End of Watch
End of watch
USA 2012
Regie: David Ayer
Jake Gyllenhaal, Michael Peña, Natalie Martinez, Anna Kendrick, David Harbour, Frank Grillo, America Ferrera, Cle Sloan, Jaime FitzSimons, Cody Horn, Shondrella Avery, Everton Lawrence, Leequwid 'Devil' Wilkens, James 'Pistol' McNeal, Zone, Alvin Norman, Richard Cabral

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OFDB
Zwei Cops auf Streife in der Großstadt. Gute Freunde, die die kleinen und größeren Geheimnisse ihres Lebens genauso miteinander teilen wie Freud und Leid der Nachschicht, und über kurz oder lang in Gefahr und so richtig in die Scheiße geraten. Gibt es einen Grund, warum man sich so einen Film nach den Dutzenden ähnlich gelagerten noch anschauen sollte? Und dann auch ausgerechnet diesen hier?
Grundsätzlich ist END OF WATCH eigentlich nicht wirklich anders als andere Vertreter dieser Zunft. Die Abgrenzung gegenüber etwa TRAINING DAY ist, dass der obercoole und abgebrühte Superbulle fehlt, der dem Rookie die Regeln der Straße beibringt. Die Abgrenzung zu, sagen wir, NUR 48 STUNDEN ist das Fehlen lässiger Oneliner. Und der Unterschied zu zum Beispiel RAMPART ist, dass die Cops in END OF WATCH keine bösartigen Absteiger sind. Im Gegenteil, Officer Taylor und Officer Zavala sind ganz normale Menschen, integriert in Familie und Gesellschaft. Sie lieben gerne, sie lachen gerne, sie leben gerne, und so ganz nebenbei sind sie Streifenpolizisten in einem üblen Viertel in Los Angeles, und haben den Arbeitsalltag über hauptsächlich, aber nicht nur, mit Arschlöchern zu tun. Aber anders als bei so vielen anderen Buddy-Cop-Filmen dreht es sich hier mitnichten ausschließlich um Drogen und Gangster. Taylor und Zavala kümmern sich um einen Hausbrand. Um eine laute Party die zur Ruhestörung wird. Um vermisste Kinder. Um eine alte Frau, deren Tochter die Mutter seit einiger Zeit nicht mehr gesehen hat. Natürlich hat es in so einem Viertel in so einer Stadt Gangs, Drogen sind sowieso immer im Spiel, und Waffen ebenfalls. Weswegen die Verhaftung eines Gangmitgliedes auch mal zu einer harten Schlägerei ausarten kann. Und die vermissten Kinder tatsächlich auch wiedergefunden werden. Dabei bleiben die beiden Officers aber meistens angenehm auf dem Teppich, und erinnern in ihrer Art oft an die Helden der Romane von Joseph Wambaugh, dem Chronisten amerikanischer Polizeiarbeit. Die beiden sind keine Helden, und auch wenn sie als lässige Supermacker dargestellt werden, die ihre Sonnenbrillen nie ablegen und im Kollegenkreis mit ihren dämlichen Sprüchen glänzen, so sind sie doch in erster Linie gute Polizisten mit einer feinen Nase für Verbrechen. Taylor möchte gerne irgendwann Detective werden, und das Zeug dazu hat er. Sein Gespür wird ihn noch weit bringen, wenn ihn seine große Klappe nicht vorher auf dem Beifahrersitz eines Streifenwagens versauern lässt.
Die große Klappe, und das nebenbei betriebene Filmstudium, für das er seinen Alltag mit einer Videokamera dokumentiert. Und damit bei Verdächtigen genauso aneckt wie bei seinen Kameraden, von den Vorgesetzten ganz zu schweigen. Diese Kamera ist der Vorwand des Regisseurs David Ayer, viele viele Szenen mit einer verwackelten Handkamera zu filmen, und damit eine Art gefakte Authentizität ins Spiel zu bringen. Bei der Schlägerei zwischen Zavala und dem Gang-Mitglied war ich entsprechend auch kurz vor dem Ausschalten, zu augen- und magenbelastend war das Gewackel der Handkamera, aber Ayer schaltet anschließend angenehmerweise schnell wieder ein paar Gänge zurück und legt einen erstklassigen Mix aus Mockumentary und Spielfilm hin, bei dem die Grenzen fließend sind. So fließend, dass die Übergänge irgendwann kaum noch bemerkt werden. Weswegen der Zuschauer tatsächlich im Streifenwagen Platz nimmt und den beiden Officers Gesellschaft leistet bei ihren Einsätzen genauso wie bei ihrem mehr oder weniger romantischen Liebesleben. Zeitlich schlägt END OF WATCH dabei einen sehr großen Bogen, was ihn der Realität auch wieder ein kleines Stückchen näher bringt, denn bei den meisten von uns Normalos sind die Lebenszyklen doch etwas größer als in Hollywood üblicherweise angenommen. Dadurch wird der END OF WATCH eher an einen Film wie COLOURS – FARBEN DER GEWALT angenähert als an etwa DARK BLUE. Was ein hübsches Beispiel für die Erdung des Films ist: Am Ende von DARK BLUE regiert das Pathos, und wird aus einem toten Polizisten ein Held im Kampf gegen die Feinde der Gesellschaft. Wenn in END OF WATCH der überlebende Polizist versucht eine Rede zu halten, dann ist von Pathos nichts mehr zu spüren, nur noch von Entsetzen, Trauer und Schmerz, und der Film ist damit erheblich näher am vermutlichen Alltag von amerikanischen Streifenpolizisten, als die meisten anderen Cop-Filme, deren Helden sich eben als Helden gerieren. Während die Officers Taylor und Zavala angenehm normal sind in einer Umgebung, deren Normalität nach europäischen Maßstäben kaum zu ermessen ist. END OF WATCH positioniert sich so, modische Mockumentary-Mechanismen nutzend ohne sie als ausschließliches Merkmal überzustrapazieren, als angenehm realistischen Film über ganz normale Männer, die einen Job ausüben, den von uns keiner gerne freiwillig machen würde.
7/10
Der Sieg des Kapitalismus ist die endgültige Niederlage des Lebens.
(Bert Rebhandl)