bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Sklaven ihrer Triebe
Die reiche und lesbisch veranlagte Mudy (Maud Belleroche) sticht für eine Weile in See. Mit Paola (Rosalba Neri), deren Mann Aldo (Maurizio Bonuglia), der Nymphomanin Ulla (Edwige Fenech) und Sohn Tony will sie, auf ihrer videoüberwachten Yacht, ihrem Trieb freien Lauf lassen. Ulla soll vor allem dafür sorgen, dass der zurückgebliebene Tony endlich seine Jungfräulichkeit verliert, doch dieser scheint desinteressiert. Zufällig kommen noch die hübsche Beba (Eva Thulin) und ihr Mann hinzu. Es dauert nicht lange, bis Paola und Ulla über die beiden herfallen und sie Teil ihrer Exzesse aus Alkohol und Sex werden lassen. Plötzlich wird Beba von Tony ermordet.
„Das Weib soll beschlafen werden!“

Der zweite und gleichzeitig letzte Film des italienischen Regisseurs Ottavio Alessi, „Sklaven ihrer Triebe“ aus dem Jahre 1969, ist ein Sleaze-/Erotik-Drama, das sich gewaschen hat. Besetzt mit den Sexbomben Rosalba Neri („Lady Frankenstein“) und Edwige Fenech („Der Killer von Wien“) als dauergeile Paola und Ulla, Maud Belleroche (ihre einzige Rolle?) als resolute, dominante, knallharte Mudy, die ihren zurückgebliebenen oder autistischen, erwachsenen Sohn zum Sex mit der käuflichen Ulla verführen will und Maurizio Bonuglia („Ein schwarzer Tag für den Widder“) als blondem Tunichtgut und Mann Paolas nimmt die Geschichte einer verhängnisvollen Reise auf einer Privatyacht ihren Lauf. Die Charaktere sind reiche Schnösel, die glauben, mit ihrem Geld alles kaufen zu können und sich in ihrer Arroganz und ihrem Hedonismus einen Spaß daraus machen, mit den einfachen Dorfbewohnerin Beba (die „Unschuld vom Lande“) und deren Mann Andro ihre Spielchen zu treiben, nachdem man sich zuvor schon gegenüber der Fauna wie die Axt im Walde benommen und Dynamitstangen ins Meer geworfen sowie zur kurzweiligen Unterhaltung Ziegen erschossen hat. Wenigstens durfte in einer angedeuteten und in der deutschen Fassung anscheinend beschnittenen Sodomie-Szene eine Ziege Ulla die Brust abschlecken...

So richtig grün ist man sich untereinander nicht, denn schon von Haus aus ist jeder sich selbst der Nächste – was natürlich niemanden davon abhält, dem fröhlichen Sex und Partnertausch zu frönen. Jeder verfolgt seine eigenen Interessen, die Aussicht auf eine Beteiligung an den Erdöl-Geschäften Mudys ist eines davon. Bezeichnenderweise ist der apathische, ebenfalls in einer eigenen, allerdings gänzlich anders gearteten Welt lebende Sohn die „moralische Instanz“, denn er ist angewidert von der ganzen Mischpoke und lässt sich weder von Geld, noch von Titten beeindrucken. Erst, als er die Ziegenhirtin Beba kennenlernt, taut er auf, muss aber mit ansehen, wie sie von Paola, Ulla & Co. innerhalb kürzester Zeit benutzt, verbraucht und weggeworfen wird. Spätestens ab hier nimmt die Handlung einen wahrlich dramatischen Verlauf, denn den Anspruch, seine Protagonisten mit all dem nicht einfach davonkommen zu lassen, hatte Alessi an seinen Film. Wer darin eine Allegorie auf das Klassensystem, auf die Ausbeutung der Unterschicht durch die an Geld und Besitz reiche Oberschicht, „das Kapital“, erkennt, liegt gewiss nicht falsch. Einem nicht unbeträchtlichen Teil des Publikums dürfte das aber herzlich egal sein, während es sich sabbernd an der zeigefreudigen Darbietung der Schauspielerinnen ergötzt. Oder möchte Alessi seinem Publikum bewusst verdeutlichen, dass es selbst nicht besser, eben „Sklave seiner Triebe“ ist?

