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Deutscher Titel: Ich klage an Originaltitel: J'accuse!
Regie: Abel Gance Produktionsland: Frankreich (1919)
Darsteller: Romuald Joubé, Severin-Mars, Maryse Dauvray, Maxime Desjardins, Angèle Guys, Mancini, Elizabeth Nizan, Pierre Danis...
Story:
Kurz vor dem ersten Weltkrieg ist das Städtchen Ordevale noch friedlich, doch zwischen drei Personen köchelt ein Süppchen der Leidenschaft, denn der Dichter Diaz begehrt seine Jugendfreundin Edith, die allerdings mit dem Schläger Francois Laurin verheiratet ist. Als der Krieg ausbricht, geht Francois zur Armee, doch als sich ein Verhältnis der alten Freunde andeutet, bringt er Edith vermeintlicherweise in Sicherheit. Doch diese trügt, denn ihr Exil wird von den Deutschen übernommen und Edith hinter die Linien verschleppt. Prompt läßt Diaz sich zur Armee einschreiben und wird schließlich zu Francois Vorgesetztem, doch die beiden lernen sich endlich gegenseitig zu respektieren. Nach Jahren sind sie sogar Freunde geworden, als Edith wieder auftaucht, inzwischen Mutter eines ungewollten Kindes dank ihrer Entführung. Und wieder leben die Emotionen auf...
ICH KLAGE AN (J’ACCUSE!, Frankreich 1919, Regie: Abel Gance)
Dreiteiliges, französisches Stummfilm-Antikriegsepos mit fast 170 Min. Laufzeit – am Stück genossen!
Teil 1: Im Provence-Dörfchen Ordevale werden wir Zeuge einer Dreiecksbeziehung, heimlich zwischen dem Dichter Diaz und Edith, die wiederum mit dem Grobian Francois verheiratet ist. Am Folgetag bricht der Erste Weltkrieg aus und Francois bricht mutig auf, lässt seine Frau jedoch nur ungern mit Diaz allein. Er schickt sie zu seinen Eltern, wo sie wenig später von einfallenden deutschen Truppen verschleppt wird. Um sie zu retten/rächen lässt sich Diaz vorzeitig einziehen, absolviert die Offiziersschule und kämpft fortan Seite an Seite mit Francois, wo die Männer sich allmählich näher kommen...
Teil 2: 4 Jahre später. Diaz ist schwer erkrankt, seine Mutter in der Heimat ebenfalls. Er kehrt Heim um sie zu pflegen, die kurz darauf verstirbt. Plötzlich taucht auch Edith wieder auf und hat ein Kind bei sich, ein junges Mädchen, als Folge der Vergewaltigungen durch die Deutschen. Als Francois auf Heimaturlaub ist, eskaliert die Situation um das uneheliche Kind, weshalb beide Männer geschlossen wieder einziehen...
Teil 3: Den Männern steht ihre größte Schlacht bevor. Diaz wird wahnsinnig, Francois erliegt im Lazarett seinen schweren Verletzungen. Zurück im Dorf beschwört Diaz im Fieberwahn die Vision der Toten, die sich aus ihren Gräbern auf dem Schlachtfeld erheben und heimkehren, um den Sinn ihres Todes am Verhalten der Hinterbliebenen zu messen…
J’ACCUSE – ICH KLAGE AN ist ein beeindruckender Film über die Opfer des Krieges, der von Zeit- und Augenzeugen umgesetzt wurde, auf den tatsächlichen Schlachtfeldern und Schützengräben und in den Massenszenen mit echten Soldaten gedreht wurde (von denen offenbar noch viele in den letzten Kriegswochen ihr Leben ließen). Trotz der enormen Länge vermag der Film zu fesseln!
Für meinen Geschmack werden Überblendungen zwar etwas zu häufig eingesetzt, insgesamt besticht der Film handwerklich aber auch und gerade durch seine große Experimentierfreude. Zwar wirken einige Kamerafahrten überaus dilettantisch, man darf aber nicht vergessen, dass der Film 1918/19 gedreht wurde! Und wo punktuell handwerkliche Mängel auftauchen, stehen ihnen beeindruckende Effekte (wie das Motiv des Danse Macabre) entgegen und zeugen von viel Kreativität!
J’ACCUSE ist eine gigantische Anklage, er hinterfragt den Sinn des Krieges, spiegelt die Opfer und mahnt zum Gedenken. Fesselnd und überwältigend, ein ganz klarer Tipp! 9/10
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
da Du tatsächlich J'ACCUSE! in seiner Gänze geschaut hast, muss ich Dir unbedingt be- bzw. empfehlen, Dich nach dieser ersten Gesellenprüfung an seine beiden anderen Meisterwerke LA ROUE (mein liebster von ihm) und natürlich NAPOLEON heranzuwagen, deren Monumentalität J'ACCUSE! noch einmal um Längen schlagen dürfte...
Da Abel Gance ein gelehriger Schüler von D.W.Griffith ist und nach, laut Eigenaussage, kläglichen Versuchen als Schriftsteller zu dem Entschluss kam, nicht wirklich mit Worten hantieren zu können, hat er eben zumindest seinen besten Filmen das dem Zuschauer vermittelte Gefühl mit auf den Weg gegeben, gerade einen 800-Seiten-Roman, bspw. von Zola oder Hugo, zu lesen - da vergehen, je nach subjektiver Persektive, Stunden wie Minuten oder Minuten wie Stunden.
Diese Woche im Frankfurter Filmmuseum in restaurierter (digitaler) 166-Minuten-Fassung gesehen.
Das ältere Ehepaar hinter mir maulte, wie melodramatisch das doch sei, und in der Pause erklärte mir ein Herr, formal sei das ja ganz in Ordnung, aber inhaltlich ein Graus; dann doch lieber Griffith.
Aber, erwidere ich: Die Eule, in deren Augen sich unsere Helden spiegeln. Die Szene, wenn Edith von den Pickelhauben vergewaltigt wird, die wir nur als nosferatu-eske Schatten an der Scheunenwand sehen. Der geballte Pathos, wenn Jean uns seine pastoralen Gedichte vorträgt. Die Dokumentaraufnahmen aus echten Schützengräben; die Auszüge aus Briefen echter Frontsoldaten. Wie sich am Ende die Toten erheben. Wie Edith christusgleich vor einem Fensterkruzifix steht, und leidet. Wie Francois seine geliebte Dogge herzt. Wie ich unter den Statisten Blaise Cendrars entdecke. Wie ein Totentanz auf die Folie von Botticellis projiziert wird.
Auf der großen Leinwand entfaltet dieser patriotische, pathetische, pazifistische, prätentiöse Film erst seine ganze Pracht...