Midnight heat - Roger Watkins (1983)

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Maulwurf
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Midnight heat - Roger Watkins (1983)

Beitrag von Maulwurf »

 
Midnight heat
Midnight heat
USA 1983
Regie: Roger Watkins
Jamie Gillis, Howard Feline, Dixie Dew, Fred Rein, Tish Ambrose, Joey Karson, Cheri Champagne,
Sharon Mitchell, Michael Bruce, Susan Nero, Doc Filler, Michael Slota


Midnight heat.jpg
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OFDB

Ein heruntergekommenes Hotelzimmer in New York. Draußen, auf den schmutzigen Straßen, treiben sich Obdachlose herum. Diejenigen, die vom Leben vergessen wurden und ihr Glück in billigem Schnaps suchen. Es regnet, der Verkehr rauscht teilnahmslos vorbei und es gibt keinerlei Berührungspunkte zwischen den Dingen. Alles und jeder ist allein für sich. Einsam und verloren.
Im Zimmer sitzt ein Mann, Alan, der sich mit einer Nutte unterhält. Auf dem Tisch eine Flasche Whisky und ein Päckchen Zigaretten, daneben eine Pistole. Alan ist Berufskiller. Er lebt sein Leben nach dem Motto, dass das Leben nur dann lebenswert ist, wenn es gefährlich ist. Er hat sich bewusst für eine Existenz außerhalb der Gesellschaft entschieden, immer mit einem Bein im Grab. Zumindest meinte er das irgendwann mal, aber mittlerweile ist alles in ihm nur noch tot. Früher hat er die Frau seines Bosses gevögelt um einen Kick zu spüren, und jetzt, mit einem Killer auf den Fersen, lässt er sein Leben und die Frauen Revue passieren, während er gleichzeitig mit der Frau dieses Killers eine Affäre beginnt.

Dabei ist Alan längst zu einem leeren Mann geworden, einem Hollow Man, wie er es selber nach T.S.Eliot ausdrückt, und damit ähnelt er den Menschen unten auf den Straßen, die immer wieder in einer Parallelmontage eingeblendet werden, mehr als er ahnt. Zunehmend gleicht er den Zerstörten, die sich am Feuer in einer Mülltonne wärmen und durch den Regen laufen müssen. Nur dass er sich sein Schicksal selbst ausgesucht hat, und damit letzten Endes nur die Karikatur eines Lebensweges zeigt. Innerhalb und außerhalb des Protagonisten häuft Roger Watkins triste Bilder und triste Stimmung aufeinander. Seine Figuren sind alle so leer wie die Umgebung in der sie sich bewegen – Entweder sie töten oder sie ficken, aber innerlich sind sie alle längst tot.

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Was hier wie ein existenzialistisches Drama mit hohem Philosophiefaktor klingt, dürfte aber die meisten Arthouse-Fans eher abschrecken, handelt es sich bei MIDNIGHT HEAT in Wirklichkeit doch um einen lupenreinen Hardcore, der in der Mehrzahl mit haarigen Inserts daherkommt, und gleichzeitig mit minimalistischen Dialogen und tristen Bildern den gelegentlich sogar(!) erotisch dargestellten Akten zuwiderläuft. Das, was Charles Bukowski als romantischen Lebensentwurf für Gelegenheitsalkoholiker und Sozialromantiker beschrieben hat, nämlich die Symbiose aus Whisky, Sex und Gewalt, wird hier zur grauen und bitteren Realität, die in Summe gerade mal ein angeranztes Hotelzimmer ergibt. Dieses, und eine ganze Menge Einsamkeit, die sich auch mit teuren Nutten nicht vertreiben lässt.

MIDNIGHT HEAT ist nicht schön, nicht herausragend, und er befriedigt nicht. Denn die Kriminalhandlung ist allerhöchstens angedeutet, und die Aktszenen sind, ich erwähnte es bereits, größtenteils sehr unerotisch. Die Frauen sind auch mal älter und immer alles andere als perfekt (was immer perfekt auch heißen mag), und einzig die schöne Frau des Gangsters, Diane, bei der nicht klar wird, ob sie auf Alan angesetzt ist um ihn zu töten, oder ob sie in ihrem verkorksten Leben selber einen Kick sucht, ausgerechnet diese Frau kann zu Alan tatsächlich eine Verbindung aufbauen. Zwei verlorene Seelen die sich zufällig gefunden haben, wie Elementarteilchen die aneinanderstoßen, und dann wieder in gegensätzliche Richtungen auseinandertriften. MIDNIGHT HEAT lässt, wie im wirklichen Leben auch, viele Fragen offen, läuft an so mancher Stelle ins Leere, oder ist einfach nur rätselhaft (was auch daran liegen mag, dass die gesehene Fassung einen sehr schlechten Ton hatte, der spätestens ab der Hälfte des Films gnadenlos asynchron war). Aber er hinterlässt ein interessantes Gefühl der Leere im Kopf. Ein Gefühl der Hilflosigkeit und der Verlassenheit, somit also wahrscheinlich das Gefühl, das Alan und Diane genauso in sich tragen. Bloß ob dies ein Gefühl ist, dass man nach dem Anschauen eines Filmes verspüren mag, das muss jeder für sich selbst entscheiden.

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5/10
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