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Der neuseeländische Journalist besucht ungewöhnliche und oftmals makabere Orte auf allen Kontinenten, die von sogenannten Katastrophen-Touristen (eher schlecht als recht vom englischen "Dark Tourist" übersetzt) frequentiert werden. Herr Farrier sitzt mitten unter ihnen mit einer Mischung und ungläubigen und leicht spöttischen Blick und harrt der Dinge, die auf ihn zukommen. Eigentlich lustige Idee - leider nur sehr schlecht und effektheischend aufbereitet...
Neue Netflix-Serie über einen neuseeländischen Journalisten, der alle Kontinente bereist um seltsamen Touri-Attraktionen auf die Spur zu kommen. Die Idee ist ja ganz lustig, aber irgendwie ist „Dark Tourist“ nicht wirklich gut gemacht und der Journalist wirkt zwar sympathisch, aber auch sehr naiv und dem Zuschauer werden Attraktionen als sensationell verkauft, die aber nicht so wirklich besonders erscheinen. Das Ganze wird mit viel Wackelkamera im flotten Dokutainment-Stil, Untertitel und Voiceover näher gebracht und im ersten Teil in Lateinamerika geht es um den Drogenboss Escobar (wohl rein zufällig der Inhalt einer weiteren, erfolgreichen Netflix-Produktion) und sein touristisches Vermächtnis, dem mexikanischen Totenkult inklusive Exorzismus und Grenzübertritts-Rollenspiele, in der sich der Pauschaltourist für sechs Stunden wie ein Flüchtling fühlen darf. Nicht wirklich bahnbrechende Dinge, sondern eher bizarre bis erheiternde Auswüchse von Alltagstourismus, die den Zuschauer jenseits der Zwanzig aber nicht sonderlich überraschend sollten. Mal schauen, ob wir da weiter gucken – momentan bin ich nicht überzeugt.
Ep. 2 (Japan)
Die zweite Folge von „Dark Tourist“ ist dann gleich noch schlimmer als der Auftakt und führt den neugierigen Journalisten aus Neuseeland nach Japan, wo er sich mit Gleichgesinnten die Ruinen von Fukushima anschaut, den Selbstmord-Wald von Aokigahara (Paul Logan lässt grüßen) und die verlassene Insel Hashima besucht. Die Art und Weise wie hier versucht wird, die ganze Sache als Sensation zu verkaufen, entspricht doch tatsächlich den unsäglichen Mondo-Filmen aus den Siebzigern und der Zuschauer wird mit allerlei Fakten und Ereignissen konfrontiert, die aber nie irgendwie verifiziert werden und die man so akzeptieren muss. Der mäßig sympathische Journalist wirkt auch immer etwas überheblich und macht sich eher über diese Art den Tourismus und den Reisenden lustig, während die Kamera aber natürlich genau drauf hält, wenn etwas Sonderbares oder Außergewöhnliches gesichtet wird. Zwar werden dann doch noch die Regeln des Anstands und der Pietät eingehalten, aber sympathisch ist das aber alles nicht und irgendwie war diese Art von Kamera-begleiteter und gestellten Sensations-Tourismus in den Sechziger und Siebziger ja besser aufgehoben, als in Zeiten wie diesen, in denen DuRöhre ja voll mit derartigen Clips verhaltensauffälliger und selbstverliebter Youtube-Celebrities ist.
Besser wird die Serie nicht und auch der Trip in die USA präsentiert sich als maues Vergnügen eines immer etwas zu überrascht tuenden Journalisten, der sich hier auf die Spuren von Massenmördern, geschichtlichen Ereignissen und Vampiren begibt und dabei immer so tut, als wäre seine Auffassung von Katastrophentourismus absolut verwerflich und geschmacklos. Zuerst geht es nach Milwaukee bzw. um den Massenmörder Jeffrey Dahmer, auf dessen Spuren man sich heftet, dann um den Mord an John F. Kennedy, dessen letzte Fahrt man in Dallas mit und ohne Verschwörungstheorien nacherleben kann, ehe der Kurzbesuch bei den selbsternannten Vampiren in New Orleans dann endgültig zum Fremdschämen anregt. Dabei gibt sich David Farrier nur vermeintlich neutral und macht indirekt keinen Hehl daraus, dass er das eigentlich total lächerlich und absonderlich findet. Leider ist „Dark Tourist“ dabei weder spannend, noch witzig, sondern erinnert an „Scripted Reality“ und etwas, mit dem man seine spärliche Freizeit eigentlich nicht verplempern möchte.
Auch Teil 4 ist eigentlich inhaltlich eine ziemliche Katastrophe und bringt den Neuseeländer David Farrier in die abgeschiedenen und streng geführten Staaten der Ex-UdSSR, wo dieser ein Ex-Atomtest-Areal besucht, einen Raketenstart verfolgt und letzten Endes in Turkmenistan landet, dass neben Nord-Korea zu den isoliertesten Land der Welt zählt. Dabei gibt es zwar durchaus beeindruckende Bilder, aber abermals einen ganz schlechten journalistischen Stil, der dem Zuschauer auch keine Möglichkeit lässt, die präsentierten Bilder und den selbstverliebt-zynischen Kommentare auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Ich nehme David Farrier seine bisweilen sehr banalen Erlebnisse (was hat z. B. ein Raketenstart mit Katastrophen-Tourismus zu tun) jedenfalls nicht ab und vor allem die Erlebnisse in Turkmenistan wirken von vorne bis hinten völlig unglaubwürdig und werden zudem noch ganz tendenziös präsentiert. Statt halbwegs seriösen Journalismus über die durchaus bestehenden Abgründe von weltweitem Tourismus, gibt es hier einen sehr effektheischenden Youtube-Stil und ein offensichtliches Story-Telling, dass stets eine sehr einseitige Sicht der Dinge präsentiert und voll und ganz auf ein sehr naives Publikum zugeschnitten ist.
supervillain hat geschrieben:Ich hätte da jetzt schon mal reingesehen, mach aber gerade zum ersten Mal eine kleine Netflix Pause.
