The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
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The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
The Zone of Interest
Regie: Jonathan Glazer
Mit Sandra Hüller und Christian Friedel.
"Hedwig Höß (Sandra Hüller) heißt ihre Mutter willkommen. Es ist deren erster Besuch in der stuckverzierten Villa, in der Hedwig zusammen mit ihren Kindern und ihrem Mann Rudolf (Christian Friedel) lebt. Die Sonne scheint, der Garten ist gepflegt, die Blumen blühen, der Hund lässt sich von seiner Nase durch das Grün treiben, Gemüse und Kräuter gedeihen, die Sonnenblumen stehen übermannshoch, die Kinder planschen im Wasser. Die Familie Höß scheint in einer Bilderbuchidylle zu leben. Nur abseits der Grundstücksmauern wird klar, dass hier – am Rande des Vernichtungslagers Auschwitz – die Hölle auf Erden und SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß der Teufel persönlich ist…
Basiert auf dem gleichnamigen Roman von Martin Amis."
Quelle: https://www.filmstarts.de/kritiken/266159.html
(2023)Regie: Jonathan Glazer
Mit Sandra Hüller und Christian Friedel.
"Hedwig Höß (Sandra Hüller) heißt ihre Mutter willkommen. Es ist deren erster Besuch in der stuckverzierten Villa, in der Hedwig zusammen mit ihren Kindern und ihrem Mann Rudolf (Christian Friedel) lebt. Die Sonne scheint, der Garten ist gepflegt, die Blumen blühen, der Hund lässt sich von seiner Nase durch das Grün treiben, Gemüse und Kräuter gedeihen, die Sonnenblumen stehen übermannshoch, die Kinder planschen im Wasser. Die Familie Höß scheint in einer Bilderbuchidylle zu leben. Nur abseits der Grundstücksmauern wird klar, dass hier – am Rande des Vernichtungslagers Auschwitz – die Hölle auf Erden und SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß der Teufel persönlich ist…
Basiert auf dem gleichnamigen Roman von Martin Amis."
Quelle: https://www.filmstarts.de/kritiken/266159.html
Zuletzt geändert von fritzcarraldo am Fr 8. Mär 2024, 22:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Im Vorgarten der Hölle
The Zone of Interest
Im Vorgarten der Hölle, dem Konzentrationslager Auschwitz, palavern die Nazis über die Weinreben, die irgendwann die Lagermauer überdecken sollen.
Jonathan Glazers Holocaust Film entpuppt sich als durchaus verstörendes Experiment, welches wahrscheinlich noch lange nachwirken wird.
Der Film ist schon sehr sperrig, wenn man dies denn so sagen möchte, aber in seiner Konsequenz eindringlich gefilmt. Bis auf Szenen in der zweiten Hälfte des Films in Oranienburg und verschiedenen Sequenzen, in denen eine Nachbarstochter nachts Äpfel für Zwangsarbeiter vor den Toren des Lagers versteckt, sieht man erstmal nur das Haus der Familie Höß. Rudolf Höß (Christian Friedel), Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz bewohnt dieses mit seiner Frau Hedwig (Sandra Hüller) und deren Kindern und den Bediensteten, darunter einige jüdische Frauen.
Es wird viel im Garten gesessen, Besuch empfangen und es werden Ausflüge gemacht. Das ständige Dröhnen der Krematorien, die Schreie der Nazis im Lager, die Schüsse und die Verzweiflungsschreie der Insassen scheinen niemanden zu stören. Vielleicht später noch Hedwigs Mutter, die irgendwann überstürzt abreist. Warum wird aber nicht ganz klar. Sie selbst vermutet aber auch vorher nur lapidar, ob denn die Jüdin, bei der sie früher geputzt hat, auch auf der anderen Seite der Mauer sein könnte. Der Film verwendet dabei eine heftige Soundkulisse, denn man hört nur was nebenan passiert, man sieht es nicht. Schüsse, Schreie, Wort- bzw. Satzfetzen. Das besagte Dröhnen ist nachts besonders schlimm. Eigentlich ist es still, aber das Summen und Dröhnen ist dann noch verstärkter, was es den Zusehenden im Kinosaal besonders schwer macht. Dazu noch dieses ständige Gefasel über irgendwas in der Familie, obwohl das Grauen auch hier Einzug hält. Asche und Knochen im Fluss. Zähne und Asche im oder am Haus. Alles wirkt wie eine Dokumentation, was es noch unerträglicher macht.
Dieser Doku-Charakter wird dann zum Schluss hin noch mit einer weiteren Besonderheit unterstrichen als der Film plötzlich komplett die Filmsprache wechselt.
