Karl or Karla goes to Cinema

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 39406
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von jogiwan »

den muss ich natürlich sehen. Tönt super! :nick:
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

jogiwan hat geschrieben:den muss ich natürlich sehen. Tönt super! :nick:
hoffentlich wird der erhätllich sein...


Gestern im großen Haus des Goethetheaters zu Bremen, um 18 Uhr
NOSFERATU - EINE SYMPHONIE DES GRAUENS (1922)
Regie: Murnau, D: Max Schreck, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder, Alexander Granach, Musik: Hans Erdmann

So die aktuelle digital aufgeputzte Fassung mit ein wenig Farbe.
Die originäre Dracula-Verfilmung und die Geburt des Monsterlangfilms. Klassiker zu recht, Qualität war prima.
Ich hatte nicht so viele Textteile in Erinnerung und bei den handschriftlichen Briefen in Sütterlin hätt ich doch UT gebraucht. Aber man weiß ja, was drinsteht.
Live bgleitet wurde das ganze sehr druckvoll vom Landesjugendorchester unter der Leitung des Dirigenten von Stefan Geiger. Neben der original Musik gab es zur Ergänzung das ein oder andere, fügte sich alles sehr gut ein.

Danke für einen wunderschönen runden Abend (ausser bei den Leuten, die beim Anblick von Graf Orlok immer wieder Lachen müssen...)
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

CRIMSON PEAK (2015), 22:50. cinmeaxx. am 5.11.15
R: Guillermo del Toro. D: Mia Wasikowska , Tom Hiddleston, Jessica Chastain, Charlie Hunnam, Jim Beaver, Burn Gorman, M: Fernando Velázquez
Ein Geisterfilm. Oder viel mehr: Ein Film mit Geistern, den die Geister stehen hier nicht im Mittelpunkt und sind genau betrachtet auch keine Monster im Sinne, dass sie Angst und Schrecken verbreiten wollen (sie tun es ob ihres fürchterlichen Aussehens trotzdem). Trotzdem sind sie real und nicht, wie in den Geschichten der Hauptrolle Metaphern für eine Vergangenheit (aber das ist von ihr auch nur eine Schutzbehauptung). Eher sind die in ihrer Bedeutung Erzählfragmente aus der Vergangenheit, die real geworden sind.
Zurück zur Story, ein Geschwisterpaar reist um die Welt, um Geld zu sammeln. Dies brauchen sie einerseits, um eine Tonabbaumaschine zu finanzieren, andererseits, um ihr altes verfallenes Haus instand zu halten. So landen sie auch in Boston, und der Bruder und eine aufgeklärte moderne Tochter eines Bauunternehmers verlieben sich.
Old School – mäßig hier die Rollenverteilung: die im Niedergang begriffene europäische Familie versucht sich in die Moderne zu retten, ist aber so mit ihrer Vergangenheit verstrickt, dass dies nicht recht gelingen will. Auf der anderen Seite, die us-amerikanische gebildete und emanzipierte Frau mit einem unternehmerischen Selfmade-Mann, der durch Leistung nach oben kam. Einerseits emanzipiert, andererseits mit einem Fuß in der Romantik und fasziniert von dem für sie exotischen Briten (Tom Hiddleston, wer wäre da nicht fasziniert).
Also eine Geschichte voller Geheimnisse, Todesfälle (sehr blutige) und unglaublicher Geschehnisse.
Del Toro erzählt hier im besten Sinne, er lässt der Geschichte Zeit, lässt sie sich entwickeln und zieht das Tempo an, wenn es nötig ist.
Inspiriert wurde er auf der ästhetischen Ebene von Altem. Er hat ja eh einen sehr eigenen Hang zum Artifiziellen, hier wird es gepaart mit den Farben eines Bavas, und mit klassischem Geisterfilmen wie THE HAUNTING. Und das funktioniert ausgesprochen gut, das immer wieder auftretende rot in England, woher fast nur angedeutet im Ring von dem Bruder. Die Kontinente verbindenden Schmetterlinge, die ich zum ersten Mal so deutlich als Todessymbol (oder viel mehr als „schnell vergänglich“-Symbol wie bei den Boxhamsters: „Ich wollt ich wär ein Schmetterling, dem geht’s doch wirklich gut, der denkt im Sommer nur an Mädchen und im Winter ist er tot) sah. Allein das Haus ist ein Bild von einem Bild. Von Dach mit riesengroßem Loch, über die Dachkammer, ehemaliges Kinderzimmer, dann Werkstatt, bis in den blutroten Keller, darunter der rote Boden, in dem das Haus versinkt.
Erzählt wird auch die Umbruchsituation zwischen alte und modernen, wie das eine noch im andern hängt und das andere sich im neuen versucht. Doch ist dies in seiner überdeutlichen Ausformulierung (Auto, moderner Arzt, Dampfmaschine, schwarze Romantik) eher ein erzählerisches und ästhetisches Moment, als wirklich ein inhaltlicher Punkt.
Insgesamt ist es natürlich auch eine Verbeugung vor dem „Haunted House“-Movies, ohne eben nur ein solcher zu sein. Er erzählt auf originelle Weise seine Geschichte und hat mich begeistert.
Del Toro steht inzwischen für eine eigene Ästhetik, so wie Burton oder Lynch. Oder halt Bava.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