Deine Meinung hätte mich ja schon interessiert. Die Idee zu der Serie finde ich ja lustig, aber das Ergebnis überzeugt leider so gar nicht. Vielleicht habe ich mir auch nur etwas völlig anderes erwartet und die Europa-Folge will ich ja trotzdem noch sehen
Hach, irgendwie habe ich mir ja gar nix anderes erwartet und auch der Trip nach Europa ist ebenfalls nicht sonderlich prickelnd ausgefallen und hat mit dem Thema Katastrophentourismus auch nur ansatzweise etwas gemein. Zuerst führt die Reise nach England, wo David Farrier an einem Wochenende auf eine Art Cosplay-Convention für Kriegs- und Geschichtsinteressierte teilnimmt. Also eine Art Heeresmanöver für Leute, die mit ursprünglichen Kostümen und Platzpatronen diesen Teil der Geschichte nachspielen und dabei wird natürlich prompt die Nazikeule ausgepackt. Danach geht es weiter in das „Museum“ eines weiteren Engländers, der sich auf Mörder, Verbrechen und sonstige Dinge spezialisiert hat und dabei ein ähnlich journalistisches Verständnis wie Farrier an den Tag legt und bei dem es hauptsächlich um die Glaubwürdigkeit der Exponate geht. Wen interessiert auch die Glaubwürdigkeit, wenn der Showfaktor stimmt? Im dritten Teil geht es dann auf die geteilte Insel Zypern, wo Farrier gerne den von unterschiedlichen Truppen gesperrten Teil der Stadt Famagusta besuchen möchte um dann ganz überrascht festzustellen, dass dieses nicht so einfach möglich ist und man UN-Schutztruppen und türkisches Militär dabei auch eher nicht filmen sollte.
Mit der fünften Episode ist David Farrier endgültig beim Mondo-Genre angekommen und geht der Frage nach, ob man in Kambodscha als Tourist für Geld Tiere mit der Bazooka wegpusten kann, fährt von der Regierung bewacht in eine menschenleere Touristenstadt in Myanmar und besucht ein bizarres Begräbnis-Ritual inklusive Tier-Schlachtungen irgendwie in Sri Lanka Burma. Vor allem die letzte Episode erinnert dann an die unzähligen und Sensations-heischenden Filme a la „Mondo Cane“ oder „Shocking Asia“, die dem staunenden Publikum vor einigen Jahrzehnten Kuriositäten aus aller Welt näher brachte und dabei auch die Grenzen des guten Geschmacks ausloteten. Hier – und das muss ich Farrier doch anrechnen – bleibt der neuseeländische Journalist aber stets zurückhaltend und zeigt im Gegensatz zu vorangegangenen Folgen auch Respekt vor der fremden Kultur und verzichtet auch auf zu grafische Bilder, die sich hier sicherlich zur Genüge geboten hätten. Wären auch die anderen Folgen so und würde nicht ständig das Wort „Katastrophen-Tourismus“ falsch verwendet, hätte man „Dark Tourist“ ja durchaus interessant finden können.
jogiwan hat geschrieben:Mit der fünften Episode ist David Farrier endgültig beim Mondo-Genre angekommen und geht der Frage nach, ob man in Kambodscha als Tourist für Geld Tiere mit der Bazooka wegpusten kann, fährt von der Regierung bewacht in eine menschenleere Touristenstadt in Myanmar und besucht ein bizarres Begräbnis-Ritual inklusive Tier-Schlachtungen irgendwie in Sri Lanka.
Das hört sich ja unglaublich interessant an!
David Farrier als ein Alan Yates 2.0?
Ich nehme an, die Serie/Folge kann man nur mit gültigem Account bei Netflix schauen, oder wird da auch mal etwas extern veröffentlicht?
jogiwan hat geschrieben:Mit der fünften Episode ist David Farrier endgültig beim Mondo-Genre angekommen und geht der Frage nach, ob man in Kambodscha als Tourist für Geld Tiere mit der Bazooka wegpusten kann, fährt von der Regierung bewacht in eine menschenleere Touristenstadt in Myanmar und besucht ein bizarres Begräbnis-Ritual inklusive Tier-Schlachtungen irgendwie in Sri Lanka Burma.
Das hört sich ja unglaublich interessant an!
David Farrier als ein Alan Yates 2.0?
Ich nehme an, die Serie/Folge kann man nur mit gültigem Account bei Netflix schauen, oder wird da auch mal etwas extern veröffentlicht?
Bei Netflix ist das nicht so einfach zu sagen und "Dark Tourist" ist wohl als sogenanntes "Netflix Original" wohl auch ein Format, dass exklusiv für den Streaming-Dienst gestaltet wurde. Je erfolgreicher die Serie - desto länger muss man da wohl warten. Also geht das bei "Dark Tourist" ja dann vielleicht recht fix!