Twisted Nerve - Roy Boulting (1968)
Moderator: jogiwan
Twisted Nerve - Roy Boulting (1968)
Twisted Nerve (Großbritannien 1968, Originaltitel: Twisted Nerve, deutscher Titel: Teufelskreis Y)
Menschliche Abgründe
Martin Durnley (Hywel Bennett) wird von seiner überfürsorglichen Mutter Enid (Phyllis Calvert) fast erdrückt, da deren anderer Sohn mit dem Down-Syndrom geboren wurde, und man diesen in ein vornehmes Heim abgeschoben hat. Zu seinem Stiefvater Henry Durnley (Frank Finlay) hat Martin kein gutes Verhältnis, die beiden Männer verachten sich gegenseitig aus tiefster Seele. Eines Tages erblickt Martin die hübsche Susan Harper (Hayley Mills). Er flüchtet sich in die Identität des hilflosen und zurückgebliebenen Georgie, erregt damit die Aufmerksamkeit der jungen Frau, die umgehend Mitgefühl für "Georgie" empfindet. In Martin reift ein teuflischer Plan, er will den verhassten Stiefvater endgültig loswerden, gleichzeitig in der Nähe von Susan verweilen. Mit List und Tücke gelingt es Martin/Georgie sich bei Susans Familie einzuschleichen, man lässt den vermeintlich geistig beschränkten Jungen im Hause Harper wohnen. Mit seinem kindlichen Charme, wickelt Georgie bald Susans Mutter Joan (Billie Whitelaw) um den Finger. Als sich Georgie in der Nacht aus dem Haus der Harpers schleicht, hat sein Stiefvater wenig später ein tödliches Zusammentreffen mit dem ungeliebten Stiefsohn. Familie Harper ahnt noch nichts von der Gefahr, der sie ihre Türen und Herzen geöffnet hat. Georgie zeigt erste Anzeichen von Eifersucht, seine Besessenheit bezüglich Susan wird jedoch nicht erkannt. Joan und ihr Partner Gerry Henderson (Barry Foster) sind mit sich selbst beschäftigt, denn eine Beziehungskrise nimmt ihren Lauf. Kann der Medizinstudent Shashie Kadir (Salmaan Peerzada) Georgie enttarnen. Shashie wohnt zur Miete im Haus der Harpers, läuft Georgie daher täglich über den Weg. Wird man im Hause Harper/Henderson rechtzeitig hinter die Fassade von Georgie blicken, oder ist das Unheil nicht mehr aufzuhalten?
Regisseur Roy Boulting tischt uns mit "Twisted Nerve" einen überwiegend ruhigen, aber dafür umso intensiveren Film auf. Die Story funktioniert vortrefflich als Kriminalfilm, darüber hinaus als Schilderung des tragischen Daseins eines psychisch schwer gestörten Menschen. Hinzu kommt noch das Element Familiendrama, gewissermaßen ist "Twisted Nerve" gar ein "doppeltes Familiendrama", welches gleich zwei Sippen in den Abgrund zieht. Der Streifen ist handwerklich auf sehr hohem Niveau inszeniert, die Kamera fängt die stimmigen Kulissen ansprechend ein, das Drehbuch leistet sich keine Hänger, der Score ist äusserst einprägsam geraten. Ich verabscheue es zwar, wenn ständig die "Tarantino-Keule" geschwungen wird, doch hier muss ich einfach den Hinweis loswerden, dass Herr Tarantino die Titelmusik von "Twisted Nerve" in "Kill Bill" verwendete. Die gepfiffene Melodie geht in der Tat sofort ins Ohr, leider wird sie auch häufig als Klingelton für Mobiltelefone mißbraucht, grrrrr.
Freilich würde "Twisted Nerve" nicht so vortrefflich zünden, wenn das Ensemble vor der Kamera nicht ebenfalls durchweg hochklassig agieren würde. Hywel Bennett passt perfekt in die Rolle des eher unscheinbaren Bürschleins, das mit debilem Kuhblick die Herzen der ihm Überlegenen für sich einnimmt. Tatsächlich lauert hinter dieser harmlosen Fassade, auch ein eiskalter und völlig gestörter Charakter. Hywel Bennett meistert seine sicher nicht leicht zu spielende(n) Rolle(n) mit Bravour. Hayley Mills ist eine nicht minder gelungene Wahl für den Part des unschuldigen, warmherzigen Mädchens. Noch besser als Hayley Mills gefällt mir Billie Whitelaw, die als ihre Filmmutter zu sehen ist. Bei ihr verbirgt sich hinter dem fürsoglichen Hausmütterchen viel mehr, als man zunächst annehmen mag, letztlich offenbart sie nahezu abstossende Eigenschaften. Barry Foster ist mir aus Alfred Hitchcocks "Frenzy" (1972) in bester Erinnerung. In "Twisted Nerve" wird er von den Hauptaktueren ein wenig in den Hintergrund gedrängt, doch er kämpft mit bissigem Humor tapfer dagegen an. Frank Finlay sehen wir als reichen Schnösel, dem die Geringschätzung für den ungeliebten Stiefsohn aus jeder Pore dringt. Phyllis Calvert hadert mit ihrem Schicksal, entzieht sich durch Schwäche der Verantwortung. All diese Charaktere faszinieren durch ihre mehr oder weniger stark ausgeprägte Doppelbödigkeit, die sie durch die Bank mit Tiefe und Glaubwürdigkeit ausstattet. Selbst die engelsgleiche Hayley Mills kann ihre Krallen ausfahren, mit spitzer Zunge feines Gift versprühen, Barry Foster ist in diesem Fall das "Opfer". Lediglich Salmaan Peerzada kommt nahezu frei von charakterlichen Schwächen daher, sein Part fällt aber vergleichsweise gering ins Gewicht.
Obwohl sich "Twisted Nerve" ein gemäßigtes Erzähltempo gönnt, vergehen die rund 112 Minuten Spielzeit wie im Fluge. Stets ist Spannung vorhanden, stets kann man sich an den Leistungen der Mitwirkenden erfreuen. Ab und zu wird an der Spannungsschraube gedreht, ganz selten kommt es zu kurzen Ausbrüchen von Gewalt, die aber nicht grafisch ausgewalzt werden. Brtisches Kino in bester Verfassung, eine klare Empfehlung für Freunde gepflegter Thriller-Unterhaltung!
