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Darsteller(innen): Judith Fritsch, Margit Cizek, Gerhard Wolf, Michael Büttner, Melitta Tegeler, Lis Larsen, Marita Vogelsang, Rena Bergen, Gaby Heine, Tony Rose, Hans-Joachim Ketzlin, Frank Sommer, Erich Poremski, Rainer Reglin, Max Giese, Egon Vogel, Pia Trajun u. A.
Der Reisebus steht bereit für den Betriebsausflug nach Berlin, die Teilnehmer sind gut gelaunt und voller Vorfreude. Die einen spielen Skat, die anderen spielen schon ein bisschen aneinander herum. Auf jeden Fall wollen sich alle ein Vergnügen in der Großstadt bereiten. An der Stadtrundfahrt nehmen freilich nicht alle teil, denn das Hotel bietet auch einen Pool mit Bar, da lassen die Damen und Herren die Hüllen fallen. Wer noch keinen Partner hat, der sucht sich einen oder lässt sich treiben...
Diese Softsex-Klamotte des späteren deutschen Pornofilmers Wolfgang Bellenbaum („Tanzstunden-Report“) erschien im Jahre 1973 und ist mir unter dem Alternativtitel „Motel Report“ bekannt. Beide Titel sind Mogelpackungen, denn weder handelt es sich um einen Reportfilm noch wird zur Jagd auf Jungfrauen geblasen. Wie so oft, wenn ich über derartige Filme schreibe, enthält dieser Text eine umfangreiche Inhaltsangabe, auf die ein Fazit folgt.
„Sie kennen sich doch aus hier – als Eingeborene...?“
Ein Provinzunternehmen unternimmt anlässlich der Grünen Woche einen Betriebsausflug nach Westberlin mit einem Reisebus. Man freut sich insbesondere auf die libidinösen Versuchungen, die die geteilte Stadt zu bieten hat, und gibt sich ihnen gerne hin…
„Meine Körperschleuder steht draußen vor der Tür!“
Noch im Bus werden die ersten „Lutschpuppen“ entblößt. Auf etwas Rumgeplänkel folgt bald die erste Softsexszene auf einem Zimmer, unterbrochen von Bildern einer Stadtrundfahrt. Das ist ganz nett gefilmt. Wir sehen einen Schwimmbadbesuch, weiteres Rumgeplänkel, Verführungsversuche, Voyeurismus... und hören reichlich dumme Sprüche. Die durchaus hübschen jungen Frauen des Unternehmens wollen unbedingt angequatscht werden. Das Figurenensemble ist indes eine ziemliche Klischeeparade: Ein lispelndes blondes Dummchen, eine rassige Brünette, ein Stotterer...
„Jetzt gehen wir erst mal zu dem Itaka da und hauen uns 'n großen Klops Eis in die Bluse.“
Ein Teil der Herren geht mit zwei einheimischen Damen im Luxusrestaurant fein essen, zwei Mädels wiederum mit Berlinern auf ein Motorboot. Die Blonde lässt sich dort von einem Mike verführen, die schwarzhaarige Angelika ebenfalls – wenn auch an Land in einem Zelt. Gefummel, Geknutsche, Softsex. Die erwähnten Herren ziehen nach dem Restaurantbesuch mit ihren Begleiterinnen zum Tanzen in einen Nobelschuppen weiter. Die Damen wollen die Kerle ausnutzen und lassen sie sitzen, als diese nicht mehr zahlen (was zugleich die Pointe dieser Episode darstellt). Reiseleiter Herr Flottwich (Max Giese, „Josefine – das liebestolle Kätzchen“) wirft sich erfolglos im Zoo an eine Jüngere heran. Eine verdammt süße mitreisende Blondine (wer ist das?) lernt einen jungen Berliner kennen, der jedoch fast nur vulgäres Zeug und Rainer-Brandt-Gedächtnissprüche von sich gibt. Gemeinsam fährt man ins Grüne zum Fummeln und Knutschen. Mehr als ein für sie enttäuschender Schnellfick, für den ihr Stecher sogar seine Klamotten anlässt (sie hingegen ist splitterfasernackt), springt für sie aber nicht dabei heraus. Zu allem Überfluss lässt er sie auch noch sitzen und braust mit seinem Wagen, in dem noch ihre Kleider liegen, davon. Na Mensch, diesen Gag hat man ja noch nie gesehen oder gehört…
„Im Stehen kann das Bier viel besser runterlaufen!“
Die älteren Herren lassen nach dem Zoobesuch die als wenig attraktiv empfundene Frau Baumann allein zurück, eine andere geht mit einem Kerl ins Kino, und die süße blonde Nackedei bedeckt sich notdürftig mit Zeitungspapier, trifft auf ein im VW Käfer vögelndes Paar und lässt sich den Weg erklären. Die älteren Damen wiederum besuchen ein Bahnhofskino, in dem ein Sexfilm läuft. Als Film im Film bekommen wir eine Softsexszene in einem Krankenhaus zu sehen, angeregt beäugt von den Besucherinnen. In der Loge nebenan treiben es zwei miteinander, die man schon vorher gesehen hat, als sie sich zum Kinobesuch verabredeten.
