Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt - Lamberto Bava (1988)

Grusel & Gothic, Kannibalen, Zombies & Gore

Moderator: jogiwan

Antworten
Benutzeravatar
DrDjangoMD
Beiträge: 4329
Registriert: Fr 20. Mai 2011, 15:19
Wohnort: Wien, Österreich

Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt - Lamberto Bava (1988)

Beitrag von DrDjangoMD »

Bild

Originaltitel: La casa dell'orco

Alternativtitel: Demons 3: The Ogre

Land: Italien

Jahr: 1988

Regie: Lamberto Bava

Darsteller: Virginia Bryant, Sabrina Ferilli, Paolo Malco, Stefania Montorsi, David Flosi,...
Benutzeravatar
Salvatore Baccaro
Beiträge: 3072
Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10

Re: Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt - Lamberto Bava

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Oh, das wundert mich dann aber doch, dass diesem Werk Lamberto Bavas noch niemand ein paar Zeilen Aufmerksamkeit zugewandt hat, gerade, wo es, wie ich meine, als eines seiner besseren beurteilt werden muss, trotz oder gerade weil es symptomatisch genau all jene Qualitäts - oder eben Nicht-Qualitäts-Merkmale in sich vereint, die dem italienischen Horrorfilm der späten 80er zu Freunden oder Feinden verhelfen. Dass der Film indes, wie es sein deutscher Titel suggeriert, mit Umberto Lenzis im gleichen Jahr erschienenen GHOSTHOUSE rein gar nichts zu tun hat, sofern man einmal von dem Umstand absieht, dass beide Filme primär in einem mehr oder minder unheimlichen Wohngebäude spielen, und genausowenig, ein sinniger Einfall des internationalen Vermarktungsmarktes, als dritter Teil von Bavas eigenem DEMONI-Duo gelten kann, sondern vielmehr eine von insgesamt vier TV-Produktionen darstellt, die Bava unter dem Namen BIVIDO GIALLO zwischen 1987 und 1988 inszeniert hat, ändert letztlich nichts daran, dass LA CASA DELL'ORCO inhaltlich wie ästhetisch überhaupt nicht aus jenem Rahmen fällt, in den die italienischen Genre-Regisseure zu jener Zeit ihre sich der menschlichen Logik immer mehr verweigernden Erzeugnisse spannten.

Was die Story betrifft, so frage ich mich, ob dieser denn wirklich ein ausgearbeitetes Drehbuch zugrunde gelegen haben mag. Eine klassische Familie, bestehend aus Vater, Mutter, Kind, letzteres ein aufgeweckter Bengel voller Tatendrang und unablässigem Grinsen, Amerikaner zudem, die schon seit einigen Jahren in Italien residizieren, zieht es in den Sommerferien hinaus aufs Land. Die Mutter, zentrale Hauptperson des Schauerstücks, ist ihres Zeichens Schriftstellerin von Horrorromanen, ein Geschäft, das zumindest in ihrem Fall ganz ansehnliche Erträge abwirft, hat sie sich mit ihrem Gatten doch den Luxus gegönnt, nicht etwa ein ordinäres Ferienhaus irgendwo im italienischen Hinterland zu beziehen, nein, ein komplettes, leerstehendes Schloss muss es sogleich sein, in dem es sich die Familie mit Sack und Pack gemütlich macht und wo unsere Heldin, die auf den Namen Cheryl hört, während Mann und Sohn die unberührte Natur der Umgegend erforschen, in aller Ruhe ein weiteres Buch zur Reife bringen will. Das gestaltet sich allerdings schwieriger als zunächst gedacht, da gespenstische Träume sie behelligen, die offenbar mit ihrer Kindheit in Zusammenhang stehen, als sie immer mal wieder von einem scheußlichen Monstrum, einem sogenannten Oger träumte, der völlig versessen auf Orchideen und junge Mädchenleiber ist, und ansonsten so aussieht wie eine Mischung aus den Fragasso-Trollen, nur eben größer und bulliger, und der Borowczyk-Bestie, angetan allerdings mit einem Kostüm wie aus einem Mantel-und-Degen-Abenteuer. Rätselhafte Vorkommnisse häufen sich alsbald neben den allnächtlichen Alpträumen und Tom beginnt sich ernsthaft um den Geisteszustand seiner Gemahlin zu sorgen...

