Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

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buxtebrawler
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

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04.04.2025, Bambi galore, Hamburg:
OI!STURM ASOZIAL + BOLANOW BRAWL + COCK-UPS


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Der gute Rolf vonne THRASHING PUMPGUNS hatte mich gefragt, ob ich jemanden wüsste, der für die Thüringer Oi!-Punk-Band OI!STURM ASOZIAL im Billstedter Bambi galore Support machen könnte – und in von mir ungewohnter Geistesgegenwart antwortete ich: „Wir!“ Womit ich BOLANOW BRAWL meinte, denn mittlerweile waren wir, so unsere Selbsteinschätzung, in der neuen Besetzung mit Urko am Bass und Jogi an der Leadgitarre endlich wieder fit für die Bühne. Als dritte Combo brachte ich die COCK-UPS ins Spiel, womit das Line-Up stand. Das Bambi weist die perfekte Kombination aus Underground-Club-Charme und Professionalität auf und sah mich schon häufig als zahlenden Gast. Nun also selbst mal auf der Bühne.

Als wir vor Ort eintrafen, gefiel uns der Gedanke, OI!STURM ASOZIAL seien mit dem auf dem Parkplatz stehenden protzigen Nightliner angereist, doch die waren noch gar nicht da und das Gefährt gehörte dann wohl doch eher zur parallel im großen Saal stattfinden und fast ausverkauften Death-Metal-Sause mit BENEDICTION, MASTER und JUNGLE ROT. Aufgrund der vorhandenen Backline mussten wir nur „kleines Besteck“ mitbringen, was meist von Vorteil ist. Trotz relativ kleiner Bühne war Platz für drei Monitorboxen am vorderen Bühnenrand, die ungewöhnlicherweise keinerlei Anstalten machten, rückzukoppeln oder sonstwie rumzuzicken, sodass wir uns einen vielleicht etwas übertrieben lauten Monitorsound einstellen ließen. Mehr ist nun mal mehr! Anschließend ging’s im ebenfalls zum Gebäude gehörenden Restaurant lecker essen, aufgrund der angenehmen Frühlingstemperaturen konnten wir in der Außengastronomie platznehmen. Wie so oft, wenn wir irgendwo spielen, steuerten wir auch diesmal eine Einheimischenkneipe vorm Gig an, um ein Gefühl für, äh, Land und Leute zu bekommen. Unsere Wahl fiel aufs „Zum Prösterchen“. Auf dem Hinweg ließ Urko wissen, Bock auf ‘nen Ouzo zu haben. Und was lief, als wir die Kneipentür öffneten und eintraten? „Ich trink Ouzo, was trinkst du so“. Ein Zeichen! Doch damit nicht genug. Bekannte von mir riefen mir aus der hinteren Ecke „Hey Günni!“ entgegen und entpuppten sich als regelmäßige Besucher dieses Etablissements, das sowohl mit HSV- als auch FCSP-Fahnen geschmückt ist und noch Teile der Weihnachtsdeko aufgebaut hatte. Ein paar trinkfreudige Freunde hatten sich uns angeschlossen und glühten mit uns vor.

Ich drang aber recht bald auf den Rückweg, da ich die COCK-UPS nicht verpassen wollte. Als wir losgegangen waren, war es auf dem Gelände aufgrund der parallelen Veranstaltungen bereits sehr voll, wobei sich langhaarige Metaller mit dem Punk- und traditionell eher kurzhaarigen Oi!-Publikum vermischten. Im Bambi hatten sich mittlerweile auch reichlich Interessierte zusammengefunden, die sich von den COCK-UPS aufwärmen ließen. Ein einzelner Typ hatte sofort Bock zu tanzen und versuchte mitunter derart ungestüm, andere zum Rempelpogo zu animieren, dass es mich ein bisschen wundert, dass er sich damit keine fing. Dafür sah seine Vorwärtsrolle sehr elegant aus und dauerte es auch nicht allzu lange, bis tatsächlich Bewegung in die Meute kam. Die COCK-UPS mit ihrem UK-’82-Sound hauten gut einen raus und wurden umso aufstachelnder, je entfesselter der Gitarrist den treibenden Groove und Punch der tighten Rhythmusfraktion um melodische Licks und Leads ergänzte. Sänger Sven shoutete und knurrte sich derweil durch die englischsprachigen Texte, übernahm die Kommunikation mit dem Publikum und hinterließ uns einen wunderbar aufgewärmten und -gelockerten, gut gefüllten Laden.

