bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Zombieland
Der junge Computer-Fan Columbus (Jesse Eisenberg) hat als einer der wenigen eine verheerende Zombie-Epidemie überlebt und schlägt sich seit einiger Zeit erfolgreich im Alleingang durch ein postapokalyptisches „Zombieland“. Die Städte und Highways der Vereinigten Staaten sind verwüstet und leer gefegt – inmitten dieser Einöde trifft Columbus auf den wortkargen Zyniker Tallahassee (Woody Harrelson). Dieser moderne Cowboy hat die Kunst der Zombie-Jagd perfektioniert und genießt die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Untoten sichtlich. Als das ungleiche Duo auf ihrer ziellosen Fahrt die hübsche Wichita (Emma Stone) und ihre kleine Schwester in einer äußerst verzweifelten Situation kennen lernt, wendet sich das Blatt auf unangenehme Weise...
„Zombieland“ ist eine US-Horrorkomödie aus dem Jahre 2009 und nach „Gumball 3000: 6 Days In May“ zweite Regiearbeit in Spielfilmlänge des Regisseurs Ruben Fleischer. In den postapokalyptischen USA trifft der jugendliche, leicht nerdige Columbus (Jesse Eisenberg, „The Social Network“) auf den schießwütigen, durchtrainierten Tallahassee (Woody Harrelson, „Natural Born Killers“), mit dem er eine Zweckgemeinschaft eingeht und durch das von einer Zombie-Epidemie befallene Land zieht. Eines Tages kreuzen sich die Wege mit denen der etwa gleichaltrigen Wichita (Emma Stone, „The Rocker – Voll der (S)Hit“) und ihrer kleinen Schwester Little Rock (die goldige Abigail Breslin, „Little Miss Sunshine“) …

Ein weiterer moderner Zombiereißer also, zudem eine Komödie und mit Starbesetzung. Taugt das was? Grundsätzlich schon, denn die ent- bzw. fast ausschließlich von blutrünstigen Zombies der zeitgenössisch schnellen Sorte bevölkerten USA wurden recht ansehnlich umgesetzt, Masken- und Make-up-Effekte sind auf der Höhe der Zeit und auch, wenn es sich um keinen Splatterfilm handelt, wird bei manch gewalttätigem Konflikt zwischen Mensch und Untotem nicht beschämt abgeblendet, wenn es ans Eingemachte geht. Als Erzähler führt Columbus durch seine eigene Geschichte, in der Road-Movie-Elemente auf Endzeitromantik und eben auf Zombies treffen. Das ist eine durchaus originelle, ansprechende Idee, deren Umsetzung leider daran hapert, dass man unbedingt eine wenn nicht größtenteils, so doch zu zu großen Teilen unlustige Komödie daraus machen musste.

Aufgrund seines Komödienanteils wird die potentiell intensive Wirkung des Films verspielt und ein recht seichtes, vom jugendlichen Popcornkinokonsumenten ohne jede an ihn gerichtete Herausforderung fastfoodartig goutierbares, alles ironisierendes Filmerlebnis geschaffen, das es schwer haben wird, sich in der Flut der Zombiefilmproduktionen dauerhaft zu behaupten. So bekommt man einen hoffnungslos überzeichneten, overactenden Woody Harrelson serviert, der Spaß daran hat, Zombies niederzumetzeln und ständig auf der Suche „Twinkies“, einem US-amerikanischen Süßgebäck, ist. Das ist vieles, nur nicht lustig. Ebenso wenig wie Bill Murrays Gastauftritt, der durch ein Ausmaß an Blödheit das Zeitliche segnet, dass das Drehbuch leichtfertig die Illusion gefährdet, es hier mit vier mittlerweile zumindest zweckmäßig geschulten, zwangsläufig erfahrenen Überlebenden einer Apokalypse zu tun zu haben, die sich erfolgreich ihrer eigenen Haut verteidigen konnten.

Zunächst ebenfalls nicht sonderlich komisch sind die zahlreichen Überlebensregeln, die sich Columbus ständig notiert und immer wieder ins Gedächtnis ruft, doch der aus ihnen resultierende Humor erschließt sich, wenn sie tatsächlich Anwendung finden und sich Columbus beinahe neurotisch-zwanghaft nach ihnen richtet. Generell gefällt dessen Charakterzeichnung und taugt zur Identifikation durch die „Generation Facebook“, während Harrelson als Tallahassee arge Glaubwürdigkeitsprobleme bekommt, wenn man ab einem bestimmten Zeitpunkt versucht, ihm Tiefgang und Ambivalenz zu verleihen. Besser funktioniert dieses bei den Mädels, die zunächst moralisch nur sich selbst verpflichtet sind und sich mit Tricks und Gaunereien durch die Postapokalypse schlagen, wie auch Columbus und Tallahassee am eigenen Leibe erfahren müssen. Die beiden sowie das feminine Duo verkörpern dabei jeweils einen Menschenschlag, denen das Drehbuch das Überleben in einer Endzeithölle zutraut. Mit der Zeit und nach etlichen Zombietötungen entwickeln sich folgerichtig gegenseitiges Verständnis, Respekt und natürlich das Unvermeidliche: Liebe. Columbus bändelt mit Wichita an und die Botschaft ist eindeutig: Auch in dieser kaputten Welt ist Liebe möglich, muss Liebe möglich sein. Hätte der Film eine etwas andere Ausrichtung bekommen, hätte daraus eine herrlich dreckige oder düstere Endzeitromanze entstehen können, so aber ist man mehr dem familientauglichen Kitsch verbunden sowie der Hollywood-Regel, die besagt, dass ein jeder Film eine Liebesgeschichte benötigt.

Der große Showdown dieser eigentlich bis auf eine Rückblende zu Beginn start- und ziellosen Handlung findet in einem Vergnügungspark statt, wodurch der Filmtitel vermutlich Assoziationen zu „Disneyland“ wecken soll. Hier wird erstmals die Spannungsschraube fester gezogen und der Zombieactionanteil in die Höhe getrieben, wenn man sich als Zuschauer auch fast sicher sein kann, dass niemandem der Beteiligten auf menschlicher Seite ernsthaft etwas zustoßen wird. Letztlich schließt „Zombieland“ mit seiner konservativ in einem wenig konservativen Genre anmutenden, aber doch so wahren, wenn auch ziemlich allgemeingehaltenen und nicht sonderlich überraschenden Aussage pro menschlicher Nähe/Wärme und Zusammenhalt und entlässt Columbus und Wichita als Keimzelle einer neuen Generation in eine ungewisse Zukunft. Und den Zuschauer übrigens nicht in eine ursprünglich geplante TV-Serie, stattdessen ist aber wohl eine Fortsetzung geplant, natürlich in 3D.

