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Darsteller(innen): Norman Wisdom, Sally Geeson, Sarah Atkinson, Sally Bazely, Stuart Nichol, Derek Francis, Terence Alexander, Paul Whitsun-Jones, David Lodge, Karl Lanchbury, Hilary Pritchard, H.H. Goldsmith, Thelma Falls-Hand, The Pretty Things, George Meaton, Duncan Taylor, Jonathon Cox u. A.
Der Bankangestellte Timothy Bartlett (Norman Wisdom) führt in London ein sicheres und unaufgeregtes Leben, als Stellvertreter vom Chef hat er zwar alle Hände voll zu tun, dafür kümmert sich Ehefrau Margaret um den Haushalt und die Erziehung der drei Kinder. Als sein Chef einen Zusammenbruch erleidet, muss er als Vertretung zu einer Bankenkonferenz reisen. Auf der Fahrt gabelt er ungewollt zwei wilde Hippie-Mädchen auf, die seinen Aufenthalt gehörig auf den Kopf stellen. Plötzlich wird dem eingestaubten Timothy wieder bewusst, dass das Leben noch viel mehr bereit hält, als das alltägliche Akten sortieren...
Menahem Golan, Israeli und späterer Inhaber der „Cannon Films“-Produktionsfirma und Regisseur abgeschmackter US-Action wie „Delta Force“ oder „Over The Top“, drehte im Jahre 1969 in britischer Produktion die Liebeskomödie „What’s Good for the Goose“, die den etwas befremdlichen deutschen Titel „Öfter mal was Junges – Der Schlappschwanz“ erhielt. Das Drehbuch verfasste Golan zusammen mit Christopher Gilmore und seinem Hauptdarsteller Norman Wisdom.
„Du wirst doch nicht etwa alt?!“
Timothy Bartlett (Norman Wisdom, „Ein blindes Huhn“) ist ein Mann mittleren Alters, angestellter Buchhalter in einem Londoner Kreditinstitut, Ehemann und Vater von drei Kindern. Seine Frau Margaret (Sally Bazely, „Aber, aber Vater“) schmeißt den Haushalt und erzieht die Kinder, während er die Brötchen verdient. Ein Familienleben wie aus dem Bilderbuch – grundsolide und funktional, aber auch reichlich unspektakulär und ein bisschen langweilig. Als sein Vorgesetzter gesundheitsbedingt ausfällt, muss er ihn bei einer Konferenz der Führungskräfte vertreten. Auf dem Weg dorthin lernt er zwei kecke Anhalterinnen (Sally Geeson, „Im Todesgriff der roten Maske“ und Sarah Atkinson, „Decline and Fall ... of a Birdwatcher“) kennen, die sich ihm regelrecht aufdrängen – und ihn daran erinnern, dass das Leben so viel mehr zu bieten hat als seine alltägliche Routine…
Das witzige Titellied wird von Hauptdarsteller Wisdom persönlich gesungen; ein Zeitraffer bildet einen komplett routinierten Tagesablauf Timothys inklusive Feierabend, Nacht und nächstem Morgen ab und zeigt dessen Monotonie. Nach seiner Begegnung mit beiden Hippie-Mädchen Nikki und Meg verfällt Timothy während der Bänkerkonferenz in Tagträume. Anschließend sucht er im Anzug mit Fliege einen Tanzschuppen mit Livemusik auf, wo er die beiden wiedertrifft, naiverweise klassisch mit ihnen tanzt und dadurch die Aufmerksamkeit auf sich zieht („Ein neuer Tanz!“). Schließlich tanzt er völlig ekstatisch und geht voll aus sich heraus. Nikki nimmt er kurzerhand mit auf sein Hotelzimmer – was sich schwierig gestaltet, da im Hotel keine Damenbesuche gestattet sind. Als Nikki bereits im Bett liegt, rasiert er sich erst einmal und nimmt ein Bad – stets akkurat, der Mann… Nach einer (nicht gezeigten) heißen Nacht tagträumt er in der nächsten Konferenz, die er aber bald wieder verlässt, weil er Kopfschmerzen vom herumkrähenden Redner bekommt. Nachdem er sich anfänglich sträubt, besucht er mit Nikki einen Vergnügungspark und springt danach am Strand mit ihr nackt ins Wasser.
