Zu dumm zum... - Henry van Lyck (1971)

Moderator: jogiwan

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Prisma
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Zu dumm zum... - Henry van Lyck (1971)

Beitrag von Prisma »


ZU DUMM ZUM...

● DER GROSSMAUL-CASANOVA / ZU DUMM ZUM... (D|1971)
mit Brigitte Skay, Ann Smyrner, Peter Uwe Arndt, Henry van Lyck, Sybille Binder,
Robert Fackler, Ernst Hilbich, Ruth Eiben sowie Elke Hart und als Gast Carl Möhner
eine Produktion der Gopa-Film | Viktoria-Film | im Verleih der Avis Film
ein Film von Henry van Lyck


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»Wo fummelst du denn da herum? Das ist doch meine Blinddarmnarbe!«
Das Glück bei Frauen scheint Dieter (Peter Uwe Arndt) nun endgültig verlassen zu haben. Obwohl er Baden-Baden regelmäßig nach den schärfsten Gestellen abgrast, fällt seit geraumer Zeit nichts mehr für den leicht verrückt wirkenden Typen ab. Ganz im Gegenteil, er hat offensichtlich seine Wirkung auf die Frauen verloren. Ab dem Tag, an dem sich seinem besten Freund anvertraut, soll alles für ihn anders werden, denn Henry (Henry van Lyck) will sich des schwerwiegenden Falles selbst annehmen. Dabei steht er seinem Kumpel mit allerhand guten Ratschlägen zur Seite, und Dieter soll die Anmach-Tipps schnellstens bei allen dahergelaufenen Frauen anwenden. Endet diese Strategie erneut in einem altbekannten Fiasko, oder wird der verzweifelte Dieter schließlich doch noch eine, oder gleich mehrere Dumme finden..?

Diese eher unbekannte Erotik-Komödie aus dem Jahre 1971 wurde von dem recht bekannten Schauspieler Henry van Lyck inszeniert, und es sollte seine erste und auch einzige Referenz für den Regiestuhl bleiben. Betrachtet man hier das Ergebnis, ahnt man unmissverständlich genau, warum es kein weiteres Happening des gebürtigen Kölners mehr geben sollte, denn die Handhabe der Regie offenbart leider eine eindeutige Handschrift der mangelnden Treffsicherheit, beziehungsweise um es anders zu formulieren, ihm ist nicht gerade gelungen, einen Überraschungs-Coup zu landen. Gerade in diesem Zeitrahmen gab es dem empfinden nach unzählige Beiträge im Erotik- und Sexfilm-Dunstkreis und falls man diese Produktionen nur pauschal in gut oder schlecht einteilen möchte, so ließe sich im Endeffekt keine eindeutige Platzzuweisung für "Zu dumm zum..." finden, was hier das eigentliche Problem darstellt. Der Film ist nicht besonders gelungen, aber was schließlich viel schwerwiegender ist, er ist noch nicht einmal schlecht genug, um gewünschte Reaktionen hervorzurufen. Mit dem Prädikat belanglos darf sich van Lycks Beitrag also durchaus ausgezeichnet fühlen, denn es schließt letztlich den vagen, bis hin und wieder deutlich vorhandenen Unterhaltungswert nicht aus.

Hierbei kommt es natürlich darauf an, was man eigentlich sehen möchte. Aus persönlicher Sicht kann ein Film, in dem die umwerfende Brigitte Skay ihr Unwesen treibt, gar nicht uninteressant oder gar schlecht sein, denn dafür wurde diese imposante Erscheinung viel zu sehr ins Herz geschlossen. Die gebürtige Mannheimerin ward oft gesehen, und gerne gebucht für derartige Filmbeiträge, und das sicherlich aus gutem Grund. Allerdings ist es überhaupt nicht mühselig zu erkennen, dass sie alles andere als nur ein Genre- oder Image-Püppchen darstellte, denn Brigitte Skay war ohne jeden Zweifel eine sehr begabte Darstellerin, wenngleich ihre Partizipationen diesen Eindruck oft nicht hergeben möchten, beziehungsweise diese Qualitäten erst gar nicht gefragt waren. Die leider bereits 2012 verstorbene Schauspielerin spielt in "Der Großmaul-Casanova", so der deutsche Video-Titel, die nominelle Hauptrolle, und es ist nicht unwichtig für den kompletten Verlauf, dass sie gleich zu Beginn in ihrem Film-Fragment zu sehen ist, da in diesem Zusammenhang die Weichen der Aufmerksamkeit gestellt werden.

