Scorpio - Michael Winner (1973)

Moderator: jogiwan

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sid.vicious
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Scorpio - Michael Winner (1973)

Beitrag von sid.vicious »

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Alternativer Titel: Scorpio
Produktionsland: USA
Produktion: Walter Mirisch
Erscheinungsjahr: 1973
Regie: Michael Winner
Drehbuch: David W. Rintels, Gerald Wilson
Kamera: Robert Paynter
Schnitt: Michael Winner
Musik: Jerry Fielding
Länge: ca. 110 Minuten
Freigabe: FSK 16
Darsteller:
Burt Lancaster: Cross
Alain Delon: Jean Laurier
Paul Scofield: Sergei Zharkov
John Colicos: McLeod
Gayle Hunnicutt: Susan
J.D. Cannon: Filchock
Joanne Linville: Sarah Cross
Mel Stewart: Pick

Der CIA Agent Cross will sich zur Ruhe setzen. Dieses will CIA-Chef McLeod allerdings verhindern, da Cross zu viele Interna weiß. Cross kann aus Washington entkommen und sucht Hilfe bei dem russischen Agenten Sergei Zharkov. Jean Laurier, der zuvor mit Cross zusammen arbeitete wird auf Cross angesetzt. Laurier kennt Cross in und auswendig, da er sozusagen sein Schüler war.

Liest man den Namen Michael Winner denkt man bei der Art der Story schon ein wenig an „Kalter Hauch“. Es gibt tatsächlich kleine Parallelen, auch wenn „Scorpio“ schon ein anderes Gesamtbild vermittelt. Konnte Jan-Michael Vincent in „Kalter Hauch“ als skrupellos angesehen werden, so muss man Delon diesmal schon eine gewisse Sentimentalität zugestehen. Genau diese Sentimentalität ist seinem Job vollkommen unangebracht und führt natürlich auch zu einem bösen Ende. Dieses sei nicht als Spoilern zu verstehen, sondern einfach als nüchterne Analyse einer Persönlichkeit. Kennt man Delon nämlich als coolen und unnachsichtigen Charakter, so wird man innerhalb „Scorpio“ eines Besseren belehrt. Die Person Jean Laurier hat durchaus seine Schwachstellen, diese gilt es zu finden und dann ist auch er verwundbar wie jeder Andere auch. Das hierbei zum einen, das Zwischenmenschliche wie zum anderen, Respekt zum Tragen kommt ist in gewisser Weise nicht nur verständlich, sondern auch erwartungsgemäß. Das ist das Interessante an Winners Charaktere, sie sind zwar Profis, aber durchaus auch Menschen.

Eben diese beiden Hauptcharaktere, sprich Cross und Laurier bringt Winner dem Zuschauer sehr nahe. Es wird eine Art Beziehung zum Publikum aufgebaut, dass in beiden Charakteren eine Identifikation zu finden weiß. Diese Manifestierung ist wichtig für den Storyverlauf, der auf diese Weise noch interessanter wird. Lancaster wie auch Delon erfüllen nicht nur zu diesem Zweck ihre Parts als Cross bzw. Laurier absolut überzeugend, was mich persönlich auf Grund des Status dieser beiden Ausnahmeschauspieler nicht verwundert. Bei diesem Thema angelangt muss auch noch auf die wirklich sehr gute Dialogführung hingewiesen werden. „Scorpio“ ist ein Film für ein denkendes Publikum, Freunde von überschäumenden Sensationskino sind hier fehl am Platz.

Neben dem Hauptaugenmerk, Intelligenz und Dialog bringt Winner natürlich noch einen Actionanteil ein. Diese Actionmomente sind sehr erdig gestaltet. Es wirkt Nichts überzogen und eine Verfolgungsjagd (Delon/ Lancaster) hat es richtig in sich.

Jerry Fielding, der auch für die Musik in „Kalter Hauch“ zuständig ist, bringt innerhalb „Scorpio“ einige sehr gute akustische Momente ein. Besonders erwähnenswert ist hier ein virtuos wirkendes Klavierspiel, das eine gewisse Tendenz zu dem Tastenspiel eines Keith Emerson aufweist.

Fazit: Ein intelligenter und sehr guter Film, der wieder einmal zeigt, dass auch ein abgebrühter Killer immer noch ein Mensch sein kann, auch wenn es zu seinem Verhängnis wird.

