Jack Ketchum's The Lost - Chris Sivertson

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horror1966
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Jack Ketchum's The Lost - Chris Sivertson

Beitrag von horror1966 »

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Jack Ketchum's The Lost
(The Lost)
mit Marc Senter, Shay Astar, Alex Frost, Megan Henning, Robin Sydney, Michael Bowen, Ed Lauter. Dee Wallace, Misty Mundae, Ruby Larocca, Tom Ayers
Regie: Chris Sivertson
Drehbuch: Jack Ketchum (Roman / Chris Sivertson (Drehbuch)
Kamera: Zoran Popovic
Musik: Tim Rutili
SPIO / JK
USA / 2005

Als Ray (Marc Senter) vor einem Toilettenhäuschen im Wald der nackten Lisa begegnet, ist er zunächst entzückt. Kurz nachdem er Lisa jedoch eng umschlungen mit ihrer Freundin sieht, wird Lisa erschossen und ihre Freundin Elise fällt durch eine Schussverletzung ins Koma. Vier Jahre später: Elise stirbt und der Polizei ist längst klar, dass Ray Urheber der brutalen Morde war. Das Problem ist nur, dass die einzigen Augenzeugen eingeschüchtert schweigen. Aber der psychisch labile Ray wird, als er von der hübschen Katherine abgewiesen wird, zu neuen Untaten getrieben...


Endlich gibt es diesen fantastischen Film, der auf einem Roman von Jack Ketchum basiert, auch in deutscher Sprache. "The Lost" stammt schon aus dem Jahr 2005 und Regisseur dieses Werkes ist Chris Sivertson. Mittlerweile ist der Film schon zu einem richtigen Festival-Kracher mutiert und wenn man ihn gesehen hat, dann kann man das auch durchaus nachvollziehen. Allerdings hat es hier nur zu einer Veröffentlichung auf DVD gereicht, obwohl der Film es ganz sicher verdient hätte, auch in den Lichtspielhäusern zu laufen.

Sivertson ist es hier gelungen, ein knallhartes Drama zu schaffen, das sich hauptsächlich mit dem psychopathischen Charakter des Ray auseinandersetzt, der hier übrigens durch Marc Senter absolut perfekt gespielt wird. Selten hat mich eine schauspielerische Leistung so sehr beeindruckt, wie diese hier. Wenn man es nicht besser wüsste, dann könnte man wirklich zu der Ansicht kommen, das der Mann sich hier selbst gespielt hat, denn seine darbietung wirkt absolut überzeugend und mehr als nur authentisch. Marc Selter geht so in der Rolle auf, das er sie spürbar lebt, wodurch der gesamte Film auf den Betrachter noch viel intensiver wirkt. Auch die anderen Darsteller machen einen wirklich guten Job, stehen jedoch absolut im Schatten des Hauptdarstellers, der alle förmlich an die Wand spielt. Allein dieses brillante Schauspiel ist es schon wert, das man sich "The Lost" anschaut.

Auch die Dramaturgie des Filmes ist mehr als gelungen, nach einem doch ziemlich heftigen Start beruhigt er sich doch sichtlich, ohne jedoch auch nur eine Sekunde lang so etwas wie Langeweile aufkommen zu lassen. Vielmehr bekommt man eine sehr tiefgehende Charakterstudie des psychopathischen Ray zu sehen, der durch seine unberechenbaren Launen seine Mitmenschen und sogenannten Freunde mit Angst erfüllt. Niemand traut sich gegen ihn aufzulehnen, was unwillkürlich sein von Haus aus übersteigertes Ego noch um ein Vielfaches ansteigen lässt. Ray hält sich für den Nabel der Welt und für absolut unwiderstehlich, seiner Meinung nach scheint er ein Geschenk Gottes für die Frauen zu sein.

So kommt es dann, das er sich in Katherine verliebt und ihr sogar sein großes geheimnis verrät. Als Katherine in schließlich ablehnt, kann sein Ego das nicht vertragen und er startet einen unglaublichen Amoklauf, der anscheinend nicht zu stoppen ist.

Gerade die letzten Minuten des Films sind extrem hart geraten, die aufgestaute Wut bricht explosionsartig aus Ray heraus und endet in einem wirklich furiosen Finale. Generell sind die wirklich härteren Szenen lediglich am Anfang und am Ende des Films zu sehen und besonders zum Schluss scheppert es so richtig. Wenn man bei anderen Filmen oft der Meinung ist, das man die Härte besser über den Film hätte verteilen können, so ist das hier absolut nicht der Fall. So, wie diese geschichte umgesetzt wurde, ist es ganz genau richtig und perfekt gemacht worden. Und auch, wenn der Großteil der Laufzeit sich mit der Charakterisierung der Hauptperson beschäftigt, hat man nie das Gefühl, etwas zu vermissen.

"The Lost" ist ein perfekt in Szene gesetztes Drama, das durchgehend sehr spannende Unterhaltung bietet und mit einem brillanten Hauptdarsteller aufwartet, der den Betrachter durch sein Schauspiel fesselt und fasziniert. Ein Film, der ein Ende beinhaltet, das an Intensität und Härte kaum zu überbieten ist und einen nachhaltigen Eindruck im Kopf eines jeden Zuschauers hinterlässt.


Die DVD:

Vertrieb: KSM
Sprache Ton: Deutsch / Englisch DD 5.1
Bild: 2.35:1 (16:9)
Laufzeit: 116 Minuten
Extras: Audiokommentar (Englisch), Trailer, Biograpkien, Bildergalerie
Big Brother is watching you
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Adalmar
Beiträge: 7336
Registriert: Do 12. Mai 2011, 19:41

Re: Jack Ketchum's The Lost - Chris Sivertson

Beitrag von Adalmar »

Ein szenenweise effektiv und sogar ausdrucksstark inszenierter Thriller bzw. ein Drama, das jedoch für mich letztlich kaum nachvollziehbar und emotional damit nicht ansprechend blieb.

Das liegt daran, dass die Hauptfigur (wenn auch angelehnt an ein reales Vorbild) dermaßen verkorkst rüberkommt, dass die treue Ergebenheit anderer, die seine Taten erst möglich macht, oft kaum nachvollziehbar wirkt. Das fängt schon bei der Einleitung an, in der Ray Pye quasi aus dem Nichts beschließt, zwei junge Frauen umzubringen, worauf seine zwei besten Freunde kein Wort des Widerspruchs herausbringen, sondern nur dümmlich herumdrucksen. Von da an funktioniert alles nach dem Prinzip "Mitgefangen - mitgehangen" und Ray kann sich einfach alles erlauben, um seinen Frust u. a. über seine geringe Körpergröße, evtl. auch seine unterdrückten homoerotischen Neigungen, an anderen abzureagieren. Meist fühlte ich mich angesichts der willensschwachen, drogenaffinen Jugendlichen unangenehm an die Werke eines Larry Clark erinnert.

Das von horror so gelobte Schauspiel des Hauptdarstellers könnte man in vielen Szenen auch als hemmungsloses Chargieren (heute meist "Overacting" genannt) bezeichnen. Es wird allerdings möglicherweise auch von der Synchro etwas runtergezogen.

Am meisten in Erinnerung bleibt hier sicher das überaus gewalttätige Finale, in dem sich der Protagonist noch mal richtig austoben darf, während die anderen Figuren zu Statisten reduziert sind. Dann endet der Streifen extrem abrupt.

Trotz guter Ansätze (immer wieder mal gelingen sehr ansprechende Bilder) ein ziemlich durchwachsener Beitrag zum Thema Amokläufer bzw. Serienkiller.
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