Die vom deutschen Verleih offensichtlich nachträglich eingefügte Parallelhandlung, die suggeriert, dass bereits der letzte Begattungsversuch Tonys tödlich endete und einen herumhurenden Bullen auf die Ermittlung schickt, verstärkt den Sleaze-Faktor, ist aber zu vernachlässigen. Hochgradig gelungen ist hingegen die deutsche Synchronisation, die mit ihren stets zwischen schlüpfrig und zynisch pendelnden Dialogen für einen nochmals erhöhten Unterhaltungsfaktor sorgt. Ein ungeschliffenes Juwel!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

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Hated: GG Allin & The Murder Junkies

“My Rock’n’Roll is not to entertain but to annihilate. I’m trying to bring danger back in the Rock’n’Roll and there are no limits, and no laws, and I break down every barrier put in front of me ‘til the day I die!”

US-Regisseur Todd Phillips suchte sich für sein Regiedebüt niemand Geringeren als GG Allin aus, seines Zeichens Sohn eines irren religiösen Fanatikers, der ihm ausgerechnet den Namen Jesus Christ gab, vor allem aber selbstzerstörerischer Punk-Musiker, Pate des Scumpunks, Tabubrecher und exzentrischer Enfant terrible, die pure Provokation, und drehte einen Dokumentarfilm über ihn und seine Begleitband, die Murder Junkies in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre. Allins Mission war es, die Gefahr zurück in den Rock’n’Roll zu bringen und das war durchaus wörtlich zu nehmen, denn aus gutem Grund hielt sein Publikum i.d.R. einen nicht zu knappen Sicherheitsabstand ein: GG war bekannt dafür, auf sich selbst und sein Publikum einzuprügeln, sich komplett entkleidet mit Fäkalien einzuschmieren, sich in ihnen zu wälzen und mit ihnen um sich werfen, während er hasserfüllte, jenseits sämtlicher Moralvorstellungen liegende Lieder über Sex und Gewalt sang. Zu den Murder Junkies gehörten sein Bruder Merle mit einem Faible für ungewöhnliche Bartmode und der „Naked Drummer“ Dino, der grundsätzlich nackt hinter der Ballerbude saß und sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ. GG Allin zelebrierte sein Image als unberechenbarer Sozio-/Psychopath ohne Rücksicht auf Verluste, Konzerte wurde häufig schon nach kurzer Zeit abgebrochen und von der Polizei aufgelöst. Allin war der verkörperte Höhepunkt des selbstzerstörerischen, nihilistischen, misanthropischen Elements des Rock’n’Roll, mehr ging nicht. Und all das war keine Show, es war real. GG lebte in den Tag hinein, schmiss sich alles Verfügbare an Drogen rein und war ständig im Knast. Nichts war ihm heilig, er hat im wahrsten Sinne des Wortes auf alles geschissen. Doch er war auch ein genialer Künstler, der sowohl in extremer Musik als auch in gefühlvollem Country zu Hause war und es innerhalb kürzester Zeit fertigbrachte, ein kompletten Album zu schreiben; seine Lieder sind bei aller Überzeichnung und oftmals oberflächlicher Eindimensionalität hochinteressante, wertvolle Zeugnisse einer derangierten Seele. Er kündigte mehrmals seinen eigenen Selbstmord auf der Bühne an und man ist sich einig, dass er ihn auch einiges Tages durchgeführt hätte, wäre ihm nicht eine Überdosis 1993 zuvorgekommen.

Philipps begleitete GG Allin & The Murder Junkies auf Konzerten, unterhielt sich nicht nur mit Allin, Merle und Dino, sondern auch mit einem ehemaligen Bandmitglied, der von all dem nichts mehr hält und ehemaligen Weggefährten aus der Schulzeit sowie mit Fans, die versuchen, die Faszination für Allins Treiben zu erklären.

