„Fuck!“
Die von den Coen-Brüdern produzierte, von Glenn Ficarra und John Requa geschriebene und von US-Regisseur Terry Zwigoff („Crumb“) inszenierte Komödie wurde bei seinem Erscheinen im Jahre 2003 als Anti-Weihnachtsfilm gehandelt. Billy Bob Thorntons („Chopper Chicks in Zombietown“) Einmann-Show provozierte und erzielte gute Einspielergebnisse.
„Shit!“
Thornton mimt den versoffenen, fluchenden Misanthropen und Ganoven Willie, der seinem Kinder- und Weihnachtshass zum Trotz in schöner Regelmäßigkeit den Kaufhaus-Santa gibt, um anschließend mit seinem kleinwüchsigen Komplizen Marcus (Tony Cox, „Beetlejuice“) den Tresor zu plündern. Das klappte lange Jahre eigentlich ganz passabel, doch diesmal ist der Schwierigkeitsgrad erhöht: Kaufhaus-Manager Bob Chipeska (John Ritter, „Es“) hat ein wachsames Auge auf Willie, Kaufhausdetektiv Gin (Bernie Mac, „Ocean’s Eleven“) durchschaut den Plan des Duos und erpresst es – und zu allem Überfluss glaubt der naive, adipöse, vereinsamt mit seiner verwirrten oder dementen Großmutter (Cloris Leachman, „Rattennest“) zusammenlebende Junge Thurman Merman (Brett Kelly, „Stirb später, Liebling“), Willie sei der echte Weihnachtsmann und heftet sich an seine Fersen. Willie jedoch nutzt die Gunst der Stunde und zieht bei den beiden ein, handelt es sich doch um ein ideales und zudem kostenloses Quartier. Auch mit Sue (Lauren Graham, „Gilmore Girls“) hat er Glück: Die attraktive Sexbombe steht auf Weihnachtsmänner…
„Why don't you wish in one hand, and shit in the other? See which one fills up first.“
Willie scheint tatsächlich die absolute Antithese zum Weihnachtsmann zu sein, voller Spielfreude wild fluchend und herrlich angepisst von Thornton verkörpert. Der Film wurde um seine Rolle herum konzipiert, er ist das größte Pfund der Handlung, alles andere im Prinzip nebensächlich. Nun gilt es in einem 90-minütigen Spielfilm aber auch eine Geschichte zu erzählen, was über weite Strecken ziemlich gut funktioniert: Respektlos tritt Willie alles, was anderen an Weihnachten heilig ist, mit Füßen und pöbelt, was das Zeug hält, beginnt sich aber auch für Thurman zu interessieren, bis schließlich beide voneinander profitieren. Willie gelingt es, Thurman ein wenig Selbstbewusstsein zu vermitteln, wodurch Willie tatsächlich so etwas wie eine sympathische, menschliche Seite entwickelt. Dies geschieht ebenso kitschfrei und ohne falsches Sentiment wie die parallel verlaufende Kriminalgeschichte, in der später sogar die Waffen sprechen. Ein neuer Konflikt entsteht zwischen Mac und Willie, da Mac Willies Engagement für den Jungen argwöhnisch beäugt.
„More booze, more bullshit, more butt-fucking…“
Die Handlung und ihre Erzählweise halten das Publikumsinteresse aufrecht, zumal auch die Schauspielerinnen und Schauspieler der Nebenrollen sich prima in den Film und seine Stimmung einfügen, Graham als Sue zudem verdammt süß ist und Regisseur Zwigoff und Brett Kelly als Thurman wie füreinander geschaffen scheinen: Wie die Kamera die treudoofe Mimik des Jungen einfängt, ist beinahe eine Klasse für sich und vor allem urkomisch. Lediglich die Rolle Gins ist mir zu überzeichnet angelegt und interpretiert. Die nächste Disziplin ist es dann, den Film zu einem befriedigenden Ende zu bringen. Doch, herrje – was tat man mit dem rotzigen, verlotterten Ganoven, der einem nun auch noch ans Herz gewachsen ist, weil er in seiner allgemeinen Menschenfeindlichkeit nicht etwa auch noch einen Schwächeren wie Thurman demütigte, sondern sich einer annahm und Empathie sowie Verantwortungsgefühl entwickelte?
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Man erinnerte sich daran, irgendwie ja doch Hollywood-Mainstream-Kino zu sein und, Achtung: Spoiler, ließ ihn nicht mit seinen Raubzügen und seinem Lebensentwurf durchkommen, sondern die Polizei obsiegen und deutete schließlich doch noch so etwas wie Läuterung an.
Damit erweist sich der Film leider als kleine Mogelpackung, denn auf seinen letzten Metern geht ihm die Chuzpe aus und er verliert zugunsten einer Massentauglichkeit an Konsequenz. Reichlich unverständlich, denn jenes dieses Ende gutheißende Publikum dürfte zuvor bereits derart vor den Kopf gestoßen worden sein, dass es den Kinosaal längst verlassen respektive auf der Fernbedienung umgeschaltet hat.