Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Ice from the Sun

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Vor Jahrhundert schuf der Alchemist Ambalin mit seinem menschlichen Gehilfen Abraham ein eigenes Reich, dass von den Engeln des Himmels und Teufeln der Hölle zum Schutz der übrigen Welten versiegelt wurde. Doch Abraham tötete seinen Lehrer um selbst Herrscher zu werden und schrecklich über sein eigenes Reich zu regieren. Dazu entführt er jeweils Menschen von der Erde um diese in seiner Art Parallel-Universum mit ihren unterbewussten Ängsten zu konfrontieren, zu töten und ihre Seelen zu rauben. Als es wieder einmal so weit ist, wird von Engeln aber auch die junge Allison in das Reich geschickt, die sich gerade die Pulsadern in der Badewanne aufgeschnitten hat. Als letzte Chance für ihr menschliches Leben und für die Menschheit selbst soll sie Abraham wieder an seine menschliche Existenz erinnern um auf diese Weise seine Macht zerstören zu können...

„Ice from the Sun“ ist ja ein Werk, dem auch nicht unbedingt ein guter Ruf voraus eilt und dem Zuschauer sollte im Vorfeld bewusst sein, dass er sich mit dem Werk aus dem Jahr 1999 auch in die nicht immer geschmackssicheren Untiefer amerikanischer Low-Budget-Splatter, Amateur-, und Experimentalfilm-Gefilde begibt. Die Geschichte tönt ja gar nicht mal so schlecht, doch für ein Fantasy-Setting war kein Geld vorhanden, sodass Inhalt mittels Voice-Over-Kommentar nur kurz angerissen wird und der Rest dann auf Wald, Wiese und in heruntergekommenen Häusern gedreht wurde. Dabei realisiert Stanze seinen Film im Stil eines Musikvideoclips für eine Industrial-Band und verfremdet sein wohl auf Super-8 und 16mm gedrehtes Rohmaterial mit allerlei optischen und akustischen Tricks. Mit knapp zwei Stunden Laufzeit ist „Ice from the Sun“ auch eindeutig zu lange geraten und die Macher gingen offensichtlich auch etwas arg überambitioniert zu Werke. Schon die Texteinblendungen zu Beginn verkünden, dass „Ice from the Sun“ auf Krawall gebürstet ist und den Zuschauer natürlich an der Gurgel packen und provozieren möchte. Das ist jedoch nur mäßig gelungen und mangels Figurenzeichnung und tiefergehender Charakterisierung wirkt das Geschehen auch nur bedingt schockierend und stellt sich mit seinen Gore-Einlagen auch selber ein Bein. Wer so wie ich Filmen aus dieser Ecke nicht gänzlich abgeneigt ist, kann durchaus einen Blick riskieren und Zeuge einer der wohl wüstesten Szenen der Filmgeschichte werden – auf Dauer wirkt das Treiben und die optischen Spielereien auf den Zuschauer aber doch auch etwas ermüdend, wenig originell und doch auch etwas arg bemüht. Inhaltliche Kompromisslosigkeit sieht imho anders aus und „Ice from the Sun“ ist dann auch eher fern von Anspruch und Relevanz und eben auch nur ein weiteres und überambitioniertes Werk aus der Amateur-Kiste, dass gerne so viel mehr sein möchte, als Inhalt, Darsteller und Machart hergeben.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Scrapbook

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jogiwan hat geschrieben:Damals absolut "not my cup of tea", aber keine Ahnung, wie ich heutzutage darauf reagieren würde. Muss ich aber wohl auch nicht herausfinden.
Man kann mir ja definitiv eine begrenzte Lernfähigkeit unterstellen, aber ich habe mir „Scrapbook“ tatsächlich noch einmal angetan, bis zum Ende ausgehalten und abermals hält sich die Begeisterung sehr stark in Grenzen. Das vermeintliche Psychogramm eines sadistischen Serienkillers entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ziemlich oberflächlich gestaltet und beschränkt sich auf unterschiedliche Momentaufnahmen, in denen der Serienkiller Leonard sein entführtes Opfer quält und dabei nicht sonderlich zimperlich agiert. Mangels einer sonstigen Handlung, den Darstellern mit viel Mut zur Hässlichkeit und aufgrund des heruntergekommenen und vermeintlich authentischen Look des Streifens macht es „Scrapbook“ dem Zuschauer auch sicherlich schwieriger, das präsentierte Geschehen noch in Richtung „Spielfilm“ zu verorten. Erst in den letzten zwanzig Minuten kommt so etwas wie eine minimale Handlung ins Spiel und das Opfer beginnt den Täter mit seinen eigenen Mitteln zu manipulieren um doch noch einen Hoffnungsschimmer auf eine mögliche Flucht zu bekommen. Eine tiefergehende Charakterisierung ist dennoch nicht präsent und so ist „Scrapbook“ dann auch nicht mehr als ein Low(est)-Budget-Sicko-Schocker in der fragwürdigen Tradition von „Roughies“ und „Fake-Snuff“, der leider in jeglicher Hinsicht schlecht gemacht ist und außer seinen sehr offensichtlichen Versuch dem Zuschauer ein mulmiges Gefühl zu verpassen, kaum bis keine sonstigen Qualitäten besitzt. Serienkiller sind ja in der modernen Popkultur ja mittlerweile so etwas wie Popstars geworden und „Scrapbook“ ist in dieser Hinsicht von mir aus gesehen dann halt der zweifelhafteste Beitrag dazu. Die Frage ist nur, ob man sich so etwas auch wirklich ansehen möchte bzw. muss und diese Frage kann ich zumindest für meinen Teil eindeutig mit einem „Nein“ beantworten.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Forentreffen 2017 - Deliria över München:

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Das Schloss der blauen Vögel

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Der Auftakt des diesjährigen Forentreffen im Münchner Werkstattkino stand nur vermeintlich im Zeichen der Tierwelt und führte uns nach einer fachkundigen Einführung unserer werten Bremer Jungs in ein etwas seltsames Sanatorium, in dem sich Wahnsinn, Mord, Cricket-Spiel und Nymphomanie die Klinke in die Hand geben. Dabei konnte Fernando Di Leos Streifen bei mir nicht so wirklich punkten und die sehr minimale Krimihandlung dient ja nur als loser Aufhänger um den Zuschauer jede Menge Fummelszenen vor die Linse zu knallen: Mädchen mit Junge, Mädchen mit Mädchen, Junge mit „Eiserner Jungfrau“ – jede nur erdenkliche Kombination ist im „Schloss der blauen Vögel“ denkbar und so ist es auch wenig verwunderlich, dass man sich rasch wahlweise sabbernd oder delirierend im Kinosaal wiederfindet. Irgendwie war ich dennoch nicht so wirklich begeistert und auf eine gute Szene kommen mindestens zwei bis drei schlechte und jede Menge Füllmaterial und abseits von hübschen Mädels in diversen Posen, bietet das alles auch nur wenig Substanz und ist als Giallo eigentlich auch gänzlich unbrauchbar. Vereinzelt war im Kino und in geselliger Runde auch für Heiterkeit gesorgt, wenn z.B. nach „der Musik der Heimat“ getanzt wird und am Ende noch rasch die Polizei auf dilettantische Weise auf Ermittlung geht - insgesamt konnte mich das Werk bei der Erstsichtung nicht so wirklich überzeugen und bei aller Liebe zu Sleaze und Handschuhmördern fand ich das alles bestenfalls unterdurchschnittlich bis völlig lahm. Mir wurde aber mehrfach und glaubhaft versichert, dass „Das Schloss der blauen Vögel“ bzw. der „Schnarcher“ durchaus das Potential eines „Schläfers“ hat und der Film auch mit jeder Sichtung wachsen und an Größe gewinnen soll. Das bleibt zwar noch zu beweisen und das Werk wurde danach auch durchaus kontrovers diskutiert, aber selbst eine Giallo-Graupe ist immer noch ein Giallo und auf großer Leinwand und in netter Runde ein dennoch sehr schönes und einmaliges Erlebnis, dass man auch auf keinen Fall missen möchte.

Sado - Stoss das Tor zur Hölle auf

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Als Zweitfilm am Freitag stand ja ein erklärter Lieblingsfilm von mir am Programm, auf dessen Sichtung ich mich ja schon sehr gefreut habe und der nach „Das Schloss der blauen Vögel“ das durch Sauerstoff-Entzug etwas gebeutelte Publikum mit einem Paukenschlag aus der Schläfrigkeit und Lethargie zurück in die Welt der sexuellen Abgründe holte. Nach einer informativen, eloquenten und mindestens genauso unterhaltsamen Einführung inklusive Wiedersehen mit dem legendären Wienerwald-Kohlrabi unseres werten Christophs und Verweise auf klassische Schauergeschichten-Literatur ging es auch los mit dem Titel, der im Vorfeld ja auch rechtlichen Gründen nicht genannt werden sollte und auch als „Überraschungsfilm“ am Flyer angekündigt wurde. Die Liebesgeschichte in den (Süd-)Tiroler Alpen bzw. im Umfeld des jugendlichen Tier-Präparators, dies sich im inhaltlichen Verlauf etwas einseitig gestaltet, ist sich ja für keine Geschmacklosigkeit zu schaden und jeder der diesen Film gesehen hat, wird ihn wohl nicht mehr so schnell vergessen. Egal ob Leichen-Präparation, Maniküre, Säurebad oder Gulasch – hier dreht sich bei Bedarf nicht nur der Magen, sondern er rotiert und so ist es auch wenig verwunderlich, dass fast jeder der Anwesenden so seine ganz eigene Anekdote zu diesem Streifen zu erzählen hatte. Regisseur Joe D’Amato – dass muss man neidlos anerkennen – hat hier auch einen ungemein effektiven, stimmigen und kurzweiligen Italo-Klassiker geschaffen, der sich auf großer Leinwand als das erwartete Highlight entpuppte und die Gemüter der Anwesenden teils so erregte, dass sich diese erst wieder bei einem anschließenden Kofferraumbier beruhigen ließen.

Aus gegebenem Anlass habe ich daher auch wieder den alten Foto-Roman ausgegraben – viel Spaß!
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Neun Leichen hat die Woche

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Der Handelsvertreter Dante fährt mit seiner Klapperkiste von Adelshaus zu Adelshaus um Bücher zu verkaufen, in denen die Legenden und Geschichten aristokratischer Familien aus Italien zusammengefasst wurden. Als er eines Abends an der Tür eines verarmten Adelshauses läutet, platzt er mitten die Begräbnisvorbereitungen des kürzlich verstorbenen Schlossherrn und wird im Kreise der etwas seltsam wirkenden Familie von der hübschen Ilaria dazu genötigt doch ein paar Tage im Schloss zu verbleiben. Doch schon am nächsten Tag beginnt eine unheimliche Mordserie, die mit einer Prophezeiung aus dem Buch des Vertreters übereinstimmt, die von neun Leichen, einer unerwarteten Auferstehung und einem Schatz erzählt und die sich auf drastische Weise zu bewahrheiten scheint. Obwohl alle Familienmitglieder und natürlich auch Dante hochgradig alarmiert sind, geschehen weitere Morde auch ein eilig herbeigerufener und im Grunde völlig unfähiger Privatdetektiv sorgt für weitere Verwirrung, die sich der unbekannte Mörder ebenfalls zu Nutze macht…