Starbesetzung, technisches und handwerkliches Geschick, eine interessante Grundidee und eine Handvoll origineller Details (wie z. B. seinen Protagonisten Städtenamen zu verpassen) sind schon einmal die halbe Miete, lassen es aber umso schmerzlicher erscheinen, dass man nicht den Mut hatte, das alles ins Sujet der nicht vollkommen anspruchslosen Erwachsenenunterhaltung zu packen, die aus „Zombieland“ ein nachhaltigeres, atmosphärisches Filmerlebnis hätte machen können. Schade.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Snapshot
Die junge und etwas unerfahrene Haarstylistin Angela (Sigrid Thornton) wird von ihrer Freundin, dem erfolgreichen Model Madalyn (Chantal Contouri) überredet, es auch einmal mit dem Laufsteg zu versuchen - und bringt sie gleich in einem Shoot für ein Parfüm unter. Gleichzeitig wird Angela jedoch von ihrem Exfreund verfolgt, der sie beständig mit seinem Eiswagen überall hin verfolgt und zunehmend bedrängender wird...
„Schätzchen, Titten sind inzwischen aus der Mode gekommen!“

Dem 1979 entstandenen australischen Film „Snapshot“ von Regisseur Simon Wincer („Harlekin“, „Free Willy – Ruf der Freiheit“) tat man ganz und gar keinen Gefallen damit, ihn nach John Carpenters Erfolg mit „Halloween“ als artverwandten Film zu vermarkten, denn dabei konnte er nur verlieren. „Snapshot“ ist kein Slasher, sondern vielmehr ein Thriller, der dabei durchaus gialloeske Züge aufweist, auch aber stark dem Drama verpflichtet bleibt.

Angela (Sigrid Thornton, „Nightmares and Dreamscapes“, in ihrer ersten Hauptrolle) ist ein hübsches junges Ding, jedoch etwas naiv und mit wenig Selbstbewusstsein ausgestattet. Sie verdingt sich als einfache Friseurin unter der Fuchtel eines opportunistischen Figaros. Das muss nicht so sein, denkt sich die in der Modelbranche tätige Madeline (Chantal Thornton, „Thirst“) und überredet Angela, sich einmal als Fotomodell zu versuchen. Sofort erhält sie einen Job als Modell für eine Parfüm-Werbekampagne – entgegen vorheriger Absprachen „oben ohne“, wie sie anhand der gedruckten Anzeigen feststellen muss. Ihr konservatives Elternhaus ist wenig begeistert und ihr Freund, von dem sie sich gerade getrennt hat, beginnt, ihr nachzustellen…

In schön eingefangenem End-70er-Zeitkolorit zeigt „Snapshot“ eine junge Frau, die hin- und hergerissen ist zwischen ihrem erzkonservativen, moralistischen Elternhaus, verkörpert durch die rabiate Mutter mit Haaren auf den Zähnen (Julia Blake, „Patricks Höllentrip“), und der schillernden, aufregenden, gutbezahlten Modelwelt. Angela muss nicht nur feststellen, es nicht allen recht machen zu können, sondern vielmehr auch, dass die vermeintlich heile Welt ihrer Mutter und ihres langweiligen Ex-Freunds eine trügerische Sicherheit zum Preis der Freiheit bietet, während die Scheinwelt der Modelbranche geprägt ist von Oberflächlichkeit, falschen Versprechungen und sexuell desorientierten Notgeilen. Im Prinzip hat sie also die Wahl zwischen Pest und Cholera. Vertrauen kann sie niemandem.

Mit seinem besonders in der kaum vorhersehbaren Schlusspointe angesiedelten Zynismus und seinem Fokus auf die Welt der Reichen und Schönen erinnert „Snapshot“ an das Giallo-Genre, insbesondere an Carlo Vanzinas „The Last Shot“, der allerdings erst 1985 veröffentlicht wurde – ohne dabei jedoch visuell besonders in Szene gerückte Morde zu seinen Handlungselementen zu zählen. Als zusammenhaltendes Element dient ein Wohnungsbrand, dessen Überreste anfänglich gezeigt werden und auf den die Handlung wieder zusteuert. Leider fiel den Drehbuchautoren nicht sonderlich viel ein, womit man den Film stattdessen spannend gestalten hätte können. Trotz Angelas aus Sicht ihres Umfelds ins Paranoide gleitende Befürchtungen, Beobachtungen und Erfahrungen machen sich ein paar Längen bemerkbar. Zudem wirkt der Film bisweilen, als würde Prüderie betrieben, indem ein Riesenbrimborium um ein paar Tittenfotos veranstaltet wird (was ein sleazegewohntes Genrepublikum arg irritieren dürfte). Dadurch bekommt der Film aber natürlich seine exploitative Note, denn selbstverständlich wird Angela auch für den Zuschauer attraktiv und erotisch fotografiert.

