Adieu au langage - Jean-Luc Godard (2014)

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Salvatore Baccaro
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Adieu au langage - Jean-Luc Godard (2014)

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Originaltitel: Adieu au langage

Produktionsland: Frankreich 2014

Regie: Jean-Luc Godard

Darsteller: Héloïse Godet, Kamel Abdeli, Richard Chevallier, Zoé Bruneau, Roxy Miéville
Ich habe ADIEU AU LANGAGE, Jean-Luc Godards bislang letzten Film, unter den denkbar ungünstigsten Umständen gesehen. Nicht etwa auf der großen Leinwand, für die er bestimmt ist. Nicht etwa in 3D, für das er bestimmt ist. Stattdessen in 2D auf dem begrenzten Bildschirm eines Notebooks.

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Godard ist mit 83 wie ein Kind. Er macht ein Kino, als sei es gerade eben erst geboren worden. Es schreit sogar noch, ohne Zähne. Er ist keiner Konvention verhaftet, nicht einmal der eigenen. Er ist offen gegenüber neuer Technik, neuer Medien. Er stagniert nicht, verschließt sich nicht. Er will alles wissen, tastet herum, findet etwas, das ihm gefällt, nutzt es, weil es ihm gefällt. Selten denkt er an sein Publikum. Denkt er überhaupt an sein Publikum? Er ist wie ein malendes Kind. Wem anders soll das Bild gefallen als ihm selbst? Soll es überhaupt gefallen? Er lebt in seiner eigenen, kleinen Welt. ADIEU AU LANGAGE ist rund um seinen Heimatort am Genfer See herum entstanden. Sein Hund, Roxy, spielt die Hauptrolle.

Godard ist mit 83 wie ein Weiser auf einem Berg. Er macht ein Kino, das unter der Last seines eigenen intellektuellen Inhalts nahezu zusammenbricht. Er hat so viel gelesen, erlebt, vor allem gedacht, dass er niemals mehr in die Unschuld zurückfinden kann. Er belehrt einen, wenn man ihm zuhört, wie ein Meister, für dessen Worte man zahllose Schlüssel bräuchte. Er durchdringt die Welt und lässt alles in ihr gelten. Er weiß, dass es keinen Satz gibt, der nicht schon gesagt worden ist, kein Gedanke, der nicht schon gedacht worden ist. Deswegen sind seine Filme randvoll mit Zitaten. Die Liste der Zitierten am Ende von ADIEU AU LANGAGE ist kaum zu bewältigen. Dabei hat er noch nicht einmal alle Namen angeführt.

Ich glaube, Godard wollte die Perspektive seines Hundes einnehmen. Dieser sieht die Welt ohne Worte, ohne Ideologien, ohne Philosophien, die ihm den Weg zu ihr verstellen. Deswegen der Titel: Sagt Lebewohl der Sprache. Freudig wälzt Roxy sich im Schnee. Er schläft auf der Couch. Er kotet auf eine Wiese.

Ich glaube, Godard wollte seinem Hund die eigene Perspektive gegenüberstellen. Die sieht die Welt naturgemäß nicht ohne Worte, nicht ohne Ideologien, schon gar nicht ohne Philosophien. Ich muss an Louis Aragon denken. Er schreibt, es seien die Worte, die uns den Weg zur Welt verstellen.

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Ich habe ADIEU AU LANGAGE, Jean-Luc Godards bislang letzten Film, unter den denkbar ungünstigsten Umständen gesehen. Nicht etwa auf der großen Leinwand, für die er bestimmt ist. Nicht etwa in 3D, für das er bestimmt ist. Stattdessen in 2D auf dem begrenzten Bildschirm eines Notebooks.
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