Und die besagten nächtlichen Wanderungen der Nachbarstochter sind verfremdet im Negativ gedreht untermalt mit künstlich erzeugtem Sound-Dröhnen, welches einen bis ins Mark erschüttert.
Als Höß in Oranienburg ist, geht es dann um die widerwärtig bösartige Bürokratie, mit der die Nazis die Vernichtung der Juden planten.
Im fast ausverkauften Kino herrschte 106 Minuten fast absolute Stille, was die schon erwähnte Soundkulisse noch verstärkte. Man hätte die berühmte fallende Stecknadel hören können, hätte jemand denn eine dabei gehabt. Ich musste kurz vor Schluss an meine Tasche und hatte nicht bedacht, dass dies doch lauter wahrnehmbar war als sonst und erntete dementsprechende Blicke auch von meiner Begleitung. Aber dies nur am Rande, um zu verdeutlichen wie der Film auf alle in dieser Vorstellung wirkte. Ich persönlich dachte gestern zunächst erst einmal über die Herangehensweise an das Thema durch den Regisseur nach, bemerke aber heute, das der Film mich doch mehr getroffen hat, als ich zunächst angenommen hatte.
Erinnerungen wurden wach, als ich 1986 das Konzentrationslager Dachau besuchte, was mich natürlich noch heute bewegt.
The Zone of Interest
Im Vorgarten der Hölle, dem Konzentrationslager Auschwitz, palavern die Nazis über die Weinreben, die irgendwann die Lagermauer überdecken sollen.
Jonathan Glazers Holocaust Film entpuppt sich als durchaus verstörendes Experiment, welches wahrscheinlich noch lange nachwirken wird.
Der Film ist schon sehr sperrig, wenn man dies denn so sagen möchte, aber in seiner Konsequenz eindringlich gefilmt. Bis auf Szenen in der zweiten Hälfte des Films in Oranienburg und verschiedenen Sequenzen, in denen eine Nachbarstochter nachts Äpfel für Zwangsarbeiter vor den Toren des Lagers versteckt, sieht man erstmal nur das Haus der Familie Höß. Rudolf Höß (Christian Friedel), Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz bewohnt dieses mit seiner Frau Hedwig (Sandra Hüller) und deren Kindern und den Bediensteten, darunter einige jüdische Frauen.
Es wird viel im Garten gesessen, Besuch empfangen und es werden Ausflüge gemacht. Das ständige Dröhnen der Krematorien, die Schreie der Nazis im Lager, die Schüsse und die Verzweiflungsschreie der Insassen scheinen niemanden zu stören. Vielleicht später noch Hedwigs Mutter, die irgendwann überstürzt abreist. Warum wird aber nicht ganz klar. Sie selbst vermutet aber auch vorher nur lapidar, ob denn die Jüdin, bei der sie früher geputzt hat, auch auf der anderen Seite der Mauer sein könnte. Der Film verwendet dabei eine heftige Soundkulisse, denn man hört nur was nebenan passiert, man sieht es nicht. Schüsse, Schreie, Wort- bzw. Satzfetzen. Das besagte Dröhnen ist nachts besonders schlimm. Eigentlich ist es still, aber das Summen und Dröhnen ist dann noch verstärkter, was es den Zusehenden im Kinosaal besonders schwer macht. Dazu noch dieses ständige Gefasel über irgendwas in der Familie, obwohl das Grauen auch hier Einzug hält. Asche und Knochen im Fluss. Zähne und Asche im oder am Haus. Alles wirkt wie eine Dokumentation, was es noch unerträglicher macht.
Dieser Doku-Charakter wird dann zum Schluss hin noch mit einer weiteren Besonderheit unterstrichen als der Film plötzlich komplett die Filmsprache wechselt.
Und die besagten nächtlichen Wanderungen der Nachbarstochter sind verfremdet im Negativ gedreht untermalt mit künstlich erzeugtem Sound-Dröhnen, welches einen bis ins Mark erschüttert.
Als Höß in Oranienburg ist, geht es dann um die widerwärtig bösartige Bürokratie, mit der die Nazis die Vernichtung der Juden planten.
Im fast ausverkauften Kino herrschte 106 Minuten fast absolute Stille, was die schon erwähnte Soundkulisse noch verstärkte. Man hätte die berühmte fallende Stecknadel hören können, hätte jemand denn eine dabei gehabt. Ich musste kurz vor Schluss an meine Tasche und hatte nicht bedacht, dass dies doch lauter wahrnehmbar war als sonst und erntete dementsprechende Blicke auch von meiner Begleitung. Aber dies nur am Rande, um zu verdeutlichen wie der Film auf alle in dieser Vorstellung wirkte. Ich persönlich dachte gestern zunächst erst einmal über die Herangehensweise an das Thema durch den Regisseur nach, bemerke aber heute, das der Film mich doch mehr getroffen hat, als ich zunächst angenommen hatte.