Einige kreative Kamerakniffe sowie ein hörenswerter Soundtrack bestehend aus einem tollen Titelthema und zeitgenössischem funkigem Discosound mit Bläsern, für den Brian May verantwortlich zeichnet, sowie Auftritte des tuntigen australischen Nachtclub-Alleinunterhalters Bob „Captain Rock“ Brown, der Unglaubliches mit seiner Oberlippe anstellen kann, tragen positiv zur Auflockerung und zum Unterhaltungsfaktor des Films bei. Unterm Strich ist „Snapshot“ ein leider etwas unausgegorenes, aber nicht uninteressantes Stück australische Exploitation-Film-Geschichte, das insbesondere Freunde der beiden Hauptdarstellerinnen sowie Fans des 70er-Thrillers, denen es wenn überhaupt nur sekundär auf den Gewaltgehalt ankommt, ansprechen dürfte.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Love To Kill
Der New Yorker Taxifahrer Vinny hat eine große Leidenschaft, er liebt Horrorfilme und die Schauspielerin Jana Bates. Vinnys größter Traum ist, einmal einen eigenen Horrorfilm zusammen mit seiner Lieblingsdarstellerin zu drehen. Um seinem Traum etwas näher zu kommen, entschließt er sich, samt seiner Filmausrüstung, nach Cannes zu den Filmfestspielen zu fliegen. Auch Jana Bates ist in Cannes, sie erwartet dort eine wichtige Auszeichnung. Doch es wartet ein grausames Horrorspektakel auf sie und diesmal ist es kein Film, sondern die blutige Realität...
„Love to Kill“ ist ein US-Slasher aus dem Jahre 1982 von Regisseur David Winters („Space Mutiny“) – und zwar ein ganz besonderer. Winters‘ Film hebt sich von anderen Slashern aus dem gleichen Zeitraum dadurch ab, dass er mit feiner Selbstironie zu Werke geht, genreparodistische Züge aufweist und sich satirisch mit der Filmindustrie auseinandersetzt – ohne dabei allzu sehr das vorgegebene Sujet des Subgenres abzustreifen.

New York: Taxifahrer Vinny Durand (Joe Spinell, „Maniac“) lebt mit seiner liebevollen alten Mama (Spinells leibliche Mutter!) zusammen in einem kleinen Appartement (Spinells wirkliche Wohnung!) und hegt den Traum, einen eigenen Horrorfilm zu drehen – am liebsten mit „Scream Queen“ Jana Bates (Caroline Munro, ebenfalls „Maniac“), die bei den internationalen Filmfestspielen in Cannes eine Auszeichnung entgegennehmen soll. Kurzerhand beschließt er, mit seiner Filmkamera ebenfalls nach Cannes zu fahren und Jana für sein Projekt zu begeistern. Doch in Cannes geschieht ein Mord nach dem anderen…

Für die Hauptrolle konnte man den fabelhaften Joe Spinell gewinnen, der den dicklichen und wenig vertrauenserweckenden, manischen Horrorfilmfreak Vinny spielt. Ein alleinstehender Mittvierziger, der noch mit seiner Mutter zusammenlebt und der Realität leicht entrückt scheint. Spinell verleiht seiner Rolle die für diesen Film nötige Ambivalenz, die ihn mal liebenswürdig bis bemitleidenswert naiv, mal gefährlich durchgeknallt erscheinen lässt. Geschickt spielt „Love to Kill“ immer wieder auf Scorseses „Taxi Driver“ an, denn Vinny ist ebenfalls Taxifahrer und hört in den Nachrichten, dass ein psychisch derangierter Jodie-Foster-Fan ein Attentat auf US-Präsident Ronald Reagan geplant hatte, wie es seinerzeit tatsächlich der Fall war. Das Drehbuch suggeriert damit eine Nähe von Vinnys Verhaltensmustern zu denen durchgeknallter Fanatiker, die nicht mehr genügend zwischen Filmwelt und Realität unterscheiden können. Ebenso erscheint uns eben Vinny, wenn seine fixe Idee, Jana Bates für seinen Film zu gewinnen, dazu führt, dass er ihr nachstellt, sich in geschlossene Bereiche hineinschleicht und Wutanfälle bekommt oder sich in seine Phantasiewelt flüchtet, wenn es nicht so läuft, wie er gern möchte.

Diese Ebene des Films reißt auch ganz allgemein die seinerzeit und immer mal wieder mediale Aufmerksamkeit erlangende Theorie von negativen Auswirkungen von Horrorfilmen auf ihre Rezipienten an, ohne dabei in eine allzu offensichtliche, komödiantische Satire abzugleiten. Ebenso finden sich Seitenhiebe auf die gemeinhin nicht sonderlich wohlwollende Reputation derartiger Genrefilme bei Kritikern, die diesmal aber Bates‘ neuesten Film, der ausgerechnet „Scream“ genannt wurde, ganz hervorragend beurteilen. Vordergründig bleibt „Love to Kill“ stets ein „Whodunit?“-Slasher, der dabei aber aus zwei Gründen recht originell ist: Der Zuschauer glaubt, den Täter von vornherein zu kennen und der Großteil der Handlung spielt tatsächlich in Cannes während der Filmfestspiele, wo tatsächlich zeitweise nach Guerilla-Art gefilmt wurde – wie es das Drehbuch auch seine Protagonisten tun lässt. „Love to Kill“ thematisiert sich sozusagen selbst und schlägt damit eine Brücke zu intelligenten Vertretern des Thrillers, die sich selbstkritisch das eigene Medium zum Gegenstand haben.

Dabei zeigt „Love to Kill“ aber keinerlei Scheu oder Berührungsängste, sondern präsentiert sich als ein ebensolches Fanwerk, wie es Vinny selbst gern drehen möchte. Zugegeben, nicht ganz, denn während Vinny sich zwischenzeitlich abfällig über einen Splatterfilm äußert (ok, er muss sogar kotzen) und anscheinend eher den stilvollen Gruslern der alten Schule verpflichtet ist, lässt es Winters ordentlich krachen und gibt dem Genrefreund neben einer gehörigen Portion hysterischen Wahnsinns nackte Haut und Brutalität in Form fieser Morde, umgesetzt durch gute Spezialeffektarbeit. Letztere finden statt im Beziehungsgeflecht aus Jana Bates‘ Produzenten und Ex-Mann Bret Bates, ihres Regisseurs und Liebhabers Alan Cunningham und ihres Agenten Marty Bernstein, deren Gebaren einen augenzwinkernden Blick hinter die Kulissen erlaubt.

Apropos, dieses Augenzwinkern behält der Film eigentlich bei allem bei, was er zeigt und richtet sich an Freunde und Kritiker des Genres gleichermaßen. Aufgehört, das Zwinkern zu erwidern und mir stattdessen ungläubig die Äuglein gerieben habe ich, als sich im Finale eine Wendung in der Handlung offenbart, mit der ich so nun wirklich nicht gerechnet hatte – wie alle Welt Vinny unterschätzt, hatte ich Winters unterschätzt. Sozusagen die Definition eines überraschenden Plottwists wird einem hier aufgetischt, hart an der Grenze zum Quatsch, aber diese eben nicht überschreitend und damit alles richtig machend.