So herrschte dann auch von Beginn an beste Stimmung; es wurde getanzt, gejohlt und applaudiert, wie man es sich nach derart langer Bühnenabstinenz nur wünschen kann. Das übertrug sich natürlich zu uns auf die Bühne. Wir spielten ein zwölf Songs umfassendes Set von „Alcoholic Heart“ über „Where Is My Hope?“ bis „Total Escalation“, Jogi riss ‘ne Saite, hatte aber schon eine Ersatzklampfe bereitgestellt, auf der Bühne bildeten sich Lachen aus am Bühnenrand abgestellten, verschütteten Getränken, vor der Bühne gab’s Glasbruch (der dankenswerterweise sofort beseitigt wurde) und Christian quatschte mir in meine Ansagen rein und übte sich in schlechten Witzen, was offenbar als Entertainment aufgefasst wurde… Unser Bühnensound klang zwar irgendwie ganz anders als noch beim Soundcheck und zumindest unsere Frontmonitore bliesen uns regelrecht weg; sich derart gut selbst zu hören, war aber eine Wohltat. Urko und Jogi spielten das Material, als hätten sie nie etwas anderes gemacht, und waren im Vorfeld weitaus weniger aufgeregt als ich. Einstand geglückt, würde ich in aller Bescheidenheit behaupten wollen. Geil!

Vor der Tür herrschte inzwischen ein heilloses Gedrängel, so voll wie an diesem Abend hatte ich das Gelände noch nie erlebt. Anscheinend war das Death-Metal-Konzert bereits zu Ende, und wer die 40,- Öcken dafür abgedrückt hatte, durfte auch auf unsere 20-Euro-Veranstaltung – wodurch’s auch im Bambi noch voller und durchmischter wurde. Nun bliesen OI!STURM ASOZIAL mit Pauken und Posaunen zur Attacke und ihren auf bisher schon drei Alben erprobten Oi!-Punk ins Publikum. Dieses wirkte regelrecht ausgehungert nach diesem Sound, der mich wohlig ans deutsche Oi!-Revival erinnerte, das von den 1990ern bis weit in die 2000er hinein gefeiert wurde, dann aber irgendwann nachließ. Bands lösten sich auf oder änderten mal mehr, mal weniger radikal ihren Sound, die sog. Grauzone aus Bands, die den antifaschistischen Grundkonsens infragestellten oder, vermeintlich unpolitisch, die Szene wieder nach Rechtsaußen öffneten, bildete sich und wurde größer, und mit den grandiosen zweieinhalb EIGHT-BALLS-Alben war für mich in diesem Subgenre dann irgendwann eigentlich auch alles gesagt. Auf die weitere Verprollung der Szene hatte ich keinen Bock mehr und erweiterte meinen musikalischen Horizont, stellte aber irgendwann fest, dass meine Grenze bei Technical Death Metal und sowat überschritten ist, blieb also dem Punk letztlich treu. Jetzt bin ich kräftig abgeschweift – was hat das mit OI!STURM ASOZIAL zu tun? Nun, die klingen, als hätten sie sich nach dem Hören von SMEGMA- und PÖBEL-&-GESOCKS-Platten gegründet, brüllen einem inbrünstig und mit Arbeiterstolz ihre gleichermaßen von Saufen und Party, Selbstverständnis als Subkulturteil und Außenseiter, Gesellschaftskritik und nicht zuletzt Szeneschimpfe geprägten Texte entgegen, dass man sich in vergangene Zeiten zurückversetzt wähnt. Dabei erwecken sie nie den Anschein, hohle Bratzbirnen zu sein, sind, wie sich bei genauerem Hinhören offenbart, auch geistig im Hier und Jetzt unterwegs und wirken auf ihre ungestüm lospolternde Art erfrischend, sympathisch und prollig zugleich. Vor der Bühne ging’s dann auch richtig rund, ruckzuck wurde ‘ne oberkörperfreie Party Gesichtstätowierter daraus, wie sie in manchen spießigeren Kreisen ja seit einiger Zeit irgendwie in Verruf gekommen sind (die Partys, nicht die Gesichtstätowierten). Tatsächlich war das dann auch nicht unbedingt jedermanns Sache und ging’s auch schon mal etwas rüder zu. Ich postierte mich etwas abseits, schaute dem immer chaotischer werdenden Treiben zu und wurde glatt ein bisschen nostalgisch. Mindestens einer musste leider wegen einer scherbenbedingten Schnittwunde verarztet werden, mehr ist mir in dieser Hinsicht aber nicht bekannt. Noch ein bisschen was zum Musikalischen: Der Bassist spielt ‘nen sechssaitigen Angeberbass mit Kapodaster und ‘nem Picking-Ring (oder wie man so was nennt) am Finger – das sieht man auch nicht alle Tage. Die Band zockt mit zwei Gitarren, wobei der Sänger von seiner ab und zu ablässt, um zur Posaune zu greifen. Der Drummer hilft beim Gesang kräftig aus und röhrt von hinten seine kehligen Backgrounds. Der andere Gitarrist trägt u.a. ein KNOCHENFABRIK-Tattoo, von denen dann auch „Filmriss“ gecovert wurde. Ob bereits an diesem Abend (es sollte nämlich noch ein zweiter folgen, dazu später mehr) das geniale „74.000“ von GEWOHNHEITSTRINKER gespielt wurde, weiß ich nicht, da ich nicht permanent zugegen war, es hätte aber zu seinem zweiten Bandtattoo gepasst. So oder so: Hammer-Gig, der das Bambi zum Kochen brachte und bewies, dass nach dieser Musik auch in Hamburg eine hohe Nachfrage besteht! Gut, wenn sie von Bands wie den Thüringern bedient wird.

