Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson (2007)

Moderator: jogiwan

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horror1966
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Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson (2007)

Beitrag von horror1966 »

Jack Ketchum's Evil.jpg
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Jack Ketchum's Evil
(The Girl Next Door)
mit Blythe Auffarth, Daniel Manche, Blanche Baker, Graham Patrick Martin, Benjamin Ross Kaplan, Austin Williams, William Atherton, Grant Show, Catherine Mary Stewart, Kevin Chamberlin, Peter Stickles, Spenser Leigh
Regie : Gregory Wilson
Drehbuch : Daniel Farrands / Philip Nutman
Kamera : William M. Miller
Musik : Ryan Shore
Keine Jugendfreigabe
USA / 2007

Amerika in den frühen 60ern. Als ihre leibliche Mutter hinter Gitter wandert, landen die Schwestern Meg und Susan in der Obhut der dreifachen Mutter und Gewohnheitstrinkerin Ruth Chandler. Schon bald nach ihrer Ankunft sucht und findet Ruth Vorwände, um die jungen Mädchen und insbesondere Megan zu bestrafen. Die Misshandlungen nehmen bald an Brutalität und Häufigkeit zu, schließlich beteiligen sich neben ihren drei Söhnen auch die gesamte Jugend der näheren Nachbarschaft an den Folterorgien.


Als erstes möchte ich anmerken, das es hier fantastisch gelungen ist, das Buch von Jack Ketchum zu verfilmen. Selten habe ich eine so originaltreue Verfilmung eines Buches gesehen, wie diese hier. Man merkt richtig, das der Film auch sehr viel Liebe zum Detail beinhaltet, was ja nun nicht bei allen Buchverfilmungen der Fall ist. Wenn man diesen Film sieht, muß man feststellen, das einige Dinge auch wirklich so dargestellt werden, wie man sie sich beim Lesen vorgestellt hat, mir jedenfalls erging es so.

Der Film hat meine Erwartungen weitaus mehr als nur erfüllt, die Story wird sehr gut und interessant erzählt, der Film versteht es, den Zuschauer von Beginn an in seinen Bann zu ziehen und strahlt eine ungeheure Faszination aus. Auch die darstellerauswahl finde ich hervorragend, vor allem die Rolle der Ruth wurde, wie ich finde, perfekt besetzt. Auch wenn dies natürlich der schlimmste und unsympatischste Charakter des Films ist, muß man trotzdem sagen, das er absolut perfekt dargestellt wird.

Atmosphärisch gesehen ist der Film sehr fawcettenreich, die am Anfang noch herrschende "Heile Welt - Atmosphäre" ändert sich minütlich, sie wird immer bedrohlicher und vor allem beklemmender, bis sie schließlich in der Katastrophe ausartet. Die hier vorherrschende Härte und Brutalität sprengt schon fast den Rahmen des Vorstellbaren, man ist über das Gesehene in seinen Grundfesten erschüttert und mag sich kaum vorstellen, das Menschen zu solchen Grausamkeiten in der Lage sind.

Auch hier bei der Härte und Brutalität nimmt das Unheil langsam seinen Lauf. Was noch ziemlich harmlos anfängt, steigert sich immer mehr, am Anfang noch vorhandene Hemmungen der Täter verlieren sich im Laufe des Films gänzlich und am Ende endet es in einer absoluten Katastrophe.

Sämtliche Charaktäre des Films werden absolut überzeugend dargestellt und auch die "Verwandlung" von Kindern in hemmungslose und gefühlskalte Bestien, die Recht nicht von Unrecht unterscheiden können, wurde fantastisch in Szene gesetzt.

Und obwohl der Film eine extreme Brutalität freisetzt, die sich auch im Kopf des Zuschauers abspielt, ist das Empfinden des Betrachters beim Lesen des Buches doch noch intensiver, deshalb möchte ich auch Jedem empfehlen, sich nicht nur diesen Film anzusehen, sondern auch das Buch zu lesen, denn Beides ist ein absolutes Erlebnis, das man sicher nicht so schnell vergessen wird und kann.



