Bruno Cremer Marisa Mell in
DIE PARAS - GOLDRAUB IN DER LUFT / OBJECTIF: 500 MILLIONS (1966)
mit Jean-Claude Rolland, Étienne Bierry, Pierre Fromont, Jean-François Chauvel, T. Hong-Maï u.a.
France Gall singt das Chanson "Dis à ton Capitaine"
eine Produktion der Rome-Paris Films | Société Nouvelle de Cinématographie | Laetitia Film
ein Filmbörse Film im Eckelkamp Verleih
ein Film von Pierre Schoendoerffer
»Pratiquement sans risque!«
Reichau (Bruno Cremer) wird aus dem Gefängnis entlassen, wo er wegen Untergrundaktionen im Algerienkrieg gesessen hat. Völlig mittellos und ohne Perspektive tut sich ihm eine plötzlich eine einmalige Gelegenheit auf, um an Geld zu kommen. Er wird von einer geheimnisvollen Frau angesprochen, die sich Yo (Marisa Mell) nennt, und ihn mit zum Flughafen Orly nimmt. Dort beobachten die beiden eine Maschine, die gerade mit Postsäcken beladen wird. Yo erklärt, dass sich einmal pro Monat 5 Millionen Francs darin befinden, doch bevor sie Reichau ein bedeutendes Geschäft vorschlägt, stellt sie ihm einen Bekannten vor. Man trifft sich mit seinem alten Kammeraden Pierre (Jean-Claude Rolland), der für Reichaus Gefängnisaufenthalt verantwortlich war, weil er ihn seinerzeit verraten hatte. Der ehemalige Sträfling verliert kurz die Nerven und lehnt den Raub des Geldes daraufhin ab. Er meldet sich nicht mehr. Doch die Verlockung nach Unabhängigkeit ist zu groß, so dass er mit Yo wieder Kontakt aufnimmt, und sich schließlich doch auf den Coup einlässt...
Pierre Schoendoerffers Karriere als Regisseur erstreckt sich zwar über einen beachtlichen Zeitraum von gut 45 Jahren, dabei kam allerdings nur eine sehr übersichtliche Filmografie von zehn Filmen zu Stande. Diese Liste wurde allerdings mit mehreren Auszeichnungen gekrönt, unter anderem erhielt er 1968 den Oscar. Der Franzose war hauptsächlich im Kriegsfilm-Genre zu Hause, und verarbeitete dort seine eigenen Erfahrungen, da er als Kameramann der französischen Armee im Indochina-Krieg bei der Schlacht von Điện Biên Phủ in Gefangenschaft geriet. Mit "Objectif: 500 millions" kreierte er einen eigenartig ruhigen und subtilen Thriller, dessen Bildsprache absolut überragend ist, außerdem ist der Aufbau des Films sehr beeindruckend ausgefallen, und liefert gestochen scharfe Psychogramme der tragischen Protagonisten. Als Fundament für die Geschichte rund um den ehemaligen Sträfling, der keinen Anschluss mehr an das normale Leben findet, dient ebenfalls eine unterschwellige Kriegsfolgen-Thematik, die immer wieder verhalten einschießt, und schließlich ein unmissverständliches Fazit liefert, ohne jedoch aufdringlich zu werden. Nach der Erstansicht wirkt "Die Paras - Goldraub in der Luft" zunächst einmal so, als habe man irgendwie nicht alle Kapazitäten genutzt. Dieser Eindruck entsteht allerdings nur, weil man haufenweise herkömmliche, beziehungsweise reißerische Stilmittel des Thrillers erwartet, diese nach dem Verlauf aber nicht vermisst, weil der Film einen eigenständigen Charakter entwickelt.
Schoendoerffer transportiert eine recht einfache, wenn auch durchgehende Spannung, ja, und eine beinahe pragmatische Komplexität. Die Dominanz der Bilder liefert die Hauptaussagen, so dass selbst die Dialoge untergeordnet wirken. Harte Schwarz/Weiß-Kontraste bestimmen die Szenerie sehr beachtlich, und es kommt zu einer sehr dichten Atmosphäre, da der Film ohnehin besonders viele Sequenzen hat, die sich bei Nacht oder in dunkleren Settings abspielen. Die Kamera-Arbeit ist bemerkenswert, da hier ein umfangreiches Spektrum abgedeckt wird. Trotz empfundener Flexibilität macht sich eine sehr auffallende Sterilität und Lethargie breit, immer wieder ist eine diskrete Verliebtheit zum Detail sichtbar, aber vor allem werden Stimmungen sehr nachhaltig transportiert und manchmal glaubt man, dass man den böigen Wind am Flughafen oder am Strand der Côte d’Argent deutlich spüren, oder den Atlantik förmlich riechen kann, genau wie das Aroma der unzähligen Zigaretten, oder den Kneipendunst. Leider ist Pierre Schoendoerffers Beitrag an dem man sich einfach nicht satt sehen kann, nach wie vor ziemlich unbekannt und als außergewöhnliches Stück französischer Filmkunst leider weitgehend in Vergessenheit geraten. Außerdem handelt es sich in der Karriere von Marisa Mell um eine Ausnahme-Erscheinung, da man sie gebannt auf Film Noir-Spuren begleiten darf, was verständlicherweise aber noch eine genauere Betrachtung erfordert...