Strange Dreams - Anthony Scott Burns (2020)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Strange Dreams - Anthony Scott Burns (2020)

Beitrag von jogiwan »

Strange Dreams

01.jpg
01.jpg (22.96 KiB) 188 mal betrachtet
Originaltitel: Come True

Herstellungsland: Kanada / 2020

Regie: Anthony Scott Burns

DarstellerInnen: Julia Sarah Stone, Landon Liboiron, Skylar Radzion, Tiffany Helm, Chantal Perron

Story:

Die anscheinend aus einem zerrütteten Elternhaus stammende Schülerin Sarah leidet unter Schlafstörungen und verbringt ihre Nächte an unterschiedlichen Plätzen, während sie tagsüber mit ihrer ständigen Müdigkeit kämpft. Als sie in einem Coffee-Shop die Anzeige eines Schlaf-Labors entdeckt, nimmt sie die scheinbar lukrative Gelegenheit wahr und landet wenig später verkabelt und überwacht in der medizinischen Einrichtung. Zuerst scheint auch alles gut auch wenn ihr der Grund der Untersuchungen nicht mitgeteilt wird und der Mitarbeiter Jeremy sie zu verfolgen scheint. Später bekommt Sarah jedoch zunehmend Panik-Attacken und sieht auch tagsüber Dinge, die nicht real zu sein scheinen und sie beginnt den wahren Gegenstand der Untersuchungen zu hinterfragen…
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jogiwan
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Re: Strange Dreams - Anthony Scott Burns (2020)

Beitrag von jogiwan »

Ein wunderbarer Film irgendwo zwischen dem frühen Cronenberg und Panos Cosmatos mit einer schrägen Geschichte und einer unheimlichen Atmosphäre, die sich ganz langsam entwickelt. Dabei wirkt „Strange Dreams“ wieder einmal retrofuturistisch, wunderbar entrückt und hat zudem noch einen wunderbaren Soundtrack und zahlreiche Verweise auf Romero, was den Indie-Streifen zusätzlich sympathisch machen. Die Figuren und die Story aus dem medizinischen Bereich sind etwas sperrig, aber wenn man sich darauf einzulassen vermag, entwickelt „Come True“ tatsächlich eine sehr alptraumartige und verstörende Wirkung. Regisseur Anthony Scott Burns bleibt ja bis zum überraschenden Finale ja sehr vage was den Background seiner Figuren anbelangt, genauso wie viele andere Dinge in dem Film, die nicht weiter aufgelöst werden. Doch anstatt den Zuschauer ratlos zurückzulassen wirkt das Ganze stimmig und wie eine Aufforderung sich die rätselhaften Verweise selber zurecht zu denken. „Strange Dreams“ ist dann wohl auch wieder ein Geschmacksspalter und die breite Masse wird mit diesem eher beunruhigenden Werk wohl wieder einmal weniger anfangen kann. Mir hingegen hat er sehr gut gefallen und es ist kein Wunder, dass im Zusammenhang mit dem Streifen auch immer wieder von einem „Underdog“ gesprochen wird. Tipp!
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Maulwurf
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Re: Strange Dreams - Anthony Scott Burns (2020)

Beitrag von Maulwurf »

Vielen Dank für die Besprechung. Wandert auf die Liste :verbeug:
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
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Salvatore Baccaro
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Re: Strange Dreams - Anthony Scott Burns (2020)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Bei der 18jährigen Sarah hängt der Haussegen schief: Aus Gründen, die wir nie wirklich erfahren, packt sie ihre Siebensachen zusammen und schläft lieber auf einem Spielplatz als weiter mit ihrer Mutter unter einem Dach zu leben; nur, wenn sie sicher sein kann, dass ihre Erzeugerin nicht daheim ist, stiehlt sie sich in das Reihenhaus, um eine Dusche zu nehmen oder ihre Klamotten zu wechseln. Akuter Schlafmangel ist die Folge der psychisch und physisch belastenden Situation; zudem plagen Sarah seit Neustem aufwühlende Alpträume, in dem sie immer tiefer in ein düsteres Labyrinth vordringt, in dessen Korridoren eine finstere Gestalt mit leuchtenden Augen auf sie zu warten scheint. Als sie in der Schule, die sie trotz allem noch regelmäßig besucht, fast schon im Stehen einschläft und auch ihre beste Freundin ihr nicht immer eine Übernachtungsmöglichkeit garantieren kann, stößt Sarah auf die Anzeige eines lokalen Schlaflabors: Gesucht werden Probanden mit Schlafstörungen, die sich Nacht für Nacht in der Privatklinik einfinden, um ihren Schlaf überwachen zu lassen. Für Sarah bedeutet das nicht nur, dass sie erstmal von der Straße weg ist, sondern ebenso einen lukrativen Nebenverdienst: Fürs Schlafen bezahlt werden und kostenlos ein weiches Bett, angesichts dieser Möglichkeit zögert sie nicht, sich zu bewerben. Natürlich kommt Sarah problemlos in die sechsköpfige Gruppe, die fortan mit Drähten am Kopf und unter dem wachsamen Auge der Wissenschaftler in Schlummer sinken sollen. Schnell jedoch kommt es ihr nicht nur komisch vor, dass niemand ihr den wahren Grund für die Studie nennen möchte, und dass einer der Wissenschaftler, ein junger Mann namens Jeremy, offenbar ein Auge auf sie geworfen hat, und ihr einmal gar in einen Buchladen und in eine Vorstellung von Romeros NIGHT OF THE LIVING DEAD folgt; nach einigen geruhsamen Nächten, in denen sie ihre ausgezehrten Kräfte regelrecht volltankt, steigern sich Sarahs Alpträume in bislang unbekannten Ausmaßen – und nicht nur das: Sie ist so erschöpft, dass sie in einem Waschsalon einschläft, und ihr böse Buben ihr Handy stibitzen; ein anderes Mal erleidet sie eine regelrechte Panikattacke, als ihr die Studienbetreiber eine Reihe Photos vorlegen, auf denen, unter anderem, die unheimliche Gestalt aus ihren Träumen zu sehen ist. Sarah konfrontiert Jeremy damit, dass sie die Studie abbrechen wird, sollte er ihr nicht endlich reinen Wein einschenken…

