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Cracks - Jordan Scott (2009)

Verfasst: So 9. Jun 2013, 20:21
von Vinz Clortho
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Originaltitel: CRACKS

Herstellungsland: UK/Irland 2009

Regie: Jordan Scott

Darsteller: Eva Green, Juno Temple, María Valverde, Imogen Poots u.a.

Story:

Unter der Führung der charismatischen Lehrerin Miss G. erlernen die Schülerinnen tagsüber die feine Kunst des Schreibens und der Blumenbinderei. Sie lesen Texte großer Dichter, die vor exzessivem Lebenswandel warnen. Doch nach der Schule versammeln sie sich um ihre Lehrerin, die ihnen von den modernen Trends in der Literatur und Mode berichtet. Sie erzählt von ihren Reisen durch die Welt und ermuntert die Mädchen, die Dinge zu hinterfragen. Aber welche Ziele verfolgt Miss G in Wahrheit? Als eines Tages eine neue Mitschülerin auftaucht, in die sich Miss G zu vergucken scheint, werden die anderen Schülerinnen "eifersüchtig": plötzlich ist das Mädchen verschwunden...

Re: Cracks - Jordan Scott (2009)

Verfasst: So 9. Jun 2013, 20:23
von Vinz Clortho
Intensives, wunderschön gefilmtes Identitätsdrama mit einer überragenden Eva Green und einem nicht minder talentierten Cast junger Nachwuchsdarstellerinnen, allen voran Juno Temple und María Valverde. In einem Mädchenpensionat vor der britischen Küste inszeniert sich Miss G als emanzipierte, kluge und wortgewandte Cosmopolitin mit liberaler Weltanschauung, die von ihren Schülerinnen geradezu vergöttert wird und den Muff des Internats durch freiheitliches Denken und unterschwellige Erotik durcheinanderbringt. Als mit der Spanierin Fiamma eine neue Schülerin zur Klasse stößt, bekommt die Idylle erste Risse ... Meine anfängliche Befürchtung, es hier mit einem drögen Kammerspiel für menopausierende Studienrätinnen zu tun zu haben, entpuppt sich schnell als Trugschluss. Stattdessen erweist sich das Werk von Ridley Scotts Tochter Jordan als absolute Pflichtveranstaltung für jeden ernstzunehmenden Filmliebhaber und damit für alle Mitglieder und Besucher dieses Forums. Das hier ist Filmkunst par excellence: leidenschaftlich, sinnlich und in letzter Konsequenz schonungslos brutal. Ich kann diesen Film nicht genug empfehlen

und vergebe schwer beeindruckte 9/10

Re: Cracks - Jordan Scott (2009)

Verfasst: So 9. Jun 2013, 22:19
von buxtebrawler
Wow, das klingt ja großartig, Vinzschi.

Hat den schon jemand anderer gesehen?

Re: Cracks - Jordan Scott (2009)

Verfasst: So 9. Jun 2013, 23:28
von Vinz Clortho
Mich hat in letzter Zeit kaum ein Film derart positiv überrascht. Schätze mal, weil ich dem Ganzen zu Anfang eher etwas skeptisch gegenüberstand. Spätestens nach 10 Minuten hatte mich die Handlung jedoch vollkommen in ihren Bann gezogen, in erster Linie durch die perfekt gecastete Riege talentierter Nachwuchsdarstellerinnen, die hier alles aufbietet, was die adoleszente Gefühlspalette so hergibt: verletzlich, kokett, verführerisch, eiskalt, verspielt, intrigant, unschuldig, manipulativ usw. usf. Und Eva Green ist einfach u-n-g-l-a-u-b-l-i-c-h gut! Mondän. Charmant. Sexy. Geheimnisvoll. Bedrohlich. Unberechenbar. Ihre bis dato beste Darbietung, würde ich jetzt mal behaupten. Und das will was heißen, zumal mich diese Frau bislang noch immer überzeugen konnte. Das hier ist Coming-Of-Age, Identitäts-Drama und Verschwörungs-Thriller in einem. Meine Begeisterung hält an.

Re: Cracks - Jordan Scott (2009)

Verfasst: Mo 10. Jun 2013, 09:17
von buxtebrawler
Werd ich mir mal ansehen!

Re: Cracks - Jordan Scott (2009)

Verfasst: Di 11. Feb 2014, 14:35
von buxtebrawler
Nach einem Kurzfilm und der Mitarbeit am Drama „Alle Kinder dieser Welt“ ist „Cracks“ aus dem Jahre 2009 die erste eigenverantwortliche Regiearbeit Jordan Scotts, der Tochter Ridley Scotts. Die aus Sicht einer Lehrerin erzählte Mischung aus Jugend- und Beziehungsdrama basiert auf einem Roman Sheila Kohlers und entstand in britisch-irischer Koproduktion.

