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Der große Arztreport 1. Teil - Infrasexum das Geheimnis der Potenz (1969).jpg (69.77 KiB) 65 mal betrachtet
Originaltitel: Infrasexum
Herstellungsland: USA / Deutschland (1969)
Regie: Carlos Tobalina
Darsteller(innen): Eroff Lynn, Carlos Tobalina, Jay Colonna, Anita de Moulin, Marsha Jordan, William Larrabure, Sharon Matt, María Pía, Lui Vargas, Janet Wass u. A.
Peter begibt sich mit einem Kumpel auf einen wilden Roadtrip durch Kalifornien, um seine Lebensfreude und seine Potenz wiederzufinden. Doch trotz all der Verlockungen durch Sex, Drogen und der freien Liebe versagt er immer wieder im entscheidenden Augenblick, bis er schließlich in der freizügigen Kommune der „Charitable Sex Society“ landet…
Quelle: Amazon
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
„Und nun wollen Sie eine Gewaltkur machen und sich von einem Abenteuer ins andere stürzen?“ – „Was bleibt mir denn sonst übrig, Herr Doktor?“
Aus „Infrasexum“, dem noch in Softsex-Gefilden weilenden Debüt aus dem Jahre 1969 des späteren US-Pornofilmers Carlos Tobalina („Undulations“), strickte der deutsche Verleih, auf der Welle der Reportfilme kurz nach der sexuellen Revolution mitreitend, den Pseudoreportfilm „Der große Arztreport, 1. Teil: Infrasexum, das Geheimnis der Potenz“: Er drehte eine eigene Rahmenhandlung, die den Streifen mehr schlecht als recht aufblähte.
„Enten und Tauben beim Gruppensex!“
Und so beginnt der Film hierzulande in Schwarzweiß, als ein reißerischer Sprecher die Hauptperson vorstellt. Dessen Frau glaubt, er habe eine Affäre, und haut ihm ab. Dabei ist er „lediglich“ impotent, weshalb er sich Hormone von seinem Arzt verschreiben lassen will. Parallel kotzt sich seine Frau bei ihrer Schwester aus. Dieser deutsche Prolog ist mit wenig passenden jazzigen Klängen unterlegt. In Farbe werden daraufhin US-amerikanische Forschungsergebnisse präsentiert, woraufhin der Film zunächst eine typische, aus Reportfilmen bekannte episodenhafte Struktur vermuten lässt. Dies erweist sich jedoch als Trugschluss, vielmehr wird eine zusammenhängende Geschichte erzählt, die mehrmals von der deutschen Rahmenhandlung unterbrochen wird.
„Lesen Sie immer laut?“
Der US-Protagonist Peter Allison (Eroff Lynn, „Double Initiation“) tritt als intradiegetischer Voice-over-Erzähler auf und hat – welch Überraschung – die gleichen Probleme wie sein deutscher Leidensgenosse. Er fährt nach Las Vegas, verspielt dort knapp 6.000 Dollar, seine Frau (Marsha Jordan, „Django Nudo und die lüsternen Mädchen von Porno Hill“) heult sich bei ihrer Mutter aus, er fährt weiter nach Los Angeles und sucht einen Nachtclub auf. Dessen Tanzszenen gibt der Film beschleunigt wieder. Sein Fremdenführer Carlos (gespielt vom Regisseur persönlich) vermittelt ihm eine Wohnung und (zwischen L&M-Zigaretten-Schleichwerbung) zwei Mädels. Erstmals bekommen wir nun nackte Tatsachen zu sehen, denn vor Peters Augen findet eine Lesbennummer statt.