Nun mag man angewidert, entsetzt und empört vorm Bildschirm sitzen oder eben begeistert darüber, dass GG all das tat, was man sich selbst nie trauen würde, doch es gibt auch eine andere Möglichkeit, diesen Film zu konsumieren: Wenn die „Washington Post“ schreibt, „Hated is actually funnier than Spinal Tap“, ist das nicht von der Hand zu weisen. Was GG und seine Band damals anstellten, ist so dermaßen übertrieben, so was von „over the top“ und so herrlich die Klischees bis zum Gehtnichtmehr ausreizend und auf die Spitze treibend, dass es beinahe mehr wie eine Karikatur wirkt als Rob Reiners berüchtigte „Rockumentary“ über die vom Pech verfolgten Hair-Metaller. Hinzu kommt, dass GG Allin auch „Spoken Words Performances“ (!) absolvierte, beispielsweise in einer Universität, aus der nach wenigen Minuten die Zuhörerschaft kollektiv die Flucht antrat, oder seine Thesen über Rock’n’Roll in US-amerikanischen Talkshows einem breiteren Publikum unterbreitete. Philipps verstand es zudem, all diese Szenen so aneinanderzureihen, ohne dabei auf Kommentare aus dem Off zurückgreifen zu müssen, dass eine schwer unterhaltsame Freakshow daraus wurde. So verwundert es dann kaum, dass er sich später vor allem mit Komödien wie „Road Trip“ oder „Hangover“ einen Namen machte. Im Bonusmaterial der DVD-Veröffentlichung wird auch deutlich, dass sich die Band ihrer Absurdität durchaus bewusst war und sich nach Konzerten häufig kaputtlachte. Insofern besteht vermutlich kein Verdachtsmoment, dass Philipps sich über GG & Co. lustig gemacht oder ein manipuliertes Zerrbild abgeliefert hätte.

GG starb 1993, sein Erbe hat bis heute niemand angetreten, zumindest nicht in der Konsequenz, wie GG zu Lebzeiten agierte. Wer GG noch nicht kennt und glaubt, irgendwelche albernen „Schock-Rocker“ o.ä. wären der Gipfel der Provokation und Subversion, wer Punk mit studentischen Weltverbesserern, Rock’n’Roll mit netten Oldie-Bands und Country mit spießigen Republikanern in Verbindung bringt, sollte sich diesen Dokumentarfilm ansehen und sein Weltbild zum Einsturz bringen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von jogiwan »

ähm... wie oft siehst du dir die Doku eingentlich noch an? :?
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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buxtebrawler
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben:ähm... wie oft siehst du dir die Doku eingentlich noch an? :?
Naja, diesmal war's nicht im Kino, sondern von DVD. Dass ich nach der Kinosichtung auch schon was drüber geschrieben hatte, wusste ich gar nicht mehr - hoffentlich widerspreche ich mir nicht :? :D
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

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The Baby’s Room
Juan und Sonia, ein junges Ehepaar mit einer kleinen Tochter, zieht in ein altes, baufälliges Haus. Als sie ein Babyfon geschenkt bekommen, hört Juan eines Nachts merkwürdige Geräusche aus dem Kinderzimmer. Beunruhigt kauft er ein moderneres Gerät, mit dem man das Zimmer auch visuell überwachen kann - und prompt sieht er einen Mann neben seinem Kind sitzen. Leider stellt sich heraus, daß es den "Besucher" wohl gar nicht gibt, doch Juan reagiert so nervös, daß die Familie zwischenzeitlich auseinanderbricht. Von einem Kollegen erfährt er, daß es Plätze gibt, an dem die Wirklichkeiten sich überschneiden können und das er mittels des Babyfons offenbar ein Ereignis aus der Vergangenheit aufnehmen kann, in dem ein Vater Frau und Kind ermordet. Fasziniert bemüht er sich, das Rätsel zu lösen und unterliegt einem furchtbaren Irrtum...
Mit dem Auftakt zu einer sechsteiligen, spanischen TV-Horrorfilm-Reihe aus dem Jahre 2006 ist es dem für diverse Skurrilitäten berüchtigten Regisseur Álex de la Iglesia („Perdita Durango“) gelungen, einen fast schon klassischen Suspense-Grusler zu inszenieren, ohne dabei gänzlich seine eigene Handschrift zu verleugnen.