Mit „Neun Leichen hat die Woche“ stand am zweiten Tag des Foren-Treffen 2017 ein Streifen am Programm, den die wenigstens - inklusive meiner Wenigkeit - bislang gesehen hatten und der abseits von der deutschen Kinorolle wohl bislang auch nur auf einer italienisch-sprachigen DVD existiert. Der von unserem werten Udo kompetent und unterhaltsam als Giallo-Komödie mit Teufel, Jazz und Hakennase angekündigte Streifen entpuppte sich auch als sehr passables Werk, das vor allem zu Beginn durch bissige Dialoge und einer politisch unkorrekten Situationskomik glänzt. Allseits beliebte Klischees und Konventionen des italienischen Genre-Kinos werden augenzwinkernd auf den Kopf gestellt, die Figuren gnadenlos überzeichnet um sich dann im Endergebnis ebenfalls und mit Karacho zwischen alle Stühle zu setzen. Leider hält „Neun Leichen hat die Woche“ das hohe Tempo des Beginns aber nicht allzu lange durch und auch der sympathische Hauptdarsteller wird nach der Hälfte von dem inkompetenten und etwas nervigen Figur des Schnüfflers zunehmend aus der Handlung gedrängt, die sich ab einen gewissen Zeitpunkt dann auch als etwas zu klamaukig entwickelt. Dennoch macht der turbulente und überdrehte Streifen durchaus Laune und sorgte für allgemeine Heiterkeit und zahlreiche Lacher im Publikum, während auch der Bodycount und eine wohlige Giallo-Atmosphäre ebenfalls nicht zu kurz kommen. Das Ende war in der Form dann zwar ebenfalls zu erwarten, aber insgesamt betrachtet war „Neun Leichen hat die Woche“ ein Streifen, der Spaß macht, den meisten Anwesenden recht gut zu gefallen schien und den ich liebend gern in die Sammlung stellen würde. Pupi Avati kennt man ja sonst eher von seinen ernsthafteren Filmen wie „Zeder“ und „Das Haus der lachenden Fenster“ aber das er auch durchaus ein Händchen für Komödien hat, hat er an diesem altweiberlichen Spätsommer-Oktober-Samstagnachmittag in München ebenfalls sehr spaßig und unterhaltsam unter Beweis gestellt.

Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger

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Als cineastischer Abschluss des diesjährigen Foren-Treffens im wunderbaren Werkstattkino stand dieses Jahr ein Streifen am Programm, der inhaltlich kaum mit den bisher gezeigten Werken von Mattei, D’Amato und Konsorten vergleichbar ist und neben einer Auszeichnung in Cannes im Jahr 1971 sogar den Oscar für den besten ausländischen Film nach Italien holte. Eigentlich starker Tobak für das Schmuddel-erprobte Publikum und doch zählt der Streifen mit dem kompakten Titeln zu den Lieblings-Titeln der zahlreich anwesenden Delirianer, der trotz Anspruch und Überlänge wie erwartet auch beim Rest für Begeisterung sorgte. Der als „One-Man-Show“ mit Gian Maria Volonté von Elio Petri inszenierte und bittere Polit-Thriller aus dem Jahr 1970 mit seinen satirischen Einschlag ist eine eigentlich erschreckend real gezeichnete Psychostudie über Macht und Korrumpierung bzw. einen Mord aus niederen Beweggründen, in der ein hochrangiger Inspektor des Morddezernats hochgradig manipulativ zu Werke geht um so viele Verdachtsmomente wie nur möglich auf sich zu lenken, die jedoch aufgrund der gesellschaftlichen Stellung nie so wirklich weiter verfolgt werden. Nach einer knackigen und informativen Einleitung von Schnellsprecher Lars zog der Streifen nicht nur aufgrund der wunderbaren Kinokopie alle Anwesenden in seinen Bann und Herr Volonté rockt in diesem dialog-lastigen und unterschiedlichen Zeitebenen wunderbar inszenierten Thriller auch so derart Hütte, dass man als Zuschauer kaum zum Durchatmen kommt. Eine zweistündige Achterbahnfahrt aus patriarchalischen Machtstrukturen, Manipulation und selbstherrlicher Überlegenheit eines Einzelnen, die auch 47 Jahre nach Erscheinen kaum etwas von seiner Brisanz eingebüßt hat und sich auch als absolut würdiger Schlusspunkt eines tollen Wochenendes mit wunderbaren Menschen in München präsentierte, dass sich an diesem Wochenende nicht nur Wetter-technisch ebenfalls von seiner besten Seite zeigte.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Rocktober Blood

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Während den Aufnahmen zu einem Album, dreht Billy, der Sänger der Metal-Band „Rocktober Blood“ eines Nachts völlig durch und ermordet Musiker und Studiopersonal, während die Background-Sängerin Lynn, die eine Attacke nur durch Zufall überlebt. Zwei Jahre später ist Billy durch ihre Aussage auf den elektrischen Stuhl gekommen und sie selbst nach monatelager Psycho-Therapie zur Lead-Sängerin einer neuen Band namens „Headmistress“ aufgestiegen. Als Lynn mit ihrer neuen Band für eine anstehende Tournee probt, tauchen zwischen den Horror-Requisiten jedoch auch die Geister ihrer Vergangenheit wieder auf und es scheint, als wäre Billy aus dem Reich der Toten zurückgekommen um sein mörderisches Treiben fortzuführen und an Lynn das zu vollenden, was er vor zwei Jahren nicht geschafft hat.