Ja, und das war es im Großen und Ganzen dann auch schon, was Lamberto Bava seinem Publikum hier als Handlung verkauft, denn vielmehr passiert tatsächlich nicht in den knapp neunzig Minuten Laufzeit, die immerhin in einem himmelschreienden, den kompletten Film in gewisser Weise ad absurdum führenden Finale gipfelt. Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr Bava junior mit LA CASA DELL'ORCO einen Film abliefert, der sozusagen in einem Lexikonartikel als Quintessenz all dessen angeführt werden könnte, was den italienischen Genre-Film der späten 80er grundsätzlich konstituiert: endlose lange, ihre Langwierigkeit, ihre Ereignislosigkeit nahezu transzendierende Szenen, in denen die Protagonisten irgendwelche unheimlichen Räume erkunden oder, schaurigen Ahnungen folgend, irgendwo großäugig umherstreifen, so wie man es aus Werken wie beispielweise I FRATI ROSSI kennt, der ja bekanntlich ebenfalls aus nicht viel anderem zusammengesetzt ist, dazu viel Füllmaterial, das zur eigentlichen "Handlung" nun kaum etwas beizutragen hat, wie die ermüdenden Waldwanderungen, die Vater und Sohn in trauter Harmonie durch Flora und Fauna Italiens führt, Dialoge, die Menschen,wie ich sie kenne, so nicht unbedingt miteinander führen würden, ein paar, wenn auch seltene, Obskuritäten wie der Oger an sich, über dessen Herkunft und Sinn oder Zweck der Zuschauer zwar leider gar nichts erfährt, der an sich aber schon, das muss man ihm zugestehen, eine Erscheinung ist, der man eine gewisse Wirkung nicht absprechen kann, endlich eine Narration, die einzig vordergründig so tut, als sei sie eine, in Wirklichkeit aber mehr aus einzelnen Szenen besteht, zwischen denen ein größerer Zusammenhang nur schwerlich ersichtlich ist - im Prinzip beläuft sich der Film, wie gesagt, rein handlungstechnisch darauf, dass Tom den düsteren Vorahnungen seiner Frau keinen Glauben schenkt, irgendwann sogar anfängt, ihre Manuskripte zu verbrennen und Maulschellen an sie zu verteilen bis am Ende dann doch die Welt des Märchenhaften in die seiner ratio mit einer Gewalt einbricht, die jedoch nicht heftig genug ist, die sie treffenden Personen irgendwie aus der Bahn geraten zu lassen, nennenswerte Nebenfiguren existieren nicht, eine Erklärung, mit der den dargebotenen Skurrilitäten nachträglich auch nur ein Hauch von Vernunft eingeprügelt werden könnte, verweigert Bava in einer Konsequenz, die nur folgerichtig daherkommt -, sowie einen Soundtrack von Simon Boswell, die eine oder andere hübsche Kameraeinstellung aus dem Repertoire des Gothic-Horrors, eine zumindest angerissene lokale Kinderschrecklegende, die dem Film wohl versucht, so etwas wie einen folkloristischen Überbau zu stricken, schließlich das ungebremste Abgleiten in rein surreale Gefilde, wo Traum und Wirklichkeit endgültig an den Schultern zusammenwachsen, und die Logik ihre finalen, sie zu Fall bringenden Rippenstöße erfährt, einzig, was die Darstellung von exzessiver und phantasievoller Gewalt betrifft, ist LA CASA NELL'ORCO, wohl seinem Kontext als TV-Film geschuldet, weit blutleerer als so manch anderer ähnlich funktionierender Italo-Schocker dieser Zeit wie BLOODY PSYCHO oder WITCHERY.

