Seite 1 von 1

Lady Blood - Jean-Marc Vincent

Verfasst: Mi 3. Okt 2012, 22:32
von horror1966
Bild




Lady Blood
(Lady Blood)
mit Emmanuelle Escourrou, Philippe Nahon, Serge Riaboukine, Shirley Bousquet, Luc Shiltz, Lola Giovannetti, Frans Boyer, Philippe Chain, Xavier Gens, Abel Jafri, Julie Nicolet, Richard Sammel, Bruno Solo
Regie: Jean-Marc Vincent
Drehbuch: Hubert Chardot / Emmanuelle Escourrou
Kamera: Thibaud Danton
Musik: Keine Information
Leine Jugendfreigabe
Frankreich / 2008

Yanka, die als junge Frau einst Schreckliches durchmachen musste, hat ihr Leben inzwischen im Griff: Sie ist verheiratet, hat eine süße Tochter und arbeitet als Polizistin. Die dunklen Schatten ihrer Jugend scheinen überwunden. Doch plötzlich passiert Merkwürdiges in der Stadt. Eine übel zugerichtete Leiche nach der anderen wird aufgefunden, und während alle Welt an das Werk eines wahnsinnigen Serienmörders glaubt, hat Yanka einen schrecklichen Verdacht: Die Dämonen ihrer Vergangenheit sind zurückgekehrt, um sie zu jagen!


Bei "Lady Blood" handelt es sich um das offizielle Sequel des 90er Jahre Low Budget Films "Baby Blood", was es zwar nicht zwingend erforderlich, aber doch ratsam erscheinen lässt, wenn man sich im Vorfeld den ersten Teil dieser Geschichte anschaut, da es ansonsten eventuell zu leichten Verwirrungen oder Irritationen kommen könnte. Zwar werden zu Beginn einige Zeitungsausschnitte gezeigt, die auf das Geschehen vor 20 jahren eingehen, aber wenn man den ersten Teil nicht gesehen hat, kann man nicht unbedingt viel damit anfangen. Auch die hier in Szene gesetzte Weiterführung der Geschichte dient nicht unbedingt dazu, Verwirrungen vorzubeugen, denn einige Passagen erscheinen einem ohne Vorkenntnisse doch etwas zusammenhanglos, so das es teilweise recht schwierig ist, durch alles so richtig hindurchzusteigen.

Und trotzdem bekommt der Zuschauer eine doch äusserst spannende Story präsentiert, in der auch die damalige Hauptdarstellerin Emmanuelle Escourrou wieder die Hauptrolle spielt und im Laufe der Zeit von den Schatten ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Denn auch, wenn die Polizei bei den begangenen Morden von den Taten eines wahnsinnigen Serienkillers ausgeht, weiss Yanka es besser und hegt schon äusserst früh den Verdacht, das die Morde mit ihrer Vergangenheit zusammenhängen. So entwickelt sich mit der Zeit eine recht temporeiche und spannende Story, die insbesondere durch eine sehr dichte und bedrohliche Atmosphäre auffällt. Und auch in Sachen Härte hat Regisseur Jean-Marc Vincent nicht gerade gegeizt, denn es gibt so einige Einstellungen, die äusserst blutig und auch derbe in Szene gesetzt sind. Man sollte allerdings zu keiner Zeit ein regelrechtes Splatter/Gore Spektakel erwarten, vielmehr sind die angesprochenen Passagen gut über die gesamte Laufzeit verteilt worden.

Trotzdem gibt es auch immer wieder kleinere Phasen, die den Eindruck von Langatmikkeit entstehen lassen, scheinbar belanglose Dialoge und verwirrend daherkommende Bildeinstellungen können durchaus dafür sorgen, das einen das Gefühl überkommt, ein Kapitel übersprungen zu haben. Das sind dann die Phasen des Films, in denen es wichtig wäre, wenn man den Vorgänger gesehen hätte, um die genauen Zusammenhänge für sich selbst herzustellen. Fast zwangsläufig stellt sich auch die Frage, ob es unbedingt sinnvoll war, mit einer Fortsetzung der geschichte geschlagene 20 Jahre zu warten, doch diese Frage muss sich ein jeder selbst beantworten. Nichtsdestotrotz bekommt man eine insgesamt durchgehend spannende und interessante Story-Line präsentiert, deren Spannungsbogen als konstant bezeichnet werden kann.

Das dargebotene Schauspiel bewegt sich in einem soliden Rahmen, ohne das sich ein Darsteller durch eine herausragende darbietung hervortun würde. Am überzeugendsten von allen Akteuren ist immer noch Emmanuelle Escourrou, die in der Rolle der Yanka durchaus überzeugen kann, wohingegen ihre Kollegen doch eher in den Hintergrund gedrängt werden, da sich der Focus der Geschichte vollkommen auf die Figur der Yanka ausrichtet.


Fazit:


"Lady Blood" ist sicherlich kein schlechter Film, aber es wäre doch sehr ratsam, sich im Vorfeld den Vorgänger "Baby Blood" anzuschauen, um der Story-Line auch ohne Probleme lückenlos folgen zu können. Ein solider Spannungsbogen, eine dichte Atmosphäre und einige härtere Passagen machen diesen Film aber auf jeden Fall sehenswert und lassen über eventuell auftretende Verwirrungen hinwegsehen, die sehr wohl entstehen können, wenn einem der erste Teil der Geschichte nicht bekannt ist.


