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The Night Walker.jpg (41.74 KiB) 457 mal betrachtet
Originaltitel: The Night Walker
Herstellungsland: USA / 1964
Regie: William Castle
Darsteller: Robert Taylor, Barbara Stanwyck, Judi Meredith, Hayden Rorke, Rochelle Hudson, Marjorie Bennett, Jess Barker, Tetsu Komai, Lloyd Bochner, Paulle Clark, Paul Frees, Kathleen Mulqueen
Howard Trent (Hayden Rorke) ist unzufrieden mit seinem Eheleben. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass seine Frau Irene (Barbara Stanwyck) ihn betrügt. Ihr Reden im Schlaf ist genauso verräterisch wie ihre Art, mit ihm zu sprechen. Es bedarf für den erblindeten Gatten keine Augen, um daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Doch wie es das Schicksal will, kommt Howard in einer gigantischen Explosion ums Leben, nachdem er seine Frau zur Rede gestellt hat. Irene sieht sich daraufhin einem wahren Alptraum ausgesetzt: Die Träume, in denen sie ihren Mann betrog, wandeln sich mit einem Mal zur Horrormähr, in welcher ihr verstorbener Mann sie grausam entstellt aufsucht. Irene ist gefangen in einer Spirale aus Fiktion und Realität. Sie sucht Hilfe bei ihrem Anwalt Barry Moreland (Robert Taylor). Kann der ehemalige Vertraute Howard Trents seiner Witwe dabei helfen, der Spirale zu entkommen?
Nachdem der berüchtigte Regisseur und Gimmick-Freund William Castle „Die Zwangsjacke“ mit Hollywood-Diva Joan Crawford abgedreht hatte und mittlerweile mit Fug und Recht als Experte für laut polternde, liebenswerte und unterhaltsame US-B- bzw. -Low-Budget-Movies galt, verfilmte er mit „Er kam nur nachts“ im Jahre 1964 ein weiteres Drehbuch des „Psycho“-Autors Robert Bloch. „Er kam nur nachts“ ist irgendwo zwischen Grusel-Krimi und Psycho-Thriller einzuordnen und hat mit Barbara Stanwych („Untergang der Titanic“) erneut eine alternde Hollywood-Ikone in der Hauptrolle vorzuweisen.
Der blinde, doch vermögende Howard Trent (Hayden Rorke, „Die unteren Zehntausend“) glaubt, dass seine Frau Irene ihn betrügt, da sie im Schlaf von einem anderen Mann redet. Er vertraut sich dem Anwalt Barry Moreland (Roger Taylor, „Die Macht und ihr Preis“) an und konfrontiert seine Frau mit den Vorwürfen. Kurz darauf ist er nach einer rätselhaften Explosion im Haus spurlos verschwunden. Seine Frau wird fortan mit alptraumhaften Visionen geplagt und bekommt zunehmend Schwierigkeiten, Traumwelt und Realität auseinanderzuhalten. Hilfesuchend wendet sie sich an Moreland…
Oberflächlich betrachtet ist „Er kam nur nachts“ ein reißerischer Kriminalfilm, der sich einiger Horrorfilm-Ingredienzien bedient, in dem letztlich aber nichts wirklich Übersinnliches vor sich geht. Der blinde Howard Trent wird bereits zu Lebzeiten mit seinen weißen, leeren Augen extrem gruselig inszeniert. Sein verbranntes Antlitz steigert diesen Effekt noch und mit Kunstnebel, Schnitttechnik und schaurigen Requisiten erzeugte, atmosphärisch unheimliche Szenen, die bereits das Surreale streifen, beweisen Castles Händchen für die Reproduktion klassischer Genre-Charakteristika, die die Erwartungshaltung des Publikums erfüllen. Ein psychologisch ähnlich versierter Thriller wie „Mörderisch“ oder „Die Zwangsjacke“ wurde „Er kam nur nachts“ indes nicht, wenngleich, wagt man einen Blick unter die Oberfläche, der Subtext im prä-emanzipatorischen Zeitalter durchaus mutig von den heimlichen Wünschen und Begierden einer unbefriedigten Ehefrau handelt, welche als Sympathieträgerin eingeführt wird. Viel mehr an psychologischem Tiefgang bietet Castles Film aber nicht und auch die letztliche Auflösung der Geschehnisse ist nicht sonderlich schwer zu erraten. Stattdessen lädt „Er kam nur nachts“ dazu ein, die schönen, stimmig ausgeleuchteten und von einem sich überraschend im Ohr festsetzenden Soundtrack begleiteten Schwarzweiß-Bilder ebenso auf sich wirken zu lassen wie Taylors und Stanwychs (trotz guter darstellerischer Leistungen Laien-)Psychospiel genussvoll beizuwohnen. Allzu glaubwürdig wirkt dieses aber eben nicht, derart leicht dürfte kaum eine Frau im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte zur Hysterie zu verleiten sein. Auch dann nicht, wenn diese anscheinend stets in voller Montur zu nächtigen bevorzugt…