SPECTRE (2015) cinemaxx 14 Uhr 11.11.15
R: Sam Mendes, D: Damiel Craig, Ralph Fiennes Christoph Waltz, Ley Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, M: Thomas Neman
This Bond is not enough….
Fängt gut an: ein Auftragsmord von Bond in Mexico City am Tage der Toten mit viel Trara, tolles Setting, toll ausgestattet, rasant gedreht, inklusiver beinah suizidaler Prügelei im Hubschrauber. Häuser explodieren, Zivilisten sind egal. Herrlich. Doch am Ende macht JB seinen ersten Fehler: Wenn man der Schönen, die einen ins Zimmer und ins Bett lässt, sagt, man ist gleich wieder da, ist man als 00Agent gleich wieder da, also nach der Hauerei und dem Gemorde etc. Und fliegt nicht grußlos weg….
Aber dann wäre ich schon fast hinausgegangen: Zu einem unerträglichen Song läuft ein unwürdiger Vorspann. Die Designer haben anscheinend alte Bondvorspänne (vor allem wohl Oktopussy) angesehen, und wollten eine Mischung aus Retro und modern hinbekommen (wie der ganze Film). Und es misslingt gründlich. Wie ein mieses Video zu einem noch mieseren Song. Tschuldigung.
Nun, dann der Film, und ich muss sagen, Einflüsterungen aus meinem Haus hatten schon immer Recht: dieser Bond ist kein Bond. Daniel Craigs Bond fehlt halt was. Er ist kein Zyniker; keiner, der mit seiner Rolle und seinem Klischee umgehen kann. Er ist einfach nur getrieben von seiner Loyalität dem alten Britannien (und seiner alten M); seine Mittel sind nur Gewalt, er ist nicht smart und hat meistens keinen Plan, wie er vorgehen soll, noch wie er etwas meistert. Er geht halt hin und löst es mit Gewalt. Ohne Raffinésse.
Das Script gibt auch nicht viel her: Die Bedrohung ist ein absolutes Überwachen der Welt (von einem, der anscheinend sowieso schon Zugriff auf alle Kameras der Welt hat): Hui, böse. Christoph Waltz hier verloren in einer Wischiwaschi-Bösewicht-Rolle, die er in anderen schlechten Filmen schon besser darstellte. Der dann sogar noch eine Meta-Story aller Craig-Bonds in zwei Sätzen nebenbei erzählt. Natürlich ist da was persönliches, Verbindung zu Bond seit der Kindheit. Und klar, retro muss ja auch noch rein: Er nennt sich Blofeld und dann muss ja auch noch kurz eine dicke weiße Katze auftauchen. Auch der Nebenböse strahlt wenig aus. Ist halt so ein Gelackter.
Mendes kann so was auch nicht drehen: allein wie Bond mit girl dem in die luftgehenden (da wäre ich fast mitgegangen) HQ Blofelds rausflieht, ist so öde gedreht. Rasant waren tatsächlich nur die Eingangsszene und die finale Sprengung inklusive Jungfrauenrettung. Mendes soll halt seine Betroffenheits-Dramen drehen, das kann er ja, wie Skyfall (Aber auch nicht immer: Gegenbeispiel: American Beauty). Guter Film, aber auch kein Bond irgendwie.
Mich hat noch mehr gestört, die gewollten Elemente im Retro-Design, einfach immer so ins Bild gebracht, nicht erzählt oder so, die dann auch meist auf aufdringliche Produktplatzierungen hinauslief. Der Soundtrack hieb auch in die pseudo modern-retro Kerbe.
Positiv, neben der Ausstattung und Bauten (die sind durchweg gut gelungen) und natürlich die Drehorte, sind Moneypenny, neue M und Q. Gut gespielt, gut charakterisiert, die tun einem schon fast leid, so einen 007 zu haben.
Falls der nächste Craig – Mendes – Bond wieder drei Jahre dauert (obwohl Craig ja sagte, dass er keine Lust mehr auf Bond hat. Frage: Erkenntnis nach den Dreharbeiten oder dem Sichten des Films?), erinnert mich bitte an diese Kritik, sonst lauf ich gleich wieder rein. Aber das wird meine Flüsterstimme erledigen, auf die hör ich meist (ihrer Meinung nach zu selten. Oder zu diesem Bond: Siehste?)
Fazit: Ich hätt’ auch schreiben können: Größtenteils ärgerlich. Will für alle alles richtig machen, ist dann aber murks.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