„Rocktober Blood“ ist ein recht durchschnittlicher, aber immer noch gut guckbarer Slasher im Metal-Musiker-Milieu und präsentiert neben einer eher dünnen Story die Musik und Musiker der amerikanischen Band Sorcery (nicht zu verwechseln mit der schwedischen Death-Metal-Combo gleichen Namens), die im Film laut Discogs auch als Bandmitglieder zu sehen sind. Die Metal-Mucke aus den Achtzigern und die authentischen Settings aus dem Musiker-Umfeld – so dürfte in einer Produzenten-Villa inklusive Ton-Studio gedreht worden sein - dürften dann wohl auch die Hauptgründe sein, sich den Streifen anzuschauen bzw. –hören, während die Geschichte ja eher keinen Hund hinterm Ofen hervorlocken wird. Die Story über den durchgeknallten Musiker, der von den Toten zurückgekehrt zu sein scheint, um eine Sängerin in den Wahnsinn zu treiben köchelt auch eher auf Sparflamme dahin und bietet inhaltlich zwar Genre-Standards aber keine nennenswerten Überraschungen. Im Vergleich zu dem erst kürzlich gesichteten und thematisch sehr verwandten Metal-Slasher „Terror on Tour“ ist „Rocktober Blood“ aber klar die erste Wahl und auch wenn 80er-Metal mit seinen toupierten Haaren und Gekreische normalerweise nicht so mein Fall sind, muss man neidlos zuerkennen, dass sowohl der männliche, als auch die weibliche Lead-Sängerin über ein eindrucksvolles Stimmvolumen verfügen. Insgesamt betrachtet sicher kein sonderlich guter oder gar innovativer Slasher, aber als Mischung aus Genre- und Musikfilm durchaus eine stimmige Sache, die auch unterhaltsam daherkommt.

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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Blutweihe

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Und der nächste durchschnittliche Slasher, der aber im Grunde alles bietet, was man in derartigen Filmen sehen will und sich als durchaus passabel präsentiert. „Blutweihe“ startet ja eher etwas dröge und präsentiert uns eine junge und von Alpträumen gequälte Frau, die in einer Studentenverbindung aufgenommen werden soll und dazu eine etwas fragwürdige Prüfung absolvieren muss. Larry Stewart platziert die Hinweise auf die finale Auflösung ja eigentlich recht dezent und „Blutweihe“ bekommt auch jedes Mal hübsch die Kurve, wenn man sich als Zuschauer seiner Sache bereits etwas zu sicher ist. Dazu gibt es Daphne Zuniga in ihrer ersten Rolle als Studentin mit ungeklärter Vergangenheit, Vera „Psycho“ Miles als besorgte Mutter und noch ein paar weitere bekannte Gesichter, die ihre Sache auch allesamt sehr gut machen. Über die etwas zerfahrene Geschichte kann man sicher streiten, aber im Finale kommt „Blutweihe“ ja doch noch hübsch in die Gänge. Im Grunde gibt es nicht viel zu meckern und wer Achtziger-Slasher mag, bekommt hier einen weiteren, gut guckbaren und System-erhaltenden Vertreter im Studentinnen-Umfeld präsentiert, der nicht viel falsch macht, aber sicherlich auch nicht zur Sperrspitze des Genres gehört.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Cheerleader Camp

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Die junge Alison wirkt zwar äußerlich wie eine selbstbewusste Cheerleaderin, innerlich ist sie jedoch von allerlei Selbstzweifeln geprägt und wird seit geraumer Zeit auch von seltsamen Alpträumen gequält. Als sie eines Tages mit einer kleinen Gruppe an Freundinnen und Betreuer in ein abgelegenes Camp zu regionalen Cheerleader-Qualifikationen fährt, muss sie außerdem mit ansehen, wie sich ihr Freund und Betreuer Brent unmittelbar an eine andere Bewerberin heranmacht. Wenig später wird auch genau dieses junge Mädchen mit aufgeschnittenen Pulsadern im Bett gefunden und obwohl alles nach Selbstmord aussieht, traut Alison der ganzen Sache, die von der Camp-Leitung auch noch vertuscht werden soll, nicht so wirklich. Und tatsächlich scheinen sich die Zweifel zu bewahrheiten, als wenig später ein Mörder im Camp unterwegs zu sein scheint, der es auf die Teilnehmer des Wettbewerbs abgesehen hat und diese auch auf brutale Weise aus dem Weg räumt.