„Er rammelte wie ein Hase beim Preisbumsen!“
Die süße Nackte ist inzwischen im Hotel angekommen und vernascht dort den Portier, der ebenfalls seine Kleidung anbehält… Reiseleiter Flottwich ist mittlerweile betrunken und geht in den Puff, ausgerechnet als die Kripo den Laden hochnimmt. Er wird verhaftet und bei der Abfahrt am nächsten Tag vermisst. Bereits im Bus sitzend, erinnert sich die sächselnde Schwarzhaarige noch, wie sie auf ihrem Zimmer ein Bad nahm und den Zimmerservice verführte, was wir als visualisierte, offscreen von ihr kommentierte Rückblende zu sehen bekommen. Im Hotel nervt der Portier derweil mit albernen Wortwitzen, während Fräulein Baumann sich um den aus dem Gewahrsam entlassenen Flottwich kümmert. Der öffnet zum Dank ihr Haar, nimmt ihr die Brille ab und stellt fest, dass die graue Maus des Unternehmens eine Sexbombe ist. Auf der Rückfahrt sind alle glücklich und vergnügt, Berlin war eine Reise wert.
„Für die Filmindustrie sind die Sexfilme wie die Heimatfilme der 50er-Jahre!“
Ein Metaebenenkommentar wie dieser gehört neben der einen oder anderen hübschen, zeigefreudigen Schauspielerin zu den Höhepunkten dieser auf ihre Weise typischen deutschen Fummelkomödie der 1970er. Der Schnitt ist derart sprunghaft und die Figuren derart oberflächlich gezeichnet, dass man nicht immer gleich weiß, wer nun eigentlich wer genau ist, was aber auch egal ist. Leider sind die meisten schlüpfrigen Szenen – wie damals üblich – nicht sonderlich sinnlich oder erotisch gefilmt, wirken in Kombination mit dem pseudolustigen, permanenten dummen Gequatsche gar eher abtörnend. Dennoch hat die Dialogtonspur dann und wann die Lacher eher auf ihrer Seite als die Handlung, deren plumper, alberner Witz sich niemandem erschließen dürfte, der die Pubertät erfolgreich hinter sich gelassen hat.
Bellenbaum vermengt die Themen innerdeutscher Sextourismus und Berlin als das ganz andere Westdeutschland miteinander, um Menschen aus der Provinz auf einen urbanen, sexuell befreiten Sündenpfuhl treffen zu lassen. Leider versäumt er es dabei, zu erklären, weshalb die Belegschaft alldem derart aufgeschlossen gegenübertritt, versäumt zudem die Chance, einen Culture Clash heraufzubeschwören, der letztlich vielleicht humoriger gewesen wäre. Dass auch die sexuellen Abenteuer der Frauen hier reinen Männerfantasien entspringen: geschenkt. Dass man Wert darauf legte, möglichst viel nackte weibliche Haut einzufangen, die Herren der Schöpfung aber noch nicht einmal aufforderte, sich für die Softsexszenen wenigstens ihrer Beinkleider zu entledigen, ist aber ein starkes Stück und zeugt davon, wie es um die Antiprüderie des Filmteams tatsächlich bestellt war. Zudem dürfte jeder Berliner die Hände ob des vermittelten Bilds seiner Stadt überm Kopf zusammenschlagen.
Ergo: Ein weiteres in Umsetzung wie Anspruch billiges, mehr schlecht als recht gealtertes Stück Sexploitation, nach dem heutzutage zurecht kein Hahn mehr kräht.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)