Danke ans Bambi und das großartige Team dort – als Gast eh einer meiner Lieblingsläden, jetzt auch als Affe auf der Bühne! Apropos Lieblingsläden: Dass zeitgleich im Monkeys ebenfalls ein Oi!-Punk-Abend stattfand und sich beide Clubs damit vermutlich gegenseitig einen Teil ihres Publikums weggenommen haben, ist etwas unglücklich. Mehr hab‘ ich aber auch nicht zu kritisieren.

Die Rückfahrt meiner Liebsten und mir geriet wegen der U-Bahn-Streckensperrung, aber auch meinem Durst und der einen oder anderen Raucherpause zur halben Odyssee, aber immerhin hatten wir Rolf und Jaybee (COCK-UPS) dabei. Zwei Stunden früher inne Heia wäre sicherlich nicht verkehrt gewesen, da es am frühen Nachmittag schon weiter nach Flensburg ging, wo wir für die leider kurzfristig ausgefallenen SPARTANICS eingesprungen sind. Dazu mehr in Kürze hier.

P.S.: Danke an meine Liebste für die Schnappschüsse unseres Auftritts!

Reich bebildert auch hier:
https://www.pissedandproud.org/04-04-20 ... -cock-ups/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

5.4.25, 20:30, Bi Nuu, Berlin
Die Braut haut ins Auge
Angekündigt 19 Uhr Einlass, 20 Uhr Beginn, und ich habe noch an einen Support gedacht (Jim Avignon, der ja auch eine Zeitlang spannende Musik machte, es stellte sich aber heraus, daß er der after Show DJ war), so traf ich zeitig 19:15 ein. Und stand wie viele andere vor verschlossener Tür. Zeit also, sich das Publikum anzusehen: der höchste Frauenanteil, den ich bisher bei einem Konzert erlebte, ich schätze 70-80%. Von meinem gesetzten Alter bis in den Teenager Bereich.
Dann schnell hinein gekommen, ich war doch ein wenig luftig gekleidet für den strengen Berliner Wind und hinein. Da ich so auf die Garderobe verzichten konnte, früh an der Bar. Zum Glück, da bildeten sich alsbald lange Schlangen. Und das blieb so diszipliniert bis zum Ende. Alle schön anstehen zum Bier. Klasse.
Das bi nuu ist ein Ort, den ich einst häufiger zu Punkkonzerten oder düsteren Tanzabenden besuchte. Da hieß es noch Kato. Direkt im U-Bahnhof Schlesisches Tor. Sozusagen unter den Schienen, die dort ja relativ hoch verlaufen, also sozusagen im Erdgeschoss. Ein größerer Eingangsraum mit der Garderobe, der bar, einem kleinen Merchandise Stand. Dort traf ich dann auch kurz eine der Musikerinnen, die sogar noch Zeit für einen kurzen schnack hatte, bevor sie sich Bühnen fertig machte.
Und dann ging es direkt los.
Die Braut waren zur Hälfte in Original- Besetzung, Bernadette La Hengst und Peta Devlin waren dabei. Die anderen beiden sind seit dem Ende der Band musikalisch nicht mehr aktiv gewesen. Zwei junge Frauen übernahmen den Part an Drums und Orgel, die original Orgel wurde für den echten Sound dankenswerter Weise von Karen Dennig zur Verfügung gestellt.
Sie begannen nach kurzen Grußworten mit Tandem Sprung. Sie spielten erstmal die "Was nehm ich mit" zur Gänze, da sie das für die Düsseldorfer Reihe Lieblings-LP so einstudiert hatten. Und da sind ja auch viele super Sachen drauf. Auch wenn ihnen Mein Schatz ein bisschen peinlich ist (ich liebe es), und Peta noch einen wunderbaren Country Song einschmuggelte. Bernadette gewohnt mit Power, super aufgelegt, und haute einige Anekdoten raus, vergaß nie ihre Mitmusikerinnen, und man spürte die innige Nähe zu Peta.