Ehrlich gesagt hätte ich es ihm nicht zugetraut, einen so geradlinigen Horrorfilm zu erschaffen, der mühelos klassische Genrezutaten mit ein paar neuen Ideen vermengt und beides auf ein hohes Qualitätsniveau hievt, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Zwar finden sich auch hier einige schräge, komödiantische Momente, die aber im Rahmen bleiben und die liebevoll und effektiv aufgebaute Gruselatmosphäre nicht zerstören. „Haunted House“ trifft auf Quantentheorie, so könnte man diesen Film am ehesten umschreiben. Die Frage, ob tatsächlich etwas nicht stimmt, stellt sich dabei nicht, die Spannung entsteht vor allem durch das intensive Schauspiel Javier Gutiérrez’ als Juan, der immer mehr zum hypernervösen und unverstandenen Opfer der anscheinend sein Baby bedrohenden Vorgänge im Haus und seines Forschungsdrangs wird, der einem düsteren Geheimnis auf der Spur ist und sich selbst in Gefahr begibt, während seine junge Ehe den Bach heruntergeht. Als Zuschauer leidet man mit Juan und fürchtet sich vor seiner nächsten Entdeckung, vor dem nächsten Stein im Mosaik. De la Iglesia arbeitet dabei u.a. mit Zooms auf Juans Gesicht oder gar nur seine Augenpartie, was Erinnerungen an glorreiches europäisches Genrekino wachruft, in denen dieses und ähnliche Mittel stilprägend eingesetzt wurden. Schon durch die knappe Spielzeit ist das Tempo gezwungenermaßen recht flott, an psychisch wie optisch unheimlichen Szenen mangelt es nicht. Ein einzelner brutal inszenierter Mord schockiert trotz seiner Vorhersehbarkeit und verstärkt durch seine Konsequenz die nicht nur als unwohlig, sondern richtiggehend bedrohlich empfundene Aura des Übersinnlichen.

Ich jedenfalls habe mich schon lange nicht mehr so gegruselt und wurde von der Qualität dieses TV-Films schwer überrascht und eiskalt erwischt. De la Iglesias sorgfältige Inszenierung, für die er zugunsten der dichten Atmosphäre auf seine allzu wahnwitzigen Sperenzien verzichtete, erscheint mir mitsamt ihrer Schauspieler, Kameraarbeit etc. weitestgehend makellos, die Handlung findet den richtigen Spagat zwischen logischer Nachvollziehbarkeit und mysteriösem Geheimnis. Ein weiterer, diesmal wirklich äußerst gelungener spanischer Horrorbeitrag – klasse!
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Ach ja, den hier hab ich mir kürzlich auch noch mal von DVD angeschaut:

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Hexen bis aufs Blut gequält
Die Geschichte spielt zur Zeit der Hexenverfolgung, als im Namen der Kirche Millionen Menschen hingerichtet wurden, nur weil man sie beschuldigte, Hexen zu sein. Der wohl härteste Hexenjäger kommt in ein Gebiet, in dem schon ein anderer Hexenjäger "arbeitet". Dieser Hexenjäger, der dort schon sein Werk verrichtet, ist ein "kleines Arschloch", der auch Frauen zu Hexen macht, wenn sie nicht mit ihm schlafen. Als die Vorboten des Count Cumberland (dem neuen Hexenjäger) in einem Lokal sind und mitbekommen wie eine Frau zur Hexe gemacht wird, bekommt das kleine Arschloch was es braucht! Er wird vom Foltermeister (Herbert Fux) mit der Peitsche durch die Kneipe geprügelt! Der Schüler des Count (Udo Kier) verliebt sich in das "arme" Mädchen. Bis zum Ende des Films wird dann munter umhergefoltert und vergewaltigt, wobei man sehen kann, dass so ziemlich jeder in diesem Film die Rolle eines "Arschlochs" spielt...
Ein in jeder Hinsicht außergewöhnlicher deutscher Film. Außergewöhnlich deshalb, weil er a) für sein Produktionsland Deutschland und Entstehungsjahr 1969 ungewöhnlich blutig ausfällt, b) mit seinem reißerischen Titel eng an das Exploitation-Genre angelehnt zu sein scheint, c) mit hervorragenden Darstellern wie Herbert Lom, Olivera Vuco, Herbert Fux und Udo Kier aufwarten kann und d) die stimmige Filmmusik von niemand geringerem als Schlagerstar Michael Holm komponiert wurde.

