The red kimono
USA 1925
Regie: Dorothy Davenport
Priscilla Bonner, Nellie Bly Baker, Carl Miller, Mary Carr, Virginia Pearson, Tyrone Power Sr., Sheldon Lewis, Theodore von Eltz, Emily Fitzroy, Max Asher, George Siegmann, Dot Farley, Dorothy Davenport, Ellinor Vanderveer, Lottie Williams
OFDB
Prinzipiell sollte man hier keine Wunder erwarten, THE RED KIMONA ist ein Drama wie es viele gab im Laufe der Hollywood Geschichte: Gefallenes junges Mädchen, erhobener Zeigefinger, immer größere Not, und das ganze verbrämt mit einem christlichen Erziehungsrahmen, der heute eher lächerlich wirkt als etwas anders.
Gabrielle Darley lebt auf dem Land und wird von ihrer widerlichen Familie geschasst wo es nur geht. Als sie die Möglichkeit hat in die Stadt zu gehen, geht sie. Zusammen mit diesem gutaussehenden Fremden, in den sie sich unsterblich verliebt hat. Doch dieser Fremde entpuppt sich als Zuhälter, der Gabrielle in New Orleans in die Prostitution zwingt. Was ihrer Liebe keinen Abbruch tut, nur ihrer Verzweiflung … Als sie ihn dabei erwischt, wie er Hochzeitsringe für eine andere kauft, erschießt sie ihren Zuhälter. Diese Geschichte wird als Rückblende während Gabrielles Gerichtsverhandlung erzählt, doch anschließend geht der Film erst richtig los. Denn den Makel Gefängnis bekommt sie nie wieder los, und Ende der 10er-Jahre, der Film spielt 1917, sind die Zeiten nicht rosig für schüchterne Mädchen die nichts gelernt haben und direkt aus dem Knast kommen …
Gabrielle trifft Mrs. Beverly Fontaine, eine reiche Lady, die gestrauchelte junge Mädchen in ihr Heim aufnimmt. Allerdings nur, damit sie sich damit brüsten kann wie wohltätig sie doch ist, und um damit in der Gesellschaft gut dazustehen. Als das Interesse der Haute Volée an Gabrielle erlischt, ist auch dieses Zuhause von heute auf morgen fort. Bleibt nur noch der Gang zurück in die Elendsviertel von New Orleans. Doch Freddie, der Chauffeur von Mrs. Fontaine, hat sich ganz ernsthaft verliebt. Wird Gabrielle sich dieser Liebe denn noch hingeben können? Hingeben dürfen?
Wie gesagt, ein Drama wie es viele gab. Allerdings mit dem ein oder andere Schmankerl, was dann den kleinen und einfachen Film schnell interessanter macht. Da sind zum einen die erstklassigen Schauspieler, denen man ihre Gefühle abnimmt, und die ausgesprochen natürlich und ernsthaft spielen. Im Jahr 1925 nicht selbstverständlich, war doch der Hang zur Theatralik damals weit verbreitet. Aber außer vielleicht dem Zuhälter Mr. Mack kann man hier ein sehr seriös wirkendes Zeitbild erkennen. Was vielleicht auch daran liegen mag, dass die Geschichte hinter dem Film wahr ist, und die Regisseurin(!) Dorothy Davenport mit den wirklichen Namen gearbeitet hat. Ein Umstand, der dazu führte, dass die echte Gabrielle gegen Mrs. Davenport geklagt und Recht bekommen hat – Das Gericht urteilte im Jahr 1931: „Jeder Mensch, der ein rechtschaffenes Leben führt, hat das Recht auf Glück, das die Freiheit von unnötigen Angriffen auf seinen Charakter, seine gesellschaftliche Stellung oder seinen Ruf einschließt.“ Ein damals wegweisendes Urteil.
Dann ist da die teilweise recht bewegliche Kamera. Montiert auf einem Achterbahnwaggon rasen wir über einen Rollercoaster – Mittendrin statt nur dabei! Auch die wahnwitzige Autofahrt Freddys durch Los Angeles, um seine Gabrielle noch rechtzeitig von der Rückfahrt nach New Orleans abzuhalten, ist sehr dynamisch gehalten – Die Kamera dürfte mutmaßlich auf dem Kühler des Automobils montiert worden sein, und dann ging es ohne jede Rücksicht auf Verluste mit Vollgas durch den Stadtverkehr …
Und zu guter Letzt ist die Farbgebung bemerkenswert. Der namensgebende rote Kimono als Symbol der Schande ist zweimal zu sehen, beide Male von Hand direkt auf dem Filmstreifen rot eingefärbt, was die Schande sehr auffällig macht. Genauso wie die rote Laterne, die das Bordell kennzeichnet in dem Gabrielle ihr Leben fristen muss, ein handgemalter roter Klecks in einer grau-umnachteten und heruntergekommenen Umgebung ist. Der Kontrast zu der roten Lampe ist umso greller und auch hier leuchtet das Zeichen der Sünde deutlich durch die Nacht. Arme Gabrielle …
THE RED KIMONA mag kein herausragender Film sein (ist er doch, denn er ist 1925 inmitten einer fast komplett männlichen Industrie von einer Frau produziert und gedreht worden), aber er berührt auch heute noch und hat so ein paar filmische Besonderheiten, die ihn auch heute noch durchaus sehenswert machen.
6/10