Das die überhaupt wieder auftreten kam durch die digitale Veröffentlichung ihres Gesamtwerk zu Stande, was nicht so einfach war, da die Plattenfirma aufgrund von Erfolglosigkeit vieles vernichtete. Begleitet mit einer Vinyl Best of. Da hätte ich mir eine Gesamtbox gewünscht, die dritte LP gibt es ja gar nicht in plastic.
Warum waren sie erfolglos? Weil die Leute keine Ahnung haben. Bernadette und Peta haben die schönsten Stimmen der Hamburger Schule. Sie nehmen vieles aus der Popgeschichte in ihrem Sound auf, ohne das es groß nach der nerdigen Metalerzählung oder überheblichen wissen klingt, wie bei mancher Jungsband der Zeit. Sie machen aus Girl Group 60s Pop, Post Punk, Independent- und Garagensound ihr eigenes Ding. Dazu die wunderbaren Melodien und schönen Texte. Auch diese nie auf wichtig, sondern verspielt, viel Liebe und Alltag. Wahrscheinlich erhoffte man sich damals eine deutsche Riot Grrl Variante. Klar sind sie auch politisch, aber dann doch auf anderem Wege.
Egal, das Konzert war toll, nachdem die LP durch war, gab es noch viele Hits, die vier Frauen unermüdlich, und ich mochte kaum weg zum Bier holen, um nichts zu verpassen. Denn das wäre das einzige: es hätte ruhig lauter sein dürfen, die sehr volle Halle schluckt da schon einiges.
Für die After Show Party fehlte mir die Energie, so dass ich mich bald trollte, den Kopf voller toller Musik im Kopf.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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fritzcarraldo
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von fritzcarraldo »

Tocotronic
IMG_20250410_221121264_HDR.jpg
IMG_20250410_221121264_HDR.jpg (3.2 MiB) 151 mal betrachtet
9.4. 25 / Schlachthof Bremen. Ausverkauft. Vorband: Cava.
Wie jedes Jahr. Letztes Jahr sogar 2x, da im Stadtpark HH auch noch. Letztes Jahr im Schlachthof Abriss galore. Dieses Mal ähnlich.
Schon früh da. Auftrag meiner Konzertfreundin: einen vernünftigen Platz belegen, da sie kurz vor knapp kommt. Halb oben links Richtung Theke. Klappte. Vorher noch Arkschi getroffen, der heute nun endlich bekehrt werden sollte. Klappte auch. Konzertfreundin kam, das Bier auch und wir unterhielten uns gut. Vorband Cava entpuppten sich nicht nicht als Caro und Valerie oder so, sondern als Peppie und Mela, die mit Schlagzeug und Gitarre zum Tanz aufspielen. Garagen Rock pur.
Dann die Tocos. "Im beschaulichen Bremen"! Ha das hört man sonst nur in BAUER SUCHT FRAU. Beschaulich.
Wie immer zu Beginn leise und besinnlich, um einen dann bis zum (und in HB anscheinend auch noch danach) Ingrid Caven Chanson mal so richtig den allerletzten Schmalz aus der Kanüle zu jagen. Mir klingelten danach nicht so sehr die Gehörlappen wie letztes Jahr, aber ich glaube das Chez Heinz Iso Börlin Concert von neulich hat mir meine Hörknochen abgehärtet. Auf jeden Fall war das alles mal wieder sehr schön bis genau richtig. Mucke gehört, Shirt gekauft und Bier getrunken. Kann man mal machen.
"Das ist nicht möglich!"
"Aber notwendig!"