Leider liegt in Deutschland keine DVD-Auswertung des Titels vor. Die britische DVD von Optimum glänzt mit sehr schöner Bildqualität. Lediglich das Bildformat scheint nicht ganz korrekt zu sein. Laut meiner Information wurde der Film in 1,66:1 produziert, die DVD präsentiert ihn aber in 1,33:1. Das liest sich dramatischer als es tatsächlich ist, denn die Bildkomposition wirkt zu keiner Zeit unstimmig. Leider gibt es keinerlei Extras, ein paar Hintergrundinformationen zum Film wären sehr angenehm. Auf englische Untertitel muss man ebenso verzichten, also bitte die Ohren spitzen (Die Dialoge sind glücklicherweise gut verständlich). Man kann mit der DVD aus dem Hause Optimum gut leben, eine Veröffentlichung für den deutschen Markt wäre trotzdem sehr wünschenswert.
Gut bis sehr gut = 7,5/10
Lieblingszitat:
"I saw it. The Bastard did it on purpose."
Menschliche Abgründe
Martin Durnley (Hywel Bennett) wird von seiner überfürsorglichen Mutter Enid (Phyllis Calvert) fast erdrückt, da deren anderer Sohn mit dem Down-Syndrom geboren wurde, und man diesen in ein vornehmes Heim abgeschoben hat. Zu seinem Stiefvater Henry Durnley (Frank Finlay) hat Martin kein gutes Verhältnis, die beiden Männer verachten sich gegenseitig aus tiefster Seele. Eines Tages erblickt Martin die hübsche Susan Harper (Hayley Mills). Er flüchtet sich in die Identität des hilflosen und zurückgebliebenen Georgie, erregt damit die Aufmerksamkeit der jungen Frau, die umgehend Mitgefühl für "Georgie" empfindet. In Martin reift ein teuflischer Plan, er will den verhassten Stiefvater endgültig loswerden, gleichzeitig in der Nähe von Susan verweilen. Mit List und Tücke gelingt es Martin/Georgie sich bei Susans Familie einzuschleichen, man lässt den vermeintlich geistig beschränkten Jungen im Hause Harper wohnen. Mit seinem kindlichen Charme, wickelt Georgie bald Susans Mutter Joan (Billie Whitelaw) um den Finger. Als sich Georgie in der Nacht aus dem Haus der Harpers schleicht, hat sein Stiefvater wenig später ein tödliches Zusammentreffen mit dem ungeliebten Stiefsohn. Familie Harper ahnt noch nichts von der Gefahr, der sie ihre Türen und Herzen geöffnet hat. Georgie zeigt erste Anzeichen von Eifersucht, seine Besessenheit bezüglich Susan wird jedoch nicht erkannt. Joan und ihr Partner Gerry Henderson (Barry Foster) sind mit sich selbst beschäftigt, denn eine Beziehungskrise nimmt ihren Lauf. Kann der Medizinstudent Shashie Kadir (Salmaan Peerzada) Georgie enttarnen. Shashie wohnt zur Miete im Haus der Harpers, läuft Georgie daher täglich über den Weg. Wird man im Hause Harper/Henderson rechtzeitig hinter die Fassade von Georgie blicken, oder ist das Unheil nicht mehr aufzuhalten?
Regisseur Roy Boulting tischt uns mit "Twisted Nerve" einen überwiegend ruhigen, aber dafür umso intensiveren Film auf. Die Story funktioniert vortrefflich als Kriminalfilm, darüber hinaus als Schilderung des tragischen Daseins eines psychisch schwer gestörten Menschen. Hinzu kommt noch das Element Familiendrama, gewissermaßen ist "Twisted Nerve" gar ein "doppeltes Familiendrama", welches gleich zwei Sippen in den Abgrund zieht. Der Streifen ist handwerklich auf sehr hohem Niveau inszeniert, die Kamera fängt die stimmigen Kulissen ansprechend ein, das Drehbuch leistet sich keine Hänger, der Score ist äusserst einprägsam geraten. Ich verabscheue es zwar, wenn ständig die "Tarantino-Keule" geschwungen wird, doch hier muss ich einfach den Hinweis loswerden, dass Herr Tarantino die Titelmusik von "Twisted Nerve" in "Kill Bill" verwendete. Die gepfiffene Melodie geht in der Tat sofort ins Ohr, leider wird sie auch häufig als Klingelton für Mobiltelefone mißbraucht, grrrrr.
Freilich würde "Twisted Nerve" nicht so vortrefflich zünden, wenn das Ensemble vor der Kamera nicht ebenfalls durchweg hochklassig agieren würde. Hywel Bennett passt perfekt in die Rolle des eher unscheinbaren Bürschleins, das mit debilem Kuhblick die Herzen der ihm Überlegenen für sich einnimmt. Tatsächlich lauert hinter dieser harmlosen Fassade, auch ein eiskalter und völlig gestörter Charakter. Hywel Bennett meistert seine sicher nicht leicht zu spielende(n) Rolle(n) mit Bravour. Hayley Mills ist eine nicht minder gelungene Wahl für den Part des unschuldigen, warmherzigen Mädchens. Noch besser als Hayley Mills gefällt mir Billie Whitelaw, die als ihre Filmmutter zu sehen ist. Bei ihr verbirgt sich hinter dem fürsoglichen Hausmütterchen viel mehr, als man zunächst annehmen mag, letztlich offenbart sie nahezu abstossende Eigenschaften. Barry Foster ist mir aus Alfred Hitchcocks "Frenzy" (1972) in bester Erinnerung. In "Twisted Nerve" wird er von den Hauptaktueren ein wenig in den Hintergrund gedrängt, doch er kämpft mit bissigem Humor tapfer dagegen an. Frank Finlay sehen wir als reichen Schnösel, dem die Geringschätzung für den ungeliebten Stiefsohn aus jeder Pore dringt. Phyllis Calvert hadert mit ihrem Schicksal, entzieht sich durch Schwäche der Verantwortung. All diese Charaktere faszinieren durch ihre mehr oder weniger stark ausgeprägte Doppelbödigkeit, die sie durch die Bank mit Tiefe und Glaubwürdigkeit ausstattet. Selbst die engelsgleiche Hayley Mills kann ihre Krallen ausfahren, mit spitzer Zunge feines Gift versprühen, Barry Foster ist in diesem Fall das "Opfer". Lediglich Salmaan Peerzada kommt nahezu frei von charakterlichen Schwächen daher, sein Part fällt aber vergleichsweise gering ins Gewicht.
Obwohl sich "Twisted Nerve" ein gemäßigtes Erzähltempo gönnt, vergehen die rund 112 Minuten Spielzeit wie im Fluge. Stets ist Spannung vorhanden, stets kann man sich an den Leistungen der Mitwirkenden erfreuen. Ab und zu wird an der Spannungsschraube gedreht, ganz selten kommt es zu kurzen Ausbrüchen von Gewalt, die aber nicht grafisch ausgewalzt werden. Brtisches Kino in bester Verfassung, eine klare Empfehlung für Freunde gepflegter Thriller-Unterhaltung!