Der drünfzigste Camp-Slasher aus der Zeit, als die große Welle an Schlitzerfilmen ihren Zenit schon längst überschritten hatten und sich das ganze Genre mit ihren wiederholenden Genre-Standards schon als etwas ausgelutscht präsentierte. „Cheerleader Camp“ kann der ganzen Sache auch nicht wirklich etwas Nennenswertes hinzufügen und konzentriert sich auf die üblichen Inhalte wie nervige Figuren, abgeschiedene Ferienanlagen, dubiosen Alpträumen und drastischen Morden, die mit etwas klamaukigen College-Humor vermengt werden. Spannend ist „Bloody Pom-Poms“ ja leider nicht wirklich und sonderlich gut ist die Geschichte der jungen Cheerleaderin mit düsteren Seelen-Leben ja ebenfalls nicht erzählt, sodass man dem ganzen Treiben auch eher unaufgeregt folgen kann. Bis zum Ende macht sich auch irgendwie jeder bzw. niemand so richtig verdächtig, ehe am Ende recht unvermittelt eine etwas unerwartete und auch nicht ganz logische Lösung aus dem Ärmel gezaubert wird, die dann jedoch wieder versöhnlich stimmt. Der Streifen ist auch sicherlich kein verkanntes Highlight, sondern ein eher durchschnittliches Werk aus der Slasher-Kiste, der es bislang hierzulande auch noch nicht auf Silberling geschafft hat. „Cheerleader Camp“ lässt sich aber mit etwas Wohlwollen auch immer noch gut schauen und der Slasher-Fan wird mit hübschen Mädeln und blutigen Morden auch gut verköstigt, auch wenn die ganze Cheerleader-Sause meines Erachtens nicht an vergleichbare Filme wie „Freitag der 13.“, „The Burning“, oder auch „Sleepaway Camp“ heranreicht.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Der 4. Mann

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Obwohl Gerard Reve sich selbst als strenggläubiger Katholik bezeichnen würde, lebt der als kontrovers bekannte und bisexuelle Schriftsteller als heruntergekommener Alkoholiker in einer Art Zweck-WG in Amsterdam. Als er eines Tages nach Viesslingen zu einer Lesung eines Literaturkreises eingeladen wird, hat der Mann mit seiner überbordenden Fantasie und Tagträumen auf der Bahnfahrt bereits erste Visionen, die Gerard wohl auf sonderbare Ereignisse hindeuten und davor warnen wollen. Am selben Abend lernt der Schriftsteller auch die reiche Witwe Christine kennen, die den Mann mit nach Hause nimmt und in den folgenden Tagen verstrickt sich Gerard immer mehr in seinen Tagträumen voller religiöser Symbolik und Hinweisen, dass es sich bei Christine um einen männermordenden Vamp handeln könnte, der es nun auch auf den Schriftsteller abgesehen hat…

„Der 4. Mann“ von Regisseur Paul Verhoeven ist nicht nur eine herrlich unkonventionelle Mischung aus Erotik, Suspense-Thriller, Arthouse und schwarzer Komödie, sondern auch ein Streifen, mit dem man sich eigentlich tiefergehender beschäftigen müsste. Neben seinen spannenden und ambivalenten Figuren bietet der Streifen ja auch eine Vielzahl von Symbolik, kunstvollen Bildern und Verweisen, die den bisexuellen Trunkenbold ständig in Tagträumen und Visionen einholen und darauf hindeuten, dass der Mann im Netz einer männermordenden Spinne gelandet ist. Diese präsentiert sich als Figur der reichen Witwe nicht nur optisch entrückt und wie nicht von dieser Welt, ehe sich Gerard immer tiefer in seine Träumereien, Gedankenspielen und sonstigen Hinweisen verstrickt, die unweigerlich wohl auch zu einem tragischen Ende führen müssen. Doch „Der 4. Mann“ ist mitnichten anstrengend oder ausufernd gemacht, sondern bei aller Symbolik und Verweisen auf Hitchcock und anderen Regisseuren ein spannender, mysteriöser und vor allem schwer unterhaltsamer Film, der sexuell aufgeladen auch sehr progressiv mit seinen für das Jahr 1983 sicherlich sehr kontroversen Inhalten umgeht. Die Optik des Streifens ist ebenfalls grandios und die Darsteller sowieso und nach „Türkische Früchte“ bereits das zweite Werk von Verhoeven früherer Schaffensphase, das mich absolut begeistert zurücklässt und dem man abermals auch mehr Beachtung oder eine schöne, deutsche VÖ wünschen würde.

The Devil's Honey

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Die junge Jessica befindet sich in einer ungesunden Beziehung zu einem aufstrebenden Saxophonisten Johnny, der nur Sex im Kopf hat und es liebt, die junge und ihm hörige Frau emotional zu fordern und vor anderen vorzuführen. Als Johnny eines Tages nach einem Unfall verstirbt, wird der behandelte Chirurg Wendell als Schuldiger ausgemacht, der ebenfalls mit der Frauenwelt so seine Probleme hat. Kurzerhand entführt Jessica den Doktor mit Waffengewalt und fesselt in ihrem Haus um ihn in den darauffolgenden Tagen zu demütigen und offen mit Mord zu bedrohen. Doch während Wendell still vor sich hin leidet und alles geduldig erträgt, reflektiert auch Jessica ihre Beziehung zu Johnny und bekommt Zweifel, ob der gekidnappte Mann diese Tortur überhaupt verdient hat.

