Die rote Sonne der Rache - Sergio Corbucci (1972)

Helden, Halunken, staubige Dollars, Pferde & Colts

Moderator: jogiwan

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Onkel Joe
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Re: Die Rote Sonne der Rache - Sergio Corbucci

Beitrag von Onkel Joe »

:thup:
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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DrDjangoMD
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Re: Die Rote Sonne der Rache - Sergio Corbucci

Beitrag von DrDjangoMD »

Handlung:
Durch Zufall gerät die junge Sonny (Susan George) an den Banditen Jed (Thomas Milian) und ist sofort von dem grobschlächtigen Outlaw fasziniert. Sie will auch unbedingt Bandit werden und folgt Jed fortan auf Schritt und Tritt zu dessen Missfallen. Mit Beleidigungen und Demütigungen versucht er sie zu vertreiben, dies aber recht erfolglos. Bald schon nahen sich größere Probleme, denn nicht nur Sonny sondern auch ein fanatischer Sheriff (Telly Savalas) heftet sich an Jeds Fersen…

Kritik:
Zumindest im Westernbereich zeichnet sich Sergio Corbucci darin aus, dass ihm immer wieder neue Variationen des Genres eingefallen sind. In „Die Rote Sonne der Rache“ rückt er Handlung und Action in den Hintergrund und konzentriert sich auf ein Portrait des Verhältnisses der unterschiedlichen Hauptcharaktere. Nicht dass sich Schießerein und wilde Ritte völlig verziehen, sie sind aber nur noch seltener anzutreffen und die Leichenberge aus „Django“ und „Mercenario“ haben einem netten kleinen überschaubaren Bodycount platz gemacht.
Zum Glück hat Corbucci als Regisseur genug Talent und Erfahrung, dass der Film trotzdem nicht langweilig wird. Wenn Action da ist, ist sie gut platziert, immer rechtzeitig, wenn der Film droht ein Gähnen auszulösen und das Verhältnis zwischen Sonny und Jed ist so interessant in Szene gesetzt, dass es eine Sichtung auf jeden Fall lohnt. Wir bekommen die unterschiedlichsten Facetten ihrer Beziehung zu sehen, Spannung kommt auf, wenn ein Wechsel der Hörigkeit von Sonny oder Jed zu sehen ist, ein Vorgang welcher sehr geschickt und glaubhaft mit genügend Einleitung und Erklärungen inszeniert wird.
Perfekt ist der Film jedoch nicht. Man kann nicht immer zu den beiden Protagonisten halten, denn Corbucci machte den Fehler ihre Gegenspieler im Vergleich zu ihnen zu gut darzustellen. Versteht mich hier nicht falsch, ich habe nichts gegen Antihelden und freue mich auch immer, wenn auch die Bösen humane Seiten zeigen, doch unsere beiden „Hauptbösewichter“ zeigen in ihrem Charakter wesentlich mehr Ambitionen Helden zu sein, was es uns schwer macht, immer auf Seiten der Hauptcharaktere zu stehen.
Besonders Telly Savalas Rolle wäre wahrscheinlich in einem anderen Film (und dann wahrscheinlich mit anderer Besetzung) zum Helden geworden, denn immerhin ist er die Figur, die eine Rache ausführen will, und in Italowestern sind die Rächer zu sagen wir 98% die Helden. Er verlor durch Jed sein Augenlicht und ist nun besessen von dem Gedanken, es dem Burschen heimzuzahlen, und in Italowestern sind Blinde in wichtigen Rollen zu 75% die Helden (die restlichen 25% sind Telly Savalas’ Sheriff).
Auch Standartfiesling Eduardo „Major Jackson“ Fajardo ist hier weit weniger Mistkerl als sonst. Zugegeben, der reiche Gutsbesitzer der von ihm verkörpert wird gehört nicht zu den hellsten, doch für ihn spricht die offene und ehrliche Liebe, die er zu seiner flatterhaften Frau Gemahlin verspürt. Gleich nach seinem Auftreten fügt Corbucci eine herzerwärmende Szene zwischen den beiden ein, die im Grunde keinen Sinn macht, außer unsere Sympathie für den zukünftigen Gegenspieler Fajardo zu wecken.
Sowohl er als auch der Sheriff haben klar definierte Ziele, ein weiteres Merkmal eines Helden, im Gegensatz zu Jed. Der Gutsbesitzer will seine Frau und der Sheriff will seine Rache und was Jed will, da hab ich keine Ahnung.
Hier bin ich bitte mich nicht falsch zu verstehen, besonders Sonny aber auch Jed, welcher sich ja für die Armen einsetzt und so, sind eindeutig die Helden der Geschichte, das streite ich nicht ab, immerhin sind sie auch am genauesten charakterisiert. Ich meine nur, dass es uns bei so positiven Gegnern oft schwer fällt sie zu mögen.
So genug hiervon: Mein Hauptgrund warum ich persönlich diesen Film abgöttisch liebe ist, dass
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Fazit: Sehr interessante und toll inszenierte Beziehungsstudie in einem ungewöhnlichen Milieu. Leider wird die Sympathie mit den Protagonisten durch ihre heldenhaften Gegenspieler ein klein wenig getrübt. 7/10
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Ringo aka Angelface
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Re: Die rote Sonne der Rache - Sergio Corbucci