8/10
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sergio petroni
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Re: Scorpio - Michael Winner

Beitrag von sergio petroni »

Der alternde Cross (Burt Lancaster) ist Auftragskiller der CIA, der seinem Handwerk weltweit nachgeht.
Für einen Auftrag wird ihm der Franzose Laurier (Alain Delon), genannt Scorpio, zur Seite gestellt. Als es Cross
danach für angebracht hält, sich zur Ruhe zu setzen, sehen das seine Auftraggeber naturgemäß anders.
Flugs werden Beweise präsentiert, daß Cross mit der Gegenseite zusammenarbeitet, und sein Zögling Scorpio mit
der Beseitigung Cross' beauftragt. Tatsächlich hat Cross enge Kontakte zum in Wien agierenden Russen
Zharkov, mit dessen Hilfe er versucht, zu überleben. Doch wie soll Cross ein Wiedersehen mit seiner
geliebten Frau organisieren und zudem ist Scorpio inzwischen auch in Wien eingetroffen.
Die österreichische Metropole wird zum Schauplatz einer gnadenlosen Hatz.....

Der in jenen Jahren sehr produktive Michael Winner inszenierte diesen Agententhriller mit den
Superstars Burt Lancaster und Alain Delon an Originalschauplätzen in Wien und erstaunlicherweise
in der CIA-Zentrale in Langley. Während knapp zwei Stunden wird das Tempo hoch gehalten,
und der Zuschauer fiebert doch tatsächlich mit zwei Killern mit. Wer wird das Rennen machen:
der Erfahrene oder der Heißsporn? Um uns die beiden Hauptfiguren näher zu bringen, nimmt sich
Winner Zeit. Wir lernen Cross' Ehefrau kennen, ebenso wie Scorpios Freundin.
Es wird offensichtlich, daß Scorpio seinen Auftrag gar nicht ausführen will, außer Cross erwiese
sich tatsächlich als Doppelagent.

Sehenswert ist der Streifen alleine schon durch die zeitgenössischen Aufnahmen Wiens.
Das Geheimdienstgewerbe wird als eiskalt und menschenverachtend dargestellt,
das Böse lauert hinter jeder Ecke!
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Fesselndes Starkino, knallhart ohne Weichspüler!
7,5/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Maulwurf
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Re: Scorpio - Michael Winner (1973)

Beitrag von Maulwurf »

 
Scorpio
Scorpio
USA 1973
Regie: Michael Winner
Burt Lancaster, Alain Delon, Paul Scofield, John Colicos, Gayle Hunnicutt, J.D. Cannon, Joanne Linville, Mel Stewart, Vladek Sheybal, Shmuel Rodensky, Jack Colvin, Mary Maude, James Sikking, Burke Byrnes, William Smithers, Howard Morton, Celeste Yarnall


Scorpio, der Killer.jpg
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OFDB

Der CIA-Agent hat den jungen Auftragskiller schon vor langer Zeit unter seine Fittiche genommen und ihm alles beigebracht, was man zum Überleben in diesem Metier so braucht. Jetzt ist der CIA-Agent älter geworden, und sein Chef hält ihn für entbehrlich. Schlimmer noch, der Agent soll angeblich ein Verräter sein und Geheimnisse an die Konkurrenz hinter dem Eisernen Vorhang verkaufen. Der CIA-Agent muss weg, und der richtige für diesen Job ist dessen jüngerer Schützling. Der allerdings frühzeitig weiß, dass er selber auf der Abschussliste der Agency steht. Der ausgesprochen akribisch vorgeht, eben weil das Überleben in seinem Job von akribischem Vorgehen abhängt. Und der vielleicht keine Skrupel hat seinen alten Freund zu töten, der aber genau, ganz genau sogar, wissen will warum er dies tut. Und an dieser Stelle hat die Agency keine überzeugenden Antworten …

Ein alter CIA-Agent also, und ein junger Killer. Der Alte hat den Jungen ausgebildet, ihm das Rüstzeug zur perfekten Tötungsmaschine mitgegeben, und jetzt soll der Junge den Alten umbringen. Eine Handlung, die erstmal wenig Überraschungen verspricht, und schnell auch mal im Mittelmaß der uninteressanten Actionszenen und pseudo-philosophischen Dialoge versinken könnte.