Leider liegt in Deutschland keine DVD-Auswertung des Titels vor. Die britische DVD von Optimum glänzt mit sehr schöner Bildqualität. Lediglich das Bildformat scheint nicht ganz korrekt zu sein. Laut meiner Information wurde der Film in 1,66:1 produziert, die DVD präsentiert ihn aber in 1,33:1. Das liest sich dramatischer als es tatsächlich ist, denn die Bildkomposition wirkt zu keiner Zeit unstimmig. Leider gibt es keinerlei Extras, ein paar Hintergrundinformationen zum Film wären sehr angenehm. Auf englische Untertitel muss man ebenso verzichten, also bitte die Ohren spitzen (Die Dialoge sind glücklicherweise gut verständlich). Man kann mit der DVD aus dem Hause Optimum gut leben, eine Veröffentlichung für den deutschen Markt wäre trotzdem sehr wünschenswert.
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Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen
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Re: Twisted Nerve - Roy Boulting
Erscheint voraussichtlich am 21.02.2012 als "Teufelskreis Y" auf DVD von MMB-TV:
Freigabe: ungeprüft
Fassung indiziert? Nein
Laufzeit: ca. 113 Min.
TV-Norm: PAL
Verpackung: Keep Case (Amaray)
Bildformat: 1,66:1 (anamorph / 16:9)
Tonformat: Deutsch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Englisch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Untertitel: Keine
Extras: - Deutsche Kinofassung, Länge: ca. 100 Min., Bildformat: 1,66:1 (16:9 anamorph), Tonformat: Deutsch 1.0 Mono, Englisch 1.0 Mono
- Animierte Fotogalerie
- 8 Seiten Booklet
Bemerkungen:
- limitiert und nummeriert auf 1000 Exemplare
- digital remastered
- ungekürzte Langfassung - 12 Minuten länger
- 2 DVD Set mit alter alter deutscher Kinofassung
Verpackung: Präge-O-Card + Keep Case
Quelle: http://www.ofdb.de/view.php?page=fassun ... &vid=35250
Freigabe: ungeprüft
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Laufzeit: ca. 113 Min.
TV-Norm: PAL
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Bildformat: 1,66:1 (anamorph / 16:9)
Tonformat: Deutsch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Englisch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Untertitel: Keine
Extras: - Deutsche Kinofassung, Länge: ca. 100 Min., Bildformat: 1,66:1 (16:9 anamorph), Tonformat: Deutsch 1.0 Mono, Englisch 1.0 Mono
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Bemerkungen:
- limitiert und nummeriert auf 1000 Exemplare
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Verpackung: Präge-O-Card + Keep Case
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Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Twisted Nerve - Roy Boulting
Roy Boulting hat hier einen sehr sehenswerten Psychothriller vorgelegt, der sich in die Bereiche der genetisch-psychologischen Zusammenhänge vorspekuliert, aber dann doch schon mit einer Einblendung zu Beginn gleich wieder einen Rückzieher macht. Hywel Bennett brilliert in der Rolle eines leergesichtigen, bis auf einige schmerzvolle Ausbrüche nahezu empfindungslos wirkenden jungen Mannes namens Martin, der sich als vorgeblich zurückgebliebener "Georgie" in die Familie einer jungen Bibliotheksangestellten einschleicht. Dort geht es illuster zu, gleich zwei Darsteller aus meinem Lieblings-Hitchcockstreifen "Frenzy", nämlich Billie Whitelaw als Mutter und Barry Foster als Untermieter leben mit der bezaubernden Susan (Hayley Mills) unter einem Dach. Einige Zeitlang geht es recht einvernehmlich zu, doch die Inszenierung vermag "Georgies" Wahnsinn subtil anzudeuten, bis er sich dann mordsmäßig Bahn bricht. Unbedingt sehenswert. Auch die neue DVD aus der Reihe "Special Screenings" ist sehr zu empfehlen. 7/10
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Re: Twisted Nerve - Roy Boulting
Mit „Teufelskreis Y“ lieferte der britische Regisseur Roy Boulting („Der Sonne entgegen“) im Jahre 1968 einen Thriller mit psychologischen Motiven ab, der zudem Züge eines Familiendramas trägt und die Grenze zum Horror streift.
Der junge Martin Dunley (Hywel Bennett, „Shelley“) blickt auf eine prekäre familiäre Situation: Sein Bruder leidet am Down-Syndrom, wurde in einer Anstalt untergebracht und hat nicht mehr lange zu leben. Seine überfürsorgliche Mutter (Phyllis Calvert, „Indiskret“) gibt sich derweil mit einem Kotzbrocken von Mann (Frank Finlay, „Lifeforce – Die tödliche Bedrohung“) ab, den Martin nicht als Stiefvater akzeptiert. Als Martin bei einem Ladendiebstahl ertappt wird, flüchtet er sich in die Rolle des mental zurückgebliebenen Georgie und lernt dadurch die attraktive Susan Harper (Hayley Mills, „Der Millionenschatz“) kennen. Ihr gegenüber bleibt er in seiner Rolle, stellt ihr nach und legt es darauf an, dauerhaft in ihre Nähe zu kommen. Der Plan geht auf und er zieht zu Susan und ihrer Mutter Joan (Billie Whitelaw, „Das Omen“) ins Haus, das an zwei weitere Herren untervermietet wird. Aus Martins Spiel wird Ernst...
Für „Teufelskreis Y“ stellt das Drehbuch gewagte pseudowissenschaftliche Thesen von genetischen Zusammenhängen des Down-Syndroms mit der Entwicklung psychopathischer Wesenszüge auf, die gefährlichen Ideologien von Sippenhaft und Diskriminierung Tür und Tor öffnen, weist aber direkt zu Beginn auf die Fiktivität dieser Überlegungen hin. Das ist gut so, denn „Teufelskreis Y“ ist kein selbstzweckhafter, auf vordergründige optische Schauwerte ausgerichteter Exploitation-Film, sondern gibt sich den Anstrich eines feinfühligen, vielschichtigen, niveauvollen Thrillers mit psychologischem Tiefgang. Nichtsdestotrotz ist Boultings Film natürlich im Exploitation-Bereich zuhause, wenn er sich vor pseudowissenschaftlichem Hintergrund latente Ängste des Publikums vor der Unberechenbarkeit geistig Behinderter zunutze macht, um daraus einen spannenden, unterhaltsamen Film zu spinnen.
