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Bathman dal pianeta Eros - Antonio D'Agostino (1982)

Verfasst: Do 6. Aug 2015, 11:36
von Salvatore Baccaro
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Originaltitel: Bathman dal pianeta Eros

Produktionsland: Italien 1982

Regie: Antonio D'Agostino

Darsteller: Mark Shannon, Sabrina Mastrolorenzi, Riccardo Zamagni, Guia Lauri Filzi
BATHMAN DAL PIANETA EROS – oder, wie man ihn für den Heimvideomarkt umtaufte, KLITO BELL - ist einer dieser Filme für Abende, an denen man sich, ohne Rücksicht auf Leib und Leben, wirklich alles geben möchte. Im Folgenden will ich versuchen, seinen ungefähren Inhalt grob nachzuzeichnen – ungefähr und grob deshalb, weil ich nicht behaupten kann, wirklich verstanden zu haben, was mir da an schier unglaublichem Bilderreigen knapp achtzig Minuten lang vor den Augen geflimmert hat.

BATHMAN DAL PIANETA EROS ist, zunächst, ein pornographischer Film. Dafür bürgt allein schon sein Regisseur und Drehbuchautor Antonio D’Agostino. Zwischen 1979 und 1995 hat der Gute, zumeist versteckt hinter dem Pseudonym Richard Bennett, über fünfundzwanzig zeigefreudige Filme mit Titeln wie ANAL PARTY MOLTO PARTICOLARE (1993), WILD OPEN LIPS (1987) oder UN DESIDERIO BESTIALE (1987) gedreht. Nur einer davon ist mir bislang unter die Augen getreten, und zwar OSCENO, ebenfalls aus dem Jahre 1987 - und weil dessen Herzstück eine Szene ist, in der Karin Schubert einem erregten Schäferhund Erleichterung verschafft, habe ich ihn leider nicht wieder aus meinem Gedächtnis verbannen können.

BATHMAN DAL PIANETA EROS, sein insgesamt fünfter Film, ein Frühwerk sozusagen, beginnt mit einer Eröffnungsszene, die ebenfalls das Potential hat, so schnell nicht vergessen zu werden. Bathman, bei dem es sich um den gestandenen Horizontalhünen Mark Shannon in einem lausigen Batman-Kostüm handelt, radelt auf seinem klapprigen Drahtesel über eine Kuhweide. Unterlegt ist das Ganze mit einer albernen Zirkusmusik, die D’Agostino im weiteren Verlauf des Films zu benutzen nicht müde werden wird. Gefilmt ist das Ganze auf denkbar uninspirierte Weise, so, als habe man die Kamera einfach irgendwo aufbaut, Mark Shannon auf sein Fahrrad gesetzt und geschaut, was passiert. Passieren tut jedoch erstmal nicht viel, da BATHMAN DAL PIANETA EROS seine ganze Vorgeschichte mit Hilfe eines Off-Sprechers schildert, der die Ereignisse in der Folge immer wieder mit meist unnötigen und/oder unsinnigen Kommentaren versehen wird. Seines Zeichens ist er irgendeine außerirdische Wesenheit, vielleicht Mitglied einer Priesterkaste, heimisch auf dem Planeten Eros, dessen Bewohner statt zu trinken, zu essen und einer geregelten Arbeit nachzugehen, scheinbar den lieben langen Tag ihrem Geschlechtstrieb huldigen. Dieser Erzähler, dessen Namen, meines Wissens nach, nie genannt wird, erteilt zu Beginn des Films einem etwas schwachsinnigen Roboter namens Elios – im Prinzip einfach ein halbnackter Jüngling, den man mit metallisch-grauer Farbe angepinselt hat – folgenden Auftrag: er soll zur Erde reisen, dort die beiden Superhelden Bathman und dessen weibliches Pendant Bath-Baby aufspüren und mit diesen zum Planeten Eros zurückkehren. Bathman und Bath-Baby leben zurzeit in New York leben und haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Machenschaften des sogenannten Pokers, Chef eines gefürchteten Verbrechersyndikats, der stets im mittelalterlichen Harlekinkostüm auftritt, zu vereiteln. Ursprünglich stammen sie ebenfalls vom Planeten Eros und haben sich dort unter den Namen Erotikon bzw. Klito Bell eine gewisse sexuelle Reputation erschlafen: so soll Bathman alias Erotikon in einer einzigen Nacht vierundsechzig Frauen mit seiner Manneskraft bis zur Ohnmacht gebracht haben. D’Agostino muss solche Höchstleistungen natürlich sofort bebildern – wohl aus Budgetgründen hat es Bathman letztlich aber einzig und allein mit drei willigen Darstellerinnen zu tun, und von denen wird keine einzige auch nur ansatzweise ohnmächtig.