Regisseur Michael Winner hat einen anderen Weg gewählt: Als Darsteller des altgewordenen Außenagenten Burt Lancaster, der dem altgedienten CIA-Agenten Cross viel Ausstrahlung und eine gesunde Portion Lebenserfahrung mitgeben kann. Und der junge und hungrige Killer Scorpio wird von Alain Delon gegeben, der hier vor der Situation stand, dass er als europäischer Superstar in einem amerikanischen Film ein No Name war, der sich seinen Namen erst erspielen musste. Der also das junge und hungrige, das seine Rolle verlangte, auch als Schauspieler an den Tag legen musste. Beide Darsteller agieren wie gewohnt erstklassig, und können ihre Rollen mehr als nur reichlich ausfüllen.

Der dritte Darsteller ist die Stadt Wien, in der große Teile der Handlung spielen. Wien mit seiner Melancholie, mit der alten und ehrwürdigen Tradition als Drehscheibe zwischen Ost und West. Als Tummelplatz der Agenten. Wo das Strandgut des zweiten Weltkrieges eine neue Heimat fand, und damit meine ich beide Seiten der Heimatlosen, und die vor allem in den Zeiten des Kalten Krieges immer eine besondere Rolle innehatte. Der alte Mann Cross und der junge Killer Scorpio also inmitten dieser Geschichte und vergangene Dekadenz atmenden Kulissen, die aber auch modern können. Cross und sein Freund Lang, sitzen in einem Straßencafé, draußen rauscht der Verkehr der modernen Stadt vorbei, und im Hintergrund spielt eine Musikerin auf der Zither. Wiener Flair – Alt und modern nebeneinander, und es muss nicht immer passen, aber es ist diese spezielle Atmosphäre von Gestern und Heute, von Alt und Neu. Von Jung und Alt …

Überhaupt, dieser Freund Lang, eine Figur wie aus einem der frühen Romane von Robert Ludlum. Ein Überlebender aus einem KZ, Musiker ein Leben lang, der jetzt in Wien lebt, nach 30 Jahren endlich wieder Brahms spielen kann ohne die Bilder in seinem Kopf zu haben, und der diejenigen, die in die Gasduschen mussten, als glücklich bezeichnet, weil für sie die Qual ein Ende hatte. Cross hat Lang aus dem KZ befreit, und dafür wird Lang ihm ewig dankbar sein. Eine Gestalt, wie sie damals in Europa sicher nicht untypisch war, und wie sie in Romanen und Filmen immer wieder auftauchte. Sei es eben in den Ludlum.-Romanen oder in Filmen nach Johannes Mario Simmel, in denen sich Krieg und Gegenwart oft auf eine ähnliche Weise vermischten.

Daneben dann Scorpio, der Killer. Der neben seinem Job als eiskalter Engel auch ein hoffnungsloser Romantiker ist, der seine Freundin in Washington mit Blumen überhäuft und mit ihr gerne kuschelig Essen geht. Und der gleichzeitig seinen Job perfekt beherrscht, mit schurkischen Auftraggebern genauso gut verhandeln kann wie vermeintlichen Freunden das Lebenslicht auszublasen. Scorpio passt perfekt in dieses Wien zwischen den Zeiten, denn auch er ist ein Mensch zwischen den Welten. Genauso wie Cross, den sein Job nicht zu sehr abgehärtet hat, und der seine Frau und seine Freiheit immer noch mehr liebt als alles andere. Cross bewegt sich wie ein guter und erfahrener Agent sich bewegt: Im Zickzack, immer vorwärts, niemals stehenbleiben wenn er gejagt wird, immer sehr viele Schritte vorausdenkend. Darum braucht das psychische Duell Cross versus Scorpio gar keine gehäuften Actionszenen, allein durch die Ähnlichkeit dieser beiden Männer und ihrer zur Schau gestellten Sensitivität entsteht schon genügend Spannung. Die zentrale Verfolgungsjagd der beiden durch die U-Bahn-Baustelle der Stadt Wien ist packend inszeniert, pure Hochspannung, und hat eine starke Auflösung, aber die eigentliche Spannung des Films speist sich aus eben dem Duell dieser beiden Ausnahmeschauspieler und gut erdachten Charaktere. Beide Männer sind Wanderer zwischen den Welten, genauso wie die Umgebung in der sie sich bewegen. Es ist faszinierend und in hohem Maße aufregend den beiden zuzuschauen, und der salomonische Schluss des Films passt dann auch noch in der gleichen Perfektion zu diesen Männern. Großes Starkino aus Zeiten, in denen nicht der Special Effect das Maßgebliche war, sondern die Wucht der Erzählung. Erstklassig!

8/10
Der Sieg des Kapitalismus ist die endgültige Niederlage des Lebens.
(Bert Rebhandl)
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