DAS GRAUEN KOMMT NACHTS (1972)
R: Renato Polselli, D: Mickey Hargitey, Rita Calderoni, Raul Lovecchio
… in diesem Falle in der Nacht vom Freitag, dem 13. auf Samstag. Die Weird Xperience Nacht im Lagerhaus, Etage 3.
Vor gut gelauntem Publikum, teils Forums-, teils TFC-bekannt, beamten wir den Film an die große Leinwand. Große Leinwand für einen großen Film, auf seine höchst eigene Art groß.
Ein Giallo wird hier gegeben. Mit einer komplizierten oder/und konstruierten Story, bei der es einem irgendwie dann auch egal ist, wer wann wen umgebracht hat. Man erfreut sich an anderen: die merkwürdigen Kameraeinstellungen und –fahrten. Den abgedrehten Sound (leider ein wenig zu leise in der deutschen Version). Der unglaublichen Synchro, ohne die der Film nur halb so obskur wäre. Und ein Cast, der so unglaublich unterschiedlich spielt. Herbert, die Hauptperson, ist zwischen „mad scientist“-genial und überhysterisch (HYEÄNE) angelegt; seine Frau Marcia behält ihren Valium-Ausdruck auch in allerverzweifelsten und hochemotionellsten Situationen bei; ihre Cousine überagiert am Rande des Wahnsinns; und Der Kartoffel ist der lustige Spanner-Possenreisser von nebenan, voller Bauernschläue. Die Polizisten bestechen durch prima bunte Hemden und eine zur Schau gestellte Uniformiertheit. Nun, ein Pracht an Charakteren! Dazu gibt es fast abstrakte Traum, bzw. Erinnerungsszenen (Ich bin mir da nicht sicher) in einem Orgienkeller, herrlich.
Im Gegensatz dazu sind die Morde sehr unangenehm gezeigt, was ich bei sexuell motivierten Morden an Frauen immer wichtig finde (bei anderen allerdings auch). Da war dann nichts mit lachen, der Saal blieb still.
Ansonsten hatte das Publikum Spaß und man blieb auch danach zusammen, um den Film einer gemeinsamen Verarbeitung zukommen zu lassen.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