Unterm Strich ist unschwer zu erkennen, dass „Love to Kill“ eine Mischung aus Satire, Genrefilm und Hommage ist, die die angesprochenen Themen im Subtext zwar aufgreift, aber keine eindeutige Position ausformuliert, sondern eben sarkastisch durch den Exploitation-Wolf dreht. Für aufgeschlossene Genrekenner ist „Love to Kill“ daher ein Fest, für Freunde Joe Spinells und Caroline Munros, die wunderbar aufspielt und ihren Ruf als Genreikone unterstreicht, sowieso. Wer einen bierernsten und/oder stumpfen Brutalo-Slasher erwartet, dürfte hingegen auf dem falschen Fuß erwischt werden und sich über die konstruierte Handlung oder die für 1982 recht moderne, dabei selbstverständlich stark dem Jahrzehnt verhaftete Atmosphäre echauffieren, in der diesmal eben nicht in langgezogenen Suspense-Szenen düstere Meuchler sich an ihre Opfer heranschleichen, sondern der Party- und Presserummel Cannes‘ im Vordergrund steht. Die unglückliche Vermarktung als „Maniac“-Fortsetzung dürfte für viele Fehleinschätzungen mitverantwortlich sein. 7,5/10 Punkte hat sich „Love to Kill“ meines Erachtens redlich verdient, der sich dank seiner frischen Ideen wohltuend abhebt und sich seinen Platz im Langzeitgedächtnis sichert. Weshalb Regisseur Winters wenige Jahre später so böse abstürzte und eine Obergurke wie „Space Mutiny“ fabrizierte, entzieht sich meiner Kenntnis, ist aber ein ganz anderes Kapitel.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Fröhliche Weihnacht
Eine ganze Stadt in Angst und Schrecken. London zittert. Eine Serie bizarrer Morde erschüttert die Metropole. Bereits fünf Männer wurden von einem Wahnsinnigen Unbekannten auf makabre Weise getötet. Immer wieder schlägt er erbarmungslos zu. Jeder kann der Nächste sein. Doch die Opfer des Psychopathen müssen immer ein Weihnachtsmann-Kostüm tragen und an ausgefallenen Orten - im Wachsfigurenkabinett oder in einer Sexshow - arbeiten. Der Mörder hinterläßt keine brauchbaren Spuren. Die Männer um Inspektor Harris von Scotland Yard tappen völlig im Dunkeln. Immer wieder schlägt der Killer grausam zu. Auch das hübsche und unter seinem Nikolausmantel kaum bekleidetet Fotomodell Sharon gerät in seine Fänge...
Schauspieler Edmund Purdoms (Kultfilme wie „Ein schwarzer Tag für den Widder“, „Pieces – Stunden des Wahnsinns“ und „Fireflash – Der Tag nach dem Ende“) einzige Regiearbeit ist „Fröhliche Weihnacht“, ein Weihnachtsslasher aus der Feder des erfahrenen Exploitation-Autors Derek Ford. Die britische Produktion erschien 1984 nach einigen Querelen, so musste mind. ein weiterer Regisseur antreten, um das Projekt abzuschließen.

Herausgekommen ist ein recht spezieller Slasher, dem nur ein besonderes, abseitiges Publikum seine Aufwartung macht. Doch der Reihe nach: In London treibt zur Vorweihnachtszeit ein psychopathischer Serienmörder sein Unwesen. Er scheint es bevorzugt auf Opfer in Weihnachtsmannkostümen abgesehen zu haben – so auch auf Kates Vater. Scotland Yard um Inspektor Harris verdächtigt zunächst Kates Freund Cliff, doch sowohl der umtriebige Reporter Giles (Alan Lake, „Ein erfolgreicher Blindgänger“) als auch Inspektor Harris persönlich machen sich verdächtig…

„Fröhliche Weihnacht“ wirkt wenn nicht durchgehend, so doch zu vielen Zeitpunkten fragmentarisch und episodenhaft, es handelt sich tatsächlich beinahe um die vielzitierte lose Aneinanderreihung selbstzweckhafter Gewaltszenen, hier und da aufgelockert durch textilfreie weibliche Oberweite und zusammengehalten von einer müden Alibihandlung um auf der Stelle tappende Polizisten. Purdom übernahm neben der Regie die Rolle des Inspektor Harris, kann ihr aber kaum Leben einhauchen; sie bleibt blass und wenig memorabel. Mehr Pepp bringen Kate (Belinda Mayne, „Alien – Die Saat des Grauens kehrt zurück“) und Cliff (Gerry Sundquist, „Leidenschaftliche Blümchen“) hinein, denen man tatsächlich so etwas wie Charakter attestieren kann, doch fokussiert sich der Film letztlich zu wenig auf sie. „Fröhliche Weihnacht“ wirkt bisweilen ziemlich trashig, jedoch nimmt sich der Film trotz ernster Note niemals bierernst, weshalb es nicht schwer fällt, das zu verzeihen. Und diese Schwächen im Handlungsaufbau haben auch ihre guten Seiten: So ist die Wahl des „Final Girls“ recht überraschend, immer mal wieder scheint die Handlung eine andere Richtung einzuschlagen. Nur führt diese eben nicht dorthin, wo man es eigentlich erwarten würde, sondern nutzt der Film seine Schlenker, um in seiner bitteren Bösartigkeit nichts und niemanden zurückzulassen.

Womit wir bei der größten Stärke des Films wären: „Fröhliche Weihnacht“ ist konsequent dreckig und düster. London ist ein stinkendes Moloch, Scotland Yard eine Ansammlung unfähiger Deppen und Weihnachten eine hassenswerte Farce. Weihnachten ist die Zeit des Konsumterrors, der Heuchelei und der Kindheitstraumata. Als Weihnachtsmänner verdingen sich Alkoholiker und Peepshow-Besucher. Trotz geheuchelter Weihnachtsstimmung sind die Straßen dunkel und kalt und der Tod kann an jeder Ecke zuschlagen und dir sein Messer in den Wanst rammen. Zusammen mit dem nicht übermäßigen, aber durchaus beachtlichen visuellen Härtegrad und den in Ordnung gehenden Spezialeffekten ergibt sich eine zynische Wohlfühlatmosphäre für Weihnachtshasser und andere Gestalten, die gerne auf die dunkle Seite der Existenz schielen, statt sich in Kitsch und aufgesetzter Glückseligkeit zu suhlen.

