Quantez, die tote Stadt
Quantez
USA 1957
Regie: Harry Keller
Fred MacMurray, Dorothy Malone, James Barton, Sydney Chaplin, John Gavin, John Larch, Michael Ansara

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OFDB
Quantez, ein kleines und verkommenes Kaff irgendwo im Nirgendwo. Auf dem Weg zwischen der ausgeraubten Bank und Mexiko ein willkommener Unterschlupf. Außenrum nur Wüste und Kojoten. Doch wo sind die Einwohner? Der Ort ist völlig verwaist, was die vier Männer und die Frau vor Rätsel stellt. Heller ist der Anführer, der mittels Einschüchterung und Pistole den anderen befiehlt was sie zu tun haben. Doch das Hirn, das hat Gentry, der ältere und müde Mann, der alle Wasserstellen in der Wüste kennt. Im Gegensatz zum jungen und unerfahrenen Teach, der noch gar nichts weiß, so viel lernen müsste, und der sich partout nichts vorschreiben lassen will. Dann ist da noch Gato, das Halbblut das gar keines ist. Gato ist Weißer, aber bei den Indianern großgeworden, und ihnen gehört auch seine Sympathie. Und zu guter Letzt Chaney, eine älter gewordene Saloonsängerin, und alle Männer der Gruppe wollen eigentlich gar nicht die Beute, sondern nur Chaney. Und wenn sie vom Gold reden, dann meinen sie eigentlich Chaney mit den Haaren aus gesponnenem Gold. Eigentlich gehört Chaney zu Heller, aber die Avancen von Teach reizen sie sehr, und selbst der nüchterne und pragmatische Gentry kann sich ihren Reizen nicht völlig entziehen.
Vier Männer und eine Frau in einem verlassenen Kaff in der Wüste. Und nur vier Pferde zur Verfügung. Draußen lauern Indianer, aber die viel größere Gefahr sind sie sich selbst. Die Eifersucht, die Machtspiele, die Verlockung des vielen Geldes, die Gier nach Sex …
Und so ist QUANTEZ tatsächlich ein Kammerspiel, das im Wesentlichen in einer einzigen Nacht in einer abgelegenen und unzugänglichen Ortschaft spielt. Der zentrale Ort ist der Saloon, wo alle Fäden zusammenlaufen, und auch wenn der Saloon öfters einmal verlassen wird, so konzentriert sich doch alles hier, in diesen Kulminationspunkt der Gefühle und der Wahrheiten. Hier wird getrunken, hier wird um die Gunst Chaneys gestritten, hier wird Gato gefoltert. Die Nacht und die möglicherweise wartenden Indianer werden ignoriert und dem eigenen Affen wird Zucker gegeben. Durch wieviel wird das Geld eigentlich geteilt? Fünf Personen und vier Pferde, da könnte eigentlich einer hier bleiben. Für immer. Aber wer? Mitten in der Nacht kommt ein alter Sänger vorbei, ein fahrender Barde, der das fünfte Pferd hätte. Aber Gentry hat sich geschworen, nie wieder zu töten, und hilft dem alten Mann zu entkommen. Man ahnt, dass Gentry eine Vergangenheit hat, die auf dem Tod vieler Männer gründet, und gerade seine Abgeklärtheit führt irgendwann zur zentralen Frage: Wer zieht nun wirklich schneller? Heller, der denkt, dass er der Größe Beste Schönste ist? Teach, der von sich behauptet von Pistolen etwas zu verstehen? Oder Gentry, der wahrscheinlich mehr Männer auf dem Kerbholz hat als die anderen zusammen?
Trotz einiger inszenatorischer Längen gelingt es dem Regisseur Harry Keller, eine durchgehend dunkle und spannende Atmosphäre aufzubauen. Die Charaktere der Männer sind grundverschieden und reiben sich ganz natürlich aneinander, wobei die Fokussierung auf einen einzigen Handlungsort ein Übriges tut. Fast könnte man an Sartres HINTER VERSCHLOSSENEN TÜREN denken: Eine Gruppe Menschen, die von ihrer ganzen Art grundsätzlich nicht zusammenpassen und immer im Konflikt stehen werden, sind aufeinander angewiesen um ihr Leben zu retten, und haben doch nichts Besseres zu tun als sich zu zerfleischen. Sartre im Westerngewand? Mag sein, und die Ausführung ist nicht die schlechteste Idee. Keller pirscht immer wieder auf Höhepunkte zu, die dann aber nicht ausgespielt werden, sondern sich als einzelne Bausteine der Grundspannung nach und nach potenzieren. Dadurch bleibt ein andauernder Adrenalinpegel bestehen, und auch wenn der ein oder andere Dialog zu lang ist und diese Grundspannung damit immer wieder unterbricht, wird der Zuschauer schnell an das Drama angebunden und die Frage in den Raum gestellt, wer bitteschön diesen Film wohl überlebt. Eine Frage, die nicht aus dem Stegreif beantwortet werden kann, denn letzten Endes hat ja doch jeder aus der Gruppe Dreck am Stecken, ist auf die ein oder andere Art ein Bastard und damit ein potentielles Tot-umfall-Opfer der Aktion moralisches Drehbuch. Denn leider muss man auch konstatieren, dass Harry Keller kein Anthony Mann ist, und sich größere Brutalitäten nicht zutraut. Brutalitäten, die dem Film gut zu Gesicht gestanden und ihn aus dieser B-Film-Ecke mit Bühnenflair herausgeholt hätten. Julie London, die ein Jahr später in DER MANN AUS DEM WESTEN gezwungen wird sich vor der Kamera ganz langsam auszuziehen, ist dann halt doch ein anderes, ein aggressives und vor allem deutlich amoralischeres, Kaliber als Dorothy Malone, die aufgefordert wird ein Lied zu trällern.
QUANTEZ hat so seine Schwächen, was sehr schade ist, denn die Grundidee ist stark und intensiv dargebracht, und ein mutigerer Regisseur (oder ein mutigeres Drehbuch, wer weiß) hätte aus dem B-Western mit Sicherheit mehr herausholen können. Was aber niemanden davon abhalten sollte, diesen kleinen und düsteren Western anzuschauen, der aus dem Zusammen- und vor allem dem Gegeneinanderspiel von Menschen so einiges herausholt, und der in seiner Aussage spannenderweise nichts an Aktualität verloren hat.
6/10
Der Sieg des Kapitalismus ist die endgültige Niederlage des Lebens.
(Bert Rebhandl)