Doch der Anspruch von „Teufelskreis Y“ geht weit darüber hinaus und das ist es, was ihn zu etwas Besonderem macht: Boulting lässt die Frage offen, wo bewusste Realitätsflucht zum Selbstschutz oder zur Durchführung von Straftaten endet und wo neurotischer, unkontrollierbar gewordener Wahn beginnt. All das vermischt das Drehbuch und macht es damit zu einer faszinierenden Angelegenheit für den Zuschauer, die Entwicklung der Geschichte zu verfolgen und über Martins bzw. Georgies Motive und Pläne zu rätseln. Zudem entwickelt sich Martin vom anfänglichen Sympathieträger zu einer handfesten Bedrohung, was die schizophrene Ambivalenz der Rolle ausmacht. Martins infantile Rückfalle in die Rolle des scheinbar kindlich-naiven Georgie sind zunächst eindeutig als Schauspielerei durchschaubar, doch die mit ihr einhergehenden, sich bahnbrechenden psychischen Abgründe stehen im krassen Gegensatz zu ihr und die Grenzen verschwimmen immer mehr.
Interessant ist dabei auch die Rolle, die beiden Familien – Martins eigentlicher und seiner auserkorenen – zuteilwird. Beide sind weit davon entfernt, Vorzeige-Bilderbuchfamilien zu sein, doch während Martin mit enormen psychischen Belastungen zu kämpfen hat, scheint das Verhalten seiner Gastmutter, die gerne mal ihre Gästen zu sich ins Bett hüpfen lässt, keinerlei negative Auswirkungen auf die intelligente und lebenslustige Susan zu haben. Was sich demnach genau in Martins Psyche abspielt, steht irgendwo zwischen den Zeilen geschrieben und bietet Interpretationsspielraum für das Publikum. Dieses kann sich darüber hinaus an einer Inszenierung erfreuen, die bei allen menschlichen Dramen und Tragödien genug Raum lässt für humorvolle Dialoge, im Zuge derer sich insbesondere der als Karikatur britischer selbstgefälliger Alltagsrassisten angelegte Gerry Henderson (Barry Foster, „Frenzy“) positiv hervortut. Sicherlich erfüllen einzelne Charaktere diverse Klischees, was jedoch zur Auswirkung hat, dass Martin innerhalb dieses Umfelds umso außergewöhnlicher wirkt. Die Überlänge merkt man „Teufelskreis Y“ kaum an, nach alter Hitchcock-Schule beherrscht Boulting Spannungsaufbau und Dramaturgie.
Die Stimmung des Films lebt von der Undurchsichtigkeit Martins und dem Zusteuern auf eine unvermeidbare Eskalation der Ereignisse, von der der Zuschauer nicht weiß, wann und in welcher Form sie auftreten wird. Atmosphärische Unterstützung erfährt Boulting dabei von der gepfiffenen Titelmelodie Bernhard Herrmans, die, zunächst harmlos und vergnügt klingend, zum Originaltitel „Twisted Nerve“ passend auf Dauer ein enervierendes, manisches Potential offenbart und über den kompletten Film verteilt in unterschiedlicher Form und Intonierung immer wieder eingesetzt wird. Quentin Tarrantino recycelte das Stück für „Kill Bill“, wodurch es zu ungeahnter Popularität gelangte. Die Glaubwürdigkeit der Handlung steht auf einem anderen Blatt, doch wer sich auf das genretypische Spiel mit der unberechenbaren menschlichen Psyche einlassen kann, sollte nur auf wenig Unzulänglichkeiten stoßen, da der Film in weiser Voraussicht eben nicht alles haarklein auseinanderseziert und erklärt. Mir persönlich ging in erster Linie die Phase, in der Martin sich in Vorbereitung auf sein Vorhaben beispielsweise einen muskulösen Körper antrainiert, etwas sehr schnell; als würde es nur wenig Aufwand erfordern, sich sowohl äußerlich wie innerlich in eine solche Rolle hineinzufinden.
Fazit: „Teufelskreis Y“ ist ein vielschichtiger, den Zuschauer vereinnahmender Psycho-Thriller mit einem Hauch Phantastik, der technisch wie schauspielerisch ohne Tadel Genrekost auf hohem Niveau und ohne sich selbst in vorgefertigten Muster einzuengen bietet, angenehm-typisch britisch mit viel Lokalkolorit ausfiel und sicherlich nicht so intelligent ist, wie er zu sein vorgibt, aber dennoch länger im Gedächtnis des Rezipienten nachwirkt. Ich liege zunächst bei vorsichtigen 7/10 Punkten, möchte dem Film aber noch eine gewisse Luft nach oben attestieren. Aufschluss wird beizeiten eine Zweitsichtung bringen.
Der junge Martin Dunley (Hywel Bennett, „Shelley“) blickt auf eine prekäre familiäre Situation: Sein Bruder leidet am Down-Syndrom, wurde in einer Anstalt untergebracht und hat nicht mehr lange zu leben. Seine überfürsorgliche Mutter (Phyllis Calvert, „Indiskret“) gibt sich derweil mit einem Kotzbrocken von Mann (Frank Finlay, „Lifeforce – Die tödliche Bedrohung“) ab, den Martin nicht als Stiefvater akzeptiert. Als Martin bei einem Ladendiebstahl ertappt wird, flüchtet er sich in die Rolle des mental zurückgebliebenen Georgie und lernt dadurch die attraktive Susan Harper (Hayley Mills, „Der Millionenschatz“) kennen. Ihr gegenüber bleibt er in seiner Rolle, stellt ihr nach und legt es darauf an, dauerhaft in ihre Nähe zu kommen. Der Plan geht auf und er zieht zu Susan und ihrer Mutter Joan (Billie Whitelaw, „Das Omen“) ins Haus, das an zwei weitere Herren untervermietet wird. Aus Martins Spiel wird Ernst...
Für „Teufelskreis Y“ stellt das Drehbuch gewagte pseudowissenschaftliche Thesen von genetischen Zusammenhängen des Down-Syndroms mit der Entwicklung psychopathischer Wesenszüge auf, die gefährlichen Ideologien von Sippenhaft und Diskriminierung Tür und Tor öffnen, weist aber direkt zu Beginn auf die Fiktivität dieser Überlegungen hin. Das ist gut so, denn „Teufelskreis Y“ ist kein selbstzweckhafter, auf vordergründige optische Schauwerte ausgerichteter Exploitation-Film, sondern gibt sich den Anstrich eines feinfühligen, vielschichtigen, niveauvollen Thrillers mit psychologischem Tiefgang. Nichtsdestotrotz ist Boultings Film natürlich im Exploitation-Bereich zuhause, wenn er sich vor pseudowissenschaftlichem Hintergrund latente Ängste des Publikums vor der Unberechenbarkeit geistig Behinderter zunutze macht, um daraus einen spannenden, unterhaltsamen Film zu spinnen.