Grafisch hart, aber stets höchst unterhaltsam wird hier die "Hexen"verfolgung des Mittelalters thematisiert, wobei an Kirche und Arisokratie aufgrund ihrer Willkür, ihres Sadismus' und ihrer Menschenverachtung kein einziges gutes Haar gelassen wird. So plakativ das alles auch klingen mag, fielen die Charakterzeichnungen überraschend differenziert aus. So gibt es sowohl Charaktere, deren tiefe Abgründe erst im Laufe des Films mehr und mehr ersichtlich werden als auch zweifelnde, hin- und hergerissene wie den Schüler des Count, gespielt von Schönling Udo Kier, der hier aus den ganzen Charakterfressen deutlich heraussticht. Vor allem aber wird eines deutlich: Nahezu jeder der hohen Herren ist auf seinen eigenen Vorteil bedacht und geht dafür über Leichen und reißt Familien und Beziehungen auseinander.

Mag sein, dass es sich um einen selbstzweckhaften, spekulativen Horror-Flick handelt, der sicherlich nicht zu unrecht von vielen als Vorläufer des Splatter-Genres gehandelt wird. Inhaltlich wie optisch und auch akustisch hat er aber weit mehr zu bieten als Folter und Blut. Die eine oder andere komische Szene sowie die kitschigen Liebesszenen lockern das Gezeigte dann auch etwas auf. Das Ende allerdings habe ich nicht ganz verstanden - was möglicherweise aber auch darauf zurückzuführen ist, dass ich eine Aufführung im 3001-Kino im Rahmen der "Bizarre Cinema"-Reihe sah, für die auf eine anscheinend schon sehr häufig geflickte Filmrolle zurückgegriffen wurde, die zu allem Überfluss dann auch noch sechs mal (!) während der Vorstellung riss. Ich werde ihn mir daher noch einmal auf DVD ansehen müssen, die wesentlich länger sein und mehr Kontinuität versprechen dürfte...

Soweit meine Notizen nach der Sichtung im Kino seinerzeit. Ist eigentlich kaum noch was hinzuzufügen, außer dass ich ernsthaft den Kauf des Soundtracks erwäge, was dann meine erste Platte eines Schlagerkomponisten sein dürfte. :?

Das Ende fand ich auch von DVD irgendwie seltsam.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

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Spectre
Der alternde Autor Tomas bekommt eines Tages eine Tarotkarte von einem Unbekannten zugesandt: Los Amantes - die Liebenden. Er hat diese Karte schon einmal gesehen, vor 44 Jahren, als seine erste Liebe, die abseits des kleinen Dorfes lebende Moira, sie ihm zeigte. Doch Moira ist schon lange tot, wie Tomas glaubt. Um Aufklärung bemüht, reist er in seine alte Heimat zurück, um sich den Schrecken der Vergangenheit zu stellen, denn ihn plagen Erscheinungen einer vermummten Gestalt, die er vor langer Zeit schon einmal gesehen hat...
Auch der Beitrag Mateo Gils zur sechsteiligen, spanischen TV-Horrorfilm-Reihe aus dem Jahre 2006 ist zumindest aus meiner Sicht und gemessen an meiner nicht sonderlich hohen Erwartungshaltung äußerst gelungen. Gil, Drehbuchautor von spanischen Erfolgsfilmen wie „Tesis“ und „Virtual Nightmare“ war als Regisseur zuvor nur mit dem (mir unbekannten) Thriller „Bruderschaft des Todes“ in Erscheinung getreten, beweist mit „Spectre“ aber ein sicheres Händchen für atmosphärischen Mystery-Grusel.

Erzählt wird eine Geschichte von Dämonen aus der Vergangenheit, die einen ein ganz Leben begleiten und eine finale Konfrontation suchen. Es ist die Geschichte einer zum Scheitern verurteilten Liebe zwischen einem Heranwachsenden Jungen und einer von der orthodoxen, abergläubischen Dorfgemeinschaft als Hexe verschrienen Außenseiterin, die als Projektionsfläche für Intoleranz, die eigene Unzufriedenheit und tiefsitzende Ängste dient und als Sündenbock herhalten muss. Doch ist, was sich nach der radikalen Beendigung der ungleichen Beziehung im Geiste Tomás’ festsetzt nur ein unverarbeitetes Trauma, spielt ihm seine Psyche einen Streich? Oder war das mit den „Dämonen“ durchaus wörtlich zu verstehen? Hat sich die Tragödie in seiner Jugend überhaupt exakt so abgespielt, wie er es in Erinnerung hat...?