Eine weitere Besonderheit ist, dass „Fröhliche Weihnacht“ bisweilen etwas von einem britischen Krimi hat, wobei diese Szenen leider zu den schwächsten des Films gehören. Viel besser ist da eine Gesangseinlage Caroline Munros („Maniac“), die ebenfalls in einem Desaster endet und somit nicht zum reinen Füllmittel verkommt. Stattdessen unterstreicht diese sogar ein wenig den Partyfaktor, den der Film für genreerfahrene Slasherfreaks auch ohne eine Komödie mit Holzhammerhumor zu sein aufweisen kann. Stilistisch ist „Fröhliche Weihnacht“ als „Whodunit?“-Slasher einzuordnen, wobei der Kreis der möglichen Täter sehr eingeschränkt und auch gar nicht erst wirklich versucht wird, den Zuschauer auf eine falsche Fährte zu locken. Die Maske wird irgendwann abgelegt und das psychopathologische Motiv offenbart. Schauspielerisch wird nun wirklich keine große Kunst geboten, herausgestochen ist für mich aber Kelly Baker („Die Todesparty“) als sympathisches „Experience Girl“. „Fröhliche Weihnacht“ ist für den Slasher vielleicht so ein bisschen das, was „Labyrinth des Schreckens“ für den Giallo ist: Selbstzweckhaft, schluderig inszeniert, an den Haaren herbeigezogen, übertrieben, unlogisch und eigentlich ziemlich doof, dabei aber doch charmant und irgendwie kultverdächtig, so dass sich eine handverlesene Fangemeinde um ihn schart. Und als Bonus hat „Fröhliche Weihnacht“ eben atmosphärisch und damit insgesamt die Nase vorn.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Jetzt wo wir bald Ostern haben! :roll:
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untot hat geschrieben:Jetzt wo wir bald Ostern haben! :roll:
I'm a rebel, baby 8-)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Down
In dem 400m hohen Superwolkenkratzer "Millennium-Tower" in New York kommt es in einem der Expressfahrstühle nacheinander zu gefährlichen Unglücken. Erst wird eine Gruppe schwangerer Frauen so lange eingeschlossen, bis mehrere niederkommen, dann stürzt ein Blinder samt Hund in den Schacht. Als ein Wachmann nachts seinen Kopf in der Fahrstuhltür verliert, fängt der Fahrstuhlmechaniker Mark (James Marshall) mit der Journalistin Jennifer (Naomi Watts) an, Fragen zu stellen, ob der Tod eines Mechanikerkollegen vor mehreren Monaten nicht ein Unfall war. Bei ihren Nachforschungen treffen sie auf den Wissenschaftler Steinberg (Michael Ironside), der mit sich selbst reproduzierenden Computerchips gearbeitet hat und jetzt bei der Fahrstuhlfirma beschäftigt ist. Dann stirbt plötzlich Marks alter Partner und Eile ist geboten, doch inzwischen herrscht in dem Wolkenkratzer der Ausnahmezustand...
„Fahrstühle töten gern Menschen! Das ist doch allgemein bekannt!? Zehn Menschen steigen ein, neun steigen wieder aus ...“

US-Produzenten machten tatsächlich 15 Mio. Dollar locker, um den niederländischen Regisseur Dick Maas („Eine Familie zum Knutschen“) mit der Neuverfilmung seines eigenen Films „Fahrstuhl des Grauens“ aus den 80ern zu betrauen, einem trashigen, kultigen B-Horrorfilm. Im Jahre 2001 kam „Down“ in die Kinos.

Im New Yorker Millennium-Tower spielt einer der Expressfahrstühle verrückt, wodurch es zu mehreren Todesfällen kommt. Nachdem zunächst alles nach bedauerlichen Unfällen aussieht, begeben sich Mechaniker Mark (James Marshall, „Eine Frage der Ehre“) und Journalistin Jennifer (Naomi Watts, „Ring“) mit dieser Erklärung nicht zufrieden und beginnen, nach den wahren Ursachen zu forschen. Dabei stoßen sie auf die Personalie Gunter Steinberg (Michael Ironside, „Das Horror-Hospital“) …

Inhaltlich orientiert sich „Down“ stark am Original, jedoch wirkt alles eine Nummer größer, aufwändiger und teurer. Geht man unvoreingenommen und vielleicht sogar in Unkenntnis des Originals an den Film heran, kommt man nicht umhin, der Geschichte – so abstrus sie auch sein mag – eine gewisse und sehr angenehme Unvorhersehbarkeit sowie Einfallsreichtum zu. Und natürlich ließ man es sich nicht nehmen, die Handlung hier und da weiter auszuschmücken. Der technophobe Unfug mit Mad-Scientist-Schlagseite wird verstärkt komödiantisch in eine etwas zu glatte, fröhliche Stimmung getaucht. Man bekommt es mit lebenslustigen Menschen zu tun, die bei strahlendem Sonnenschein Abenteuer erleben. Von echter Trauer nach Todesfällen o.ä. keine Spur, „Down“ ist ein leichtfüßiger Partyfilm ohne emotionale Tiefe.

Der hohe Unterhaltungsfaktor resultiert jedoch nicht aus Gemansche mit Innereien oder anderen blutrünstigen Übertreibungen - wenngleich natürlich dennoch der eine oder andere Spezialeffekt geboten wird und es manch Fiesheit ins Drehbuch schaffte -, sondern aus dem trotz der für einen Genrefilm leichten Überlange recht hohem Tempo, dem launigen Schnitt und den Charakteren, denen zuzusehen schlicht Spaß macht. Besonders, wie sich Mark und Jennifer einander annähern und schließlich ein schlagkräftiges Team bilden, weiß zu gefallen. Die ganze Ausstrahlung des Films ist auf spezielle Art sympathisch; er wirkt herrlich kindisch, dabei doch verhältnismäßig professionell. Natürlich hätte man noch mehr daraus machen können, z.B. das Gebäude bedrohlicher in Szene setzen oder einfach etwas Helligkeit und Frohsinn herausnehmen, jedoch wäre man dann vermutlich Gefahr gelaufen, in unfreiwillig trashige Gefilde abzudriften – ernstzunehmen ist die Geschichte so oder so natürlich zu keiner Sekunde. Dafür wird, was die schlussendliche Auflösung der eigenartigen Geschehnisse betrifft, jedoch die goldene Mitte getroffen: Man verrät genug, um zu beweisen, dass man sich ein paar Gedanken gemacht und eine mehr oder wenige originelle Idee zu bieten hat, nimmt aber nicht alles haarklein auseinander und klärt nicht jede offene Frage, um die spezielle mystische Aura, die auch „Down“ zu einem gewissen Teil umgibt, nicht zu gefährden.