Alles in allem hätte man mit LA CASA NELL'ORCO somit einen Film, der einem exakt das liefert, was er einem verspricht. Die amerikanische Familie, repräsentativ für das - nicht nur - US-amerikanische Mainstream-Kino mit seinem Monopol aus Pragmatismus und Poesiefeindlichkeit, wagt sich in Orte vor, wo sie eigentlich nichts zu suchen hat, und trifft in einem alten, traditionell verwunschenen italienischen Schlossgemäuer auf die von ihr verneinte Märchenpoesie, die wiederum, psychoanalytisch halbwegs interessant als Kindheitstrauma Cheryls verschlüsselt, die einstige Unschuld der Protagonisten, d.h. das, was von ihrer kindlichen Poesie noch übrig geblieben ist, als eine Art Portal nutzt, um in die auf logischen und rationalen Grundfesten aufgebaute Familienidylle einzubrechen - und letztlich zu scheitern, denn, ganz pragmatisch, wird der Oger ein Opfer des Familienautos, mit dem Cheryl ihn so lange überfährt bis kein Grunzen mehr in seinem Leib steckt. Das Märchen knickt demnach nicht nur ein gegenüber einer Moderne, die festgefahren ist in ihren konventionellen Strickmustern und ewiggleichen Wiederholungen derselben narrativen Versatzstücke, es wird von seinen Reifen regelrecht zerquetscht. Eine Schlussaussage ist das, nicht frei von Trauer, einer ähnlichen Trauer vielleicht - wenn der Ausdruck dafür nicht schon zu drastisch ist - wie die darüber, dass Lamberto Bava von seinen Lehrmeistern wie Vater Mario oder Dario Argento gewisse Grundelemente übernommen hat, aber nie wirklich versteht, sie in einer ähnlich visuell atemberaubenden Weise zu erzählen. Dass der Inhalt mau ausfällt und im Grunde nichts erzählt, sondern Emotionen auf eine dem Kino genuine Art bebildert, ist kein Vorworf, mit dem man LA CASA NELL'ORCO treffen könnte. Wenn Lamberto indes in einer Szene überdeutlich den Prolog von INFERNO zitiert - Cheryl taucht in einen Pool im Schlosskeller, von dem es müßig wäre zu fragen, was der denn dort verloren hat, und stößt auf nicht nur eine, sondern Unmengen halbverwester Leichen, die sie wie ein modriger Fischschwarm umringen und umzingeln -, wird die Diskrepanz relativ deutlich zwischen den fiebrigen Kunstwerken eines Argentos oder Mario Bavas. Wo diese ihr Publikum in ihren besten Werken, wie eben INFERNO oder, was Bava betrifft, noch in seinem Altersopus SHOCK, allein dadurch gar nicht dazu kommen lassen, die Logik hinter ihren Farb- und Stimmungsräuschen zu erfragen, weil sie sie mit ihrem Ausreizen des optischen Aspekts förmlich erschlagen, agiert Lamberto schon ein Stück gezähmter, gemäßigter, zwar immer noch eindeutig im Surrealismus verhaftet, aber, wie die INFERNO-Plagiats-Szene deutlich zeigt, bereits zeitweise mit reiner Repetition beschäftigt, so wie jemand, der nach der Zerschlagung einer beeindruckenden Statue, deren Fingerknöchel, Handgelenke, Teile des Brustbeins zusammensucht, um daraus eine kleinere, ebenfalls ansprechende, aber freilich nie die ursprüngliche Größe erreichende Statuette zu basteln. Was mich betrifft, bin ich von LA CASA NELL'ORCO an sich nicht wenig angetan, da ich mag, wie das Märchenhafte, später in der FANTAGHIRO-Reihe putzig verklärt, von Bava hier noch wesentlich schwärzer und bedrohlicher aufgefasst wird, und es generell bewundere, dass der Film es fertigbringt, eine im Grunde völlig abgedrehte Geschichte in einem Nichts aus Handlung gerade eben nicht zu erzählen, sondern wohl eher einfach nur vor uns hinzustellen.
dr. freudstein
Beiträge: 14488
Registriert: Sa 19. Dez 2009, 19:55