Gil liefert darauf keine eindeutigen Antworten. Was real ist und was Hirngespinste sind, muss sich der Zuschauer anhand von Indizien selbst zusammenreimen, während er durch einen zwischen zwei Zeitebenen pendelnden Film mit einer sich beständig ausbreitenden, düsteren Stimmung und einigen symbolträchtigen Bildern geführt wird, der ein angenehm langsames Erzähltempo an den Tag legt und eine unheilvolle Ruhe, die einen bald aufkommenden Sturm suggeriert, ausstrahlt. Die einwandfrei agierenden Protagonisten scheinen sich bisweilen fast in Zeitlupe zu bewegen. Die zwar hinlänglich aus anderen Genreproduktionen bekannten, aber geschickt und vor allem wirklich Gänsehaut erzeugend eingesetzten Schockeffekte erzielen dadurch eine ganz eigene, intensive Wirkung. Sonderlich innovativ mag das nicht sein, jedoch traf man mit dieser Rezeptur genau meinen Nerv.

Düstere Melancholie bestimmt diesen Film, Poesie statt Pathos, mit expliziten Gewaltdarstellungen hält man sich zurück. „Suspense-Horror“ dürfte es am ehesten treffen, was Gil mit „Spectre“ geschaffen hat, eine herrlich altmodische, schwarzromantische Liebesgeschichte, die den Glauben an die ewige Liebe mit einer Warnung versieht und ihre unglückliche Komponente anstelle eitel Sonnenscheins zeigt. Eine matte Farbgebung unterstreicht die Ästhetik und traurige Grundstimmung, malerische Bilder scheinen aus der Feder einer gebrochenen Seele zu stammen. Schwermütige Grusel-Kunst, emotional und wahrhaft schaurig, den Zuschauer im Idealfall – eine entsprechende Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft vorausgesetzt – an eine eventuelle eigene unrühmliche Vergangenheit gemahnend und ihn nachdenklich, ernüchtert bis ängstlich aus dem Film entlassend. Eine Perle von einem TV-Film, die es zu entdecken gilt.
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Blame
Die alleinerziehende Krankenschwester Gloria (Montse Mostaza) ist mit ihrer Tochter Vicky in eine akute Notlage geraten, aus der ihre Freundin Ana, eine Gynäkologin ihr heraushilft, indem sie beide bei sich im Haus wohnen läßt. Das Angebot hat einen Haken, denn Ana ist Gloria mehr als nur normal zugetan, doch die lehnt die Annäherungen ab, hilft Ana aber bei den illegalen Abtreibungen, die diese nach Feierabend in ihrer Privatpraxis daheim ausführt. Als Gloria wieder schwanger wird, verschlechtert sich das Verhältnis zu Ana, weil Gloria das Kind behalten will, läßt es schließlich aber doch entfernen. Das bewirkt jedoch einige unheimliche Veränderungen im Haus, denn der Fötus verschwindet auf geheimnisvolle Art und Weise und Vicky beginnt, mit einer Blechbüchse herumzulaufen...
Narciso Ibáñez Serrador hatte vor Jahrzehnten mit „Das Versteck“ und „Tödliche Befehle aus dem All“ alias „Ein Kind zu töten…“ zwei Glanzstücke des spanischen phantastischen Films gedreht – doch was ist DAS?! Sein Beitrag zur sechsteiligen, spanischen TV-Horrorfilm-Reihe aus dem Jahre 2006 enttäuscht auf ganzer Linie.

„Blame“ ist im Prinzip ein Drama, das sich einiger Stilelemente des Horrorfilms bedient. Dagegen ist zunächst einmal nichts einzuwenden, ebenso wenig gegen ein langsames Erzähltempo, das sich auf die Entfaltung einer unheilvollen Atmosphäre konzentriert. Mehr noch als bei Mateo Gils „Spectre“ scheinen auch hier die Protagonisten fast schon in Zeitlupe zu agieren, jedoch ohne den gewünschten Effekt beim Zuschauer zu erzielen – es sei denn, einschläfernde Langeweile zu verbreiten wäre die Intention des Films. Über weite Strecken wirken die sparsam eingesetzten Gruselmomente aufgesetzt, fehl am Platz und in kaum einem Zusammenhang zur erzählten Geschichte zu stehend; schnell bemerkt der Zuschauer, dass sie keinerlei Zweck dienen und im zähen Sande verlaufen. Doch welche Geschichte eigentlich? Es geht um zwei gegensätzliche Frauen, die eine, Gloria, wohlhabende Frauenärztin, die ihre Patientinnen gerne zu Abtreibungen drängt und diese auch illegal durchführt und die andere, Ana, alleinerziehende und problemgeplagte Mutter, die bei Gloria unterkommt, welche sich ihr zu einer Abtreibung rät und sich zudem an sie heranzuschmeißen versucht. Nach der Abtreibung plagen Ana Gewissensbisse, die sich in Wahnvorstellungen manifestieren.

