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Darsteller(innen): Laura Tonke, Miroslaw Baka, Suzanne von Borsody, Stefan Cammann, Gustaw Barwicki, Henry Marcinkowski, Beatrice Manowski, Martin Trettau, Sophie Rois, Lutz Weidlich, Michael Krause
Mitten zwischen West- und Ost-Berlin strandet ein 15-jähriges Mädchen, das allmählich lernt, sich durch ihr tristes Leben zu schlagen. Die Lehre absolviert es bei einem polnischen Ganoven. Von der Mutter verlassen tut es sich mit einem ebenfalls alleingelassenen Jungen zusammen.
Der Fernsehfilm „Ostkreuz“ von Regisseur und Autor Michael Klier („Überall ist es besser, wo wir nicht sind“) aus dem Jahre 1991, ein auf 16 mm gefilmtes Drama, ist der vielleicht erste Spielfilm, der die Tristesse und zerplatzten Träume nach der Wende-Euphorie aufgreift. Bereits am 27. Juni 1991 wurde er auf dem Filmfest München uraufgeführt, anschließend gar zu internationalen Filmfestivals eingeladen. Die TV-Erstausstrahlung erfolgte am 2. Januar 1992.
Kurz nach der Öffnung der DDR-Grenzen und der Berliner Mauer: Die 15-jährige Elfie (debütierend: Laura Tonke, „Bitte Unschuld“) lebt zusammen mit ihrer alleinerziehenden, arbeitslosen Mutter (Suzanne von Borsody, „Fifty Fifty“) in einem Flüchtlingslager knapp hinter der ehemaligen Grenze. Ihnen fehlen 3.000,- DM Kaution, um eine richtige Wohnung beziehen zu können. Elfie will dabei helfen, an das Geld zu kommen, vertickt mutmaßliche Hehlerware und geht Fensterputzen. Ihre Mutter geht gern aus und lässt sie allein. Elfie schwänzt die Schule und lernt eines Tages den jungen polnischen Kleinkriminellen Darius (Miroslaw Baka, „Ein kurzer Film über das Töten“) kennen, dessen Nähe sie sucht, weil sie sich Vorteile davon verspricht und schließlich mit ihm zusammenzuarbeiten beginnt – wenngleich er sie auch immer wieder übers Ohr haut. Schließlich emanzipiert sie sich von ihm. Im Gleichaltrigen Flüchtling Edmund (Stefan Cammann) hat sie einen Freund kennengelernt, der von seinen Eltern sitzengelassen wurde. Mit ihm bildet sie eine Schicksalsgemeinschaft, nachdem sie tatsächlich die Kaution aufgetrieben hat, sie ihre Mutter aber zusammen mit einem windigen Ausbeuter als Liebhaber, dafür ohne sie, weiter Richtung Westen ziehen lässt…
Klier eröffnet seinen Film mit einem Panoramaschwenk über die triste Plattenbausiedlung. Aus den Wohnparzellen dringen Gebrüll und Gewimmer. Die Flucht Elfies und ihrer Mutter in den Westen wird nicht gezeigt und auch nur marginal, wenn überhaupt, thematisiert. Die Dialoge sind einsilbig und die ins kleinkriminelle Milieu geratende Elfie zieht permanent ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Generell lächelt nie jemand in diesem Film, zumindest, bis Elfie im seltsamerweise Edmund heißenden Jungen einen Schicksalsgenossen findet und mit ihm tatsächlich so etwas wie Spaß hat.
Eine Außenseiterromanze wird jedoch nicht daraus; überhaupt hat der Film über die guten schauspielerischen Leistungen hinaus wenig Erbauliches zu bieten. Es findet keine richtige Kommunikation zwischen den Figuren statt und die Tristesse überträgt sich auf die Zuschauerinnen und Zuschauer. Das muss man aushalten können und auch Lust darauf haben. Klier erweckt den Eindruck, die Ödnis und den Frust für seinen Film noch einmal potenziert zu haben, nach dem Motto: Übertreibung veranschaulicht. Das wäre sicherlich besser und packender, somit nachhaltiger beeindruckend gegangen, aber, gut: Einer musste ja den Anfang machen. Als Pionierleistung einer Art gesamtdeutschen Neorealismus ist „Ostkreuz“ filmhistorisch durchaus interessant.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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