TFC 20.11.15, 19 Uhr
DJANGO NUDO UND DIE LÜSTERNEN MÄDCHEN VON PORNO HILL (1968)
R: Byron Mabe, D: Steve Stunning, Samantha Scott, Marsha Jordan, Cara Peters, Steve Vincent
Hui, spätestens vom Keßler wurden wir ja von dem Film in Kenntnis gesetzt. Und der ehrwürdige TFC entschied sich, diesen Film in gemeinsamer Betreuung zu sichten. Doch ob des Doppel-Themas (auch der zweite Film hat mit Schlüpfrigem zu tun) fanden sich auch nur weniger Leute ein.
Nun, zum Film: Eine Softsex-Komödie im Westerngewand. Da wird anfangs viel Kutsche gefahren, im Westerndorf herumgehangen, es geht um eine Goldmine und am Ende gibt es eine Schiesserei. Dazwischen wird halt immer gevögelt. Soweit, so softsex. Neben einigen spaßigen Szenen, wie der nackten Tramperin unterm Ortsschild „Porno Hill“ (wir einigten uns drauf, dass das für die damals noch weit verbreiteten Analphabeten (hihihi) den Ortsnamen erklärte), die ständige Nebenstory um Bumsi und Bumso, gab es viele langweilige Einstellungen und langsamen Schiessereien. Naja, es ging ja wohl auch hauptsächlich um Rumgevögel. Und da gab es meist nur eine Kamera mit wenig Stativ. Und vielen sehr nahen Aufnahmen (wie gesagt kein Hardcore), auf 3D hätte mich das eine oder andere Gesicht oder Knie erschreckt.
Der Hammer allerdings ist in diesen Film mit unglaublichen Anachronismen (die Truckradspuren neben der Kutsche zB) die Synchro und die Tonspur. Apropos Reifenspuren, die Kutsche macht immer sehr laute Motorengeräusche, die Texte sind halt wirklich lustig und weit abgedrehter als der frivolen „Dirndl jodelts“ Altherrenhumor. Hier wird Beate Uhse empfohlen, an die FSK und den Zuschauer gedacht, beim Sex wird sich über die Hose gestritten oder das Ende des Films herbeigesehnt. Im Bergigen werden Steine, Dreck und Kakteen empfohlen. Oder es wird über den Originaldialog im Off-Modus drübergequatscht. Das kann man alles gar nicht nacherzählen, das muss man gesehen bzw. gehört haben. Die durchaus bekannten Synchronspecher hatten jedenfalls Spaß.
Selbst die an sich unangenehme Auspeitschszene mit angedrohter Vergewaltigung ist so drüber synchronisiert, das ich kein Problem damit hatte. Ich hab ansonsten mit diesen exploitativen Gewalt plus Sex Szenen, in denen auch noch eine Freude der Frau an der Vergewaltigung eher (zum Glück) Probleme, hier ist das so drüber erzählt, ohmann.
Danke, Verleger Django. Und in Gedenken an Andreas Mannkopf, der hier Django seine Stimme leiht.

Danach gab es noch WILLKOMMEN IN FROGTOWN oder in der vorliegenden DVD Form THE HUNTER (1988).
R: Donald G. Jackson, R. J. Kizer, D: Roddy Piper, Sandahl Bergman, Cec Verrell, William Smith, Rory Calhoun, M: David Shapiro
Zutaten sind prima: 80er Endzeit, Frosch-Mensch-Mutanten, Rowdy Roddy Piper und Conans Freundin. Klingt doch nach was. Und klingen tut der auch gut, der Soundtrack kann was.
Die Story ist simple und schon häufig aufgewärmt. Katastrophe, wenige Menschen, noch weniger zeugungsfähige Männer, die gesucht werden und ordentlich Kinder zeugen sollen. Eine dieser Männer wird von Roddy Piper gespielt, in der Rolle ein herumziehender Gigolo oder Dauervergewaltiger, man weiß es nicht so genau. Nur auf vorderster Front und Krieg hat er nicht so recht Lust. Er wird zwangsverpflichtet, um mit zwei Frauen in eine Mutantenstadt zu fahren, und entführte Krankenschwestern zu befreien und zu beschlafen. Zum Schutz und zur Bewachung bekommt er einen aufklappbaren Keuschheitsgürtel mit Schmerzfunktion.
Wenn ich das so schreibe, klingt es schon wieder spaßig. Aber leider hat der Film Längen, die Gags zünden eher selten, es gibt tatsächlich kaum Sexszenen. Gut sind die verschiedenen Lurch und Froschverkleidungen. Und die „Wer ist hier der Boß“-Gedächtnisbrille. Unglaublich, dass es noch drei Fortsetzungen gibt. War leider nichts, kann mir aber mein positives Gedenken an Rowdy nicht vermiesen. Vor allem, weil er hier gerne Sachen trägt, die an seine Wrestlingkluft erinnern
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