Insgesamt gesehen kann man ja durchaus sagen, dass der Film zumindest einmal semi-spektakulär besetzt ist. Hierbei sollten aber auch direkt die Einschränkungen erwähnt werden, denn die Hauptrolle wurde mit Peter Uwe Arndt äußerst ungünstig besetzt. Der Darsteller, der in über dreißig Jahren lediglich 14 Film- und TV-Produktionen zu Buche stehen hat, hinterlässt leider einen sehr limitierten Eindruck und löst die Rolle im Rahmen der Anforderung ausgesprochen fahrig. Bei ihm läufts verständlicherweise eben nicht mehr, und nach den Anweisungen seines Freundes kann man nicht von der Steigerung seiner Libido sprechen, sondern eher von allerlei Sex-Pannen, die nahezu grausam in der Exposition wirken, da sie eher peinlich berühren, als dass sie zum Schmunzeln verleiten. Gut, nicht jeder Gag ist hier ein Treffer, aber man nimmt wohlwollend zur Kenntnis, dass eine Handvoll Szenen immer noch recht lustig wirken. Leider kann man das von den Dialogen, respektive abgedroschenen Phrasen nicht behaupten und die Klamauk-Dichte wird immer mal ein bisschen zu viel des Guten. Da ständig wieder bekannte Darsteller auftauchen, wirken diese Auftritte quasi wie Ablenkungsmanöver. Ann Smyrner betrachtet man hier recht erstaunt in einem ihrer letzten Filme. Der buchstäbliche Schwanengesang der attraktiven Dänin wird hier für ihre Verhältnisse ausgiebig mit Haut garniert und ihr Auftritt bleibt insofern erinnerungswürdig, weil man in vagen Andeutungen sehen darf, was die aparte Schauspielerin drunter hatte.

Besonders überraschend wirkt der Auftritt von Elke Hart, die sich auch hier ihre nahezu mystische Aura dienstbar machte und daher wirklich überzeugend wirkt. Mit ihr gibt es auch eine der wenigen, wirklich lustigen Szenen, als sie von Sex-Protz Dieter am offenen Fenster geknallt wird, und dabei mit der vorbeigehenden Nachbarin einen Smalltalk hält. Belanglos bleibt Henry van Lyck, sowohl als Darsteller, Drehbuchautor als auch Regisseur, farblos agiert der Gast der Produktion Carl Möhner, unerträglich wie fast immer erscheint Ernst Hilbich als Tante Irene und der Rest des Rudels an Laiendarstellern verursacht wenigstens keine Schmerzen. Im Endeffekt bleibt "Zu dumm zum..." inhaltlich schwach und inszenatorisch zu prüde, um für Aufsehen sorgen zu können, jedoch werden sich Freunde des einschlägig bekannten, klamaukigen Erotik-Kino sicherlich irgendwie zu Hause fühlen, da alles gezeigte und gesagte doch charakteristisch, hier aber gleichzeitig auch zu herkömmlich wirkt. Thematisch gesehen bleibt die Frage, ob Dieter seinen Stich machen wird zweitrangig und eigentlich uninteressant. Aus persönlicher Sicht ist jedoch zu betonen, dass es immer schön ist, vorhandene Lücken schließen, und beliebte Schauspieler sehen zu können, die es in jedem Genre treiben mich in jedes Genre treiben. Was zählt ist die Wiedersehensfreude, hier mit Brigitte Skay, Elke Hart und Ann Smyrner, denn so wird doch gleich jeder mutmaßliche Abschreibungsfilm zum kleinen Happening!
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buxtebrawler
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Re: Zu dumm zum... - Henry van Lyck (1971)

