Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von buxtebrawler »

Reinifilm hat geschrieben: Mo 25. Jan 2021, 10:37
Innovationslose langatmige Tatort-Folge, der man die Corona-Auflagen deutlich anmerkte (...)
Gab keine, wurde vom 7. November 2019 bis zum 9. Dezember 2019 gedreht...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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karlAbundzu
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von karlAbundzu »

Reinifilm hat geschrieben: Mo 25. Jan 2021, 10:37 "Tatort: Tödliche Flut" - Boah, nee... nur wer schöne Nordseeküsten-Landschaftsaufnahmen à la Bierwerbung mag oder auf schnarchig-angestaubte Tatort-Folgen von annodazumal steht, der war hier richtig aufgehoben.
Innovationslose langatmige Tatort-Folge, der man die Corona-Auflagen deutlich anmerkte und deren Story allenfalls als Kurzgeschichte taugte. Geübten Krimiguckern war natürlich auch ziemlich schnell klar wer der Täter ist, blöd nur dass sich die ganze Story auf die Ermittlung desselbigen konzentrierte. Einzig etwas ungewöhnlich war die durchgängig klassische Musikuntermalung. 04/10
Fand ich auch nicht gut, die Standards: Provinz vs multinationale Kohle, irgendwie durchgedrehte Frau, aber doch so interessant, dass sie allen den Kopf verdreht (auch beiden Kommissaren). Und das auch noch nicht überzeugend gespielt oder erzählt Ich fühlte mich wie in einem Bahnhofskrimi nur ohne Sleaze.
Und tatsächlich fiel mir die Klassik Musik auf, die war interessant. Und der Punk-Connaisseur verstand den Gag mit Police on my back von Clash und mochte das Minor Thread Shirt...
Leider nix.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Reinifilm
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von Reinifilm »

buxtebrawler hat geschrieben: Mo 25. Jan 2021, 12:04
Reinifilm hat geschrieben: Mo 25. Jan 2021, 10:37
Innovationslose langatmige Tatort-Folge, der man die Corona-Auflagen deutlich anmerkte (...)
Gab keine, wurde vom 7. November 2019 bis zum 9. Dezember 2019 gedreht...
Dann um so schlimmer... :(
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buxtebrawler
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von buxtebrawler »

Tatort: Tödliche Flut

„Das ist jetzt unsere Leiche!“

Der vierzehnte „Tatort“ um den Hamburger BKA-Ermittler Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) – der achte für seine Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) – wurde Ende 2019 gedreht und am 24.01.2021 erstausgestrahlt. Regisseur Lars Henning, der im Jahre 2018 bereits mit dem „Tatort: Der Turm“ innerhalb der öffentlich-rechtlichen Krimireihe in Erscheinung getreten war, verfilmte ein Drehbuch David Sandreuters nach einer Idee Arne Noltings und Jan Martin Scharfs.

„Die scheißen auf den Naturschutz!“

Bundespolizist Thorsten Falke wird von einer ehemaligen Freundin, mit der er einst eine kurze Liebschaft hatte, um Hilfe gebeten: Es handelt sich um die Journalistin Imke Leopold (Franziska Hartmann), die ihre Kindheit auf der Nordseeinsel Norderney verbracht hat und nun, nach sie an ihre Belastungsgrenze und darüber hinaus führenden Außeneinsätzen u.a. in Kriegsgebieten, aufs Eiland zurückgekehrt und prompt schmutzigen Immobiliengeschäften auf der Spur ist. Doch niemand glaube ihr, sie werde sogar anonym bedroht. Falke jedoch zieht es zunächst einmal zum Geburtstag seines Sohns, wo er aber nicht sonderlich willkommen ist. Als Imke ihn verstört anruft und berichtet, gerade überfallen und gewürgt worden zu sein, reisen Falke und Kollegin Grosz nach Norderney. Gemeinsam mit Imke will man den Vorfällen auf den Grund gehen, findet jedoch als erstes Imkes Quelle, einen Anwalt und Immobilienmakler, tot in seinem Haus auf…