DAS BRANDNEUE TESTAMENT (2014) am 6.12.15 im Cinema, 20 Uhr.
R: Jaco van Dormael, D: Pili Groyne, Benoît Poelvoorde, Yolande Moreau, Catherine Deneuve, François Damiens, Laura Verlinden, Serge Larivière, Romain Gelin, M: An Pierlé
Neulich noch an anderer Stelle über das qualitativ hochwertige belgische Kino sinniert, und schon wieder in einen reingegangen.
Gott lebt in Brüssel und ist ein Arschloch. Er haust in seinem Büro, quält die Menschen über seinen Computer und unterdrückt Frau und Tochter Ea. Dieser reicht es, sie geht hinaus in die Welt, um neue Apostel zu suchen. Nicht ohne vorher allen Menschen per sms ihr Todesdatum zu verraten und Gottes PC zu sabotieren. Der ist sauer und folgt ihr.
Während die Werbung mich weißmachen liess, dass es hauptsächlich um Gott und seine Unzulänglichkeiten in der "echten" Welt geht, geht es doch hauptsächlich um die Geschichte der 6 neuen Apostel und was die MEenschen machen, wenn sie ihr Todesdatum wissen. Das ändert natürlich den Grundton. Hier haben wir eine leicht gruftige 10jährige mit einem Obdachlosen als Gehilfen, die ihre 6 neuen Apostel sucht. Diese haben natürlich alle ihre eigene skurrile Geschichte zu erzählen. Dazu kann Ea die innere Musik der einzelnen Leute hören (die immer ein wenig zu 1zu1 ist). Das wird immer sehr poetisch liebevoll gezeigt. Der Gegenpart dazu ist eben Gott im Dittsche-Look, der sich selbst und die Menschen hasst, die er nur erfand, um sich nicht zu langweilen.
Das alles ist wunderbar gespielt, hinreichend omisch und eben poetisch und skurril romantisch. Alles meist eher langsam und in vollen Farben, nur Gott bringt ein wenig Härte mit rein. Mir gefiel es gut!
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

DER TOD WEINT ROTE TRÄNEN (2014) wierd xperience, etage 3, lagerhaus , so kurz nach 20 uhr
R: Hélène Cattet & Bruno Forzani, D: Klaus Tange, Ursula Bedena, Joe Koener, Hans de Munter, Birgit Yew, Anna D'Annunzio, Jean-Michel Vovk
Bremen - Premiere dieser zwei Ausnahmefilmern aus Belgien. Nach AMER, der sich bei den eher krimiorientierten Giallos inspirierte, haben wir hier einen eher SUSPIRIA, INFERNO aber auchBava, Fulci und Kümel sieht man hier durch.
Story eigentlich klassisch Giallo oder Hitchcock. Man kommt nach Hause, Frau weg, Tür von innen verriegelt. Mann fragt sich durchs Haus, erfährt immer mehr, wer so wie sein Päckchen zu tragen hat inklusive Kommissar und dem Haus.
Das alles ist farbfreudig, unheimlich, in seiner Eindringlichkeit hart erträglich gefilmt. Der Cast spielt sich hier träumerisch durch den assoziativn Plot, die Musik ist hervorragend zusammengeklaubt (Morricone, Nicolai).
Hier wurde viel vrstanden und künstlerisch zusammengebaut. Hommage at its best.
BEEINDRUCKEND.

