Die heiße Spur
Night moves
USA 1975
Regie: Arthur Penn
Gene Hackman, Jennifer Warren, Susan Clark, Edward Binns, Harris Yulin, Kenneth Mars, Janet Ward, James Woods, Melanie Griffith, Anthony Costello, John Crawford, Ben Archibek, Dennis Dugan, C.J. Hincks, Max Gail, Susan Barrister, Larry Mitchell

- Die heiße Spur.jpg (49.68 KiB) 138 mal betrachtet
OFDB
Harry ist in der großen Stadt Los Angeles ein kleiner Privatdetektiv. Einer von denen, die Scheidungsgründe beweisen und Ausreißer einfangen. Er hat ein kluges Köpfchen, ist als Ex-Footballer mit zwei kräftigen Fäusten gesegnet, fährt einen 68er Mustang, und versucht irgendwie über Wasser zu bleiben. Heute bekommt er den Auftrag, die 16-jährige Delly zu suchen, die von Zuhause abgehauen ist. Ein Routineauftrag, und Harry tut sich auch nicht schwer eine Spur zu finden, die ihn letzten Endes nach Florida und auf die Keys führt. Dort, wo die Sonne scheint, der Ozean an die Rückseite des Hauses klopft, und das Leben einfach und leicht scheint. Harry findet Delly, und er schafft es auch, Delly aus diesem Paradies loszueisen und sie zurückzubringen zu ihrer versoffenen und mannstollen Mutter. Aber Harry hat eben wirklich ein kluges Köpfchen, und er macht sich so seine Gedanken, was hinter der kleinen und glücklichen Gemeinschaft auf den Keys wirklich steckt. Er denkt nach, er fragt, und er findet ein Wespennest. Und Mord …
Harry ist in der großen Stadt Los Angeles ein kleiner Privatdetektiv. Einer von denen, die in den 70ern die Leinwände und Fernsehbildschirme bevölkerten. Einer wie Detektiv Rockford, bei dem ein Anruf genügt, und genauso wie dieser ist er für die kleinen und einfach gestrickten Fälle da. Hier ein paar Beweisfotos für eine Scheidung, dort ein verschwundenes Mädchen. Doch sieht er die Zeichen in seiner eigenen Ehe nicht, und muss sich mitten in einem Auftrag der brutalen Wahrheit stellen, dass seine Frau ihn betrügt. Ein Alltagsleben in einer Alltagsgeschichte, so scheint es. Alles wird sehr ruhig und ohne nennenswerte Höhepunkte erzählt. Dass Harry den Automechaniker Quentin mal ein klein wenig schubst, oder dass er sich eines Angreifers mit einem einzigen Tritt entledigen kann sind keine „Action-Höhepunkte“ im Sinne modernen Kinos. Die Geschichte fließt dahin, die Sonne scheint, die Menschen reden, ab und zu schlafen sie auch miteinander, und die Abgründe, an deren Rand Harry entlangbalanciert, tun sich nur sehr langsam und dadurch unmerklich auf. Harry genauso wie der Zuschauer spüren den Sturz ins Bodenlose erst als es zu spät ist, doch der Zuschauer hat dabei den Vorteil, dass er am Ende abschalten kann. Irre ich mich, oder wird das Boot am Schluss auf ewig im Kreis fahren?
DIE HEISSE SPUR ist ein Film, wie er heute kaum noch gedreht wird. Ein desillusionierter Mann in einer ausgesprochen ruhig und entspannt erzählten Geschichte, garniert mit einer ins Drama gehenden Nebenhandlung, vielen Personen deren Zusammenspiel nicht immer ganz klar ist, und mit einem ausgesprochen melancholischen Erzählton. Nur wenn man aufpasst bemerkt man die kleinen und fein gelegten Spuren, die auf das Verbrechen hinter der biederen Geschichte hinweisen, und nur wenn man aufpasst erkennt man das gut ausgearbeitete Psychogramm eines Mannes, der in seinem Leben irgendwann einmal gescheitert ist, ohne dass dies jemals geäußert wird. Ein Drama, ein Psychogramm, eine in den Kriminalfilm hineinbalancierende Handlung – Und trotzdem fesselt der Film, behält er seine Stoßrichtung konsequent bei und schiebt den braven Harry unerbittlich nach vorne und in den Kampf. Die erstklassigen Schauspieler, die gut ausgesuchten und schön gestalteten Settings, die einfach erscheinende und doch so verzwickte Handlung, die sich nur ganz allmählich entblättert (ganz im Gegensatz zu der 18-jährigen Melanie Griffith, die sich in ihrem dritten Film gleich die gesamte Blöße gibt), und ehe man es sich versieht steckt man als Zuschauer bis über beide Ohren in einem Neo-Noir, von dem ein Abwenden gar nicht mehr möglich ist. Die verkrachten Charaktere, von denen jeder irgendwie Dreck am Stecken hat, die einen mehr und die anderen weniger, die Schattenseiten des American Way of Life in Form einer durch und durch korrupten Gesellschaft, die Erkenntnis, dass der Kampf gegen das Schicksal manchmal schon sehr ausweglos ist, und natürlich die starken Frauen, die eigentlich alle zu beschreitenden Wege bestimmen, auch wenn es an der Oberfläche oft ganz anders aussieht.
Neo Noir in Reinkultur schreibt Matthias Merkelbach in seinem Blog
Der Film Noir, und dem möchte ich mich gerne anschließen. Absolut sehenswert und den Zuschauer mit einem starken Gefühl der Hilflosigkeit hinterlassend ist der Film tatsächlich ein Klassiker der 70er-Jahre-Thriller, auch wenn er zu Beginn über lange Strecken so nicht wirkt.
7/10