(Interstellar)

"J&B straight and a Corona!"
(Patrick Bateman, American Psycho)

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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

8.4.25, 20 Uhr, Schlachthof Kesselhalle
Eilis Frawley, Los Bitchos
Die Los Bitchos veröffentlichten letztes Jahr ihre zweite LP Talkie Talkie, ich entdeckte sie mit dieser und es wurde mein persönlicher Newcomer 2024 und in Momenten die LP des Jahres. So war klar, dass ich den Weg zum ehrwürdigen Schlachthof fand, um ihnen live zu huldigen.
Das sahen leider nicht allzu viele so. Es blieb zum pünktlichen Beginn des supports relativ leer. Für mich zum Glück, hatte ich doch auf den Stufen einen prima Sitzplatz.
Eilis Frawley ist Schlagzeugerin, hat an ihrer Seite eine Bassistin und eine Multiinstrumentalistin, die Geige und digitales spielte und das alles mit Pedalen noch verfremdete. Eilis selbst sprach zu der Musik, das ging manchmal ins rezitierende über, vielleicht ein wenig wie bei Anne Clark, manchmal wurde sie auch laut. Von den beiden anderen Frauen gab es auch mal Background Gesang.
Das war alles sehr schräg. Das erzählte folgte nicht unbedingt den Rhythmus und Groove, was ich mir schwierig zu spielen vorstelle. Die Geigerin zauberte ungewöhnliche Sounds, die Bassistin hatte einen sehr guten abwechslungsreichen Flow.
Ja, ungewöhnlich. Irgendwas zog mich an, ich wusste nicht, ob ich das gut fand, aber zumindest hochinteressant. Zu mal es zwischendurch charmante Ansagen gab.
Dann, nach einer relativ kurzen Umbaupause Los Bitchos. Beheimatet in London, aber mit australischem, schwedischem und uruguyanischem Background. Die Musik knietief im Surf. Surf Musik mochte ich eigentlich schon immer. Und es gab immer wieder Retro Bands, die es ordentlich bis sehr gut auf die Bühne und Platte brachten, sah da einiges im Berliner Pony Club vor Jahren. Und andere, die sich an eine Aktualisierung mit Metal oder Punk versuchten, was meist öde war. Hier gibt es Anteile von Post Punk (Franz Ferdinand Sänger war ein früher Förderer), Hard Rock, orientalischem psych und Cumbia.
Die vier Frauen kamen mit Verstärkung (Mann an der Rhythmus Gitarre) auf die Bühne und legten sofort los. Gitarristin ein Derwisch, die bei rockigen Sachen eine Art Angus Young Ausdruck bekam, neben ihr zwei ultracoole: Keyboarderin und Bassistin, aber auf unterschiedliche Weise ultracool. Und hinter ihnen eine famose Schlagzeugerin mit Bongos statt einer snare im Set, die kompliziertes, wildes und straightes total leicht aussehen ließ.
Es gab nur instrumentales, auf der neuen Platte (Talkie halt) gibt es ja auch welche mit Gesang, mit wenig Pausen und hohem Energielevel.
Der Raum vor der Bühne füllte sich zum Glück. Und ich konnte an meinem Platz bleiben, um mich dort mitreissen zu lassen. Sie rockten durch ohne Zugabe.
Nachher am Merch stellten sich sowohl Eilis und ihre Mitmusikerinnen als auch die Bitchos als super sympathisch heraus.
Unbedingte Empfehlung.
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buxtebrawler
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Beitrag von buxtebrawler »

05.04.2025, Volksbad, Flensburg:
OI!STURM ASOZIAL+ HEROES 2 NONE + BOLANOW BRAWL


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Wie hier bereits vermerkt, bekamen wir die Möglichkeit, aufgrund des kurzfristigen Ausfalls der SPARTANICS einen Tag nach unserem ersten Auftritt in neuer BOLANOW-BRAWL-Besetzung einen zweiten Gig an der Grenze zu Dänemark dranzuhängen, also die von uns besungene „Two Day Session“ draus zu machen. Kurzentschlossen sagten wir zu und machten uns am frühen Samstagnachmittag auf den Weg nach Flensburg – ein Teil im Auto, ein Teil per Bahn (die sogar pünktlich war). Das Volksbad ist eine richtig geile Location, in der verschiedenste Veranstaltungen stattfinden und in die sich die Skinhead Crew Flensburg mehrmals im Jahr für ihre „Kleinstadtwahnsinn“-Konzertreihe einmietet. Witzigerweise hatte unser Gitarrist Christian Teile der Crew erst eine Woche vorher in Bad Oldesloe auf einem Konzert getroffen, wo man über ein mögliches Konzert ins Gespräch kam – das dann unverhofft rasch stattfand. PR-mäßig waren die auch auf zack, die Online-Flyer wurden rasch aktualisiert.

