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19 - Kazushi Watanabe

Verfasst: Di 18. Jun 2013, 19:11
von Il Grande Silenzio
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Film-Infos:

Originaltitel: 19
Genre: Road-Movie
Land & Jahr: Japan 2000
Kinostart: 05.12.2002
FSK: ab 16 Jahren
Regie: Kazushi Watanabe
Darsteller:
- Usami: Daijiro Kawaoka
- (Yokohama): Kazushi Watanabe
- (Chiba): Takeo Noro
- (Kobe): Ryo Shinmyo
- (Happy): Masahi Endo
- Polizist: Nachi Nozawa


Handlung:

Ohne ersichtlichen Grund wird der Student Usami auf offener Straße von drei jungen Männern entführt. Die drei verraten ihm nicht, was sie wollen, behandeln ihn aber trotzdem relativ gut, trotz eines Fluchtversuchs. Sie gehen mit ihm Einkaufen, in den Zoo und fahren schließlich mit ihm ans Meer. Doch als sie dort ein weiteres Opfer in ihre Gewalt bringen und die beiden zu ihrer Belustigung aufeinander hetzen, indem sie versprechen, der Sieger dürfe gehen, nimmt das bis dahin recht harmlose Geschehen eine dramatische Wendung ...

Quelle: OFDb.de


Kritik:

(Vorsicht, Spoiler!)

Dieser Film gibt keine Antworten. Und das Ungewöhnliche ist, dass er auch keine Fragen stellt, wenn man einmal die Frage der Entführten nach dem "Warum" außen vor lässt.

Wer die klassische Erzählweise bevorzugt und sich unbefriedigt fühlt, wenn er weder über die Motive der Beteiligten etwas erfährt noch es ein wirkliches Ende gibt, dem wird dieser Film vermutlich nicht gefallen.

Dies macht den Film aber so ungewöhnlich und auch "spannend", da er den Zuschauer auffordert, über das Gesehene nachzudenken, gleichzeitig Fragen zu stellen und dabei zu überlegen, wie denn die Antworten auf diese Fragen aussehen könnten.

Macht ein Film, eine Geschichte überhaupt Sinn, wenn er/sie dem Zuschauer "alles" überlässt und ihn nun so gar nicht an die Hand nimmt? Ich denke schon.

Die Geschichte soll einem Freund Watanabes passiert sein (ohne die Extreme in der Handlung). Watanabe hat diese als Aufhänger für eine skurrile Handlung genutzt, die uns in die Abgründe unserer modernen Zivilisation führt.

Die Entführer lassen sich ziellos treiben und sorgen für ein bisschen Abwechslung, indem die sie sich (scheinbar regelmäßig) "Opfer" suchen, die sie auf ihrem Weg begleiten.

Kommen wir zu der Frage, warum tun die "Täter" das? Wirkliche Opfer scheinen die Geknippten nicht zu sein, sie werden "umsorgt, erhalten zu Essen und zu Trinken und werden in das obskure Treibenlassen einbezogen. Die drei Kidnapper scheinen darauf zu spekulieren, dass sich ihre Opfer entweder ihrem Schicksal fügen oder sich sogar auf deren Seite ziehen lassen, denn man erfährt beiläufig, dass einer der drei sich vor einiger Zeit letztendlich angeschlossen hatte.

Plötzlich gerät das Ganze aber außer Kontrolle, führt die Orientierungs- und Hilflosigkeit eines der Gekidnappten zur ungewollten Eskalation.

Man kann viel, aber auch wenig in diese Geschichte hineininterpretieren, der Zuschauer hat die Wahl, die ruhigen, oft grobkörnigen Bilder und den dazu passenden rauen Sound auf sich wirken zu lassen und die ungewöhnliche Geschichte abseits des Mainstreams entweder um ihrer selbst willen in Erinnerung zu behalten, oder als Parabel über die Ziellosigkeit unser modernen Gesellschaft anzusehen - und die Sinnlosigkeit, dagegen aufzubegehren.

Es würde zu leicht fallen, den Weg des Grüppchens als das eigentliche Ziel anzusehen, den auch einen nachvollziehbaren Weg scheint es nicht zu geben, der zu positiven Veränderungen oder Erkenntnissen führen könnte.

Der Widerstand des einen führt (indirekt) zu dessen Tod, der andere scheint alles, was ihm bislang wichtig war, aufgeben zu wollen. Eine wirkliche Alternative zum modernen Leben ohne Werte können auch die Entführer nicht bieten. Keiner der Protagonisten ist zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich glücklich. Nur als sie im Supermarkt über ein paar Kleinigkeiten stolpern, die sie an ihre Kindheit erinnern, werden sie für kurze Zeit vom tristen Alltag abgelenkt. Die unschuldige Kindheit haben aber alle schon längst hinter sich gelassen.

Die Entführer begehren nur scheinbar gegen Konventionen, Regeln und Gesetze auf. Ihr Handeln stellt kein wirkliches, zielgerichtetes Aufbegehren dar, sondern Regeln werden von Ihnen nur gebrochen, wenn sie dem ziellosen Treibenlassen im Wege stehen.

Als Usami am Ende ungewollt zurückgelassen wird, stellt sich nicht nur er die Frage, wie es weitergehen soll...

9/10