Handlung:
Also: Irgendwo wird ein neues supercooles Metall entdeckt, welches sowohl 100x so radioaktiv wie Uran, als auch für den Menschen total unschädlich ist. Und was tut man, wenn man sowas entdeckt? Richtig: Man formt dieses kostbarste Metall wie einen Zoomer und steckt es auf eine Handkamera drauf. Irgendwie (die detailgenaue Backstory vergaß ich schon im Laufe des Filmes) kommt besagte Kamera an einen Straßenhändler, der sie, nicht von dem wertvollen Material wissend, in Kairo an einen Touristen verkauft. In diese obskure Situation mischt sich England ein, und der Chef des Geheimdienstes, der „Professor“ (der so heißt, weil der Buchstabe „M“ offenbar urheberrechtlich geschützt ist), schickt seinen besten Mann los um den unbekannten Touristen ausfindig zu machen und ihm die Kamera abzuluchsen. Und dieser beste Mann ist niemand anderes als…
James Bond ein Typ namens Martin Stevens (Roger Browne).
Kritik:
Da es wohl keinen anderen Regisseur gibt, der sich mir schon in so vielen unterschiedlichen Genres präsentiert hat wie Umberto Lenzi, verwundert es nicht, dass der gute Mann Mitte der 60er auch den Eurospy-Streifen „Höllenhunde des Secret Service“ fabrizierte, in welchem er ein James-Bond-Klischee nach dem anderen aufgreift und versucht es zu kopieren. Ist ihm das gelungen? Naja…das Teil ist vielleicht ein wenig besser als „Stirb an einem anderen Tag“ würde ich sagen, aber allzu berauschend ist das Endergebnis trotzdem nicht.
Ein Hauptproblem kann ich allerdings beim besten Willen nicht ausmachen, es sind vielmehr eine Fülle von Kleinigkeiten, die durch ihre Quantität in der ersten Hälfte des Filmes noch ziemlich störend wirken, aber man gewöhnt sich dann doch an die kleineren Unstimmigkeiten, womit der Streifen zirka ab der Hälfte zu einem unterhaltsamen Abenteuer-Spaß wird, der im letzten Akt gut bei Laune halten kann. Zudem haben wir in bester „Spasmo“-Manier eine kleine Umstellung zweier Figurenpositionen, welche erstens für ein Bond-Ripp-Off ziemlich originell und zweitens sehr genugtuend war.
Aber beschäftigen wir uns zunächst mal mit den kleinen Problemen in der ersten Hälfte, die einzeln nicht sonderlich ins Gewicht fallen würden: Zunächst mal ist die Vorgeschichte, wie aus meiner Handlungsangabe ersichtlich, recht konfus. Als wäre „100x so radioaktiv wie Uran aber trotzdem vollkommen harmlos“ nicht schon schwer genug zu glauben, wird der Zuseher noch mit einem Verwirrspiel überfordert, bei welchem ich mir nicht ganz im Klaren war, wer die einzelnen verwickelten Parteien sind.
Dann haben wir die nicht gerade feinfühligen Bond-Anspielungen: Der Codename des Protagonisten ist „Agent SuperSeven“. Ernsthaft? Waren Agent 7-Up, Agent ProSieben und Agent David-Fincher-Film zu beschäftigt? Dann wird die Nationalität unseres (um Sheriff Pepper aus „Der Mann mit dem goldenen Colt“ zu zitieren) „englischen Geheimagenten aus England“ noch ständig mit Sätzen wie „Tragen die Frauen hier etwa Waffen mit sich herum, wie wir in England Regenschirme“ betont.
Roger Browne selbst hat den Vorteil, dass er ein ziemlich guter Sean-Connery-Imitator ist, allerdings den Nachteil, dass er weder Connerys Charisma, noch seinen Charme besitzt, ein Makel, der besonders in den Szenen, in welchen er angeblich verführerisch auf Damen wirkt, unangenehm auffällt. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass die drei Frauen, die im Laufe des Filmes mit ihm ins Bett hüpfen, alle ausnahmslos von seinen Feinden dafür bezahlt wurden. Hoffe das gibt dir zu denken, Roger. Schade nur, dass der Film nicht erst in den späten 80ern gedreht wurde, dann hätte man nämlich wahrscheinlich versucht Timothy Daltons Bond nachzuäffen und den mochte ich am liebsten.
Kommen wir zum schönen Geschlecht. Da haben wir zunächst mal eine gewisse Cleopatra, der verpasst Roger aber schon in der Anfangsszene einen Bauchschuss (by the way, ich hab ja nichts dagegen, dass du feindliche Agentinnen niederschießt, aber zuerst mit ihnen kuscheln und sie dann mit einem doofen Grinser in die Hölle schicken ist doch ein wenig harsch, meinst du nicht, Roger?). Und dann haben wir Fabienne Dali als offensichtliches Bond-Girl und Rosalba Neri als offensichtliche Gehilfin der Schurken, der ich vom Anfang an keine großen Überlebenschancen zugetraut habe. Dies bringt mich übrigens auf ein Problem, welches ich mit vielen Bond-Filmen habe: WARUM SIND DIE TOLLEN SCHAUSPIELERINNEN IMMER DIE BÖSEN??? Warum sind in „Man lebt nur zweimal“ die Rollen von meiner Karin Dor und dieser Akiko Wakabayashi nicht vertauscht? Warum sind in „Der Spion der mich liebte“ die Rollen von meiner Caroline Munro und dieser Barbara Bach nicht vertauscht? Wer castet so unsagbar verkehrt?