6/10

Re: Lady Blood - Jean-Marc Vincent

Verfasst: Fr 21. Apr 2017, 19:24
von buxtebrawler
Mit „Baby Blood“ gelang Regisseur Alain Robak 1989 ein kleiner, feiner Low-Budget-Splatter-Klassiker des französischen Kinos. 2008 schließlich überraschte sein Kollege und Landsmann Jean-Marc Vincent mit einer späten, „Lady Blood“ getauften Fortsetzung, die nach drei Kurzfilmen Vincents Spielfilmdebüt darstellte.

Yanka Mansotti (Emmanuelle Escourrou, „Baby Blood“), die einst von einem aggressiven Parasiten befallen war, der sie zum Morden zwang, hat ihre Vergangenheit hinter sich gelassen, eine Familie gegründet und einen Job als Polizistin angetreten. Als plötzlich eine verstümmelte Leiche nach der anderen gefunden wird, konzentrieren sich ihre Kollegen auf die Suche nach einem Serienmörder, doch Yanka weiß es besser. Nicht zuletzt sprechen ihre Alpträume eine deutliche Sprache und sie ahnt: das Böse ist zurück…

Ob es nun eine so gute Idee ist, Jahrzehnte später eine Fortsetzung zu „Baby Blood“ nachzuschieben, sei einmal dahingestellt; zumal die Produktionsumstände nun gänzlich andere waren und man den Tonfall des Films um 180° wendete: vom schwarzen Humor und den Sozialstudien-Anleihen des Originals gibt es hier keine Spur mehr. Die Verknüpfung zu ihm herzustellen tut sich Vincent dann auch schwer, die Kamerafahrt über alte Zeitungsauschnitte jedenfalls reicht nicht für ein Aha-Erlebnis des unbedarften Zuschauers, der möglicherweise nicht einmal weiß, dass es sich hierbei um das Weiterspinnen einer bereits erzählten Geschichte handeln soll. So erinnert „Lady Blood“ dann auch vielmehr an „The Hidden“, wenn das Ungetüm regelmäßig seinen Wirt wechselt. Darüber hinaus wird man Zeuge schlimmer Alpträume, den Funden übel zugerichteter Leichen, einer im Dunkeln tappenden und die Falschen verdächtigenden Polizei sowie einer Nebenhandlung um eine Mafia-Fehde zwischen Pagelli (Serge Riaboukine, „Wolfzeit“) und „dem Korsen“, die zum Anlass fieser Folterszenen genommen wird, in denen Finger abgesägt und die Kniescheibe eines Informanten geflext sowie Stacheldraht zweckentfremdet werden.

Archivrecherchen, Erinnerungen einer alten Dame, ein griesgrämiger pensionierter Bulle und die in der Klapsmühle vegetierende Christine Pollack (Bénédicte Mathieu) treiben mit Informationen den Ermittlungsteil der Handlung voran, wobei man trotzdem „Baby Blood“ noch sehr präsent haben muss, um da wirklich durchzusteigen. Yanka und Pollack stehen geistig irgendwie in Verbindung mit dem Parasiten, womit der Film immer wieder Brücken zu den Protagonisten schlägt, auch wenn die Gefahr nicht unmittelbar ist. Ein Einsatz im Swingerclub, einem Mafiaobjekt, offenbart einige entblößte weibliche Oberweiten, bevor Yanka von den Gangstern entführt wird und die Handlung sich nun überschlägt: Nachdem sie in der vorausgegangenen Szene ins Wasser geworfen wurde, ist Yanka in der nächsten schon wieder wohlauf. Auch die Medien haben Wind davon bekommen, dass etwas nicht stimmt und berichten im TV knapp, was geschehen war, während der Parasit unter den Mafiosi wütet und schließlich am Ende seiner Suche angelangt ist, wenn er Yanka gegenübersteht und ihre Tochter bedroht. Wer jetzt ein großes Finale erwartet, wird mit einer nicht recht verortbaren Vergewaltigungsszene überrascht, die Rückblende oder Gegenwart sein könnte. Yankas Erwachen im Krankenhaus drei Monate später lässt auf letzteres schließen, liefe allerdings der Schlusspointe konträr.

So richtig schlau wird man aus „Lady Blood“ nur schwerlich, zu gravierend sind die narrativen Schwächen. Dabei ist der Film ansonsten gar nicht verkehrt: Schauspielerisch ist fast alles im grünen Bereich, der Schnitt ist modern und rasant, die blutigen Szenen sind böse und ansehnlich zugleich und die Atmosphäre hat etwas unheilschwanger Nervöses, Aufgekratztes, was gut zum Inhalt passt. Hätte man sich komplett vom nominellen Vorgänger „Baby Blood“ emanzipiert, statt arg bemüht an ihn anknüpfen zu wollen, hätte ein guter Genrebeitrag das Ergebnis sein können. So bleibt ein unterm Strich nicht wirklich gelungener, dennoch recht solider Streifen für Genre-Fans, die sich an den beschriebenen Schauwerten erfreuen können und deren Fell dick genug ist, sich nicht von der Handlung verwirren zu lassen und die nicht dazu neigen, diese pedantisch auf Ungereimtheiten abklopfen. In der Kritik kommt „Lady Blood“ m.E. gemeinhin etwas zu schlecht weg.