…und wohin sich COME TRUE des mir zuvor gänzlich unbekannten kanadischen Regisseurs und Musikers Anthony Scott Burns in der Folge entwickelt, das sollte jeder unvoreingenommen und unvorbereitet auf sich zukommen lassen, so wie ich zuvor im Prinzip keine Ahnung davon hatte, um was für eine Art Film es sich bei diesem kleinen Stück Weirdo-, Mindfuck- und Cronenberg-Hommage-Kino handeln wird: Obgleich sichtlich mit keinem Monster-Budget realisiert, sieht COME TRUE einfach nur zum Anbeißen aus mit seinem futuristisch-unterkühlten Look, seinen minimalistischen, oft düsteren Bildkompositionen, seinem ruhigen, unaufgeregten Erzähltempo. Dabei steht COME TRUE experimentell angehauchtem Arthouse deutlich näher als gängigem Science-Fiction-Horror; die Story ist von Anfang an auf angenehme Weise sperrig und unzugänglich, und wird mit zunehmender Laufzeit immer hermetischer und bizarrer; gerade Hauptdarstellerin Julia Sarah Stone liefert eine absolut überzeugende Performance ab, indem sie ihre Figur als introvertiert anlegt, sodass Momente der Stille und dezente Ausdrücke in Gestik und Mimik dominieren. Gerne kann man von mir aus kritisieren, dass die Romanze, die COME TRUE im letzten Drittel erzählt, etwas aus heiterem Himmel herabfällt, oder dass viele Ideen möglicherweise um ihrer Schrägheit willen Eingang in den Film gefunden haben, ohne tatsächlich essentiell für die Story zu sein, - aber, puh, der mich kalterwischende Plot-Twist sorgt nicht nur dafür, dass einige Skurrilitäten auf einmal doch etwas plausibler erscheinen, vor allem zeugt es von einer sehr pessimistischen, vielleicht gar nihilistischen Perspektive des Films: Zwar ein Licht am Ende des Tunnels, aber doch nur ein Zug, der in voller Geschwindigkeit auf uns zurast. Wirklich gestört haben mich eigentlich nur die CGI-Effekte in den Traumszenen: Da hätte mich etwas weniger Bildgewaltiges, dafür Handgemachtes wahrscheinlich stärker überzeugt. Doch alles in allem bleibt COME TRUE trotz Abzügen in der B-Note ein intensives Seherlebnis, das bei mir zielsicher einen wunden Punkt getroffen hat…
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sergio petroni
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Re: Strange Dreams - Anthony Scott Burns (2020)

Beitrag von sergio petroni »

Die achtzehnjährige Sarah hat Probleme mit ihrer Mutter und ist demzufolge kaum noch zuhause. Zudem treiben Sarah
Schlafprobleme fast in den Wahnsinn. An Schlaf ist selten zu denken, und wenn, dann in ungewöhnlichen
Positionen an ungewöhnlichen Orten (z.B. auf der Rutsche eines Kinderspielplatzes).
Wie gerufen scheint da eine anstehende Studie zu kommen, bei der Probanden dafür bezahlt werden,
zu schlafen. Dabei wird der Schlaf mit allerlei Gerätschaften überwacht. Sarah bewirbt sich und
wird angenommen. Im überwachten Schlaf scheinen sich Sarahs Träume noch zu intensivieren.
Erst nach und nach schwant Sarah, daß die an ihr durchgeführten Experimente doch nicht ganz
so harmlos sind, und der über allem stehende Professor nicht ganz ehrlich bezüglich der
Forschungsziele war. Als sich Sarah und ein Forschungsassistent näher kommen, steigt
in Sarah langsam eine Ahnung über die wahren Forschungshintergründe auf....

Anthony Scott Burns ("Our House") hat mit "Strange Dreams" einen extrem durchgestylten
Thriller geschaffen, der mit einer faszinierenden Hauptdarstellerin (Julia Sarah Stone)
aufwartet. Die Traumsequenzen sind in schwarzweiß gehalten und entführen in eine
ganz eigene, fast schon hypnotisierende Welt. Wenn man sich darauf einlassen kann,
bietet "Strange Dreams" als kanadische Indie-Produktion genug Schauwerte für einen
mysteriösen Filmabend. Anthony Scott Burns sollte man im Auge behalten.
7/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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