Tom Nilson (Thomas Hunter) nimmt in seinem Büro in Rio mit letzter Kraft einen Bericht auf Tonband auf. Nur er kann über die mysteriösen Umstände des Absturzes einer kleinen Chartermaschine berichten, die irgendwo im brasilianischen Urwald verloren ging. Da sich herausstellte, dass ein Pasagier, der Bankpräsident Ruprecht (Siegfried Schürenberg), wertvolle Juwelen überführen sollte, schaltete sich eine Verbrecherorganisation ein, die die Beute rücksichtslos an sich bringen wollte. Zwar hatten alle Fluggäste den Absturz überlebt, doch es kam dennoch zu lebensgefährlichen Komplikationen, die im Urwald lauern. Wer hat den Kampf ums Überleben gewonnen und kann Nilson seine Informationen rechtzeitig weiter geben..?
Jess Francos
"X 312 - Flug zur Hölle" ist angesichts des Gesamt-Ergebnisses ohne jeden Zweifel einer seiner angepassteren Filme geworden, und man bekommt einen hohen Unterhaltungswert geboten, da der Regisseur zu jener Zeit auch noch nicht so kopflastig inszenierte. Zu sehen sind bereits viele Ansätze seiner später immer deutlicher werdenden Handschrift, wobei das alles hier noch sehr verhalten wirkt. Der Spielfilm schafft es, einen überzeugenden, wenn auch nur vagen Spannungsbogen aufzubauen und zu transportieren, er wirkt relativ klar im Aufbau und es kommt zu sehr begrüßenswerten Überraschungsmomenten. Betrachtet man die Besetzung, so gehen einem hier vor Freude die Augen über, vor allem, weil die bunte Mischung auch noch hauptsächlich zu überzeugen weiß. Franco erklärte in einem Interview, dass ursprünglich Susann Korda für weibliche Hauptrolle vorgesehen war, die schließlich von Gila von Weitershausen ersetzt wurde, da die Spanierin kurz vor Drehbeginn tödlich verunglückte. An dieser Information bleibt man gedanklich immer wieder hängen, wenn man sich vorstellt, welchen Reiz die atemberaubende Susann Korda dieser Geschichte zusätzlich gegeben hätte. Schön und gut, Franco lässt also schon einmal die Turbinen warm laufen, und der Flug in die grüne Hölle kann losgehen, der sich immer wieder mit obligatorischen, schönen Landschaftsaufnahmen schmückt und durchaus ein spezielles Flair vermitteln kann.
Thomas Hunter als Berichterstatter der Geschichte, die als Film eine komplette Rückblende darstellt, wirkt recht überzeugend, vor allem aber agil, so dass er dem Szenario einen deutlichen Stempel aufdrücken kann. Die schöne und darstellerisch sehr stichhaltige Esperanza Roy, hier unter anderem zuständig für die erotischen Momente, darf man von oben bis unten in ihrer besten Verfassung bestaunen, im Gegensatz zu Kollegin Gila von Weitershausen, die hier eine 08/15-Nummer abspult. Franco erwähnte, sie sei zu den Dreharbeiten sehr angeschlagen gewesen, da sie angeblich unter Drogen gestanden haben soll, genau wie wohl ihr Filmpartner Hans Hass jr., den man auch schon deutlich lebendiger gesehen hat. Auch die hochverehrte Ewa Stroemberg, die ja stets einen Grund zum Jubeln darstellt, bleibt weit unter ihren Möglichkeiten als nervende und oberflächliche Mrs. Wilson. Fernando Sancho als abstoßender Gauner spielt wie immer bemerkenswert, er wird im Gedächtnis bleiben, genau wie Howard Vernon als Boss der Dschungel-Clique. Mit Goldkette, Schnapsflasche in der einen, und Gespielin in der anderen Hand, wirkt er wie ein übler Zuhälter, der sich später noch genüsslich lesbische Liebesspiele zwischen Beni Cardoso und der frisch eingefangenen Esperanza Roy anschauen wird. Die Stammbesetzung rundet Paul Muller in einer kleinen Rolle ab, und Siegfried Schürenberg sorgt für einen Hauch von anderen darstellerischen Sphären. Tolle Runde, es geht kaum besser!
Mit seiner spartanischen Ausstattung und einigen einkopierten Bildern wirkt
"X 312 - Flug zur Hölle" natürlich nicht gerade besonders hochwertig und es sieht tatsächlich so aus, als sei der Film auch recht schnell hergestellt worden. Die wenigen Räumlichkeiten sehen beinahe aus wie Steinzeithöhlen, der Flugzeugabsturz stellt keine inszenatorische Meisterleistung dar, die Dialog-Arbeit ist schon sehr simpel veranstaltet worden, man möchte beinahe sagen etwas einfältig geraten, was aber natürlich auch Spaß machen kann. Wie erwähnt gibt es auch erotische Sequenzen, die hier noch wirklich sehr ästhetisch wirken (dank Esperanza Roy) was Jess Franco in späteren Jahren ja leider häufiger verloren ging. Für das Produktionsjahr und Francos damalige Verhältnisse wirkt der Film recht brutal bei den Ermordungsszenen, vor allem durch das Entledigen der Leichen im Dschungel, wenn man zum Beispiel einkopierte Bilder von heranschwimmenden Krokodilen sieht. Es werden also ungewöhnlich viele Köpfe rollen, außerdem bekommt man noch einen ganz ordentlichen Whodunit-Effekt geboten, den man vom spanischen Regisseur meistens ja nicht gerade gewöhnt war. Musikalisch wirkt die ganze Chose eher unauffällig, die Musik von Wolf Hartmayer und vor allem Bruno Nicolai wirkt im Wesentlichen unspektakulär. Im Endeffekt sieht man mit
"X 312 - Flug zur Hölle" einen eher untypischen Franco, der aber genau wie etliche seiner anderen Arbeiten wirklich gut unterhalten kann, auch wenn hier und da manchmal scharenweise Patzer auftauchen. Charme und Trash, eine stets günstige und unterhaltsame Mischung!