Doch der Anspruch von „Teufelskreis Y“ geht weit darüber hinaus und das ist es, was ihn zu etwas Besonderem macht: Boulting lässt die Frage offen, wo bewusste Realitätsflucht zum Selbstschutz oder zur Durchführung von Straftaten endet und wo neurotischer, unkontrollierbar gewordener Wahn beginnt. All das vermischt das Drehbuch und macht es damit zu einer faszinierenden Angelegenheit für den Zuschauer, die Entwicklung der Geschichte zu verfolgen und über Martins bzw. Georgies Motive und Pläne zu rätseln. Zudem entwickelt sich Martin vom anfänglichen Sympathieträger zu einer handfesten Bedrohung, was die schizophrene Ambivalenz der Rolle ausmacht. Martins infantile Rückfalle in die Rolle des scheinbar kindlich-naiven Georgie sind zunächst eindeutig als Schauspielerei durchschaubar, doch die mit ihr einhergehenden, sich bahnbrechenden psychischen Abgründe stehen im krassen Gegensatz zu ihr und die Grenzen verschwimmen immer mehr.
Interessant ist dabei auch die Rolle, die beiden Familien – Martins eigentlicher und seiner auserkorenen – zuteilwird. Beide sind weit davon entfernt, Vorzeige-Bilderbuchfamilien zu sein, doch während Martin mit enormen psychischen Belastungen zu kämpfen hat, scheint das Verhalten seiner Gastmutter, die gerne mal ihre Gästen zu sich ins Bett hüpfen lässt, keinerlei negative Auswirkungen auf die intelligente und lebenslustige Susan zu haben. Was sich demnach genau in Martins Psyche abspielt, steht irgendwo zwischen den Zeilen geschrieben und bietet Interpretationsspielraum für das Publikum. Dieses kann sich darüber hinaus an einer Inszenierung erfreuen, die bei allen menschlichen Dramen und Tragödien genug Raum lässt für humorvolle Dialoge, im Zuge derer sich insbesondere der als Karikatur britischer selbstgefälliger Alltagsrassisten angelegte Gerry Henderson (Barry Foster, „Frenzy“) positiv hervortut. Sicherlich erfüllen einzelne Charaktere diverse Klischees, was jedoch zur Auswirkung hat, dass Martin innerhalb dieses Umfelds umso außergewöhnlicher wirkt. Die Überlänge merkt man „Teufelskreis Y“ kaum an, nach alter Hitchcock-Schule beherrscht Boulting Spannungsaufbau und Dramaturgie.
Die Stimmung des Films lebt von der Undurchsichtigkeit Martins und dem Zusteuern auf eine unvermeidbare Eskalation der Ereignisse, von der der Zuschauer nicht weiß, wann und in welcher Form sie auftreten wird. Atmosphärische Unterstützung erfährt Boulting dabei von der gepfiffenen Titelmelodie Bernhard Herrmans, die, zunächst harmlos und vergnügt klingend, zum Originaltitel „Twisted Nerve“ passend auf Dauer ein enervierendes, manisches Potential offenbart und über den kompletten Film verteilt in unterschiedlicher Form und Intonierung immer wieder eingesetzt wird. Quentin Tarrantino recycelte das Stück für „Kill Bill“, wodurch es zu ungeahnter Popularität gelangte. Die Glaubwürdigkeit der Handlung steht auf einem anderen Blatt, doch wer sich auf das genretypische Spiel mit der unberechenbaren menschlichen Psyche einlassen kann, sollte nur auf wenig Unzulänglichkeiten stoßen, da der Film in weiser Voraussicht eben nicht alles haarklein auseinanderseziert und erklärt. Mir persönlich ging in erster Linie die Phase, in der Martin sich in Vorbereitung auf sein Vorhaben beispielsweise einen muskulösen Körper antrainiert, etwas sehr schnell; als würde es nur wenig Aufwand erfordern, sich sowohl äußerlich wie innerlich in eine solche Rolle hineinzufinden.
Fazit: „Teufelskreis Y“ ist ein vielschichtiger, den Zuschauer vereinnahmender Psycho-Thriller mit einem Hauch Phantastik, der technisch wie schauspielerisch ohne Tadel Genrekost auf hohem Niveau und ohne sich selbst in vorgefertigten Muster einzuengen bietet, angenehm-typisch britisch mit viel Lokalkolorit ausfiel und sicherlich nicht so intelligent ist, wie er zu sein vorgibt, aber dennoch länger im Gedächtnis des Rezipienten nachwirkt. Ich liege zunächst bei vorsichtigen 7/10 Punkten, möchte dem Film aber noch eine gewisse Luft nach oben attestieren. Aufschluss wird beizeiten eine Zweitsichtung bringen.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Twisted Nerve - Roy Boulting
Teufelskreis Y
(Twisted Nerve)
mit Hayley Mills, Hywel Bennett, Billie Whitelaw, Phyllis Calvert, Frank Finlay, Barry Foster, Salmaan Peerzada, Christian Roberts, Gretchen Franklin, Thorley Walters, Russell Napier, Timothy Bateson, Timothy West
Regie: Roy Boulting
Drehbuch: Roger Marshall / Roy Boulting / Leo Marks
Kamera: Harry Waxman
Musik: Bernard Herrmann
ungeprüft
Großbritannien / 1968
Der junge Martin Durnley wird von seiner Mutter trotz seines Alters noch wie ein Kind behandelt. Mit seinem Stiefvater steht er in ständigem Konflikt. Als er sich in die junge Susan verliebt, deren Mutter eine Pension betreibt, schmiedet er einen teuflischen Plan. Er gibt sich infantil, um bei ihnen aufgenommen zu werden um den Mord an seinem verhassten Stiefvater vorbereiten zu können. Als Susan seine Annäherungsversuche abweist, bricht endgültig der Psychopath in ihm durch...
Bevor man sich überhaupt mit dem vorliegenden Film auseinandersetzen kann wird man zunächst mit der zumeist gepfiffenen Titelmelodie von "Teufelskreis Y" konfrontiert, die man ganz sicher aus Tarantinos "Kill Bill" her kennt. Danach jedoch offenbart sich dem Zuschauer ein äußerst hochklassiges Szenario, in dem einem wissenschaftliche Zusammenhänge zwischen dem sogenannten Down-Syndrom und psychopathischen Wesenszügen von Familienangehörigen näher gebracht werden sollen. Dabei wird jedoch gleich im Vorspann durch einen Einspieler darauf hingewiesen, das es sich an dieser Stelle um rein fiktive Thesen handelt, für die es keinerlei wissenschaftliche Fakten gibt. Und obwohl man sich dessen bewusst ist vermittelt einem das Geschehen jederzeit den Eindruck, das man hier wirklich einen Zusammenhang herstellen könnte, was sicherlich eine der ganz großen Stärken der vorliegenden Geschichte darstellt. In deren Mittelpunkt steht der junge Martin, der ganz augenscheinlich unter seiner nicht unbedingt tollen familiären Situation leidet. Sein Bruder leidet unter Mongolismus und wird fristet sein Dasein in einer Spezial-Klinik. Nicht nur das der Junge nur noch kurze Zeit zu leben hat, wird er auch noch von der Mutter verleumdet, die seine Existenz offenbar vor dem Stiefvater verheimlicht. Dieser wiederum wird von Martin nahezu gehasst und will diesem unbedingt ein Leben nach seinen Vorstellungen aufzwingen. Und dann wäre da noch die Mutter, die wohl ganz eindeutig seit Martins frühester Kindheit versäumt hat, ihrem Sohn eine gewisse Selbstständigkeit beizubringen und ihn stattdessen wie eine Glucke behütet hat.