Das Hauptdarsteller-Duo Marshall und Watts bringt Temperament und attraktives Äußeres mit, ein Ironside hingegen wird nicht sonderlich gefordert und bleibt unter seinen Möglichkeiten. Der eigentliche Mittelpunkt und damit Star des Films ist aber der Aufzug, den Maas versteht, als Allerweltsgegenstand unheimlich und bisweilen richtiggehend furchteinflößend – so man denn bereit und willens ist, sich voll auf den Film und seine Thematik einzulassen – ins Licht zu rücken und bei tatsächlichen Fahrstuhlphobikern damit vermutlich offene Türen einrennt.

Fazit: Für einen Klopper der Sorte „Fahrstuhl des Grauens“ beinahe überbudgetiertes Hochglanz-Remake, das aber den Esprit, Charme und Witz des Originals auch nach Hollywood herüberretten konnte und eigentlich durchgehend Spaß macht. Der Aerosmith-Hit „Love in an Elevator“ am Ende passt wie die Faust aufs Auge, ist das beste Argument, trotz allem doch nicht die Treppe zu benutzen und rundet die aus meiner Sicht positive Überraschung perfekt ab.
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Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen
Die beiden Schülerinnen Lotte Senkiewicz und Mandy Lockwood stehen vor Gericht, weil sie einen grausamen Ritualmord an einem jüngeren Mitschüler begangen haben sollen. Der Gerichtsvorsitzende Niklas und die beiden Schöffen Ellen Thorfeld und August Zinn müssen über die Schülerinnen urteilen. In den Vernehmungen der Schülerinnen, deren Aussagen der Film in Rückblenden illustriert, tritt die Brutalität und Lebensverachtung von Lotte und Mandy zu Tage. Sie werden verurteilt. (Quelle: http://www.kino.de)
„I am Aleister Crowley and I was allowed to speak out of this girl’s body!”

Nach seinen „Shocking Asia“- und „Reise ins Jenseits“-Mondos präsentierte der österreichische Regisseur Rolf Olsen („Blutiger Freitag“) seinem Publikum im Jahre 1979 mit „Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen“ eine billig heruntergekurbelte, wilde Mixtur aus Gerichtsfarce, Sleazetrash und reißerischem Mondo. Eine Gruppe weiblicher Jugendlicher steht vor Gericht und muss sich für einen Ritualmord an einem Mitschüler sowie die schwere Körperverletzung an dessen Kumpel verantworten. Die Früchtchen sind nämlich Mitglieder einer Sekte, die dem Beelzebub persönlich verfallen ist, wenngleich der Mord eher einem irdischen Motiv wie Eifersucht zuzuschreiben ist.

Olsens Film arbeitet auf drei Ebenen: Die filmische Gegenwart, die sich im Gerichtssaal abspielt und die treuen Sektenanhängerinnen als vollkommen uneinsichtige, nassforsche Brut zeigt sowie Richter, Staatsanwalt und Anwalt der Mädels, die sich Wortgefechte liefern. Die zweite Ebene ist die der Rückblenden, in denen gezeigt wird, was sich seinerzeit zugetragen hat. Die dritte Ebene ist die des Mondos, die anhand eingefügter Dokumentarsprengsel die Verteidigungstaktik des Anwalts verbildlichen soll, der unter Berufung auf zahlreiche mehr oder weniger eigenartige Gepflogenheiten aus aller Welt begreiflich zu machen versucht, was es an Okkultem etc. außer den Ritualmorden der Gören sonst noch so zu bestaunen gibt.

Als Darstellerinnen wählte man unbekannte Teenies, darunter wohl ein, zwei Pornosternchen, die allesamt recht nett anzusehen sind und mitunter dampfplaudern, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das führt zu ungemein trashigen, herrlichen Schlagabtauschen vor Gericht, wobei der Höhepunkt sicherlich sein dürfte, als Aleister Crowley höchstpersönlich von einer der Dirnen Besitz ergreift und durch sie seine eingangs zitierten Worte spricht, woraufhin die Sitzung vertagt wird. Hätte ich auf einem Stuhl gesessen, wäre ich vor Lachen sicherlich von selbigem gekippt. Die Rückblenden indes sind Sleaze as fuck und zeigen uns nackt herumspringende Sektenmädels, die bei ihren Ritualen mit einem an einer Teufelsabbildung installierten Dildo masturbieren oder in Großaufnahme selbst Hand an sich legen, Dope rauchen, allerlei Hokuspokus und Mummenschanz betreiben und damit zumindest für das männliche Publikum werbewirksam das Erlebnispotential ihrer nicht ganz gemeinnützigen Vereinigung porträtieren.

Die Mondo-Ebene, die den Film letztlich auf seine Länge bringt, beginnt ebenfalls vielversprechend, wenn wortgewandt und in halbwegs sachlichem Ton auf Crowleys „Satan Church“ eingegangen und derartigen Umtrieben eine sozialkritische Note zugestanden, aber auch scheinheiligst gegen die Pornoindustrie gewettert wird, während explizite Hardcore-Bilder in die Kamera gehalten werden oder auch ganz einfach in reaktionärstem Ton gegen gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse revoltierende Jugendliche gehetzt wird. Wahnsinn, das ist wahrlich Exploitation in Reinkultur und die überspitzte Darstellung eines Konzepts, mit dem Privatfernsehen und Boulevardpresse noch heute ihr Geld verdienen. Schon bald aber flacht das Mondozeug zusehends ab und zeigt „exotisches“, vermutlich aus irgendwelchen Dokumentationen zusammengeklautes, möchtegernschockierendes oder -erstaunliches Zeug, das in diesem Film völlig fehl am Platze ist und den Zuschauer auf eine harte Geduldsprobe stellt, der nicht irgendwelche Wunderheiler, religiöse, sich selbst geißelnde Spinner, Haifischjäger mit abgenagten Gliedmaßen oder widerwärtige Elefantenjagden, sondern viel lieber die feschen Satansbräute sehen möchte. Dass die Zusammenhänge mit der eigentlichen „Handlung“ schamlos an den Haaren herbeigezogen sind und sich kaum bis gar nicht für eine Verteidigung vor Gericht eignen, versteht sich dabei von selbst.

