Inzest - John Newland (1970)

Moderator: jogiwan

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Prisma
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Inzest - John Newland (1970)

Beitrag von Prisma »


Romy Schneider   in

INZEST / MY LOVER, MY SON (1970)

mit Dennis Waterman, Patricia Brake, Peter Sallis, William Dexter, Alexandra Bastedo und Donald Houston
eine Produktion der Metro-Goldwyn-Mayer | Sagittarius Productions | im Verleih der MGM
ein Film von John Newland


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»Ich glaube du würdest sogar Gott beleidigen!«
Francesca Anderson (Romy Schneider) widmet ihre ganze Liebe und Aufmerksamkeit ihrem Sohn James (Dennis Waterman), da sie von ihrem Mann Robert (Donald Houston), der sich ständig auf Geschäftsreisen befindet und Affären hat, nicht mehr viel zu erwarten hat. Im Umgang mit ihrem Sohn fühlt sie sich frei, unbeschwert und ausgeglichen, bis dieser eines Tages die hübsche Julie (Patricia Brake) kennen lernt. Da die beiden von nun an viel Zeit miteinander verbringen und sich immer näher kommen, fühlt sich Francesca vernachlässigt und reagiert mit ungewöhnlicher Impulsivität auf die neue Situation, bis es schließlich zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen ihr und ihrem Mann kommt, in der Francesca den Bogen vollkommen überspannt und Robert bis aufs Blut reizt. Im blinder Wut versucht er seine Frau zu töten, doch James kommt ihr im letzten Moment zur Hilfe und erschlägt seinen Vater im Affekt. Bei der Gerichtsverhandlung wird er jedoch mit einer komplett anderen Anschuldigung konfrontiert, nämlich vorsätzlichem Mord...

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Dieser Film von John Newland gehört leider zu den wesentlich unbekannteren Filmen mit Romy Schneider, möglicherweise auch, weil ihm ein eher einvernehmlicher Ruf im negativen Sinne voraus eilt. Es bleibt zu sagen, dass man sich hierbei unbedingt die Mühe machen sollte, die Inhalte selektiv zu betrachten, denn "Inzest" ist keineswegs ein Film, der seinen Titel mechanisch zu charakterisieren versucht. Falls man es also schafft, ein bisschen zwischen den Zeilen zu lesen, offenbart sich ein Film mit geheimnisvoller Spannung und intelligentem Aufbau, da sich die Regie einer eigenartigen Verschleierungstaktik bedient. Die Geschichte und deren Charaktere werden von der aufdringlichen Stärke einer Frau dominiert, die jedoch ihre Energie fatalerweise aus ihrer eigenen seelischen Zerrüttung schöpft und damit eine beeindruckende Umkehrreaktion hervorruft. Der Zuschauer ist dabei vollkommen sich selbst überlassen, obwohl die gezeigten Bilder augenscheinlich in eine bestimmte Richtung tendieren, aber schließlich nicht genug zu einer eindeutigen Wertung zwingen werden. Genau diese Taktik führt letztlich dazu, dass der Film steht oder fällt, und zwar je nachdem welcher Nerv der Auffassungsgabe getroffen wurde. Für zusätzliche Verwirrung sorgt hierbei die Einsilbigkeit an abgelieferten Erklärungen, deren Sparsamkeit das eigene Gedanken-Roulette anheizen wird. Selbst für den Fall, dass einen Newlands Beitrag völlig unbeeindruckt zurück lässt, bleibt wie so oft eine atemberaubende Romy Schneider zurück. In diesem Zusammenhang war 1971 in der "Saison Cinématografique" diese Einschätzung zu vernehmen: »Kein Wort, keine Geste, kein Blick erwachen hier zu einfachstem Leben. Damit ist alles gesagt! Von nichts kommt nichts. Es ist deshalb unnütz, sich Fragen zu stellen. Trotzdem muss man folgendes feststellen: nur Romy Schneider mit ihrem wunderbaren Gesicht ragt aus diesem unglaublichen Abschaum heraus«. Harte Worte, die allerdings im gleichen Atemzug - wie so oft - durch das Hervorheben der Aura von Romy Schneider entschärft wurden.

