Eigentlich dachte ich ja, dass ich aus dem Alter heraus sein sollte, in dem mich vollmundige Ankündigungen, bei einem bestimmten Film würde es sich um einen der extremsten seiner Machart handeln, dazu veranlassen, mir selibgen mit der Erwartungshaltung, bis in die Grundfesten erschüttert zu werden, anzuschauen. Scheinbar ist das ein Irrglaube gewesen, denn gestern wanderte mir doch tatsächlich der chilenische Schocker TRAUMA von den Augen in den Kopf, ein Werk, angeblich mindestens so schlimm wie Srdjan Spasojevićs SRPSKI FILM und Pascal Laugiers MARTYRS zusammengenommen!
MARTYRS mag ich ja ganz gerne, weil man zumindest über die zweite Hälfte des Films relativ problemlos die Transgressions-Theorien des französischen Philosophen Georges Bataille stülpen kann, (auf den Laugier in einer Szene auch überdeutlich anspielt), und SRPSKI FILM ist mir als glänzende Satire in Erinnerung, deren Entgleisungen ich immer in einem augenzwinkernden Kontext verortet habe. Beide Lorbeeren kann ich TRAUMA nicht auf sein schmutziges, selbstzweckhaftes Haupt setzen: Nein, im Ernst, ich habe gar keine Lust, mich länger mit diesem in jedweder Hinsicht belanglosen, uninspirierten, unterdurchschnittlichen Machwerk aufzuhalten, das zwar halbwegs kompetent, (sprich: konventionell), in Szene gesetzt sein mag, ansonsten aber in Kategorien wie Schauspielführung, Charakterentwicklung, Dramaturgie, innere Logik, Spannung und, ja, sogar shock appeal bei mir komplett durchfällt.
Mal abgesehen davon, dass Herr Rojas, meiner Meinung nach, die blutige Vergangenheit seines Heimatlandes (Stichwort: Pinochet) ausbeutet, um einer wahren Schlachtplatte ein alibihaftes, pseudo-politisches Mäntelchen umzuhängen, funktioniert TRAUMA für mich nicht mal nach herkömmlichen Genre-Standards besonders geschmiert, was vor allem an dem nun wirklich hanebüchenen Plot und dem völlig ohne Fokus auskommenden Drehbuch liegt: Weshalb der Film sein erstes Drittel dafür verplempert, uns tief hineinzustopfen in die zwischenmenschlichen Verwicklungen promiskuitiver Lesben, mag noch damit zu erklären sein, dass Rojas uns mehrmals hübsche Frauen beim Zungenküssen, Beischlafen und Strippen zeigen wollte. Wieso jedoch drei junge Frauen, die soeben auf brutalste Weise vergewaltigt und missbraucht worden sind, sich kurzerhand beschließen, mit nur einem (!) bübchenhaften Polizisten ins Feld gegen zwei verrohte Männer zu ziehen, von denen sie wissen, dass sie es problemlos mit vier bewaffneten Beamten aufnehmen können, um aus deren Fängen ein kleines Mädchen zu befreien, halte ich persönlich für die realitätsfernste Story-Volte, die mir seit langem untergekommen ist, - was freilich nicht weiter schlimm wäre, wenn TRAUMA sich mir nicht andauernd als durchaus Realitätsanspruch erhebenden Streifen - ("Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit!) - verkaufen wollen würde. Aber, mal ehrlich: In keinem mir bekannten Universum würden es unsere drei Heldinnen, (die übrigens ungefähr die Ausdruckskraft von Schaufensterpuppen besitzen), diesen Film bis zur 60-Minuten-Marke erleben.
Dass die deutsche Fassung um satte 12 (!) Minuten gekürzt sein soll, verwundert mich zwar nicht, andererseits versammelt Rojas nun aber - vielleicht abzüglich der Prolog-Sequenz - in seinem konfusen Reigen nicht wirklich Perversionen, die man nicht woanders schon härter und vor allem eindringlicher zu Gesicht bekommen hätte. Ich habe es gestern Jogi schon gesagt: Jeder einzelne Film von Michael Haneke bereitet mir mehr schlaflose Nächte als der plakative Presslufthammer, mit dem TRAUMA mir die Nerven bearbeiten möchte. (Ja, selbst CODE INCONNU oder DAS SCHLOSS!) Andererseits, genau das hat er allerdings dann doch, wenn auch auf andere als intendierte Weise, getan: Meine Nerven nämlich lagen nach spätestens einer Stunde derart im Tiefschlaf, dass ich ernsthaft überlegte, mir das Finale erst heute anzusehen, und dafür früher in die wohlverdiente Nachtruhe zu schlüpfen, puh!