The Deep House - Alexandre Bustillo, Julien Maury (2021)

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Salvatore Baccaro
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The Deep House - Alexandre Bustillo, Julien Maury (2021)

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Originaltitel: The Deep House

Produktionsland: Frankreich/Belgien 2021

Regie: Alexandre Bustillo, Julien Maury

Cast: Camille Rowe, James Jagger, Eric Savin, Carolina Massey


Für ihren erfolgreichen YouTube-Kanal reist das junge Pärchen Ben und Tina quer durch Europa. Ihr Ziel sind sogenannte „Lost Places“, an denen es am besten auch noch spuken, oder zumindest Gerüchte diesbezüglich im Umlauf sein sollen. Als neusten Ort, den die beiden bis in den letzten Winkel ergründen und ihrem Publikum in Gestalt eines schaurigen Netz-Videos präsentieren möchten, haben sie sich einen See in Südfrankreich herausgepickt, der in den 80ern künstlich angelegt worden ist und auf seinem Grund angeblich ein vollkommen intaktes Häuschen beherbergt, da dessen Besitzer sich weigerten, sich vor den anrasenden Fluten in Sicherheit zu bringen. Tatsächlich bewahrheiten sich die Internetmythen, und kaum haben sich Ben und Tina in ihrer Tauchermontur und mit ihren Unterwasserkameras ins kühle Nass begeben, staunen sie schon darüber, wie wenig beschädigt das Häuschen nicht, - und dass irgendwer es von außen gesichert haben muss, um zu verhindern, dass Schaulustige wie sie durch eins seiner Fenster oder eine seiner Türen ins Innere vordringen können. Freilich verschaffen sich Ben und Tina nichtsdestotrotz Zutritt, und schwimmen fasziniert durch die Räume, in denen sie jedoch zunehmend auf gänsehautinduzierende Dinge stoßen: Etliche Zeitungsartikel zum Beispiel, die von vermissten Kindern berichten; okkulte Symbole, die den Wänden anvertraut worden sind; schließlich eine Tür, die man mit einem Kreuz gesichert hat, und hinter der zwei Leichen auf sie warten. Aber nicht nur das, - auch die sie begleitende Kameradrohne spielt alsbald verrückt; seltsame Stimmen sind zu hören; vor allem Ben benimmt sich immer eigenartiger und scheint gar nicht daran zu denken, mit Tina an die Wasseroberfläche zurückzukehren…

Lobend kann man natürlich herausstreichen, dass das Regie-Duo Julien Mary und Alexandre Bustillo, das in der Vergangenheit mit Werken wie À L’INTÉRIEUR (2007), LIVIDE (2011) oder KANDISHA (2020) vielleicht keine Meisterwerke, aber zumindest sehenswerte, manchmal sogar überdurchschnittliche Genre-Filme hervorgebracht hat, keine Kosten und Mühen scheute, ihren sechsten Langfilm THE DEEP HOUSE nahezu ausschließlich unter Wasser spielen zu lassen: Bis auf die ersten zehn, fünfzehn Minuten sehen wir die beiden Darsteller Camille Rowe und James Jagger ausnahmslos im Taucheranzug, was freilich solche Schauspieltugenden wie Minenspiel und Gestik auf ein Minimum reduziert, - so wie sich ja auch der gesamte Film eines Minimalismus verschreibt, der auf jegliche überflüssige Schnörkel, seien sie nun personell oder narrativ, verzichtet. Auf dem Papier mag THE DEEP HOUSE daher wie ein reizvolles Kammerspiel klingen, - zwei Personen; ein Schauplatz; eine Handlung, die sich quasi in Echtzeit entrollt -, für mich wirkt der Streifen unterm Streich jedoch vielmehr reichlich innovationsarm und sklavisch den Konventionen von Genres nacheifernd, die nun auch nicht unbedingt dafür stehen, ständig das Rad neu zu erfinden: Found-Footage-Horror; Haunted-House-Horror; Horror, der junge, aufmerksamkeitsaffine Menschen der Social-Media-Generation an Plätze schickt, zu denen sie besser nie gegangen wäre. Tatsächlich hält THE DEEP HOUSE noch weniger dramaturgische Überraschungen bereit als der ebenfalls nicht durch Originalität glänzende Vorgänger KANDISHA, bei dem Maury und Bustillo allerdings immerhin einige interessante Charaktere, einen interessanten Schauplatz, den einen oder anderen interessanten Subtext auf ihrer Seite hatten: Kaum haben Ben und Tina ihre Schwimmflossen übergestreift, zerfällt THE DEEP HOUSE zu einer Revue von Nummern, die man zumeist schon irgendwo anders zu sehen bekommen hat, und meistens besser. Ein wenig Poesie versprüht immerhin die an eine ähnliche Szene in LIVIDE erinnernde Erkundungstour, die die beiden durch das abgesoffene Haus unternehmen, und bei der die Kamera elegisch durch überschwemmte Räume gleitet, als solle dem Auftakt von Argentos INFERNO die Reverenz erwiesen werden; überhaupt sind all die Unterwasserkamerafahrten ein Augenschmaus, jedoch einer, der, wenn er mit keinem einzigen anderen Schauwert kombiniert wird, auf die Dauer von knapp eineinhalb Stunden durchaus auch ermüden kann; den ganzen Hokuspokus um Kindsopferungen, Satanskulte, ruhelose Seelen indes, den das Drehbuch uns auftischt, der dürfte keinen trächtigen Lachs zum Laichen den Fluss hinauf bewegen.
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