Die junge Lehrerin Miss G. (Eva Green, „Die Träumer“) bringt Leben in ein englisches Mädcheninternat in der ersten Hälfte der 1930er-Jahre: Den Literatur-Pflichtstoff erweitert sie nach Schulschluss um moderne Prosa. Sie berichtet von der großen weiten Welt und erzieht die Mädchen zu eigenständigen Persönlichkeiten. Sie übt mit ihnen Schwimmen und Turmspringen – gern auch nachts – und lässt auch ausschweifende Partys durchgehen. Doch die Idylle wird getrübt, als die Spanierin Fiamma (María Valverde, „Die Frau des Anarchisten“) als neue Mitschülerin zum mittlerweile verschworenen Haufen stößt und zum Mobbing-Opfer der eifersüchtigen Mädchen wird…

„Cracks“ ist ein Film der sanften Zwischentöne; man muss schon genauer hinsehen, um ihn – bzw. vielmehr Miss G. – zu durchschauen. Diese ist zwar für ihre Schülerinnen eine geliebte Respektsperson, eine Art Idol, weltgewandt, selbstbewusst und emanzipiert, doch hinter der Fassade verbirgt sich ein unglücklicher, unerfüllter, ja, schwacher Mensch. Was zunächst an „Der Club der toten Dichter“ erinnert, entwickelt sich zu einem Drama für alle drei Parteien: Miss G., Fiamma und die pubertierenden Mitschülerinnen. Der fast permanent eingesetzte, sanfte Klavier- und Streicher-Soundtrack wechselt nach den „erfolgreichen“ Mobbing-Attacken gegen die Spanierin zu zunehmend dramatischeren Klängen, die Bilder wenden sich von schwelgerischer Idylle zu düsterer Eleganz – um sich nach Rückkehr Fiammas wieder von der Sonne durchfluten zu lassen.

Was anschließend, nach ca. 75 Minuten, passiert, ist die entscheidende Wendung der Handlung (Achtung, Spoiler!): Miss G. hegt ein weiterführendes Interesse an Fiamma und versucht, sie zu verführen. Dies und ihr anschließendes Verhalten – sie startet eine Rufmordkampagne gegen Fiamma und tötet sie schließlich durch unterlassene Hilfeleistung – stellt alles infrage, wofür Miss G. zuvor stand bzw. zu stehen schien. Miss G. ist nicht mehr die starke Persönlichkeit, sondern eine Mörderin, die sich an Schutzbefohlenen vergreift. Machte sie ihre Schülerinnen mit moderner Literatur und alkoholschwangeren Partys vertraut, um sie für ihre eigenen Zwecke zu lockern? Schickte sie sie nacktbaden, um sich an ihren entblößten Körpern zu ergötzen? Ist sie eine derart schwache Person, dass sie gar keine andere Möglichkeit sieht, als ihr Glück bei gleichgeschlechtlichen Minderjährigen zu suchen? All diese Fragen drängen sich auf, und darüber hinaus diejenige nach der Intention dieses Films, inwieweit er trotz vorsichtiger Relativierung Miss G.s als Opfer ihrer eigenen Internatslaufbahn evtl. eine fragwürdige Aussage zu streuen versucht. Doch darüber möchte ich an dieser Stelle nicht spekulieren.

Was neben dieser Frage bleibt, sind Eindrücke eines angesichts seiner Thematik etwas arg weichgespülten Films, der stellenweise nur knapp an der Grenze zum Kitsch vorbeischrammt, wenn er seine Idylle errichtet, die er nach 75 Minuten radikal einreißt. Zu den positiven Aspekten gehört zweifelsohne Eva Green in ihrer aus Schönheit, Anmut und Ambivalenz kombinierten Rolle, der zuzusehen ebenso Spaß macht wie den Jungschauspielerinnen, die Natürlichkeit und Spielfreude mitbringen. Lediglich Juno Temple („Wild Child“) mit ihrem irgendwie aufgedunsenen Gesicht wirkt unvorteilhaft und vor allem zu häufig in Szene gesetzt. Unterm Strich bleibt ein ästhetisch gelungenes, dramaturgisch ungewöhnlich leises, aber inhaltlich zweifelhaftes und von vielen Andeutungen lebendes Drama, von dem ich mir etwas mehr versprochen hätte.