„The Devil’s Honey“ ist ein Erotik-Thriller italienischer Prägung, der sich nicht wirklich um seine Figuren schert, sondern dem Zuschauer lieber eine sleazige Szene nach der anderen um die Ohren knallt. Fulcis Rückkehr nach längerer Krankheit offenbart jedenfalls nicht nur ein paar inhaltliche Mängel sondern wirkt zerfahren, unlogisch und bringt auch kaum einen Handlungsfaden so richtig zu Ende. Sicherlich bietet der Streifen dabei genügend Schauwerte, krude Ideen und auch noch einen sympathischen Auftritt des Regisseurs als Schmuckverkäufer, aber so richtig wollte sich gestern keine Begeisterung einstellen. Das liegt einerseits an den eher unerotisch anmutenden Momenten am laufenden Band und natürlich auch an den Figuren, die sehr oberflächlich gezeichnet werden. Sowohl Jessica und Wendell finden aus unterschiedlichen Gründen Gefallen an ständiger Erniedrigung und Demütigungen und daraus hätte man auch sicherlich auch durchaus einen passablen Erotik-Thriller zaubern können. Im Falle von „The Devil’s Honey“ steht aber nicht die Psychologie der Figuren im Vordergrund, sondern bestenfalls das Zeigen von nackter Haut und so werden alle Zutaten in einen großen Topf geschmissen, zweimal umgerührt, mit schwülstiger Musik unterlegt und auf dramaturgischer Sparflamme geköchelt. Als Einstieg in die späte Schaffensphase von Lucio Fulci ab 1986 ist der „The Devil’s Honey“ sicherlich ebenfalls interessant und auch Freunde von sleazigen Trash mit teils haarsträubenden Entwicklungen kommen ausgiebig auf ihre Kosten - mit Ruhm hat sich hier aber bei aller Liebe zum italienischen Genre-Kino sicherlich niemand bekleckert.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Beat Street

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Momentaufnahmen aus dem Leben von Jugendlichen aus der Bronx: Kenny alias „Double K“ lebt mitsamt seinem jüngeren Bruder bei seiner Mutter und schraubt zuhause an DJ-Sets, in denen er seine Fähigkeiten als MC und aufgenommene Alltagsgeräusche einbringt. Während sich sein jüngerer Bruder Chollie für Breakdance interessiert und sein Freund Ramon das Stadtbild mit Graffitis bereichert, träumen sie alle von einem besseren Leben, abseits von Arbeitslosigkeit und Armut und einen Lebensunterhalt, den sie bestenfalls mit ihrer noch nicht respektierten Kunst bestreiten können. Als Chollie eines Tages in einer Disco die hübsche Komponistin und Choreographin Tracy kennenlernt ist es für Kenny zwar erst Liebe auf den zweiten Blick und dennoch nimmt er die Begegnung zum Anlass aus seine kreative Karriere weiter zu pushen und bekommt durch seinen Kumpel und das Großmaul Lee auch die Möglichkeit, seine Fähigkeiten in einer Disco unter Beweis zu stellen.

„Beat Street“ zählt ja neben „Breakin‘“ zu den den bekannteren Streifen aus den Achtzigern, in denen die aufkeimende HipHop-Szene und das Lebensgefühl der Straße eine große Rolle spielt. Während die Cannon-Produktion aber eher den Spaß und den Tanz in den Vordergrund stellt, schlägt „Beat Street“ neben ordentlichen Electro-Rock aber auch durchaus ernstere Töne an und zeigt das Leben einer Handvoll Jugendlicher, dass von Armut und Perspektivenlosigkeit geprägt ist. Dennoch lassen sich diese nicht unterkriegen und anstatt in ihrer Freizeit auf dumme Gedanken zu kommen, nutzten sie diese um sich jeweils auf ihre eigene Weise an der aufstrebenden Underground-Kultur zu beteiligen. „Beat Street“ präsentiert dann neben zahlreichen Bands und Musik-Projekten auch jede Menge anderer Einflüsse der damaligen Subkultur und vermischt das Ganze zu einer durchaus stimmigen Moment-Aufnahme aus den Achtzigern, als HipHop, Rap, Breakdance und Street-Art noch eher in den Kinderschuhen steckte und langsam seinen Weg aus den Straßenzügen der Bronx in die Hitparaden der Welt fand und sich in Richtung Mainstream entwickelte. Auch wenn in „Beat Street“ dabei eigentlich keine nennenswerte Geschichte erzählt wird und Handlungsstränge eher lose aufgegriffen und auch wieder fallengelassen werden, so ist das alles auch sehr interessant zu sehen und vor allem auch zu hören. Die Musik und die Acts gehen hübsch nach Vorne, die Figuren sind interessant und das ganze Geschehen scheint auch stets authentisch und auch nicht verklärt. Eigentlich alles, was ein stimmiger Musikfilm braucht um auch noch nach über 30 Jahren zu gefallen.

Dr. Horrible's Sing-a-long-Blog

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Der etwas schusselige Erfinder Billy träumt davon ein Superbösewicht zu sein, als Dr. Horrible in die „Evil League of Evil“ aufgenommen zu werden und auch das Herz seiner Angebeteten zu erobern. Dummerweise scheint weder das eine, noch das andere zu funktionieren und als er mit seinem großen Schwarm Felicia die ersten Worte wechselt, ist Billy durch einer Verkettung unglücklicher Umstände nicht nur völlig abweisend, sondern muss wenig später auch noch beobachten, wie sein schmieriger Superhelden-Erzfeind „The Hammer“ das Herz seines Schwarms erobert. Dennoch lässt sich ein selbsternannter Dr. Horrible nicht so einfach entmutigen und mit viel eingängigen Songs und krimineller Energie beschließt er seinen Plan doch noch in die Tat umzusetzen und dabei auch noch das Herz von Felicia zu gewinnen.