Aus dieser Grundsituation heraus kann man schon recht gut erkennen, das der Charakter des Martin wohl äußerst zwiespältig sein muss und genau dieser Aspekt soll in der Folge von Regisseur Roy Boulting absolut brillant herausgearbeitet werden. Ebenso verhält es sich auch mit der Sichtweise des Betrachters, denn wenn man zu Beginn noch ziemlich starke Sympathiewerte für die Hauptfigur entwickelt, so ändert sich diese Einstellung doch mit zunehmender Laufzeit äußerst rigoros. Bis dahin dauert es allerdings eine geraume Weile, denn selbst als der junge Mann in die Rolle des infantilen Georgie schlüpft um seiner Angebeteten Susan näher zu kommen überkommt einen noch nicht das Gefühl, es mit einer krankhaft veranlagten Persönlichkeit zu tun zu haben. Das ändert sich dann schlagartig, als der Psychopath aus dem jungen Mann heraus kommt, denn dies geschieht mit einer unglaublichen Wucht und Eiseskälte, das es einem kalt über den Rücken läuft. Hatte man zunächst noch den Eindruck das Martin an dieser Stelle viel eher ein etwas perfides Spiel in Gang bringt, durch das er Pluspunkte bei Susan ergattern will, so verselbstständigt sich das Ganze immer mehr zu gut durchdachten Handlungen, die lediglich einem kranken Hirn entspringen können. Insbesondere dem fantastischen Schauspiel von Hywel Bennett (Martin / Georgie) ist es zu verdanken, das die Abläufe eine Intensität an den Tag legen, die einem streckenweise wirklich zu schaffen macht. Anscheinend zu keiner echten Gefühlsregung fähig, verfolgt der Junge einen nahezu teuflischen Plan, der auch diverse Menschenleben kosten soll.
Die zu Beginn noch vorhandene Sympathie wandelt sich beim Betrachter zunächst in völlige Ungläubigkeit, bevor sie dann in die totale Ablehnung übergeht, um dann jedoch zum Ende hin wiederum Mitleid in einem aufkommen zu lassen. Und so gestaltet sich die gesamte Geschichte dann schon fast wie ein emotionaler Spießrutenlauf, muss man sich doch zwangsläufig und durchgehend mit einem vielschichtigen Gefühls-Spagat auseinandersetzen, der einem so richtig zusetzt. Dabei stellt sich dann auch immer wieder die Frage ob Martin schlicht und ergreifend ein schlechter Mensch ist, oder ob hier wirklich Zusammenhänge aufgrund der Down-Erkrankung seines Bruders hergestellt werden können. Aus diesem Aspekt bezieht "Teufelskreis Y" seinen ganz besonderen reiz und sondert dabei eine unglaublich starke Faszination ab, der man sich unmöglich entziehen kann. Auch die während des Geschehens immer wieder eingestreuten Erklärungen diverser Wissenschaftler verstärken den Eindruck, das die menschliche Chromosomen-Thematik sehr wohl eine gewichtige Rolle für das Verhalten von Martin tragen könnte. Boulting hat hier wirklich ganz hervorragende Arbeit geleistet und erzählt eine Geschichte, die eine mehr als gelungene Kombination aus Drama-und Thriller mit psychologischem Tiefgang darstellt und gleichzeitig auch das Genre des Horrorfilms zumindest ankratzt. Die dadurch entstehende Mischung ist teilweise höchst explosiv und offenbart einen inhaltlich tief gehenden Film auf höchstem Niveau. Ein dramaturgisch absolut perfekt aufgebauter Spannungsbogen und eine bedrohlich-dichte Grundstimmung lassen hier keinen Zweifel daran, das man es mit einem außergewöhnlich guten Genre-Mix zu tun hat, der auch nach mehreren Jahrzehnten nichts von seinem Reiz verloren hat.
"Teufelskreis Y" kann so also durchaus zu den absolut zeitlosen Werken gezählt werden und hat seine Höhepunkte nicht nur in der erstklassig aufgebauten-und erzählten Story, sondern auch im dargebrachten Schauspiel der Protagonisten. Während ein Barry Foster schon in einer Nebenrolle glänzt, bietet die bildhübsche Hayley Mills in der weiblichen Hauptrolle auch rein optisch einen echten Leckerbissen. Überstrahlt wird das alles jedoch fast spielerisch von einem faszinierend gut aufspielenden Hywel Bennett, der durch seine Omnipräsenz und die grandiose Performance ein herausragendes Highlight setzt. Die offensichtliche Vielschichtigkeit seines Charakters kommt in jeder einzelnen Einstellung perfekt durch und vermittelt dem Zuschauer den Eindruck, es hier mit einem seelisch sehr kranken Menschen zu tun zu haben. Und obwohl die im Film aufgestellten Thesen lediglich fiktiv sind, präsentiert sich hier der Prototyp eines gestörten Psychopathen, der jederzeit dazu in der Lage zu sein scheint, seine Umgebung und seine Mitmenschen in die Irre zu führen, um dann mit einer nicht zu erahnenden Eiseskälte seine grausamen Taten auszuführen. Letztendlich sollte sich natürlich jeder selbst ein Bild von dieser extrem spannenden - und interessanten Geschichte machen, die einen von der ersten bis zur letzten Minute in ihren Bann zieht und durch die nicht beweisbaren wissenschaftlichen Thesen einen zusätzlichen Spannungspunkt setzt. Wer "Teufelskreis Y" noch nicht kennen sollte muss diesen Umstand unbedingt ändern, ansonsten verpasst man nämlich eine Genre-Kombination die es wirklich in sich hat.
Fazit:
Ganz egal, wie man zu den aufgestellten Thesen in diesem Film steht, sie bilden auf jeden Fall das Grundgerüst für eine Erzählung voller Spannung, Atmosphäre und psychologischer Tiefe, wie man sie in vorliegender Form und Qualität nicht jeden Tag geboten bekommt. Hier lohnt sich eine Anschaffung der DVD auf jeden Fall, denn "Teufelskreis Y" wird ganz bestimmt noch oft genug im heimischen DVD-Player landen.