Fazit: Absolut krude Mixtur, die außerhalb der Mondoebene prächtig nach bester Holzhammer-Sleazetrashmanier unterhält, zur Enttäuschung des Zuschauers die Satansbraten aber mit fortlaufender Spieldauer mehr und mehr zu einer sekundären Rahmenhandlung degradiert, die mehr gewollt als gekonnt den Mondomumpitz zusammenhalten soll. Prädikat: Unbewertbar.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Beitrag von buxtebrawler »

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Ufos, Sex und Monster - Das wilde Kino des Roger Corman
UFOS, SEX UND MONSTER. Im Grunde ist hiermit bereits alles gesagt. Etwas weiter ins Detail blickt dieser Dokumentationsfilm aber schon. Das bewegte Leben von Roger Corman, der in den vergangenen 50 Jahren knapp 400 Filme produzierte und 56 davon selbst inszenierte, rückt in den Mittelpunkt und wird von vielen Weggefährten kommentiert. Darunter zahlreiche Größen des Hollywood-Kinos, die durch Corman gefördert und ins Business eingeführt wurden, die an seinen Sets und durch seine Produktionen die erste Chance bekamen, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Darunter Jack Nicholson, William Shatner, Martin Scorsese und andere. Die Dokumentation geht dabei sowohl auf die Erfolge, als auch die Schattenseiten ein. Im chronologischen Längsschnitt wird Cormans Schaffen von den 50ern an über die Schaffenskrise in der Blockbuster-Ära bis hin zum Ehren-Oskar für sein Lebenswerk nachgezeichnet.
Alex Stapletons Dokumentarfilm „Ufos, Sex und Monster - Das wilde Kino des Roger Corman“ aus dem Jahre 2011 ist eine grundsätzlich gelungene Hommage an den US-amerikanischen Regisseur, Produzenten und „King of B-Movies“ Roger Corman, dem 2010 mit dem Ehren-Oscar für sein Lebenswerk späte Ehre zuteilwurde. Corman drehte wie ein Besessener mit äußert kargen Mitteln zahlreiche Low-Budget-Filme, dabei gerne sog. „Drive-In-Movies“, Monster- und Science-Fiction-Filmchen fürs Autokino, aber auch Actionreißer, Bikerfilme und vieles mehr, was der Exploitation-Bereich so hergab. Schauspielern wie Jack Nicholson, Dennis Hopper und Robert De Niro gab er eine Chance, die diese nutzten und sich heutzutage großer Berühmtheit erfreuen. Sie nutzten die Arbeiten für Pfennigfuchser Corman, der sich damit rühmt, mit seinen Unterhaltungsfilmen nie einen Cent verloren zu haben, ebenso als Sprungbrett für ihre Hollywood-Karriere wie Regisseure wie Francis Ford Coppola oder Martin Scorsese, denen Corman Vertrauen schenkte und ihnen Aufträge seiner selbstgegründeten Produktionsfirma „New World Pictures“ gab. Corman schuf damit ein Independent-Film-Imperium, das manch kruden B-Klassiker hervorbrachte, bekam aber auch von der „seriösen“ Kritik Zuspruch für seine Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen mit Vincent Price, die von erstaunlicher Klasse waren und sind.

All dies zeigt dieser Dokumentarfilm, der viel mit Filmausschnitten und aktuellen wie älteren Corman-O-Tönen, auch seines Bruders, arbeitet. Auch Joe Dante, Martin Scorsese, Jack Nicholson und andere, die Cormans Laufbahn gekreuzt haben, kommen zu Wort, ebenso später seine Frau, mit der er bei „New World Pictures“ zusammenarbeitet. Die Herangehensweise ist grundsätzlich ehrfurchts- und respektvoll, dabei jedoch auch locker und selbstironisch. Relativ ausführlich wird beleuchtet, dass ausgerechnet sein quasi einziger Non-Exploiter „Weißer Terror“, ein Film mit dem weitergehenden Anspruch, US-amerikanischen Rassismus zu kritisieren, finanziell floppte und dabei eine kritische Position dem damaligen Filmmarkt und seinen Konsumenten gegenüber eingenommen. Hervorzuheben ist auch, dass man Corman hinsichtlich des in vielen seiner Filme enthaltenen, sozialkritischen Subtexts zu Wort kommen ließ, denn Exploitation-Unterhaltungskino und eine intelligente Aussage müssen sich keinesfalls ausschließen. Im Gegenteil, diese Art Filme bergen häufig ein ungeheures kreatives Potential, insbesondere, wenn man wie Corman es tat sich junge Talente austoben lässt und ihnen Raum zur Improvisation gewährt – solange alles im enggesteckten Budget bleibt, versteht sich.

Die größte Provokation dieses Dokumentarfilms ist mit Sicherheit die missbilligende Betrachtung des „Blockbuster“-Kinos, ein Film wie „Star Wars“ kommt hier alles andere als gut weg. Eine differenzierte Betrachtungsweise ist natürlich etwas anderes als das, was hier praktiziert wurde, als frechen, oppositionellen Denkanstoß habe ich mich aber über diese deutlichen Worte gefreut. Eher unkritisch verhält sich Stapleton hingegen gegenüber den Gurken in Cormans Œuvre, die es neben den naiven, aber bestimmt charmanten Trashfilmchen seiner Anfangstage mit Sicherheit auch später gegeben haben wird. Generell wird kaum auf Corman’sche Produktionen ab den glorreichen 80er-Jahren eingegangen, unter denen sich manch unbedingter Kultfilm befindet. Es scheint, als hätte man sich, was die Laufzeit der Dokumentation betrifft, etwas vergaloppiert, so dass hierfür schlicht kein Platz mehr übrig war.

