White lightning
USA 1973
Regie: Joseph Sargent
Burt Reynolds, Jennifer Billingsley, Ned Beatty, Bo Hopkins, Louise Latham, R.G. Armstrong, Conlan Carter, Dabbs Greer, Lincoln Demyan, John Steadman, Diane Ladd, Matt Clark, Laura Dern
OFDB
Vor seiner Karriere als breit grinsender und schnurrbärtiger Playboy mit behaarter Brust, der mit einem sympathischen Lächeln schnelle Autos durch halb Amerika jagt, vor dieser Karriere hatte Burt Reynolds auch mal eine Zeit, wo er richtig gute Filme gemacht hat. Dunkle Filme voller Gewalt, psychisch oder physisch, und wo er zeigen konnte, dass er als Schauspieler nicht nur Lächeln und Schnäuzer drauf hatte, sondern auch seiner düsteren Seite Zucker geben konnte und wollte. Zu den bekanntesten gehören natürlich sein Italo-Western-Ausflug AN SEINEN STIEFELN KLEBTE BLUT und sein Durchbruch in BEIM STERBEN IST JEDER DER ERSTE, aber auch das Schmugglerdrama DER TIGER HETZT DIE MEUTE hat einen gewissen Bekanntheitsgrad.
Wobei sich bei diesem der Wandel in Richtung leichtfüßige Komödie bereits andeutet: Als der Schmuggler und, sind wir mal ehrlich, Taugenichts Gator McKlusky im Knast erfährt, dass der Sheriff von Bogan County, J.C. Connors, Gators kleinen Bruder ermordet hat, wechselt er die Seiten. Zukünftig wird Gator für die Steuerbehörde unterwegs sein, um Connors ans Messer zu liefern. Der ist nämlich ein unbeschränkter Herrscher in seinem Distrikt, und keiner kann ihm irgendwas. Connors bekommt Schmiergelder von den Whiskeyschmugglern, und außerdem gibt es eine ganze Reihe ungeklärter Mordfälle in Connors Umgebung, um die sich niemand jemals wirklich kümmert. Jetzt aber ist Gator da. Undercover verdingt er sich beim Schmuggler Roy Boone als Blocker – Das heißt sein Job ist es, Boone, der im vorausfahrenden Wagen den Whiskey transportiert, hintendran die Cops vom Hals zu halten und sich mit denen wilde Verfolgungsjagden zu leisten, die gefälligst immer zu seinen Gunsten auszugehen haben. Ein lockeres Leben mit einem, vom FBI getunten, 400-PS-Boliden, scharfen Weibern, und jeder Menge Schnaps. Aber halt auch mit dem Auftrag, einem zutiefst korrupten und gewaltbereiten Alleinherrscher dem Gesetz zu überstellen.
Und so besteht DER TIGER HETZT DIE MEUTE aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen, die ziemlich lässig miteinander kombiniert werden. Auf der einen Seite drischt Burt Reynolds seinen Ford Galaxie 500 mit dem 429 Cobra Jet Big Block V8 und Holley-Doppelvergaser wie ein Wilder über die kleinen Straßen, leistet sich erstklassige Sprünge über Kuppen und zeigt die Leistungsfähigkeit der Stuntmänner in allen erdenklichen Positionen. Hier kommt beim Actionfan ausgesprochen gute Laune auf, und die Tachonadel zeigt bereits ganz deutlich in die Richtung von späteren Filmen wie EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR. Das Team Burt Reynolds, Bo Hopkins und Hal Needham dürfte sich hier wohl kennen- und schätzengelernt haben – Ex-Stuntman Hal Needham war 2nd Unit Regisseur und dürfte mit ziemlicher Sicherheit die gelungenen Verfolgungsjagden auf dem Kerbholz haben, die definitiv ein Highlight des Films sind.
Aber da ist eben auch noch dieser andere Teil des Films. Der Teil, der von einem selbstherrlichen Gewaltherrscher handelt, gegen den sich niemand auflehnen kann und will. Der mit Menschen macht was ER will, dem nur sein eigenes Wohlergehen am Herzen liegt, und der keine Probleme damit hat zu töten, wenn es darum geht, seinen Distrikt von diesen verschissenen langhaarigen Hippies zu befreien, die gegen alles protestieren, Hasch rauchen, den Kriegsdienst verweigern und sowieso alle an die Wand gestellt gehören. Ein Gesetzeshüter, der mit Schmugglern gemeinsame Sache macht, und dessen Deputies kein Problem damit haben, eine verhaftete Schmugglerin zu vergewaltigen. Die Schlampe wird sowieso bald tot sein …
Dieser Teil des Films ist düster, hart und gewalttätig, und keiner wird unbeschädigt aus dieser Geschichte entkommen, auch der strahlende (?) Held Burt Reynolds nicht. Fast wie ein Film Noir kommt DER TIGER HETZT DIE MEUTE oft daher, mit dem Sträfling als Hauptfigur, dem der Tod seines Bruders so sehr an die Nieren geht, dass er sich, bislang undenkbar, an das Gesetz verkauft. Immer wieder wird dieses Thema aufgegriffen, von Mitstreitern und aber auch von Gegnern, so dass McKlusky immer weiß dass er ein Outlaw ist – Von der Polizei als Informant verheizt, von den Bürgern und selbst von seinem Vater als Spitzel geschmäht – Die Arschkarte hat er also in jedem Fall gezogen. Hier ist Reynolds nicht die strahlende Lichtgestalt der späteren Filme, und dieses Zwielicht tut ihm sehr gut. Besser als das äffchenartige Grinsen bei den Verfolgungsjagden auf jeden Fall. Spätestens wenn er in der Falle sitzend um sein Leben saufen muss, damit er noch den Hauch einer Chance hat nicht so zu enden wie sein Bruder, zeigt sich, dass Reynolds als Schauspieler vielleicht keine oscarreife Leuchte war, aber eine solide und bewegende Performance konnte er damals locker aus dem Handgelenk schütteln.
Diese Mischung aus den leichten und mitreißenden Actionszenen und dem düsteren Drama bekommt dem Film gut, wenngleich der Pessimist in mir den letzteren Teil naturgemäß gerne stärker gesehen hätte. Aber DER TIGER HETZT DIE MEUTE ist gut erzählt, flott geschnitten, hat jede Menge humoriger und auch knallharter Action, und verzichtet dabei völlig auf jedweden Klamauk. Ein Früh-70er-Actioner wie man ihn immer wieder gerne sehen kann.
7/10