Beitrag von buxtebrawler »

Ist mutmaßlich am 24.07.2020 bei Sinema auf DVD erschienen:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Zu dumm zum... - Henry van Lyck (1971)

Beitrag von buxtebrawler »

„Was hältst du von einer Vergewaltigung?“

Die Erotik-Klamotte „Zu dumm zum…“ alias „Der Großmaul-Casanova“ aus dem Jahre 1971 ist die einzige Regiearbeit des Schauspielers Henry van Lyck, der hier auch selbst mitspielt.

„So ein Dilettantenscheiß!“

Dieter (Peter Uwe Arndt, „Die fleißigen Bienen vom Fröhlichen Bock“) hat eine große Klappe, aber nicht viel dahinter und unter anderem deshalb nur Pech bei den Frauen. Sein Kumpel Henry (Henry van Lyck, „Zur Sache, Schätzchen“) versucht ihm zu helfen, indem er ihm Ratschläge erteilt, die Dieter auch prompt umzusetzen gewillt ist – mit bescheidenem Erfolg…

„Die Konstrukteure ham's wohl nie in so'm Auto getrieben!“

Dieter, ein Typ in Fransenwildlederjacke, zieht mit Henry durch die Straßen; zusammen ergeht man sich in witzig-plumpen und entsprechend erfolglosen Anmachversuchen fremder Frauen auf offener Straße. Im Schwimmbad albert Dieter herum und lernt die süße Mona (Brigitte Skay, „Unruhige Töchter“), deren Busen ab und an hervorblitzt, sowie deren Freundin Chris (Sybille Binder, „Das Glöcklein unterm Himmelbett“) kennen. Zu dritt gibt man sich Doktorspielchen hin, die zunächst eher wie Misshandlungen wirken. Mona erzählt Dieter wenig geschmackssicher eine absurde Geschichte von der Vergewaltigung einer Freundin und will diese mit Dieter am Waldsee nachstellen. Damit tut Dieter sich schwer und benötigt mehrere Anläufe, was van Lyck süffisant humorig inszeniert. Mona zeigt sich nun in ganzer Pracht, doch zu ihrer Enttäuschung kann Dieter unter diesen Umständen einfach nicht. Mona reagiert erbost.

„So ein bisschen dazwischen, so ein bisschen daneben, verstehen Sie?“

Der abrupte Schnitt zur nächsten Sequenz lässt erahnen, es hier mit einem episodenhaften Film zu tun zu haben. Dieter verabredet sich mit der verheirateten Clarissa (Ann Smyrner, „Das Go-Go-Girl vom Blow-Up“), die für ihn strippt, wovon das Filmpublikum außer Blicken auf ihre Beine aber nicht viel hat. Zu allem Überfluss stört auch noch ihr Mann (Carl Möhner, „Die letzte Fahrt der Bismarck“), der unverhofft nach Hause kommt, woraufhin Dieter sich im Schrank versteckt, aber entdeckt wird. Ein noch abgedroscheneres Klischee war den Filmmachern offenbar nicht eingefallen. Clarissas Mann treibt ein kurzer Psychofolterspiel mit den beiden, nur um Dieter dann doch noch eine reinzuhauen.

In der darauffolgenden Episode rennt Dieter wieder auf der Straße herum und verteilt Äpfel an Passantinnen, wodurch er eine junge Entenfahrerin (Barbara Scott, „A Clockwork Orange“) kennenlernt, die ihn zu einer spontanen Ausfahrt einlädt. Es handelt sich um eine sehr hübsche Brünette, die auch etwas von sich zeigt und mit Dieter im Auto zu fummeln beginnt. Leider ist sie auch etwas spleenig und will’s ausschließlich in der Ente treiben, doch der französische Kleinwagen ist zu eng. Beim Sexversuch löst sich schließlich die Handbremse, womit der Film einen weiteren Treffer im Klischeebingo erzielt.