Re: Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt - Lamberto Bava

Beitrag von dr. freudstein »

hhhmmm, durchaus schön fotografiert die Gebäude und stellenweise auch mal eine schöne Atmosphäre, sehr stimmig und mit passendem Soundtrack unterlegt, im Gesamteindruck erschien mir der Streifen allerdings zu langweilig und ich hatte Mühe der Story zu folgen. Wäre sicher mehr drinne gewesen, gute Ansätze sind vorhanden, nur halt der Gesamteindruck war durchschnittlich und als der Abspann lief, war ich auch erleichtert und verwirrt gleichermassen. Hier steckt Bava und Argento drinne, durchaus erkennbar und eine Szene erinnerte an die Unterwasserszene in INFERNO (HORROR INFERNAL), auch eines der Pluspunkte. Eigentlich sollte das hier DEMONS 3 werden, kam dann doch nicht zustande und so wurde es der zweite Teil einer 4-teiligen TV Serie fürs italienische Fernsehen. Am besten hat der Trailer funktioniert, der aber mehr verspricht als er als ganzer Film verspricht. Werde ich ggf. später Mal eine neue Chance geben, bei der Erstsichtung gab sich ein unzufriedener Eindruck trotz einiger Pluspunkte, wie oben erwähnt (Soundtrack, Atmosphäre, Bilder, das Schloss/die Gemäuer....). Wurde wohl zu schnell heruntergekurbelt und es gab nicht viel Geld vom Produzenten, weil fürs Fernsehen erdacht.

5/10
Captain Blitz
Beiträge: 587
Registriert: Do 28. Mär 2013, 08:43

Re: Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt - Lamberto Bava (1988)

Beitrag von Captain Blitz »

Den darf X-Rated gerne auch in einer kleinen Hartbox nochmal nachlegen. :D Wie auch den Rest der Reihe, dann habe ich die einheitlich hier. Die kleine Hartbox des ersten Teils muss ich noch abholen.
Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 39400
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Re: Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt - Lamberto Bava (1988)

Beitrag von jogiwan »

Lamberto Bavas „Ghosthouse II“ ist nicht nur ein solider Grusel-Beitrag in der numerologisch fragwürdigsten Horror-Reihe aus italienischen Landen, sondern könnte im Grunde genauso von Stuart Gordon stammen, was in diesem Falle auch als Kompliment gedacht ist. Die Geschichte der amerikanischen Familie, die in einem sehr geräumigen Schloss in Italien auf seltsame Mitbewohner im Keller stößt, ist zwar nicht sonderlich spektakulär oder blutig, bietet dafür mit Virginia „Die Barbaren“ Bryant und Paolo „Das Haus an der Friedhofsmauer“ Malco ein sehr nettes Gespann in den Hauptrollen und der Zuschauer bekommt hier auch eine Extraportion Kellergewölbe mit Spinnweben und Albtraumsequenzen serviert, der statt plumpen Gore auch eher auf Atmosphäre und seine außergewöhnliche Location setzt. Dass der Streifen etwas harmlos ausgefallen ist und in einer Szene auch noch Argentos fulminanter „Inferno“-Unterwasserszene huldigt, mag zwar manchem Genrefreund sauer aufstoßen, aber ich fand das alles grundsympathisch, inhaltlich mehr als okay und für eine TV-Produktion ist „La Casa dell’orca“ dann sowieso sehr ordentlich.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40644
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt - Lamberto Bava (1988)

Beitrag von buxtebrawler »

Klingt ja wider Erwarten doch gar nicht so verkehrt, werde ich mal im Hinterkopf behalten...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Antworten