Sympathische Mini-Webserie mit Neil Patrick Harris aus dem Jahr 2008 über die Abgründe und Fallstricke eines Superhelden-Daseins, dass nicht nur jede Menge eingängiger Songs präsentiert, sondern auch stets das Herz am rechten Fleck hat. Die Entstehungsgeschichte der dreiteiligen Serie mit einer Laufzeit von knapp 42 Minuten ist ja genauso kurios wie der Inhalt und dennoch merkt man dieser klein-budgetierten Produktion zu jeder Sekunde an, mit wie viel Herzblut und Engagement aller Beteiligen sie entstanden ist. Die Figuren haben Potential, die Story ist stets witzig und augenzwinkernd präsentiert und vor allem die Musik ist klasse und gut in die Handlung integriert. Als negativ kann man nur erachten, dass man daraus nicht gleich einen abendfüllenden Film gemacht hat bzw. „Dr. Horrible’s Sing-a-Long-Blog“ nach drei Episoden mit einem etwas abrupt erscheinenden Finale leider schon wieder zu Ende war. Von mir aus hätte das gestern Abend durchaus noch ein paar Folgen so weitergehen können und wer unorthodoxe Superhelden und eingängige Songs mag, kommt mit Joss Whedons Werk definitiv auf seine Kosten. Eine ausnehmend hübsche Entdeckung aus der Ecke des Musikfilms, die ansonsten wohl auch aufgrund des Casts und Facebook-Abstinenz vermutlich völlig an mir vorbeigegangen wäre. Danke an den werten karlschi, dass er dieses mit seinem Mitbringsel anch München so selbstlos verhindert hat.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Naked Blood

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Der 17jährige Eiji entwickelt ein Medikament, das Schmerzrezeptoren im Hirn unterdrückt und diese stattdessen in Endorphine umwandelt. Im guten Glauben damit etwas Gutes für die Menschheit geschaffen zu haben, verabreicht er ohne dem Wissen der Betroffenen das Mittel drei Frauen, die sich freiwillig zu einer Versuchsreihe seiner medizinisch tätigen Mutter gemeldet haben, in der es eigentlich um Verhütung geht. Zuerst scheint auch alles gut zu verlaufen und Eiji schafft es bei der Überwachung der drei Frauen sogar Vertrauen zu der schüchternen Rika aufzubauen und verliebt sich in die hübsche Frau, die ein etwas seltsames Verhältnis zu Pflanzen führt. Wenig später hat das Mittel jedoch fatale Folgen und zwei der drei Frauen beginnen sich voller Lust und Glücksgefühlen selbst zu verstümmeln, während das Mittel auf Rika jedoch eine völlig andere Wirkung hat…

„Naked Blood“ ist auch so ein Streifen, der vorwiegend wegen seiner drastischen Szenen im Bewusstsein der Horror-Community verankert ist und seinerzeit auch in diese Richtung beworben wurde. Allerdings sollte man den Streifen von Hiyasayu Sato nicht nur auf diese zweifelsfrei sehr herben Momente im letzten Drittel reduzieren und abseits davon bietet „Naked Blood“ eine unterkühlte, medizinische und morbide Atmosphäre, ansprechende Bilder und interessante Figuren. Die Geschichte über den jungen Forscher, der in die Fußstapfen seines verschwundenen Vaters treten möchte, der von seinem Umfeld nicht ernstgenommen wurde, wird auf völlig unterkühlte Weise erzählt und der Video-Look unterstreicht ebenfalls die sehr nüchterne Bildsprache, die hier zur Anwendung kommt. Bei den Figuren tut sich vor allem die introvertierte Rika hervor, die mich optisch und von ihrem Wesen stark an die Figur der Asami aus „Audition“ erinnert hat, der imho auch inhaltliche Parallelen zu dem drei Jahre zuvor entstandenen Werk hat. Insgesamt betrachtet ist „Naked Blood“ dann auch weniger Sicko, als eine durchaus ansprechende Mischung aus abgründigen Gesellschafts-, Selbstfindungs- und Familien-Drama und plakativen Splatter, wie er mit seinen völligen Überzeichnungen in alle Richtungen eigentlich auch nur aus Japan kommen kann.

Panic House - Mit der Nacht kommt der Tod

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Eines Nachts dringen drei gewaltbereite Einbrecher in das Haus von LoriBeth und ihrer Familie ein um diese auszurauben. Während Vater und Mutter, sowie der ältere Bruder im Schlafzimmer gefesselt, gefoltert und geknebelt werden, schafft es das junge Mädchen jedoch gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Mary sich in dem weitläufigen Haus zu verstecken. Sämtliche Versuche zu fliehen und die Außenwelt auf sich aufmerksam zu machen scheitern und wenig später wird auch das Verhalten der Männer, die offensichtlich nichts zu verlieren haben, immer sadistischer. Als es den ersten Toten gibt und auch noch Mary entdeckt wird, bleibt LoriBeth daher auch nichts anderes übrig, als sich den Gewalttätern in den Weg zu stellen.

Der US-amerikanische Streifen „Panic House – Mit der Nacht kommt der Tod“ hat eigentlich eine durchaus spannende Ausgangslage und zeigt als Mischung aus „Home Invasion“ und Terrorfilm quasi in Echtzeit den Einbruch von drei Sadisten in das Haus einer durchschnittlichen US-Familie. Während die Erwachsenen gleich mal außer Gefecht gesetzt werden, liegt es an den beiden Töchtern, sich aus der Gewalt der Verbrecher zu befreien bzw. die Polizei zu informieren und Regisseur Brian Katkin startet auch gleich mit Vollgas bzw. unmittelbar mit dem Eindringen der Verbrecher. Die erste Hälfte ist auch sehr gelungen und lässt beim Zuschauer auch aufgrund der Unberechenbarkeit der Figuren den Puls in die Höhe schnellen. In der zweiten Hälfte geht dem Streifen dann aber etwas die Puste aus und es tauchen neben den üblichen Sadismen auch ein paar unlogisch erscheinende Momente auf und auch der Versuch einer tiefergehenden Charaktersierung bei dem Verbrechern sind dem weiteren Spannungsverlauf nicht unbedingt zuträglich. Hätte man der biederen Durchschnittsfamilie weiterhin das eher gesichtslose Grauen, als diesen überzeichnet wirkenden Verbrecher gegenübergestellt, hätte sich das Szenario sicherlich noch eine Spur effektiver entwickelt. Trotzdem ist „If I die before I wake“ angesichts des niedrigen Budgets durchaus gelungen und bietet 70 Minuten Spannung und das übliche und sehr beunruhigende Gefühl, in den eigenen vier Wänden nicht sicher zu sein…
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Pinocchio 964