Bald darauf findet sich Dieter mit Freunden in einer Tanzbar wieder, wo er mit Sexgeschichten prahlt, die ihm niemand abnimmt, und er bei einer Blondine (Elke Hart, „Nicht fummeln, Liebling“) abblitzt. Henry jedoch überredet sie, Dieter anzugraben, woraufhin sie ihm drei Aufgaben stellt. Was genau diese beinhalten, wird den Zuschauerinnen und Zuschauern verheimlicht, erschließt sich aber aus Dieters weiteren „Abenteuern“: Er gerät an einen schwulen Barkeeper, ein anderer Homosexueller wird auf ihn aufmerksam und will, dass Dieter ihm Lackpömps kauft. Henry begleitet die beiden ins Schuhgeschäft, wo man mit seiner Hilfe die Verkäuferin in den Wahnsinn treibt. Für die nächste Aufgabe zieht Dieter mit einer Gans im Kinderwagen durch die Gegend und quatscht eine Passantin an, um sie nach einem Psychiater für seine „Ente“ zu fragen. Zudem betritt er mit dem Federvieh einen Lebensmittelladen und fragt nach Fantasieprodukten, was in Dada-Dialoge mündet, bis die Verkäuferin zu Quaken beginnt. Er zieht weiter auf einen Wochenmarkt und provoziert dort eine Essenschlacht, aus der eine wüste Massenschlägerei resultiert. Die Gans setzt er schließlich auf einem Grundstück mit anderem Federvieh aus. Schließlich – Aufgabe Nr. 3 – steigt als er als Neandertaler verkleidet mit einer überdimensionalen Keule in eine Straßenbahn ein, wo er an einen depperten Kontrolleur gerät, der Respekt vor ihm bekommt, als er hört, dass es sich bei seinem Höhlenmenschengegenüber um einen Germanen handle. In einem weiteren Dada-Dialog tauscht Dieter sich mit dem Kontrolletti über Fußmalerei aus. Einem Pförtner entwendet er die Mütze und sucht Briefkastentante „Irenes“ Büro auf, wo sich die ehebratend für Illustrierte Schreibende als Mann (Ernst H. Hilbich, „Rudi, benimm dich!“) entpuppt. Bei ein paar Schnäpsen erhält Dieter Einblicke in dessen Arbeit.

Dann begegnet Dieter seiner Disco-Bekanntschaft in der freien Natur wieder, dialogfrei und kitschig inszeniert, wenn sie in Zeitlupe händchenhaltend durch die Walachei hüpfen. Er trägt sie die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf, was tatsächlich dazu führt, dass der Film doch noch eine Erotikszene erhält. Man sieht zwar nichts, aber die Vorstellung des für andere ebenfalls unsichtbaren Beischlafs am offenen Fenster, während dem die Dame noch ein Pläuschchen mit einer Nachbarin hält, kann durchaus anregend sein. Dennoch geht auch diese Szene böse für Dieter aus.

Es beschleicht mich der Verdacht, dass van Lyck & Co. die erste deutsche Sexfilmwelle mit „Zu dumm zum…“ persiflieren wollten, indem sie eine Art Antisexfilm drehen, in dem der Protagonist kaum einmal zum Stich kommt und sich als dampfplaudernder Möchtegern-Macho entpuppt. Dafür sprechen auch die mediensatirische Anwandlung um „Tante Irene“, der Hang zum Dada und anarchischen Witz sowie der eine oder andere Seitenhieb auf die Gesellschaft. Inkaufnehmen muss man dafür neben Slapstick-Humor aber auch manche reichlich seltsame, unmotiviert erscheinende Szene und eine fröhlich dem Schwachsinn frönende zweite Hälfte, die so gut wie keine Erotik mehr aufweist, nachdem zuvor unter anderem die ein klein wenig fülligere Brigitte Skay (der dies unheimlich gut steht) sexy Auftritte hatte.

Ein aus der Reihe fallender, mitunter beinahe experimentell anmutender Low-Budget-Film, wie er wohl nur während der damaligen Sexfilmwelle entstehen konnte.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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