibt unzählige Gründe diesen Film in der Luft zu zerreißen. Ein an den Haaren herbeigezogener Plot, hier und da mittelprächtige Akteure, im Vergleich zum Vorgänger wurden die Schauwerte deutlich reduziert. "The Vengeance of She" bleibt im Bodensatz des Hammer-Kosmos stecken, eine Zielscheibe für Nörgler, Skeptiker und Miesepeter. Nur für Nörgler, Skeptiker und Miesepeter? Sicher nicht, auch so manche Fanbrille wird während der Sichtung des Streifens beschlagen. Auch mein DVD-Player wird diese Scheibe erst in einigen Jahren erneut begrüßen, es gibt unzählige Hammer-Produktionen die einen weitaus grösseren Unterhaltungswert bieten, die in jeder Hinsicht stilsicherer angelegt, besetzt und ausgeführt wurden. Trotz allem hat der Film Charme, übt mit seiner unrunden und nahezu infantilen Art einen gewissen Reiz auf mich aus (kein Wunder, wenn man nicht mehr alle Latten am Zaun hat).
An der Anolis-DVD gibt es nicht viel zu kritisieren, die Bildqualität ist brauchbar, die Boni machen Laune, ein Booklet rundet den positiven Eindruck ab. Die Hammer Edition des Labels umfasst 20 Titel, darunter Klassiker, Geheimtipps und fast vergessene Werke aus der zweiten und dritten Reihe. Für Fans und Sammler unverzichtbar, teils nur noch zu Wucherpreisen erhältlich, Importe oder Geduld (zukünftige BD-Auswertungen einiger Titel!?) sind die Alternativen. Wie bereits erwähnt erfreut sich die DVD zu dem hier kurz vorgestellten Film keiner grossen Nachfrage, daher werden nur wenige Taler fällig.
6/10
Lieblingszitat:
"Ich höre das Schlagen von schwarzen Flügeln."