Beitrag von Ringo aka Angelface »

Lieber Dr. Nr. 2,

haben wir den selben Film gesehen? Irgendwie kommen mir Zweifel.....
Corbucci hat den Film vor Stetson gedreht, den ich für weitaus gelungener halte. Milian gibt einen seiner typischen "Arsch mit goldenem Herzen" Typen und erinnerte mich stark an seinen späteren Nico Giraldi - Frisur und Kleidung waren zum davonlaufen! - und das ganze ist extrem Episodenhaft Abgedreht. Obwohl die deutsche VHS angeblich uncut ist habe ich dauernd etwas vermisst, die Story ist absolut nicht rund und schlüssig. Savalas ist als Jäger völlig verschenkt, er tritt ein paar mal unverhofft ins Bild und handelt seltsam - warum er plötzlich blind ist kann man sich auch selbst zusammenreimen :roll: Eine Sympathiefigur ist er bei weitem nicht, er verfolgt Jed aus persönlichen Gründen und nicht für die Gerechtigkeit. Sein Helfer Herbert Fux wird ebenfalls total verschenkt. :shock: Unser liebster Folterknecht hat kaum Screentime! :nixda:
Fajardo als Großgrundbesitzer, welcher die armen Kleinbauern drangsalieren lässt und von ihrem Land vertreibt ist meiner Ansicht nach auch keine tolle Persönlichkeit :basi:
Genau daran krankt auch der Film, es gibt absolut keine Identifikationsfigur, welche aber bei dieser Art von Film aber enorm wichtig ist! Jed ist ein selbstgefälliger Arsch, Sonny ein Trampel und er Rest auch zum Vergessen.....
Susan George ist mir eigentlich immer auf die Nerven gegangen, und hier scheint sie ihre Erfüllung gefunden zu haben :palm: Es gibt leider keine Duelle oder sonstiges Westerntypische. :| Der Film ist eher ein Roadmovie im wilden Westen. Die Musik ist aus "Lasst uns töten, Companeros" recycelt, Morricone dürfte auch nicht viel von dem Film gehalten haben. :pfeif:

Mein Fazit sicherlich Corbuccis schlechtester Western, dennoch noch ansehbar. 4/10 Punkte.
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DrDjangoMD
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Re: Die rote Sonne der Rache - Sergio Corbucci

Beitrag von DrDjangoMD »

Ringo aka Angelface hat geschrieben:haben wir den selben Film gesehen? Irgendwie kommen mir Zweifel.....
Haben wir nicht sowieso ähnliche Argumente? Ich habe ja auch geschrieben, dass sich meine Sympathie mit den beiden Hauptpersonen in Grenzen hält, ich schrieb nicht, dass Savalas und Fajardo Helden oder Identifikationsfiguren sind, ich meinte nur, sie hätten sich, betrachtet man die Ziele, die sie verfolgen, nur besser als Helden geeignet als Sonny und Jed.
Deinen Punkt, dass es für einen Western erstaunlich wenig Schießereien gibt habe ich ja auch erwähnt, mich hat das nur nicht so gestört: Corbucci macht keine konventionellen Western, selbst "Django" richtete sich weniger nach Klischees (außer die aus "Für eine handvoll Dollar") alsdass er welche einführte. Bei einem Corbucci-Film darf man sich nie einen üblichen Western erwarten, sondern muss sich auf das einlassen, was uns der Meister vorsetzt. Hier legte er eben mehr Wert auf eine Studie der ungewöhnlichen Beziehung. Und wenn er diese Studie im Western-Milieu abhalten will, dann soll er das meinetwegen ruhig tun. Wenn ich einen Film sehen will, der einfach mit Action unterhält, greife ich eher nach Parolini oder Carnimeo. Zugegeben, das was Corbucci hier machen wollte überzeugt nicht 100% aber wenn es das getan hätte, hätte er von mir auch die Höchstnote bekommen (mit denen ich glaube ich vier seiner Filme ausgezeichnet habe, mag den Typen einfach :D ). 7/10 fand ich von meiner Seite aus angemessen. :nick:
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Tomaso Montanaro
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Re: Die rote Sonne der Rache - Sergio Corbucci

Beitrag von Tomaso Montanaro »

Verglichen mit den anderen Westernklassikern Sergio Corbuccis schneidet dieser komödiantisch angehauchte Spaghetti-Western in meine Augen nicht ganz so gut ab. Zum einen, weil der (italienische) Humor für meinen Geschmack mal wieder nicht so recht zünden mag und außerdem nervt das überzogene, unsympathische Prolo-Gehabe des Herrn Milian doch mitunter arg.

Dennoch sehenswert und weit über dem Durchschnitt.

6/10 Punkten
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buxtebrawler
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Re: Die rote Sonne der Rache - Sergio Corbucci (1972)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 05.12.2024 bei Pidax auf DVD:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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