Erinnerungen wurden wach, als ich 1986 das Konzentrationslager Dachau besuchte, was mich natürlich noch heute bewegt.
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Danke für deine Besprechung! Scheint ja tatsächlich ein sehr gut gemachter Film zu sein, aber auch einer, den ich mir anzuschauen momentan nicht vorstellen kann. Wäre mir wohl zu hart.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Dem schließe ich mich an. Wird irgendwann gesichtet, aber in der dunklen Jahreszeit ist es mir nicht möglich. Als ich letztmalig "Die Grauzone" geschaut habe, war ich danach längere Zeit psychisch noch deformierter als üblich.buxtebrawler hat geschrieben: ↑Fr 8. Mär 2024, 09:41 Danke für deine Besprechung! Scheint ja tatsächlich ein sehr gut gemachter Film zu sein, aber auch einer, den ich mir anzuschauen momentan nicht vorstellen kann. Wäre mir wohl zu hart.
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Ich war vor einigen Jahren in Auschwitz und hatte mich da auch schon gefragt, wie eine Familie direkt neben diesem unbeschreiblichen Ort leben konnte.
Auf jeden Fall ein Must-see, vermutlich vergleichbar mit dem Osacr-prämierten "Son of Saul", den ich uneingeschränkt empfehlen kann. Bei diesem Werk muss man allerdings uneingeschränkt "gefestigt" sein.
Auf jeden Fall ein Must-see, vermutlich vergleichbar mit dem Osacr-prämierten "Son of Saul", den ich uneingeschränkt empfehlen kann. Bei diesem Werk muss man allerdings uneingeschränkt "gefestigt" sein.
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Es gab Oscars für "Bester internationaler Film" und bester Sound (zurecht! Also noch "vor" Oppenheimer)
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Herrje, wie glorreich ist denn bitte das Sounddesign von THE ZONE OF INTEREST! Ich kann mich nicht erinnern, wann mich das letzte Mal bei einem Film der Ton in derartiger Weise mehr emotional erfasst hat als das Bild. Gerade zu Beginn erweckt es den Eindruck, diese verstörenden Drones, diese permanent brodelnde, grummelnde atonale Klangkulisse würden mit offenem Visier gegen das gesprochene Wort ankämpfen, dieses zeitweise regelrecht zu verschlingen drohen; später bilden Hundegebell, schrille Schreie, Appell- und Kommandorufe eine beklemmende Klangcollage, die einen rein auditiven Geschmack dessen vermitteln, was sich jenseits der Lagermauern an Grausamkeiten abspielt; wenn gegen Ende plötzlich eine sachte Klaviermelodie erklingt, kommt das einer Schockerfahrung gleich. Schon in den ersten Minuten haben sich in meinen Ohren sofort Assoziationen zum Noise und Industrial der 70er und 80er mit seiner zwischen Faszination und Abscheu oszillierenden Rezeption des Nationalsozialismus gesponnen, vor allem zum Album "Symphonies for a Genocide" des Italieners Maurizio Bianchi aus dem Jahre 1981, auf dem man einzelne Lärmkompositionen hören kann, die allesamt nach deutschen Konzentrationslagern benannt wurden - (Treblinka, Maidanek, Auschwitz) - und die klanglich gewissermaßen das berühmte Diktum Adorons umsetzen, dass es (sinngemäß) nach Auschwitz im Grunde keine schönen Künste, keine harmonische Musik mehr geben könne. Einer solchen radikalen Ästhetik kommt Glazers Film zumindest auf der Tonebene, wie ich finde, durchaus nahe - zumal auch die Mise en Scene nichts mit dem üblichen Holocaust-Kitsch zu tun hat, sondern einen ähnlich kompromisslosen, konsequenten Weg einschlägt...
- fritzcarraldo
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Es gibt anscheinend eine Kontroverse um ZONE OF INTEREST bzw. um die Oscar-Dankesrede von Regisseur Jonathan Glazer.
Hier ein Interview mit Marcus Stiglegger dazu. (Deutschlandfunk Kultur)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/na ... 0-100.html
Und der entsprechende Spiegel Artikel:
https://www.spiegel.de/kultur/kino/osca ... 6e86e7835f
Hier ein Interview mit Marcus Stiglegger dazu. (Deutschlandfunk Kultur)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/na ... 0-100.html
Und der entsprechende Spiegel Artikel:
https://www.spiegel.de/kultur/kino/osca ... 6e86e7835f
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Re: The Zone of Interest - Jonathan Glazer (2023)
Erscheint voraussichtlich am 14.06.2024 bei Leonine als Ultra-HD-Blu-ray/Blu-ray-Kombination im Mediabook, auf Blu-ray und auf DVD:
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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