Während Elios nun also zur Erde geschickt wird und dort, heißt es, Alkohol und Müßiggang verfällt, plant die Poker—Bande einen Anschlag auf den New Yorker Polizeipräsidenten und dessen Frau. Letztere wird von einer Truppe junger Männer, die aussehen wie eine Billigkopie von Alex und seinen Droogs aus CLOCKWORK ORANGE, in ihrem Wohnhaus überrascht, als sie gerade dabei ist, sich mit einer Salatgurke zu befriedigen. Der Plan, sie zu vergewaltigen, scheitert an der sowieso schon vorhandenen sexuellen Erregtheit der Dame, die sich gierig auf die saftstrotzenden Eindringlinge stürzt und dafür von Bath-Baby, die, um zu ihrer Rettung zu eilen, den Geschlechtsakt mit einem Auto unterbrochen hat, nachdem die bösen Buben verdroschen worden sind, erstmal selbst den Hintern versohlt bekommt. Inzwischen haben weibliche Bandenmitglieder, die wiederum aussehen wie aus einem Stummfilm-Serial à la Louis Feuillade herausgefallen, die Wächter des Polizeipräsidenten ausgeknockt, sein Büro gestürmt und ihm eine Spitze in den Hintern gejagt, mittels derer eine Droge seine Blutbahn entert, die ihm schlagartig jede heterosexuelle Neigung unterdrückt und seine homoerotischen Gelüste nach außen treten lässt: er verwandelt sich in einen Klischeeschwulen, ist dem Verkehr mit den Damen seltsamerweise jedoch trotzdem nicht abgeneigt. Zum Glück stellt Bathman sich den lüsternen Frauen in den Weg bevor sie dem Polizeipräsidenten noch Schlimmeres antun können, und besiegt schließlich sogar Poker in einem wenig beeindruckenden Handgemenge. Doch gegen die erotisch-extraterrestrischen Mächte des Eros-Planeten sind selbst die schlechtesten Superhelden machtlos: Elios versetzt Bathman und Bath-Baby zur Finalorgie in eine 80er-Disco, deren versiffte Toilette zum Schauplatz der geschlechtlichen Vereinigung sämtlicher bis dahin im Film aufgetretener Charaktere wird.

BATHMAN DAL PIANETA EROS ist ein Genuss für jeden, der seine Pornos gerne inszeniert haben möchte wie weltabgewandtestes Avantgarde-Kino. Was Montage, Kameraführung, Effekte betrifft, wäre dieser Film wohl in keiner Experimentalfilmklasse irgendeiner Kunsthochschule der frühen 80er unwillkommen gewesen. Wirr zusammengeschnitten, selbst die simpelsten Regeln der konventionelle Filmsprache missachtend, ohne Kohärenz, ohne Sinn für Dramaturgie oder Rhythmus, ordnet D’Agostino die einzelnen Szenen zu einem benebelnden Kaleidoskop, bei dessen Betrachtung man zwangsläufig das Gefühl bekommt, dem Kino in seinen Kindertagen bei ersten unsicheren Schritten zuzuschauen. Nicht nur, dass D’Agostinio seine Geschichte umständlich bis zur Unverständlichkeit erzählt, sich in zahlreichen Nebenschauplätzen und Ungereimtheiten verliert, einer seiner Haupttrümpfe ist die reichlich missglückte Post-Synchronisation, die oftmals gar nicht erst versucht, den Eindruck zu erwecken, die Lippenbewegungen der Darsteller müssten mit dem übereinstimmen, was wir von der Tonspur hören. Dabei ist D’Agostino phantasievoll wie ein Kind, wenn es darum geht, aus einem Krümel-Budget einen erstaunlich schmackhaften Brotlaib zu backen. Das Büro des Präsidenten beispielweise ist letztlich einfach nur ein Raum mit einem Tisch, einem Stuhl und einer wandfüllenden US-Flagge im Hintergrund. Der Planet Eros wird auf ähnlich minimalistische Weise dargestellt: vor halbtransparenten Aufstellwänden fallen Erotikon und Klito Bell über ihre Schicksalsgefährten der Geilheit her, während überall bunte Disco-Lichter blinken. Hinzukommen verwackelte Aufnahmen von New York bei Nacht – die Reise dorthin wird für das Team wohl der kostspieligste Teil der Dreharbeiten gewesen sein -, Sexszenen, die wirken, als seien sie ursprünglich gar nicht für diesen Film produziert worden, sondern würden aus einem ganz anderen, wenn auch ähnlichen Kontext stammen, sowie ein unfassbarer Soundtrack, der alles abdeckt von gefälligem Jazz-Funk über nervtötendes Synthie-Gezirpe bis hin zu der schrecklichen Zirkusmusik, die immer dann aufspielt, wenn Mark Shannon in seiner Bathman-Rolle der Lächerlichkeit preisgegeben werden soll - und die allerdings nicht verhehlen kann, wie wenig von einem Komödianten in ihm steckt.

Kommen wir zum Abschluss und zum integralsten Bestandteil des Films, den Hardcore-Szenen. Gezählt habe ich insgesamt zehn, von denen manche mehrere Minuten lang dauern und, sozusagen klassisch, einen Akt von einem Anfangspunkt A bis zu einem Endpunkt B schildern, manche, wie gesagt, assoziativ zerstückelt und zerschnitten und bloß in kleinen Häppchen zwischen Szenen montiert sind, mit denen sie rein gar nichts zu tun haben. Geboten werden die üblichen Spielereien wie vaginaler/analer Geschlechtsverkehr, orales Verwöhnen, Masturbieren. Eine Lesbenszene zwischen Bath-Baby und einer von ihr Geretteten sticht ebenso heraus wie die zweckentfremdete Salatgurke, die indes schon die Obergrenze der Perversion bedeutet: schmieriger und schweinischer als vaginal eingeführtes Gemüse wird es in diesem Film nicht, und ich bin heilfroh, dass D’Agostino mir diesmal die ekligen Exzesse erspart hat, die er in OSCENO feiert wie nichts Gutes. Alles in allem hat BATHMAN DAL PIANETA EROS mich somit positiv überrascht. Nicht dass der Film irgendwie erotisch, witzig oder bestückt mit sonst irgendeinem Mehrwert wäre, seine Fülle an Verrücktheiten hat aber doch sofort auf mich übergegriffen und leichtes Spiel dabei gehabt, mein Gehirn zumindest ein bisschen aufzuweichen und über seine eingefahrenen Bahnen treten zu lassen. Klar sollte trotzdem sein: BATHMAN DAL PIANETA EROS ist einer dieser Filme für Abende, an denen man sich, ohne Rücksicht auf Leib und Leben, wirklich alles geben möchte.