Klar, Serrador hat’s irgendwie mit Kindern, Kindesmisshandlungen, Kindesmorden und trat in der Vergangenheit als deren filmischer Anwalt auf. Doch die Art und Weise, wie Abtreibungen hier thematisiert werden, machen „Blame“ zu einem extrem eindimensionalen, tendenziösen Statement gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche und somit zu einem ärgerlichen Filmerlebnis. Frauenärztin Gloria wird als eine Art Monster gezeichnet, ein gefühlskalter Unmensch, der die abgetriebenen Föten verächtlich in der Toilette entsorgt und zudem auch noch lesbisch ist (noch ein wenig Homophobie, anyone?). An einer weiteren Charakterzeichnung zeigte man aber kein Interesse, Hintergründe zu ihrer Person erfährt man kaum. Das macht die wahre Intention des Films nur umso deutlicher. Den Vogel (den Klapperstorch?) schießen allerdings die Gewissensbisse Anas ab, die sich von ihrem abgetriebenen Fötus verfolgt wähnt, sprich: nach der Abtreibung ballaballa in der Birne ist. Das soll vermutlich suggerieren, dass eine Frau, macht sie von ihrem Recht auf Abtreibung Gebrauch, damit rechnen muss, psychische Schäden davonzutragen und wenn diese ausbleiben, ein gewissensloser Unmensch wie Gloria sein muss.

Bei so einem rückschrittlich-moralisierenden, vermutlich religiös geprägten Humbug helfen auch die zweckmäßigen schauspielerischen Leistungen der relativ ausdrucksstarken Schauspielerinnen Nieve de Medina und Montse Mostaza inkl. solider Kinddarstellerin Alejandra Lorenzo als Anas (nicht abgetriebene) Tochter Vicky nicht mehr viel, schon gar nicht, wenn der Film so quälend bemüht mit allerlei Unfug auf Laufzeit getrimmt wurde, dabei aber tatsächlich so wirkt, wie es die vorausgegangenen Beiträge de la Iglesias und Gils gekonnt zu verhindern wussten: Wie ein biederer, langatmiger Fernsehfilm. Reaktionär bis ins Mark und der mit Abstand schwächste Teil der Reihe. Nein, danke, Señor Serrador.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Außerdem wollte ich gestern "The Wrestler" (auf ARD) gucken, hab aber den Anfang verpasst, weil ich erst mal meine Fernbedienung reparieren musste (verdammte neumodische Geräte, die sich nicht mehr komplett ohne FB bedienen lassen :x) und war zwischendurch kurz abgelenkt, so dass ich mir kein abschließendes Urteil erlauben kann.

Was ich sah, gefiel mir aber sehr gut. Ich tendiere zu 8/10, will den aber unbedingt noch mal sehen.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

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A Real Friend
Estrella ist eine sehr in sich versunkene, introvertierte junge Teenagerin. Da ihre Mutter Angela (Goya Toledo) stets lange arbeitet, muss sie ihre Zeit daheim in einem anonymen Wohnblock allein verbringen und füllt sie mit Gruselgeschichten und harten Horrorfilmen. Das geht so weit, dass ihr die Monster, allen voran ein Riese mit einer sehr bekannten Menschenhautmaske und einer Kettensäge, ständig Gesellschaft leisten, sogar im Unterricht neben ihr sitzen. Auch der in Leder gekleidete "Vampir" ist ein guter Freund. Doch was ist Phantasie und was ist Wahrheit? Existiert eines der Geschöpfe vielleicht auch in der Wirklichkeit und beschützt Estrella vor bösartigen Männern? Oder hat es ganz andere, sinistre Pläne?
Auch der mir als Regisseur bislang unbekannt gewesene Enrique Urbizu (Drehbuch zu Polanskis „Die neun Pforten“) beteiligte sich an der sechsteiligen, spanischen TV-Horrorfilm-Reihe aus dem Jahre 2006, geht dabei stilistisch mit seinem Beitrag „A Real Friend“ aber sehr eigene Wege.