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In naher Zukunft programmiert eine gewissenlose Firma Menschen mit niedrigen IQ zu seelenlosen und sogenannten Pinnochios, die der wohlhabenden Kundschaft als Sex-Sklaven zur Verfügung stehen. Als Pinnochio 964 von seiner Käuferin jedoch wegen Impotenz vor die Türe gesetzt wird, ist Feuer am Dach, da natürlich niemand hinter das unmenschliche Geheimnis kommen soll. Währenddessen landet der orientierungslose 964 bei einer obdachlosen Frau, die ebenfalls einsam und ziellos in den U-Bahn-Stationen Tokios herumwandert und die dafür sorgt, dass 964 wieder sprechen lernt und langsam die Erinnerung an die Ereignisse aus der Vergangenheit bekommt. Als die obdachlose Frau 964 jedoch ebenfalls Besitzansprüche stellt und sie 964 zu ihren Sklaven machen möchte, überkommt dem Sex-Cyborg ein unbändiger Freiheitsdrang mit fatalen Konsequenzen für alle restlichen Beteiligten.

„Pinnochio 964“ ist ein ziemlich nerviges Möchtegern-Cyberpunk-Filmchen surrealer Machart, das eindeutig im Fahrwasser von „Tetsuo“ fischt und dabei Kameraeinstellungen und optische Ideen eins zu eins übernimmt, ohne jedoch nur annähernd dessen Klasse zu erreichen und was sich in der Inhaltsangabe ja noch halbwegs interessant anhört, verkommt unter der Regie von Shojin Fukui zu einer 97minütigen Belastungs- und Nervenprobe für den Zuschauer. Dieser wählt für nahezu jede Einstellung eine verfremdete Farbgebung, Zeitraffer-Optik oder merkwürdige Kameraposition und fährt dabei so nahe an die Gesichter der Figuren, dass diese zu bizarren Fratzen verkommen. Dazu fiept ein atonaler Industrial-Soundtrack und die Figuren überbieten sich in Overacting, während ein Großteil der Laufzeit ohnehin nur gekeucht, gerannt, gekotzt und geschrien wird. Nicht jede strapaziöse Herausforderung für den Zuschauer ist automatisch mit Kunstanspruch verbunden und im Falle von „Pinnochio 964“ kommen eindeutig Talentfreiheit, Planlosigkeit und die durchschaubare Intention dazu, selbst noch dem allerletzten und verbliebenen Zuschauer eins vor den Latz zu knallen. Normalerweise kann ich ja mit meinem grenzenlosen Optimismus ja jeden Film noch eine Kleinigkeit abgewinnen, aber im Falle von „Pinnochio 964“ muss ich leider zugstehen, dass der hoffnungslos unsympathische und schrecklich ermüdende Streifen im Grunde eine einzige Katastrophe ist.

Tetsuo - The Iron Man

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Ein namenloser Angestellter entdeckt nach einem Autounfall eines Morgens ein kleines Stück Draht, dass ihm aus der Wange ragt. In den darauffolgenden Stunden verwandelt er sich vor den Augen seiner entsetzten Freundin in eine Kreatur aus Metall und menschlichen Fleisch und scheint dabei auch den Verstand zu verlieren. Als vor seinem Haus eine weitere Kreatur erscheint, die ebenfalls das gleiche Schicksal zu erleiden scheint, kommt es zu einem Duell auf Leben und Tod, der für die beiden Mensch-Maschinen ebenfalls ungeahnte Konsequenzen hat.

Nach dem unsäglichen und eigentlich unschaubaren „Pinnochio 964“ hatte ich gestern noch spontan Lust auf den Cyberpunk-Klassiker, der dreist und ohne Sinn und Verstand kopiert wurde. „Tetsuo“ ist zwar ebenfalls eine ziemliche Herausforderung und eher Experimental- als herkömmlicher Spielfilm, doch im Falle von Tsukamoto hat man als Zuschauer gerne Lust, sich herausfordern und verstören zu lassen. Die Body-Horror-Geschichte über einen Mann, der sich nach einem Unfall in ein Mensch-Maschinenwesen verwandelt gibt auch von Beginn an ziemlich Gas und Tsukamoto vermengt seine Body-Horror-Geschichte mit optischen Spielereien wie Zeitraffer und Stop-Motion und harten Industrial-Klängen, das seine Bilder wie ein Maschinengewehr von der Leinwand in Richtung Zuschauer abfeuert. Zwar ist „Tetsuo – The Iron Man“ ebenfalls ziemlich anstrengend, kryptisch und man muss dieser Form des Midnight-Movie-Kunstfilms schon auch aufgeschlossen sein, aber wenn nach 67 Minuten Blut, Schweiß und Altmetall-Verwertung der Abspann kommt, weiß man als Zuschauer, dass man doch ein ziemlich einzigartiges Werk gesehen hat, dass herzlich wenig Rücksicht auf herkömmliche Sehgewohnheiten oder Zuschauererwartungen nimmt und dabei trotzdem ein Gewinner bleibt.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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