Das ist schade, ändert aber nichts daran, dass „Ufos, Sex und Monster - Das wilde Kino des Roger Corman“ ein spannendes Portrait eines äußerlich hochseriös und zurückhaltend (um nicht „spießig“ zu sagen) wirkenden Mannes ist, in dem aber die abgefahrensten Ideen brodeln und der mit Improvisationsgeschick, Kreativität und Geschäftssinn zum Macher-Typen, zum Vorbild und zur Ikone des Drive-In-, Exploitation- und Genrekinos wurde, an das Alex Stapleton hiermit eine Liebeserklärung richtet.
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Operation Ganymed

Rainer Erler? Den hatte ich bisher so gar nicht auf dem Schirm. Ein deutscher Autorenfilmer und Träger des Bundesverdienstkreuzes, der fürs Fernsehen arbeitete, ist nun auch nicht unbedingt jemand, der mein Interesse übermäßig wecken würde. Ein Fehler, denn mit „Operation Ganymed“ aus dem Jahre 1977 schuf Erler einen anregenden Science-Fiction-/Endzeit-Thriller fürs ZDF (seine Kinoauswertung erfuhr der Film drei Jahre später), der auch auf Genrepublikum anziehend wirken dürfte.

Als der Funkkontakt zu drei erstmals zum Jupiter entsandten Raumschiffen abbricht, betrachtet man auf Erden die Mission als gescheitert, schreibt die Schiffe samt Besetzung ab und verschwendet nach einer Schweigeminute keinen Gedanken mehr an sie. Doch eines der Schiffe mit internationaler Besatzung kehrt nach Jahren tatsächlich zurück – vergeblich versuchen die Männer (Horst Frank, Dieter Laser, Jürgen Prochnow, Claus Theo Gärtner und Uwe Friedrichsen) Kontakt aufzunehmen und notlanden schließlich in der westmexikanischen Wüste nahe des Pazifiks. Statt des erträumten glorreichen Empfangs finden sie ein großes Nichts, eine entzivilisierte Gegend vor – und während die Sonne erbarmungslos an den Kräften der Männer zerrt, gehen die Vorräte zuneige…

„Operation Ganymed“ ist ein konsequent negativer, pessimistischer Film, eine zynische Dystopie. Die Besatzung, die ihre entbehrungsreiche Mission im Glauben antrat, internationale Anerkennung zu ernten und der Forschung wichtige Erkenntnisse zu vermitteln, wird, wie sie sich durch die Wüste schleppt, nach und nach realisieren bzw. sich einreden, dass alles sinnlos war, da man sie nicht nur schnell vergessen hat, sondern sich die Menschheit offensichtlich zwischenzeitlich selbst ausgelöscht hat. Was genau geschehen ist, wird nicht erklärt, da der Zuschauer die Handlung komplett aus Sicht der Besatzung verfolgt. Wie den gebeutelten Männern wird auch ihm Stück für Stück suggeriert, dass ein Atomkrieg oder etwas ähnlich Verheerendes getobt haben muss. Der Weg zu dieser Erkenntnis jedoch ist ein weiter, der geprägt ist von einem Wechselbad der Gefühle zwischen Hoffnung und Verzweiflung, bis letztere die Überhand gewinnt, sowie von Verteilungskämpfen, Misstrauen, Sinnkrisen, Hunger und Not bis hin zu Wahnvorstellungen und Verlust zivilisierter Moral, der sich in Gewaltausbrüchen und Kannibalismus äußert. Ob überhaupt tatsächlich etwas Derartiges geschehen ist, wird nicht zweifelsfrei geklärt; es bleibt unklar, ob sich die Männer in ihrer Negativität evtl. nur in etwas hineinsteigern. Das Ende ist ebenfalls in die eine oder andere Richtung interpretierbar – die Fata Morgana eines vollkommen Ausgelaugten, dem Tode Geweihten, eine Nahtoderfahrung, der symbolisierte Übergang ins Totenreich? Oder ein „Happy End“ für wenigstens einen Überlebenden?

Die Menschen in ihrer Extremsituation zeigt Erler in sehr behäbigem Tempo, bis sie beinahe auch für den Zuschauer zu einem ziellosen Kriechgang durch die Einöde wird. Das verhilft der bitteren Stimmung des Films ungemein zur Entfaltung, geht aber natürlich zu Lasten des Unterhaltungsfaktors. Diesen möchte Erler mit seinem Film jedoch ganz sicher ohnehin nicht ausreizen, insofern betrachte ich das „geil-langweilige“ Element seines Films als bewusst gewähltes Stilelement, zumal die aufreibende Wirkung nicht verfehlt wird. Die Geduld des an Weltall-Science-Fiction interessierten Publikums wird sodann auch belohnt, als es in einer Rückblende tatsächlich auf den Jupitermond Ganymed geht und in einer spannungsgeladenen Einstellung eine eigentlich bahnbrechende Entdeckung gemacht wird, wenn auch nicht verlustfrei. Dieses Zugeständnis an die Erwartungshaltung des Zuschauers ist sehr befriedigend und ein angenehmer Kontrast zum Rest des Films, zudem ein eindeutiges Bekenntnis zu seinem Genre.

Mithilfe leidensfähiger Schauspieler, die zu den großen deutschen Talenten zählen, ihre Rollen authentisch vermitteln und den weitestgehenden Verzicht auf Spezialeffekte vergessen machen, gelang Erler ein beunruhigender Film, der einen kritischen Blick auf den Kalten Krieg richtet, ohne sich auf eine Seite zu schlagen. So handelt es sich bei der Besatzung um eine im Rahmen einer UNO-Friedensmission bewusst gewählte gemischte Konstellation aus Amerikanern, Europäern und Russen, die Systemgrenzen nicht nur überwinden soll, sondern auch muss, während auf der Erde dieser progressive Ansatz evtl. längst ad absurdum geführt wurde. Des Weiteren wirft Erler Fragen nach Kosten und Sinn der bemannten Raumfahrt auf und lässt die banal und egozentrisch anmutenden Beweggründe der Männer für ihre Teilnahme deutlich werden, denen es vorrangig nicht um den Nutzen für die Menschheit, sondern um ihre eigene Eitelkeit geht, wofür sie Entbehrungen auf sich nehmen, die schließlich in den Wahnsinn führen…? Ein intelligenter und dabei so zynischer Film, dargereicht in einer allgemeinverständlichen Form und stilsicher umgesetzt – sein Publikum dennoch fordernd, ohne sich anzubiedern. Tipp!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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