„A Real Friend“ bricht eine Lanze für Horrorfilme und deren Monster. Obwohl nach dem fragwürdigen Jugendschutz eigentlich viel zu jung für Horrorfilme und -literatur, konsumiert die kleine Estrella (Nerea Inchausti), ein supersüßes Mädel und zukünftige Traumfrau für jeden Horrornerd, reichlich davon und lenkt sich dadurch vom trostlosen, wenig erbaulichen Alltag ab. Sie ist ein intelligentes Mädchen mit einer lebhaften Phantasie, das in den Figuren ihrer Filme imaginäre Freunde findet, die ihr Trost spenden, während ihre alleinerziehende Mutter Geld verdienen muss, erst spät nach Hause kommt oder sich wenig befriedigenden sexuellen Abenteuern hingibt. Zu Estrellas Freunden gehört u.a. Leatherface (sehr vorbildsgetreue Maske!), dessen Treiben ausschnittweise in einem fiktiven „Film im Film“ gezeigt wird, sich in Estrellas Traumwelt aber sehr freundlich zu ihr verhält. In ihrem stilsicher mit allerlei Horror-Devotionalien eingerichteten Kinderzimmer erblickt man u.a. Max Schreck als Nosferatu, der sich ebenfalls in ihrer Phantasie manifestiert - ein Gespür für die ganz alten Klassiker hat die Kleine also auch noch. Nicht ganz klar wird allerdings die Rolle eines glatzköpfigen Typen, von ihr schlicht „Vampir“ genannt, der immer wieder in ihrer Nähe auftaucht, von einem sehr realen Vampirjäger verfolgt wird und sich eines Abends einfach zum Essen bei Estrella und ihrer Mutter einlädt...

Phantasie und Realität verschwimmen in dieser eigenwilligen Mischung aus Horrorfilm, Drama und Komödie, unaufgeregt und ruhig, dramaturgisch aber nicht immer ganz glücklich wird man mitgenommen in Estrellas eigene Welt sowie die kaputte Realität um sie herum. Estrella zieht die Sympathien des Zuschauers auf sich, nicht zuletzt, weil die junge Nerea Inchausti es versteht, ihre Rolle mit genügend Understatement zu versehen, das trotz ihrer Introvertiertheit Interesse weckt und Identifikation zulässt. Etwas blass bleibt Goya Toledo als Estrellas Mutter, evtl. ist das aber auch beabsichtigt und soll die Ausgebranntheit ihrer Charakters verdeutlichen.

Leider beschleicht mich hin und wieder das Gefühl, dass diese Geschichte besser in gestraffter Form in einen Episodenfilm o.ä. gepasst hätte und man mit 73 auszufüllenden Minuten etwas überfordert war. Die Kernhandlung, wer genau der mysteriöse Glatzkopf ist, was er will und in welcher Verbindung er zu Estrellas unbekanntem Vater steht, wird einerseits ziemlich verwaschen, ist andererseits aber auch nicht stark genug, diesen Film zu tragen. Genrefreunde werden eher bei den zahlreichen hommagenartigen Anspielungen und Zitaten aufmerken, was auf Dauer aber auch etwas zu wenig ist. Die Schlusspointe hingegen kommt dann unerwartet plötzlich, nicht allzu überraschend, logisch schon gar nicht, aber immerhin erneut mit positiver Bezugnahme auf Horrorfilm- und -literatur-Ikonen und eine ausgeprägte kindliche Phantasie. Gut gelungen ist die visuelle wie atmosphärische Widergabe der Tristesse, in der Estrella aufwächst, jedoch gleitet „A Real Friend“ mit der Zeit immer mehr in eine etwas dröge, von mir schwierig näher zu definierende „Direct to Video“- bzw. TV-Optik ab – was bei einem Fernsehfilm aber natürlich kaum ernsthaft zu beanstanden ist.

Fazit: Ein sympathischer, aber leider etwas unrunder, unausgewogener Beitrag mit einer klasse Aussage, die voll ins Schwarze trifft. Und wer einmal sehen will, wie Leatherface seine Kettensäge ablegt und liebevoll ein kleines Mädchen tröstet, kommt um „A Real Friend“ nicht herum...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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