Handlung:
Drei Bankräuber (unter ihnen Ray Lovelock) befinden sich nach einem brutalen Überfall auf der Flucht vor der Polizei. Sie kommen zu einem abgelegenen Strandhaus, bewohnt von einer Nonne (Florinda Bolkan) und fünf ihrer Klosterschülerinnen, nisten sich in diesem ein und machen durch Psychoterror der ärgsten Sorte das Leben der Frauen zur Hölle auf Erden. Als ein gewisser Punkt erreicht ist, sieht sich Schwester Florinda gezwungen handgreiflich gegen die drei Männer vorzugehen…
Kritik:
Gott, war dieser Film vielleicht unangenehm! Allerdings nicht auf eine verwerfliche Weise. Franco Prosperi wollte sichtlich einen unangenehmen Film erzeugen und dies machte er mit filmischen Mitteln, die teilweise so genial sind, dass ich mich vor dem Typen verbeugen muss, während ich ihm zürne, dass er mich um meine Nachtruhe gebracht hat.
Also wie hat er es geschafft, dass mich dieser fiktive Film so mitgenommen hat? Nun, beispielsweise damit, indem er anfangs die Erwartungen in Sachen Gewalt herunterschraubte (wir erinnern uns an „Greta – Haus ohne Männer“, wo selbige Taktik zu Einsatz kam). Der Film beginnt mit einem Banküberfall, bei dem die Kamera ständig auf den Boden gerichtet ist, so dass man die Brutalität der Räuber nicht so stark wahrnimmt. Gefolgt wird diese Szene von einer Einstellungsfolge in der die fünf Klosterschülerinnen am Strand sitzen und ihre Bikinis aufmachen, ohne dass man auch nur eine einzige Brustwarze sieht (für einen italienischen Film äußerst ungewöhnlich). Beide Szenen sind gut gemacht und erfüllen ihre Zwecke (die Räuber böse und die Mädchen sympathisch darzustellen), aber sie erwecken auch die Vermutung, dass sich der Regisseur wenig traut und auf grafische Szenen gänzlich verzichtet…eine Vermutung die täuscht und wie diese Vermutung täuscht.
Raubüberfall und fröhliche Klosterschülerinnen hintereinander zu zeigen hat auch den Sinn, dass beim Zuseher sofort die Angst geweckt wird, dass die skrupellosen Mörder aus Szene 1 und die bezaubernden Unschuldsengel aus Szene 2 früher oder später (Spoiler: FRÜHER!
) aufeinandertreffen werden, was gleich zu Beginn eine Spannung weckt, die sich durch den ganzen Film ziehen wird.
Der Film verfügt über einen kongenialen Schnitt, der Szenen, in denen nichts geschieht, nervenzerreißend und Szenen, in denen etwas geschieht, nahezu unerträglich macht. Wenn beispielsweise eine Figur fast den Killern entkommt oder fast umgebracht wird, dann werden wir erst mal im Ungewissen gelassen, und es wird plötzlich auf ein ruhiges Szenario oder ein banales Gespräch geschnitten, während dem wir natürlich aufgewühlt hin- und her-wippen, weil wir endlich wissen wollen ob Sherry Buchanan eh OK ist. Wenn auf der anderen Seite eine Szene besonders grausam ist (bleiben wir bei Sherry), dann hat Prosperi nicht den geringsten Skrupel uns die entsetzlichen Geschehnisse gleich zweimal hintereinander zu zeigen, was im letzten Akt einige quälende Sequenzen zur Folge hat.
Was den Film auch umso ergreifender macht, ist die Tatsache, dass er, obgleich spannend vom Anfang bis zum Schluss, auf alberne oder nur der Unterhaltung dienende Elemente großräumig verzichtet. Am DVD-Cover wird er als Antwort Italiens auf „Das letzte Haus links“ beschrieben (nein, das ist immer noch „Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien“). Bleiben wir bei dem Vergleich: Die verstörenden Szenen gehen bei beiden Filmen gleich schwer unter die Haut, aber wogegen „Das letzte Haus links“ zwischen den Downern zwei murrende Polizisten einfügt, die sich mit einer Hühnerlastwagenfahrerin herumstreiten, befindet sich zwischen den verstörenden Szenen in „Verflucht zum Töten“ gar nichts. Keine Lacher, keine Ablenkung, ständig akute Gefahr.
Man kann auch voll und ganz hinter der Nonne und ihren Schülerinnen stehen. Prosperi hat das Wunder vollbracht fünf junge schöne Frauen gleichzeitig einzuführen und ihnen trotzdem einzelne individuelle glaubhafte und gleichzeitig sehr sympathische Persönlichkeiten zu geben. Besonders hofft man selbstverständlich, dass Sherry Buchanan möglichst unbeschadet aus der Angelegenheit herauskommt. Nur leider weiß der skrupellose Prosperi, dass man das hofft.
Sämtliche Darsteller sind hervorragend und sorgen dafür, dass dem Film zu allem Übel (im positiven Sinne) auch noch eine realistische Glaubwürdigkeit anheftet. Die Bankräuber sind unheimlich bis zum Gehtnichtmehr, wir haben Mr. Rapist (Stefano Cedrati), Mr. Psycho (Flavio Andreini) und Ray Gold, der anfangs so tut als wäre er der Räuber mit dem Herz aus Lovelock, aber genauso gut der Schlimmste von den drein sein könnte. Die Besetzung von Schwester Nicht-Flavia mit Florinda Bolkan hätte nicht besser sein können. Die Gutste ist in meinen Augen eine der talentiertesten und coolsten Schauspielerinnen, die Italien zu bieten hat, und obwohl sie als liebevolle Nonne vollkommen überzeugt, zweifle ich keine Minute daran, dass sich das Blatt wenden kann und sie die drei Mörder fertig machen wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieser Film nicht so gekonnt entsetzt, weil die Inhalte der Szenen so furchtbar sind. Sie sind es zweifellos, aber in anderen Filmen wirken dieselben Inhalte nicht halb so mitreißend. Denken wir einfach daran, dass das Schicksal Sherry Buchanans, über das ich mich die gesamte Kritik lang so aufgeregt habe, so ähnlich ist wie das von Mariangela Giordano in „Patrick lebt!“. Nur wo mich Landis Film in dieser Szene völlig kalt ließ, bin ich bei Prosperis Werk absolut bestürzt. Es ist also nicht das, was gezeigt wird, sondern wie es gezeigt wird: Prosperi lässt uns in den richtigen Momenten im Ungewissen; er wiegt uns manchmal in Sicherheit; er konzentriert sich auf das Wesentliche; wenn er zuschlägt, dann schlägt er richtig zu; er macht die Opfer liebenswert und die Täter skrupellos und dies ist es, was „Verflucht zum Töten“ so bewegend macht.
Objektives Fazit: Dadurch, dass Franco Prosperi einerseits absolut unbarmherzig ist und keinen Skrupel hat die Zuseher zu quälen, andererseits aber auch eine große Kunstfertigkeit, was das Filmemachen betrifft, besitzt und die filmischen Mittel perfekt gezielt einzusetzen weiß, wird „Verflucht zu Töten“ zu einem Film, der durchgehend nervenzerreißend spannend und streckenweise unangenehm ist. 10/10
Subjektives Fazit:
SHERRY!!!!
Warum nur? Sherryyyyyyyy!!!