Wie auch bei „Die Zwangsjacke“ ergeht man sich in etwas unnötig ausführlichen Erklärungen am Ende, statt sich auf den Intellekt seines Publikums zu verlassen. Unterm Strich handelt es sich aber um ein gelungenes, kurzweiliges Vergnügen für den nostalgischen oder historisch interessierten Genrefilmfreund, das auf die Castle-typische Art sympathisch, charmant und ein bisschen naiv erscheint. Und irgendwie gefällt mir die Idee mit dieser bizarren Explosion im Haus sehr. Kawumm, ein Zimmer weniger. Warum nicht.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Erscheint voraussichtlich am 06.11.2020 bei Anolis innerhalb der "Der Fluch der Galerie des Grauens"-Reihe als Blu-ray/DVD-Kombination:
Extras:
Audiokommentar mit Steve Haberman / Audiokommentar mit Robert Zion / Amerikanischer Kinotrailer / Amerikanischer Radio-Spot / Deutsche Titelsequenz / Amerikanischer Werberatschlag / Filmprogramm / Bildergalerie
24-seitiges Booklet geschrieben von Robert Zion
Bemerkungen:
2-Disc-Edition (Blu-ray & DVD)
Verpackung: Standard Amaray Hülle (mit Flügel für 2. Disc)
Für William Castles "Er kam nur nachts" trifft es die Kombination noastalgisch naiv recht gut.
Das Psycho-Verwirrspiel um die Millionenerbin Irene (Barbara Stanwyck) und den ihr zur Seite stehenden Anwalt
Barry (Robert Taylor) hat zwei prominente Zugpferde an Bord, deren jeweilige Hochzeiten in Hollywood
allerdings schon der Vergangenheit angehörten. Robert Taylor starb wenige Jahre nach "er kam nur nachts"
im viel zu jungen Alter von 58. Dei beiden galten wohl in den Dreißigern als Traumpaar im Film,
deshalb wohl hier auch die Widmung "Barbara Stanwyck und Robert Taylor endlich wieder vereint".
Ergänzt werden die beiden durch Lloyd Bochner (Vater von Hart Bochner "Monster im Nachtexpress")
als "The Dream" und Judi Meredith als Friseuse, beide vielbeschäftigte Darsteller aus der B-Riege.
William Castle läßt hier seiner Vorliebe für gothische Gruseleffekte, moderne Gimmicks und dramatische
Musikbegleitung freien Lauf. Besonders das Hauptthema des Films ist sehr eingängig; einmal gehört, nie mehr vergessen.
Natürlich muß der Zuschauer wieder einige Kröten schlucken. Zum Beispiel sei das rückstandslose Verbrennen eines Körpers bei einer
solchen Explosion nicht außergewöhnlich(!), wohingegen der am Haus angerichtete Schaden recht überschaubar ist.
Dazu zählt auch die mit großem Ernst und Pathos dargebrachte Auflösung der Geschichte, die aus heutiger Sicht
keine allzu große Überraschung darstellt. Dennoch läßt man sich als Zuschauer gerne auf Castles Spiel
ein und wird dann auch kurzweilig und "nostalgisch naiv" unterhalten.
6,5/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
Mir kommt der Film auch ein wenig wie ein kleines Denkmal für Barbara Stanwyck vor, deren Karriere im Kino zu Ende ging. Zwar kein völliger Abschied, sie war später in einigen TV-Filmen und Serien zu sehen, aber der Zenit des Erfolges war bereits deutlich überschritten. Schade, denn Frau Stanwyck versprüht hier Klasse und Erotik einer Dame in den besten Jahren!
William Castle kommt nicht ohne Mummenschanz und Popanz aus, was bereits während des Prologs klar wird. Später qualmt und knallt es ab und zu, scheinen Träume und Realität ineinander zu verschmelzen. Nebenbei erinnern Barbara Stanwycks Autofahrten an Hitchcocks meisterlichen "Psycho". Die großartige Filmmusik soll ebenfalls nicht unterschlagen werden!
Am Ende alles nur Blendwerk und eine arg einfache Auflösung & Rettung. Stört aber zu keiner Sekunde, denn der Streifen bereitet wirklich Freude! Kuscheldecke für herbstliche Abende.
Sehr schön, sehr angenehm. Feine Blu-ray aus dem Hause Anolis.