9/10
(Twisted Nerve)
mit Hayley Mills, Hywel Bennett, Billie Whitelaw, Phyllis Calvert, Frank Finlay, Barry Foster, Salmaan Peerzada, Christian Roberts, Gretchen Franklin, Thorley Walters, Russell Napier, Timothy Bateson, Timothy West
Regie: Roy Boulting
Drehbuch: Roger Marshall / Roy Boulting / Leo Marks
Kamera: Harry Waxman
Musik: Bernard Herrmann
ungeprüft
Großbritannien / 1968
Der junge Martin Durnley wird von seiner Mutter trotz seines Alters noch wie ein Kind behandelt. Mit seinem Stiefvater steht er in ständigem Konflikt. Als er sich in die junge Susan verliebt, deren Mutter eine Pension betreibt, schmiedet er einen teuflischen Plan. Er gibt sich infantil, um bei ihnen aufgenommen zu werden um den Mord an seinem verhassten Stiefvater vorbereiten zu können. Als Susan seine Annäherungsversuche abweist, bricht endgültig der Psychopath in ihm durch...
Bevor man sich überhaupt mit dem vorliegenden Film auseinandersetzen kann wird man zunächst mit der zumeist gepfiffenen Titelmelodie von "Teufelskreis Y" konfrontiert, die man ganz sicher aus Tarantinos "Kill Bill" her kennt. Danach jedoch offenbart sich dem Zuschauer ein äußerst hochklassiges Szenario, in dem einem wissenschaftliche Zusammenhänge zwischen dem sogenannten Down-Syndrom und psychopathischen Wesenszügen von Familienangehörigen näher gebracht werden sollen. Dabei wird jedoch gleich im Vorspann durch einen Einspieler darauf hingewiesen, das es sich an dieser Stelle um rein fiktive Thesen handelt, für die es keinerlei wissenschaftliche Fakten gibt. Und obwohl man sich dessen bewusst ist vermittelt einem das Geschehen jederzeit den Eindruck, das man hier wirklich einen Zusammenhang herstellen könnte, was sicherlich eine der ganz großen Stärken der vorliegenden Geschichte darstellt. In deren Mittelpunkt steht der junge Martin, der ganz augenscheinlich unter seiner nicht unbedingt tollen familiären Situation leidet. Sein Bruder leidet unter Mongolismus und wird fristet sein Dasein in einer Spezial-Klinik. Nicht nur das der Junge nur noch kurze Zeit zu leben hat, wird er auch noch von der Mutter verleumdet, die seine Existenz offenbar vor dem Stiefvater verheimlicht. Dieser wiederum wird von Martin nahezu gehasst und will diesem unbedingt ein Leben nach seinen Vorstellungen aufzwingen. Und dann wäre da noch die Mutter, die wohl ganz eindeutig seit Martins frühester Kindheit versäumt hat, ihrem Sohn eine gewisse Selbstständigkeit beizubringen und ihn stattdessen wie eine Glucke behütet hat.
Aus dieser Grundsituation heraus kann man schon recht gut erkennen, das der Charakter des Martin wohl äußerst zwiespältig sein muss und genau dieser Aspekt soll in der Folge von Regisseur Roy Boulting absolut brillant herausgearbeitet werden. Ebenso verhält es sich auch mit der Sichtweise des Betrachters, denn wenn man zu Beginn noch ziemlich starke Sympathiewerte für die Hauptfigur entwickelt, so ändert sich diese Einstellung doch mit zunehmender Laufzeit äußerst rigoros. Bis dahin dauert es allerdings eine geraume Weile, denn selbst als der junge Mann in die Rolle des infantilen Georgie schlüpft um seiner Angebeteten Susan näher zu kommen überkommt einen noch nicht das Gefühl, es mit einer krankhaft veranlagten Persönlichkeit zu tun zu haben. Das ändert sich dann schlagartig, als der Psychopath aus dem jungen Mann heraus kommt, denn dies geschieht mit einer unglaublichen Wucht und Eiseskälte, das es einem kalt über den Rücken läuft. Hatte man zunächst noch den Eindruck das Martin an dieser Stelle viel eher ein etwas perfides Spiel in Gang bringt, durch das er Pluspunkte bei Susan ergattern will, so verselbstständigt sich das Ganze immer mehr zu gut durchdachten Handlungen, die lediglich einem kranken Hirn entspringen können. Insbesondere dem fantastischen Schauspiel von Hywel Bennett (Martin / Georgie) ist es zu verdanken, das die Abläufe eine Intensität an den Tag legen, die einem streckenweise wirklich zu schaffen macht. Anscheinend zu keiner echten Gefühlsregung fähig, verfolgt der Junge einen nahezu teuflischen Plan, der auch diverse Menschenleben kosten soll.
Die zu Beginn noch vorhandene Sympathie wandelt sich beim Betrachter zunächst in völlige Ungläubigkeit, bevor sie dann in die totale Ablehnung übergeht, um dann jedoch zum Ende hin wiederum Mitleid in einem aufkommen zu lassen. Und so gestaltet sich die gesamte Geschichte dann schon fast wie ein emotionaler Spießrutenlauf, muss man sich doch zwangsläufig und durchgehend mit einem vielschichtigen Gefühls-Spagat auseinandersetzen, der einem so richtig zusetzt. Dabei stellt sich dann auch immer wieder die Frage ob Martin schlicht und ergreifend ein schlechter Mensch ist, oder ob hier wirklich Zusammenhänge aufgrund der Down-Erkrankung seines Bruders hergestellt werden können. Aus diesem Aspekt bezieht "Teufelskreis Y" seinen ganz besonderen reiz und sondert dabei eine unglaublich starke Faszination ab, der man sich unmöglich entziehen kann. Auch die während des Geschehens immer wieder eingestreuten Erklärungen diverser Wissenschaftler verstärken den Eindruck, das die menschliche Chromosomen-Thematik sehr wohl eine gewichtige Rolle für das Verhalten von Martin tragen könnte. Boulting hat hier wirklich ganz hervorragende Arbeit geleistet und erzählt eine Geschichte, die eine mehr als gelungene Kombination aus Drama-und Thriller mit psychologischem Tiefgang darstellt und gleichzeitig auch das Genre des Horrorfilms zumindest ankratzt. Die dadurch entstehende Mischung ist teilweise höchst explosiv und offenbart einen inhaltlich tief gehenden Film auf höchstem Niveau. Ein dramaturgisch absolut perfekt aufgebauter Spannungsbogen und eine bedrohlich-dichte Grundstimmung lassen hier keinen Zweifel daran, das man es mit einem außergewöhnlich guten Genre-Mix zu tun hat, der auch nach mehreren Jahrzehnten nichts von seinem Reiz verloren hat.