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In der Tat sind es hier manche Bilder und Dialoge die peinlich berühren, aber dem Produkt keinen Schaden zufügen. Knackpunkt dabei ist der luftleere Raum zwischen quasi praktischem Nichts und mutmaßlichem, oder hier sogenanntem Inzest, der jedoch durch die immer wieder, in grellen Bildern einschießende psychologische Komponente weichgespült wird, und schließlich einen diffusen Charakter behält. Glücklicherweise muss man sagen, denn ansonsten hätte John Newlands Beitrag weniger Anteile von einem edel anmutenden, und intelligent auftrumpfenden Thriller, als von der oben erwähnten Einschätzung im Sinne von reißerisch-unglaubwürdiger Fließbandarbeit. Auch die Partizipation von Romy Schneider spielt hier eine entscheidende Rolle, die ohne jeden Zweifel alles hätte spielen können, die aber nicht alles gespielt hat. Dem Vernehmen nach interessierte sie sich sehr für derartige Einsätze, Rollen nämlich, die sich deutlich von einheitlichen und nichtssagenden abheben konnten. Vollkommen explizite Szenen spart sich der Verlauf glücklicherweise auf, zugunsten der Nachhaltigkeit und einer gefühlt höheren Glaubwürdigkeit innerhalb dieser eher halluzinatorisch-verzerrten Atmosphäre. Aufgrund der sich wenig vom Alter her unterscheidenden Protagonisten (Romy Schneider und Dennis Waterman trennten zur Entstehungszeit nur etwa genau zehn Jahre) und des überwiegend psychologisch angehauchten, und emotional motivierten Verlaufs, entsteht nicht das, was die Titel der Produktion zu suggerieren versuchen. Es kommt nicht zur vermuteten Perversion und es entsteht keine besonders große Abwehrhaltung des Zuschauers in Richtung der geschilderten Tatsachen, die ohnehin wie Seifenblasen zerplatzen werden. Daher ist zu betonen, dass »unglaublicher Abschaum« gewiss andere Strategien verfolgen, und anders aussehen würde. Mit einer anderen Besetzung für die Rolle des James hätte dies alles bestimmt schon wieder ganz anders ausgesehen, ein Gedankenspiel hierbei wäre beispielsweise John Moulder-Brown wert gewesen, der alleine aufgrund seiner gehemmten Art zu spielen, seiner oft grenzwertigen Charaktere, und des damit verbundenen Eindruckes auf den Zuschauer für heftige Brisanz beim Inzest-Motiv hätte sorgen können.

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Dieses Gedankenspiel sei nur aufgeführt um aufzuführen, dass bei diesem Film offensichtlich alles gut durchdacht war und dass die geäußerte Kritik bei der Alters-Frage der Hauptdarsteller auf den ersten Blick zwar berechtigt ist, aber bei dem sich beinahe hinterhältig aufbäumendem Verlauf, bezüglich diverser Untertöne und der Umsetzung, insgesamt ohne Belang ist. Die lohnendere Aufgabe bleibt es also, sich diesem bemerkenswerten Film mit seiner herrlichen Bildgestaltung zu widmen, der meines Erachtens völlig zu Unrecht unter Verschluss gehalten wird. Handelt es sich also um einen Film, der hierzulande nicht zum isolierten, oder darf man ketzerisch sagen, gut präparierten Profil einer Romy Schneider passt? Vermutlich ist das so, wobei gerade diese provokanten Experimente die wahre Exzessivität und Leidenschaft der Schauspielerin offen legen. Die Filme ihrer englischen Phase werden im Allgemeinen nicht als besonders gut eingestuft, ergo auch nicht als sehenswert, wobei es die Frage bleibt, welches Schaffen man als Referenz nimmt. "Inzest" präsentiert sich im Rahmen seiner handwerklichen Umsetzung typisch britisch und transportiert eine überaus klassische Atmosphäre. Zu erwähnen sind hier die schönen Aufnahmen des Landsitzes der Andersons und die aus London, insbesondere zu späterer Stunde. Satte Ausstattungen, pompöse Inneneinrichtungen, schmeichelnde Ensembles und typische Settings tragen zu dem besonderen Flair bei, auch die Dialog-Arbeit setzt mitunter erfreulich scharfzüngige Akzente. Im Grunde genommen kommt die Geschichte recht langsam in Fahrt, bis aber Romy Schneider die vorgefertigte Möglichkeit optimal nutzt, für einen Vulkanausbruch zu sorgen, sowohl in Wort, als auch in Tat. Überragend ist die musikalische Untermalung die sich tagelang im Kopf fest setzen wird. Die Musik von Norrie Paramor und Mike Vickers ist einfach wunderbar, insbesondere die des Titelvorspanns, die übrigens jedem Giallo gut gestanden hätte, auch das immer wieder auftretende, und mit tieferem Sinn getränkte Stück 'What's on your mind' bleibt angenehm im Ohr. "Inzest" funktioniert letztlich sowohl als Psycho-Thriller, als auch als Komplex-Drama recht gut, vor allem die Übergänge und der permanente Wechsel von unterschiedlichen Genre-Zutaten sorgen für die willkommene Abwechslung, selbst in Phasen, in denen sich der Verlauf trügerisch ruhig und diskret gibt. Das psychologische Motiv erfährt keine lückenlose Erklärung, da Romy Schneiders Selbstinszenierung genügend Fragen beantworten kann. Ein besonderer Film, den ich immer wieder sehr gerne sehe da er das Potential hat, auf ganz besonders eigenwillige Art und Weise zu beschäftigen.

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untot
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Registriert: Do 16. Sep 2010, 16:53

Re: Inzest - John Newland (1970)

Beitrag von untot »

Den würd ich ja zu gerne mal sehen.
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