Wie tags zuvor im Bambi brauchten wir auch hier nur das Nötigste mitzubringen, was die Anreise sehr entspannte, und auch hier erwartete uns eine richtig fette Anlage mit sogar vier Monitorboxen am vorderen Bühnenrand. Backstage hatte man mehr als üppig für uns aufgefahren – ein riesiges Buffet, das nie und nimmer komplett verzehrt wurde, und Bier in zig Sorten, darunter sogar das ostdeutsche Kult-Arbeiterbier Sternburg Export, das die Thüringer OI!STURM ASOZIAL sich gewünscht und die Veranstalter tatsächlich kistenweise herangekarrt hatten, nachdem sie es im Bad Oldesloer Netto-Markt ausfindig machen hatten können. Der Soundcheck fand unter professionellen, entspannten Bedingungen statt und so bekamen auch wir einen amtlichen Sound zusammengemischt. Und auch hier waren Monitorboxen im Einsatz, die einfach ihren Dienst taten, ohne herumzuzicken oder nervige Rückkopplungen zu erzeugen. Ein Traum!

Anschließend gab’s lecker Mampf, wobei ich – und mein Umfeld – vom Aioli noch gefühlt drei Tage etwas hatten. Respekt! Inklusive ‘ner zweiten Koffeindosis und Konterbier half das, meinen leichten Kater vom Vortag zu bekämpfen. Mit dem Einlass füllte sich die Bude rasch und wir fingen pünktlich um 21:00 Uhr an. Unser Set war identisch zum Vorabend, der uns hier und da noch etwas in den Knochen steckte. Meine Sorge, dass meine mit aufeinanderfolgenden Gigs keinerlei Routine aufweisende Stimme versagen könnte, erwies sich aber als unbegründet. Dummerweise hatte sich Christian seine Klampfe am Vortag geschrottet, weshalb er auf ein völlig ungestimmtes Ersatzexemplar zurückgriff, dessen Saiten er nach jedem zweiten Song in Panik vor schiefen Tönen komplett durchstimmte. Das nahm etwas den Fluss aus unserer Darbietung, die Zwangspausen überbrückten wir mit dem üblichen debilen, alkoholgeschwängerten Gesabbel. Das Publikum meinte es nichtsdestotrotz gut mit uns. Vor der Bühne waren stets ein paar Leute am Tanzen und die Flucht ergriff niemand. Zwei Viertel der COCK-UPS, mit denen wir am Vorabend gespielt hatten, waren sogar eigens nach Flensburg nachgereist, um uns noch mal zu sehen. Völlig bekloppt, aber geil – herzliche Grüße! Der OI!STURM-Drummer hatte uns freundlicherweise sein Getränkehalterstativ zur Verfügung gestellt, sodass ich diesmal nicht ständig versehentlich mein Bier umtrat oder mit dem Mikrokabel zu Fall brachte. Feuchte Kehle, aber trockene Bühne! So’n Ding will ich jetzt immer. Den ganzen Abend wurden übrigens professionelle Fotos geschossen, die aber anscheinend erst noch entwickelt werden. Gibt aber ein, zwei Livevideos:



Die HEROES 2 NONE stammen aus dem dänischen Aarhus und setzen sich offenbar aus (ehemaligen) Mitgliedern dänischer Oi!-/Streetpunk-Bands wie LAST SEEN LAUGHING, THE GUV’NORS (mit denen wir mal in Kiel gespielt hatten) und THE OUTFIT zusammen, sind Teils etwas älteren Semesters und zocken ‘ne unterhaltsame, gut in Ohren und Beine gehenden Mischung aus klassischem Oi!-Punk, Punkrock, aber auch Pubrock mit durchgehend englischsprachigen Texten. Die Band hat ‘ne verdammt sympathische Ausstrahlung und kam bestens an. Anfänglich sprang der Bassist ins Publikum, um kurz mitzupogen, woraufhin sich die Tanzfläche immer stärker füllte und die Band gebührend abgefeiert wurde, während ich zwischen Merchstand, Schmauchen vor der Tür, Bier holen und -wegbringen mäanderte, also nicht den ganzen Gig auf die Band fixiert verfolgte. Auch von diesem existieren Videos:




Mehr als am Vortag sah ich aber vom Headliner Oi!STURM ASOZIAL, allein schon aufgrund der wesentlich breiteren Fläche vor der größeren Bühne. Das Quartett packte die gröbere Kelle aus und zockte sich durch seine Trinker- und Szenehymnen und musikgewordenen Mittelfinger an Gesellschaft, Spießer und Faschos. Die Band hat die Kraft der zwei Gitarren, sechs Basssaiten, sechs Sternikästen und acht Eier – und sorgte für eine vor der Bühne im Vergleich zu Hamburg nicht ganz so körperliche, harte, sich dafür über mehr Reihen erstreckende Ekstase. Ich erinnerte mich daran, am nächsten Tag gar nicht so viel vorzuhaben, und gab mir nun auch wider jede Vernunft die Kante, indem ich ihnen das Export wegsoff und mich irgendwann vor der Bühne den einen oder anderen Refrain mitskandierend wiederfand. Songs wie „Spinnennetz“, „Erzähl mir was“ oder auch das besonders prollige „Drecksau“ setzten sich als hartnäckige Ohrwürmer fest, gecovert wurden zeitlose Hits wie „74.000“ der GEWOHNHEITSTRINKER und „Filmriss“ von KNOCHENFABRIK, und immer mal wieder lockerte die Posaune den aggressiven, rauen Oi!-Punk-Sound mit seinem heiseren Gesang und den kräftigen Chören auf. In den vorderen Reihen spritze man euphorisiert mit Bier, die Stimmung war auf ihrem Höhepunkt und total mitreißend. Gegen Ende befanden sich noch zwei Leute mehr auf der Bühne, weil einer von ihnen Geburtstag hatte und mitsingen sollte oder so... Kriege ich nicht mehr 100%ig zusammen.




Irgendwann verschwimmen dann meine Erinnerungen und ohne Christians wesentlich bessere Hälfte Sandy, die einen Teil von uns völlig selbstlos nach Hause und mich sogar bis vor die Haustür brachte, wäre ich mit meiner Oi!STURM-LP unterm Arm wohl nicht mehr nach Hause gekommen. El Christian und Don Raoul hingegen schlugen sich noch die Nacht in Flensburg um die Ohren. Ach ja, und Christian nickte alles ab, sogar den Arsch vom OI!STURM-Drummer im Takt zur Reggaemusik (kleiner Insider) ;) Sonntag lagen zwei feucht-fröhliche Konzertabende hinter uns, die uns angefixt haben. An beiden hat man uns überaus freundlich empfangen und aufgenommen, es hat uns an nichts gemangelt! Im Bericht vom Vortag schrieb ich ja bereits, dass mich OI!STURM ASOZIAL an den Sound des Oi!-Revivals in den ‘90ern erinnern. In Flensburg kamen stilecht die zwischenzeitlich ja fast ausgestorben gewähnten bunten aufgestellten Iros und Domestosjacken hinzu – und, und das ist wahrscheinlich das Schönste: gar nicht so wenig Jungvolk. Von der so oft beschworenen Überalterung der Szene war hier nicht viel zu sehen.

Danke an die Skinhead Crew Flensburg für die leidenschaftliche, liebevolle Organisation, den Volkshaus e.V., Sandy und Sheila, Oi!STURM ASOZIAL und HEROES 2 NONE sowie alle Konzertbesucherinnen und -besuchern – das hat geflenst!

Reich bebildert auch hier:
https://www.pissedandproud.org/05-04-20 ... now-brawl/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
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Dick Cockboner
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von Dick Cockboner »

karlAbundzu hat geschrieben: Do 10. Apr 2025, 14:54 5.4.25, 20:30, Bi Nuu, Berlin
Die Braut haut ins Auge
:thup: Schöner Bericht!
Ich war früher relativ oft im KATO, schöne Location mit direkter U- Bahn Anbindung. :D
Bestes Konzert: Reverend Horton Heat, die Butze brannte vor Begeisterung, Abriss total!
“It’s hard to see things when you’re too close. Take a step back and look.”
Bob Ross
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