„Also ich find’s gemütlich hier.“

Henning lässt diesen „Tatort“ wie eine großangelegte Kinoproduktion mit imposanten Bildern und einem an klassisches Spannungskino erinnernden, dramatischen Orchester-Soundtrack beginnen, der eigens für diese Episode von der NDR-Philharmonie eingespielt wurde. Das schürt die Erwartungshaltung an diesen Fall, der mit spröden, faszinierenden Bildern des herbstlich-rauen Norderneys eine beeindruckende Atmosphäre schafft und ebenso nordisch unterkühlt wie melancholisch seine Geschichte erzählt: von Inselintrigen und Gentrifizierung, Ferienwohnungsbau trotz Wohnungsnot, rücksichtslosen Investor(inn)en und einem mit sehr selektiver Wahrnehmung ausgestatteten Bürgermeister. Aber auch von einer dreadgelockten Frau mit Mikropony, offenbar eine „Alternative“, die auf Norderney unbeliebt ist und trotzdem zur Femme fatale für manch Insulaner wird. Die mit der Flinte Kaninchen schießt und ihnen eigenhändig das Fell abzieht (die Kamera hält drauf…), die Verschwörungen wittert und die möglicherweise nicht immer ganz Frau ihrer Sinne ist.

„Diese Frau macht einfach immer und überall Probleme!“

Dass mit der (sich in einer Szene arg selbstzweckhaft oben ohne zeigenden) Journalistin etwas nicht so ganz stimmt und ihre Aussagen mit Vorsicht zu genießen sind, bestätigt die immer mehr zum Psychogramm werdende Handlung, riecht man der steifen Nordseebrise zum Trotz aber bereits zehn Meter gegen den Wind. Insofern ist es womöglich nicht die klügste Entscheidung gewesen, dramaturgisch auf ein Whodunit? zu setzen, zumal das arg gedrosselte Erzähltempo ohnehin lieber die Landschaftsaufnahmen auskostet als mal in die Vollen zu gehen. Dramaturgisch kommt dieser „Tatort“ außer zu Beginn und im Finale leider nie aus dem Quark. Der Aufhänger um die Gentrifizierung der Insel verkommt schnell zum reinen Beiwerk, das zu stören beginnt, wenn die Handlung es trotzdem immer wieder aufgreift. Im Dreiecksbeziehungsgeflecht der Figuren Falke, Grosz und Imke bleibt vieles unausgesprochen, was seinen Reiz hat, diesen unfokussiert erscheinenden „Tatort“ aber auch nicht über die Zeit rettet.

Das Finale hätte die Chance für nervenaufreibende Spannung und spektakuläre Rettungseinsatzszenen geboten, beschränkt seine Expressivität jedoch auf die letzten Interaktionen der beiden Hauptfiguren miteinander und lässt den Rest außerhalb des Bilds bzw. innerhalb eines Zeitsprungs geschehen. Ob es dem eigentlich so gewichtigen Thema der Gentrifizierung angemessen ist, damit verbundene unlautere Vorgänge als Hirngespinste einer durchgeknallten Frau darzustellen, die – natürlich – optisch an alternative Milieus erinnert, sei einmal dahingestellt. Böses unterstellen möchte ich an dieser Stelle indes nicht, wenngleich es mitunter verdächtig nach Diskreditierung eines bestimmten Menschenschlags riecht und die psychologischen Erklärungsversuche halbherzig bleiben. Fazit: Tolle Bilder von Insel und Meer, Spitzenmusik und ein gut aufgelegtes Ensemble auf der Habenseite – die jedoch unter einer schwachen Handlung und einer Inszenierung, die dramaturgisch einem Schlag ins Wasser gleicht, leidet.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von karlAbundzu »

Ich finde nicht mal das Ensemble gut aufgelegt, vieles ist ziemlich unglaubwürdig gespielt, die einzigen Pluspunkte sammelt der Inselpolizist. Kann auch immer an Regie und/oder Buch liegen. Die Schauspieler, vor allem die beiden Franziskas habe ich schon besser gesehen.
Allerdings fand ich die oben ohne Szene tatsächlich motiviert.
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Beitrag von buxtebrawler »

karlAbundzu hat geschrieben: Mo 25. Jan 2021, 17:53 Ich finde nicht mal das Ensemble gut aufgelegt, vieles ist ziemlich unglaubwürdig gespielt, die einzigen Pluspunkte sammelt der Inselpolizist. Kann auch immer an Regie und/oder Buch liegen. Die Schauspieler, vor allem die beiden Franziskas habe ich schon besser gesehen.
Allerdings fand ich die oben ohne Szene tatsächlich motiviert.
Die Hartmann hat das schon gut gespielt, finde ich. Und die irgendwie gestörte Chemie zwischen Falke und Grosz, die zum Konzept dieser Reihe gehört, trat hier wieder deutlicher hervor. Hat mir ganz gut gefallen.