Am nächsten Tag erscheint er noch später und todmüde zur Konferenz, kleidet sich danach selbst wie ein Jugendlicher und besucht erneut den Tanzschuppen. Nikki nimmt er wieder mit aufs Hotelzimmer, wo er ein opulentes Abendessen vorbereitet hat. An seine Frau verschwendet er bei alldem keinen Gedanken. Am nächsten Morgen ist er ausnahmsweise der Erste auf der Konferenz, wo er in Hippiekluft eine Rede gegen Geld hält und sogar Applaus dafür erntet. Im Hotelzimmer hat sich unterdessen der ganze Freundeskreis Nikkis breitgemacht. Dort ertappt er sie dann auch mit einem anderen im Bett... Ihre Freundin redet mit ihm. Er, der er sich in Nikki verliebt hat, muss begreifen, dass auch das zu ihrem Lebensentwurf gehört: Sex ohne Liebe eben. Ihre Freundin erinnert ihn daran, dass er verheiratet ist. Seine Frau kommt ihn schließlich besuchen, er küsst sie noch immer in Hippiekluft leidenschaftlich zur Begrüßung und kleidet sie modern und sexy ein, bis sie ebenfalls wie eine Sexbombe aussieht. Auch mit ihr besucht er den Vergnügungspark, um endlich einmal gemeinsam Spaß zu haben. Einerseits macht er aus ihr eine Art zweite Nikki, andererseits nutzt er seine jüngst gesammelten Erfahrungen, um neuen Pepp in seine Ehe zu bringen. Dass diese Möglichkeit besteht, scheint Teil der Aussage des Films zu sein. So geht er mit ihr ebenfalls in den Tanzschuppen, wo sie zunächst eifersüchtig reagiert, als er auch mit Nikki tanzt, aber Spaß empfindet, als ein junger Mann sie zum Tanzen auffordert, woraufhin Timothy eifersüchtig wird, was sie wiederum sehr freut. Schließlich „schleppt“ er seine Frau ab und nimmt sie heimlich mit aufs Zimmer, wie er es einst mit Nikki tat. Die Schlusspointe ist jedoch: Als sie aus dem Bad zurückkommt, sieht sie mit Lockenwicklern etc. genauso scheußlich aus wie früher. Beim Sexversuch verletzt er sich gar an ihren Lockenwicklern…
Dennoch nimmt „Öfter mal was Junges – Der Schlappschwanz“ ein versöhnliches Ende. Golan stellt hier die trockene Finanzwelt den Lebensentwürfen der jungen ‘68er-Generation gegenüber, kann seine Faszination für letztere nicht verhehlen und schreibt eine Älterer-Herr-treibt’s-mit-jungem-Mädel-Szene in seinen Film, ohne jedoch im weiteren Verlauf immer sleaziger zu werden. Im der von mir gesehenen, auf dem englischen Master basierenden deutschen DVD-Fassung fehlt sogar die Oben-ohne-Szene, die der internationalen Fassung vorenthalten blieb. Golan geht es also weniger um Sex und nackte Tatsachen, sondern viel mehr um eine parodistische Züge aufweisende, schlüpfrige und provokante Komödie, die den damaligen Zeitgeist aufgreift, verarbeitet und mit einer männlichen Midlife-Krise kreuzt. Herausgekommen ist ein dann doch ziemlich vergnüglicher Film, der weniger auf Generationskonflikt denn mehr auf Gegenrationsverständnis setzt, dabei aber nicht verhehlt, woher seine Sympathie für das Leben der jungen Menschen in erster Linie rührt…
Norman Wisdom macht sich bereitwillig zum Deppen, die übrige Besetzung agiert nicht minder spielfreudig und die Inszenierung kommt ohne nennenswerte Längen aus. Ein inhaltlich weitestgehend überholter und mitunter etwas alberner, nichtsdestotrotz interessanter und reizvoller Ausflug in die auslaufenden 1960er-Jahre aus der Perspektive eines ambitionierten Unterhaltungsfilmexperten, der seine große Zeit mit häufig weit weniger charmanten Produktionen noch vor sich hatte.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)