Und dasselbe scheint in „Höllenhunde des Secret Service“ der Fall zu sein: Rosalba Neri ist toll wie immer, sie ist sympathisch, hat offenbar Spaß beim Drehen, ist energiegeladen und spielt obendrein noch überzeugend. Und daneben Fabienne Dali…humpf. Ich weiß nicht wie sie in anderen Filmen so ist, vielleicht ist sie sonst besser, aber hier… Ihre gesamte Mimik ist immer so unsagbar widersprüchlich: Sie begegnet
Bond Martin Stevens mit einem missmutigen grummeligen Schmollmund und einer sehr unhöflichen Umgangsweise, aber kaum sagt er etwas Nettes, schmilzt sie wie Butter und wechselt in Dauergrinse-Modus. Oder: Als irgendein Typ, den sie nicht kennt erschossen wird, wird sie zappelig und möchte möglichst schnell weg, aber als eine Leiche in ihre eigene Wohnung deponiert wird behält sie ihren gelangweilten Gesichtsausdruck. Oder: Stevens bedroht einen Polizisten mit einer Waffe. Sie ist entsetzt und wirft es ihm vor. Eine Sekunde später schnappt sie sich auch eine Kanone, bedroht ebenso den Polizisten und sieht dabei aus als hätte sie noch Spaß dabei. Den Gipfel bildet ja eine Szene, in welcher Stevens Rosalba Neris Charakter überwältigt und Dali darauf pseudocool meint „Ich pass auf die Kleine auf.“ Nichts gegen dich, Fabienne, aber, du hast nicht das Recht ROSALBA NERI „Die Kleine“ zu nennen. Wenn Rosalba Neri nur wollte, könnte sie dich mit Leichtigkeit niederschlagen und flüchten. Und ratet mal was passiert? Rosalba Neri schlägt Fabienne Dali mit Leichtigkeit nieder und flüchtet. Soviel zu „Die Kleine“.
OK, zwei kleine Probleme fallen mir noch ein: Erstens sind die Schurken nicht sonderlich charismatisch (Bis natürlich auf Claudio Biava, der immer toll ist, weil er Claudio Biava ist
) und zweitens gibt es viele Elemente, deren Sinn sich mir (anfangs) nicht erschließen wollte: Warum ist das Gesicht des Touristen, der die Kamera gekauft hat, immer verdeckt, obwohl wir seine Identität schon kennen? Warum schießt Neris Rolle, die offenbar Stevens umbringen will so ungeschickt daneben? Warum erklärt Stevens Fabienne Dalis Figur (über die er absolut nichts weiß) sofort, dass er ein Geheimagent ist? Warum ist Stevens so dumm und verhört die Schurken, die er zusammengeprügelt hat nicht? Warum sind die Schurken so dumm und töten Stevens nicht, als sie die Gelegenheit haben? Warum sind die Schurken im Motorboot zu dumm dazu eine Kamera zu stibitzen die auf einem Steg in einem See liegt? Warum sind alle so dumm? Und vor allem: Warum spielt Claudio Biava nicht die Hauptrolle, denn Claudio Biava ist toll!
Durch diese vielen kleinen negativen Aspekte wurde erstens meine Kritik wieder ungewollt überlang (großes Lob an alle, die bis zu dieser Stelle gelesen haben
) und die erste Hälfte des Filmes eher mies. Doch zum Glück bessert sich der Streifen, zumindest für meinen Geschmack, ab der Mitte vehement: An viele Störfaktoren wie die eher langweiligen Bösewichter oder Fabienne Dalis Anwesenheit hat man sich mittlerweile gewöhnt; es gibt mehrere und spannender inszenierte Actionszenen; viele Momente aus der Kairo-Hälfte habe ich jetzt schon vergessen aber gegen Ende kommt es zu einigen netten erinnerungswürdigen Szenen; das Erzähltempo ist rasanter; die Schweiz und Italien sind zwei tolle Schauplätze, die ich immer gerne sehe; und Lenzi macht obendrein noch dasselbe, was er Jahre später in „Spasmo“ machen wird, nämlich die Positionen zweier Figuren in der Geschichte stark ändern, was ich, bedenkt man um welche Figuren es sich handelt, als sehr positiv auffasste. Dieser Wendepunkt konnte auch ein paar meiner Fragen beantworten. Nur warum sie Claudio Biava nicht als Hauptdarsteller besetzt haben bleibt unbeantwortet.
Fazit: Durch die erste Hälfte musste ich mich aufgrund vieler störender Kleinigkeiten durch quälen, aber nach einer Dreiviertelstunde gewinnt der Film an Fahrt und wird zu einem unterhaltsamen kleinen Erlebnis. Rosalba Neri ist gut wie immer und Claudio Biava wieder mal zu sehen freut auch. 6/10
P.S. DALTON RULES!!!