Nebenbei: das booklet der DVD liest sich gut und interessant.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

STAR WARS 7 – DIE MACHT ERWACHT 2D (2015)

R: J. J. Abrams, D: Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Adam Driver, Harrison Ford, Carrie Fisher, Lupita Nyong’o, Andy Serkis, Domhnall Gleeson, Gwendoline Christie, Max von Sydow

Nun, was haben wir hier. Das Merch nervt schon seit Monaten, und trotz der eher mäßigen Episoden 1 bis 3 und der unnötigen Überarbeitungen der klassischen Trilogie geht man da natürlich rein. Storytechnisch erwartet man ja eh nicht viel, denn seien wir mal ehrlich: Schon die Episoden 4 bis 6 haben uns die simple freudianisch aufgeladene Gut und Böse Story, angereichert mit Fantasy-Standards nicht wegen des ausgefeilten Scripts angefixt, sondern das damals neue Aufregende, die Weltraumschlachten, die Musik, der coole Han Solo, die Roboter und der Ideenreichtum in den Details.
Nun versuchte man sich in den Episoden 1 bis 3 an was ganz anderem, und scheiterte größtenteils. So erleben wir hier einen Zeitsprung (okay, nicht für Allesseher, -roman- und comic-leser) und das Imperium ist zurück, äh, die böse Seite wird wieder größer, die Neue Republik sieht sich wieder im rebellischen Widerstand, die Figuren sind sehr an denen der ersten Trilogie angelehnt, zu jeden gibt es Analogien, Anlehnungen und Zusammenführungen, Vater-Sohn-Verteilungen werden halt mal vertauscht. Die Alten tauchen natürlich auch fast alle auf (Luke, Leia, Han, Chewbacca, R2D2, C3PO, Jar Jar Binks). Und bis auf diese wird wie im original Krieg der Sterne meist auf neue Gesichter, unbekannte Schauspieler gesetzt.
Immerhin gibt es einen gänzlich neuen Charakter (jedenfalls bisher), den abtrünnigen Sturm Truppler. Da bin ich mal gespannt.
Aber: Das alles begeistert mich aus ähnlichen Gründen wie das Original: Ideenreichtum, cooles, Weltraumgefliege und – geballere, gute Musik (ok, 1zu1 wieder der alte Soundtrack, aber das ist ja besser als das meiste, was John Williams danach machte). Und die Nostalgie wird hier auf sehr elegante Weise gelöst: da liegt dort mal ein altes Maschinchen herum, oder dort wird etwas gezeigt. Ganz anders als beim völlig misslungenen letzten Bond, der uns das immer ins Gesicht kloppt: So, hier ist eure Nostalgie.
Manches am Remake nervt dann doch: wieder ’nen Todesstern zerstören wie schon zweimal z.B.. Und das wird dann auch schnell abgehandelt, als hätten die Macher gedacht: ok, das muss rein, machen wir mal eben.
Alles in allem korrekte Unterhaltung mit den richtigen Values, mal sehen, ob sich das über drei Filme trägt. Oder, wie ich hörte, über sechs Filme, zwischendurch soll ja immer ein Spin – Off erscheinen. Ich renn da, glaube ich, überall rein….

PS: Die Cameo-Auftritte von Simon Pegg und Daniel Craig sind wirklich sehr Cameo.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9569
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