10/10
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buxtebrawler
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von buxtebrawler »

Liegt dem Film der gleiche Kriminalfall zugrunde wie "An American Crime"? Klingt sehr ähnlich.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von purgatorio »

buxtebrawler hat geschrieben:Liegt dem Film der gleiche Kriminalfall zugrunde wie "An American Crime"? Klingt sehr ähnlich.
ja, ist der gleiche Fall. Der ging den Amerikanern schon recht tief ins Mark. Kann man auch gut in Stigleggers "TerrorKino - Angst/Lust und Körperhorror" nachlesen.
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von buxtebrawler »

Wie ist denn diese Verfilmung im direkten Vergleich mit "An American Crime", den ich großartig fand und 9/10 gezückt habe?
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von purgatorio »

kenne beide nicht. Nach Stiglegger ist EVIL (The Girl Next Door) freier angelehnt. AN AMERICAN CRIME ist dann wohl Vorlagen-getreuer
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horror1966
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von horror1966 »

purgatorio hat geschrieben:kenne beide nicht. Nach Stiglegger ist EVIL (The Girl Next Door) freier angelehnt. AN AMERICAN CRIME ist dann wohl Vorlagen-getreuer
Diese Einschätzung ist richtig, aber man sollte wirklich beide Filme kennen. Ketchum' Werk geht mindestens so unter die Haut wie An American Crime, zudem empfehle ich unbedingt die Romanvorlage. Ketchum's Schreibstil ist ganz einfach grandios und zieht den Leser in einen Strudel der Gewalt, den man hautnah miterlebt.
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horror1966
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von horror1966 »

Gerade mal wieder gesichtet und der Film geht immer wieder unter die Haut. Ich habe wirklich schon viel Brutales gesehen, aber kaum ein Film hinterlässt einen solch nachhaltigen- und extrem harten Eindruck wie dieser. Da braucht man auch keinerlei explizite Gewaltdarstellungen, die Andeutung der Grausamkeit reicht völlig aus, um einen fast wahnsinnig zu machen. Am schlimmsten empfinde ich jedoch jedes Mal wieder diese Hilflosigkeit des Zuschauers, der das Grauen am liebsten beenden möchte, es jedoch immer wieder über sich ergehen lassen muss.
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von untot »

Hab mit solchen Filmen immer meine Probleme, weil die mich echt pbel drauf bringen, ich müsst mir den hier bestimmt kein zweites mal geben.
Bild
purgatorio
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von purgatorio »

purgatorio hat geschrieben:
buxtebrawler hat geschrieben:Liegt dem Film der gleiche Kriminalfall zugrunde wie "An American Crime"? Klingt sehr ähnlich.
ja, ist der gleiche Fall. Der ging den Amerikanern schon recht tief ins Mark. Kann man auch gut in Stigleggers "TerrorKino - Angst/Lust und Körperhorror" nachlesen.
gerade entdeckt: Der Bertz+Fischer-Verlag als Leseprobe zu Stigleggers Buch "Terrorkino" genau das Kapitel als PDF zur Verfügung gestellt, auf das ich hier mal hingewiesen hatte. Also, wer es einmal nachlesen möchte, bitteschön und Dank an den Verlag: http://www.bertz-fischer.de/terrorkino/ ... ncrime.pdf
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Seth_LCF
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Re: Jack Ketchum's Evil - Gregory Wilson

Beitrag von Seth_LCF »

Der hier vorliegende Film basiert auf den, im Jahre 1965 höchst grausamen Mordfall der 16 jährigen Sylvia Likens aus Indiana.

Die Filmgeschichte ist zwar im New Jersey der 50’er Jahre angesiedelt und wird durch die erwachsenen Augen des damals 12 jährigen Nachbarsjungen David, der mehr beobachtet als partizipiert, erzählt. Im Wesentlichen bleibt die Handlung jedoch identisch zu den Ereignissen.

Der Film beginnt und endet, nicht unähnlich zu Stephen Kings "Stand by me", mit dem Erwachsenen David, der die damaligen Geschehnisse erneut aufarbeitet und als Erzähler vergangener Tage &Taten fungiert.

Warum aber sollte man sich diesen derartig gemeinen und Zutiefst erschütternden Film überhaupt anschauen?

Weil mir als Zuschauer, wie viel zu selten, der Spiegel vor das eigene Gesicht gehalten wird, weil ich, als Betrachter mit in die Geschehnisse einbezogen und zur passiven Teilnahme gezwungen werde und weil durch die stetige Kamerapräsenz „alles“ genau gezeigt wird, und mir als Gaffer somit lediglich minimalster Interpretationsraum gewährt wird.

Der Letzt genannte Punkt mag auf den ersten Blick absurd erscheinen, durch den Verlust der Deutung aber wird sichergestellt dass ein jeder Zuschauer sich auf die Fakten fokussiert und sich nicht in seinen Interpretationen verliert.

Obgleich der Film keinerlei Auslegung zulässt, und hierein liegt (imo) der besondere Clou des Films, möchte ich doch behaupten dass der Zuschauer nach dem Abspann beginnen „muss“ die Ereignisse für sich selbst, von Betrachter zu Betrachter naturgemäß unterschiedlich, aufzuarbeiten und seine eigene „Moral von der Geschichte“ zu finden.
Diese kann sich um so viel weiter erstrecken als man noch vor der Sichtung zu erahnen vermag.


Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.
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