Diese wird von der deutschen Rahmhandlung unterbrochen: Der Impotente beim Arzt, seine Frau mit ihrer Schwester labernd, dann ein Scrolltext, der erklärt, dass es zwei verschiedene Arten von Impotenz gebe. Der Betroffene liest weiter und in den USA vergnügen sich die beiden Damen weiter miteinander. Doch als sie versuchen, Peter ins Liebesspiel einzubeziehen, versagt er wieder. Nun sucht er einen Park auf und beobachtet junge Leute und Hippies beim ausgelassenen Feiern. Anschließend wartet er im Vogelpark auf Carlos und beobachtet Vögel, zum Beispiel kopulierende Enten. Am nächsten Tag führt Carlos ihn zu mexikanischen Artisten. Beim Malen lernt er Kunststudentin Peggy kennen und zieht bei ihr Zuhause einen Joint durch. Sie zieht sich aus und will von ihm gemalt werden. Man kommt sich näher und knutscht miteinander. Im Schlafzimmer versucht sie ihn zu verführen, doch wäre außer Spesen nichts gewesen, würde er sie nicht wenigstens lecken.
Zurück in Deutschland: Der Arzt will, dass sein Patient seine Frau zu einem gemeinsamen Termin mitbringt. Ein Scrolltext gibt den Inhalt des Schreibens wieder, das er aufgesetzt hat. Zurück in den USA kommt Carlos mit einem Polizeiwagen vorgefahren und stellt Peggy zur Rede, die nun Sex mit Carlos will. Als sie es vor Peters Augen miteinander treiben, zeigt dieser keine Reaktion. Nächster Versuch: eine Sexmesse. Doch die Mafia will Peter erpressen und stellt ihm eine Falle. Sie ermorden eine Frau und fesseln ihn, doch er kann entkommen. Dieser völlig unpassende Krimieinschub wird in hektischen Schnitten unverhältnismäßig rasch abgehandelt und wirkt beinahe wie ein Zusammen- oder Umschnitt eines ganz anderen Films. Aber Tobalina hat eine weitere Überraschung in petto: Er lässt Carlos sogar austesten, ob sein Klient schwul sein könnte! Dieser Akt wird indes lediglich als Schattenspiel gezeigt.
Letztlich gibt Peter aber auf und fährt davon – jedoch mit zahlreichen Zwischenstationen, um sich als Landschaftsmaler zu verdingen. In Deutschland ist der Impotente derweil zurück bei seiner Frau und liest ihr das restliche Arztschreiben vor. Schalten wir also zurück in die USA: Peter wird von Bildern Peggys beim Sex mit Carlos verfolgt. Er verkauft eines seiner Bilder und will nun noch einen Akt malen. Hierfür bekommt er Lori (Sharon Matt, „Ein Körper voller Lust…“) von der Kunsthochschule zur Verfügung gestellt und verliebt sich in sie, sie sich auch in ihn – na klar... Nach drei Wochen mit Lori kehrt er zu seiner Frau zurück. Die Diagnose lautet: Peter war aufgrund eines mangelnden Selbstbewusstseins impotent. Doch die deutsche Rahmhandlung hat das letzte Wort: Der Impotente begibt sich in eine Psychotherapie seiner Angststörungen. Ein letzter Scrolltext rezitiert seinen Antwortbrief auf das Arztschreiben.
„Infrasexum“ (was auch immer das sein soll) ist speziell in der deutschen Fassung ein nur schwer erträgliches No-Budget-Flickwerk mit zwar viel nackter Haut, aber nur wenigen Softsexszenen und generell nur wenigen schönen Bildern, die das Anschauen rechtfertigen würden. Um die holprige, dialogarme (weil zumeist per Voice-over erzählte) Story um einen Mann, der eine Weile seiner bürgerlichen Existenz entfliehen muss, um zu seinen eigentlichen Interessen zu finden, daraus neues Selbstbewusstsein zu schöpfen und darüber seine Potenz wiederzuerlangen, sollte es einem jedenfalls besser nicht gehen, denn diese wirkt wie gewollt, aber kaum gekonnt, manchmal gar wie nicht einmal wirklich gewollt.
Auch wenn der deutsche Titel etwas anderes suggeriert, blieb uns ein zweiter Teil zum Glück erspart.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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