ES IST SCHWER, EIN GOTT ZU SEIN (2013), OmU, City46,Kleiner Saal, 28.12.15, 19 Uhr
R: Aleksei German, D: Leonid Yarmolnik, Yuriy Tsurilo, Aleksandr Chutko, Natalya Moteva
Der letzte Film der russischen Regisseurs, von seinem Sohn zu Ende geführt.
Und was für ein Monster von einem Film. Drei Stunden fast nur schwarz – weiß finden wir uns in einer dreckigen Welt wieder, voller Schlamm, Kot, Auswürfen, Innereien.
Doch erst zur Prämisse: Eine Gruppe Wissenschaftler wird auf einem erdähnlichen Planeten geschickt, in dem sich das Volk in einem kultur-zivilisatorischen Stand circa Ende Mittelalter befindet, nur dass der Schritt in die Renaissance und Aufklärung nicht gelingen will, da alle kreativ denkenden und handelnden Menschen umgebracht werden. Nun, soweit könnte das auch eine alte Star Trek – Folge sein, doch weit gefehlt: Hier wird arthousig agiert und die SciFi-Story spielt eigentlich keine Rolle. Wir erfahren nicht, warum die Wissenschaftler da sind und folgen auch nicht ihrer Vorgehensweise. Wir begleiten einen Wissenschaftler, der sich als Fürst und Nachfahren eines Gottes ausgibt (und tatsächlich als unbesiegbar gilt), um die ihn umgebene Gesellschaft gut zu beeinflussen, was nicht so recht gelingen soll.
Und wie wir ihn begleiten, die Kamera folgt ihm meist sehr nah, wir sehen so auch vieles sehr nah, die Kamera fängt manchmal Wichtiges am Rande ein, mal schieben sich andere ins Bild und grinsen die Kamera (und so auch uns) an, interagieren mit unserem Blick. Die Stadt ist sehr voll mit Menschen, es ist überall ein Gewimmel und Getue. Und nicht nur voll mit Menschen, auch mit Dreck. Schlamm. Kot. Toten Tieren und Menschen. Da die Kamera eine Position der teilnehmenden Beobachtung einnimmt, wird man in diese Welt reingezogen, auch wenn ein vieles fremd ist. Gut, insgesamt so, wie man sich Mittelalter in Städten so vorstellt, nur eben dreckig und voller Kacke, nicht wie auf diesen Mittelaltermärkten. Fremd auch die Sprechweise (aber auch das anders als auf aktuellen Mittelaltermärkten), Dialoge werden abgebrochen, viel später mit anderen Personen wieder aufgenommen, zerfetzt, unreflektiert dekonstruiert.
Insgesamt ist das eine Zeitkritik, die Kreativen und Utopisten werden immer weiter in den Hintergrund gerückt, dadurch entsteht, Rohheit, Dummheit, Gewalt, und auch eine gewisse Auswegslosigkeit, so dass unser jazzspielender „Gott“ irgendwann auch das Töten als Mittel ansieht.
Dies passt natürlich nicht nur als aktuelle Kritik der Geschehnisse in Russland, im Nahen Osten, in der ganzen Welt, sondern auch als fundamentale Beschreibung des Menschseins.
Und durch die Perspektiven auch ein Film übers Filmen oder des Sehens. Die Wissenschaftler, die die Leute beobachten, die Kamera, die Teil der Story wird und unser Blick ist, und das alles Einfluss aufeinander nimmt.
Mich hat der Film fasziniert. Man muss allerdings erzähltechnisch und ästhetisch doch sehr offen sein. Das relativ junge russische Pärchen, dass sich scheinbar einen SciFi in ihrer Muttersprache erhoffte, hielt eine Stunde durch, bei zwei älteren Damen, die schon relativ geschockt waren durch die Ankündigung des Vorführers, dass das hier drei Stunden ohne Pause abgeht und sich schnell noch einen großen
Weißwein holten, gingen nach Verköstigung desselben und der Ansicht eines sehr großen Eselpenis. Hab ich schon bei den Schauwerten erwähnt, dass man doch vieles Unangenehmes sieht, von dem sich auch vieles gegenseitig ins Gesicht geschmiert wird? So wie Kacke, Spucke, Scheiße, Blut, Innereien, Kot? Sollte man erwähnen.
Oft wird die Arbeit des Regisseurs mit Tarkowski verglichen, dass stimmt in seiner Fabelhaftigkeit, doch sollte man jedenfalls bei diesem Film auch Jodorowsky nennen.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Antworten