Worin bestand die Motivation?
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von karlAbundzu »

Ein Weg ihre Ziele zu erreichen, war ja beständig, enge körperliche Nähe zu den Menschen zu haben, die ihren Zielen nutzen kann. Ausserdem konnte sie durch viel Sex persönliche Zuneigung bestätigt sehen und Überwindung die Angst vor Zurückweisung kompensieren. Und das war ja eins ihrer Schemata: Bei dem Anwalt, bei dem ehemaligen Journalistenkollegen, und versucht bei Falke und meiner Meinung auch bei Grosz.
Im schizoiden Krankheitsbild tatsächlich ein typischen Bild.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von buxtebrawler »

Zum "Tatort: Kressin stoppt den Nordexpress" geht's hier:

:arrow: deutschland-f30/tatort-kressin-stoppt-d ... t4297.html
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Reinifilm
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von Reinifilm »

Polizeiruf 110: Monstermutter“ - Mutter vs. Mutter hätte man den auch nennen können, denn Kernthema ist der Kampf zwischen der Kommissarin und Mutter Olga Lenski (das letzte Mal im Polizeiruf dabei: Maria Simon), die von der gewalttätigen Kriminellen (und ebenfalls Mutter einer quasi gleichaltrigen Tochter) Louisa Bronski (unfassbar gut: Luzia Oppermann) als Geisel genommen wird. Hier geht es dann auch nicht um ein "Wer war der Täter", sondern um das Duell zweier Frauen, dass in einem fast westernartigen Show-Down mündet.

Holla-die-Waldfee - der hat mich echt erwischt, und zwar im positiven Sinne: Am Anfang etwas zäh und stark nach Schema F riechend, geht dieser Polizeiruf irgendwann in die Vollen und liefert ein düsteres Roadmovie mit packendem Ende. Daumen hoch - :thup: 08/10.
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karlAbundzu
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Beitrag von karlAbundzu »

Reinifilm hat geschrieben: Mo 1. Feb 2021, 00:01Polizeiruf 110: Monstermutter“ - Mutter vs. Mutter hätte man den auch nennen können, denn Kernthema ist der Kampf zwischen der Kommissarin und Mutter Olga Lenski (das letzte Mal im Polizeiruf dabei: Maria Simon), die von der gewalttätigen Kriminellen (und ebenfalls Mutter einer quasi gleichaltrigen Tochter) Louisa Bronski (unfassbar gut: Luzia Oppermann) als Geisel genommen wird. Hier geht es dann auch nicht um ein "Wer war der Täter", sondern um das Duell zweier Frauen, dass in einem fast westernartigen Show-Down mündet.

Holla-die-Waldfee - der hat mich echt erwischt, und zwar im positiven Sinne: Am Anfang etwas zäh und stark nach Schema F riechend, geht dieser Polizeiruf irgendwann in die Vollen und liefert ein düsteres Roadmovie mit packendem Ende. Daumen hoch - :thup: 08/10.
Ich fand den auch gut, und interessanterweise trotz der für Thriller-Zuseher bis ins Ende tatächlich vorhersehbaren Handlung (und Dialoge: Meine Mitseherin konnte zum Teil einzelne Dialoge vorhersagen). War aber spannend. Funktionierte gut. Das hatte wohl einerseits mit den guten Schauspielerinnen zu tun. Was mich wunderte, da mir Maria SImon und ihre Polizeiruffälle gar nicht im Kopf waren, immerhin 10 Stück schon. Jedenfalls mit dem Kollegen Rachek, 8 mit Krause, die einen anderen Ton hatten, die ich daher im Kopf gar nicht zusammen hatte (eben durch Recherche gemerkt...). Die eigentlichen Stars aber das Mutter und Tochter "Team" Jule Böwe und Luzia Oppermann. Da wurde viel von den psychologischen Motivationen angedeutet, aber immer nur aus deren persönlichen Rechtfertigung, also zur Selbsterklärung bzw- Entschuldung. Geschickt gemacht.
Gefiel
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