"Teufelskreis Y" kann so also durchaus zu den absolut zeitlosen Werken gezählt werden und hat seine Höhepunkte nicht nur in der erstklassig aufgebauten-und erzählten Story, sondern auch im dargebrachten Schauspiel der Protagonisten. Während ein Barry Foster schon in einer Nebenrolle glänzt, bietet die bildhübsche Hayley Mills in der weiblichen Hauptrolle auch rein optisch einen echten Leckerbissen. Überstrahlt wird das alles jedoch fast spielerisch von einem faszinierend gut aufspielenden Hywel Bennett, der durch seine Omnipräsenz und die grandiose Performance ein herausragendes Highlight setzt. Die offensichtliche Vielschichtigkeit seines Charakters kommt in jeder einzelnen Einstellung perfekt durch und vermittelt dem Zuschauer den Eindruck, es hier mit einem seelisch sehr kranken Menschen zu tun zu haben. Und obwohl die im Film aufgestellten Thesen lediglich fiktiv sind, präsentiert sich hier der Prototyp eines gestörten Psychopathen, der jederzeit dazu in der Lage zu sein scheint, seine Umgebung und seine Mitmenschen in die Irre zu führen, um dann mit einer nicht zu erahnenden Eiseskälte seine grausamen Taten auszuführen. Letztendlich sollte sich natürlich jeder selbst ein Bild von dieser extrem spannenden - und interessanten Geschichte machen, die einen von der ersten bis zur letzten Minute in ihren Bann zieht und durch die nicht beweisbaren wissenschaftlichen Thesen einen zusätzlichen Spannungspunkt setzt. Wer "Teufelskreis Y" noch nicht kennen sollte muss diesen Umstand unbedingt ändern, ansonsten verpasst man nämlich eine Genre-Kombination die es wirklich in sich hat.
Fazit:
Ganz egal, wie man zu den aufgestellten Thesen in diesem Film steht, sie bilden auf jeden Fall das Grundgerüst für eine Erzählung voller Spannung, Atmosphäre und psychologischer Tiefe, wie man sie in vorliegender Form und Qualität nicht jeden Tag geboten bekommt. Hier lohnt sich eine Anschaffung der DVD auf jeden Fall, denn "Teufelskreis Y" wird ganz bestimmt noch oft genug im heimischen DVD-Player landen.
9/10
Big Brother is watching you
- sergio petroni
- Beiträge: 8306
- Registriert: Sa 2. Feb 2013, 20:31
- Wohnort: im Schwarzen Wald
Re: Twisted Nerve - Roy Boulting
Habe den auf einer Börse schon in den Händen gehabt und dann wieder einen Rückzieher
gemacht. Nach Euren Rezensionen bereue ich das zutiefst.
gemacht. Nach Euren Rezensionen bereue ich das zutiefst.
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
- horror1966
- Beiträge: 5597
- Registriert: Mo 7. Jun 2010, 01:46
- Wohnort: Hildesheim
Re: Twisted Nerve - Roy Boulting
Hatte mir den auch aufgrund der Empfehlung eines Freundes besorgt und bereue das auf keinen Fall. ist ein ganz starkes Stück Film.
Big Brother is watching you
- karlAbundzu
- Beiträge: 9473
- Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
- Kontaktdaten:
Re: Twisted Nerve - Roy Boulting (1968)
Martin gibt sich als zurück gebliebener Georgie aus, um Susan näher zu kommen.
Starker Psychothriller um einen Mann, dessen raffiniertes Spiel letzt endlich ihn selbst verwirrt.
Stark, wie Martins Geschichte und sein sich steigender Wahnsinn inszeniert wird. Interessant dabei, das neben seiner nicht funktionierenden Familie keine übliche Familie entgegen gestellt wird, die er von außen kaputt macht, sondern eine andere nicht normative. Also allein erziehende Mutter mit Privat- Pension (die auch mal, so will es leider das Klischee und das Drehbuch) mit einem Gast ins Bett steigt. Hier reisst Martin nicht von außen ein, sondern vergrößert Komplikationen von innen.
Super gespielt von Hywel Bennett und Hayley Mills in den Hauptrollen, gut gefilmt und stimmig ausgestattet, da kommt 60s feeling auf. Dazu der bekannte Score von Herrmann, die berühmte Melodie ist integraler Bestandteil und Erkennungszeichen Martins, die sich zwar nicht ändert, aber doch immer wieder anders wirkt.
Das einzige Manko ist der pseudowissemschaftliche Zusammenhang zwischen falschem Gen und Mordlust. Da haben sie nachträglich im Vorspann eine Entschuldigung eingebaut. Ist wohl auch keine gute Idee, sich beim Titel und Background eines Filmes ausgerechnet bei einem Gedicht von George Sylvester Viereck inspirieren zu lassen.
Trotzdem bleibt es ein sehr guter, hoch spannender Film.
Die englische DVD hat leider keine Extras, aber sehr gutes Bild und Ton.
Starker Psychothriller um einen Mann, dessen raffiniertes Spiel letzt endlich ihn selbst verwirrt.
Stark, wie Martins Geschichte und sein sich steigender Wahnsinn inszeniert wird. Interessant dabei, das neben seiner nicht funktionierenden Familie keine übliche Familie entgegen gestellt wird, die er von außen kaputt macht, sondern eine andere nicht normative. Also allein erziehende Mutter mit Privat- Pension (die auch mal, so will es leider das Klischee und das Drehbuch) mit einem Gast ins Bett steigt. Hier reisst Martin nicht von außen ein, sondern vergrößert Komplikationen von innen.
Super gespielt von Hywel Bennett und Hayley Mills in den Hauptrollen, gut gefilmt und stimmig ausgestattet, da kommt 60s feeling auf. Dazu der bekannte Score von Herrmann, die berühmte Melodie ist integraler Bestandteil und Erkennungszeichen Martins, die sich zwar nicht ändert, aber doch immer wieder anders wirkt.
Das einzige Manko ist der pseudowissemschaftliche Zusammenhang zwischen falschem Gen und Mordlust. Da haben sie nachträglich im Vorspann eine Entschuldigung eingebaut. Ist wohl auch keine gute Idee, sich beim Titel und Background eines Filmes ausgerechnet bei einem Gedicht von George Sylvester Viereck inspirieren zu lassen.
Trotzdem bleibt es ein sehr guter, hoch spannender Film.
Die englische DVD hat leider keine Extras, aber sehr gutes Bild und Ton.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Re: Twisted Nerve - Roy Boulting (1968)
Sehr toller Film, den ich inzwischen nicht mehr mit 7,5/10 (gut bis sehr gut) bewerten kann. Da lege ich noch ein Schippchen drauf.
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen