Violent Night - Tommy Wirkola (2022)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Violent Night - Tommy Wirkola (2022)

Beitrag von jogiwan »

Violent Night

01.jpg
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Originaltitel: Violent Night

Herstellungsland: USA / 2022

Regie: Tommy Wirkola

Darsteller:innen: David Harbour, John Leguizamo, Alex Hassell, Alexis Louder, Cam Gigandet, Edi Patterson

Story:

Der Weihnachtsmann ist über die Jahre zermürbt von seiner Arbeit zu Weihnachten, störrischen Renntieren und der Tatsache, dass nicht mehr viele Kinder an ihn glauben. Als er eines Tages wieder routiniert gelangweilt seiner Arbeit an Heiligabend nachgeht, trifft er auf dem Wohnsitz einer wohlhabenden Familie auf die kleine Trudy, deren Familie gerade von brutal agierenden Terroristen als Geiseln genommen wurden. Trudy glaubt noch an den Weihnachtsmann und setzt auch alle Hoffnungen auf Santa, der sich zwar etwas widerwillig aber auch nicht zweimal bitten lässt, den Kampf mit den Bösen aufzunehmen…
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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jogiwan
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Re: Violent Night - Tommy Wirkola (2022)

Beitrag von jogiwan »

Tommy Wirkola hat in seiner Laufbahn ja schon einige Filme gedreht, in denen unterschiedliche Dinge aufeinanderprallen, die auf den ersten Blick nicht so wirklich zusammenpassen. Nazi-Zombies im Schnee, Hänsel und Gretel als Actionstars, die siebenfache Noomi Rapace in einer totalitären Zukunft und auch hier kommt wieder so einiges zusammen, wenn der Weihnachtsmann an Heiligabend auf eine Horde Bad Guys trifft, die eine wohlhabende, aber auch nicht gerade sympathische Familie als Geiseln nimmt. Nachdem etwas zu ausgedehnten Beginn nimmt der übellaunige, abgefuckte und tätowierte Santa den Kampf auf und es folgt eine Stunde ruppiger Action-Komödie im Schnee, die für eine FSK16-Freigabe auch nicht gerade zimperlich zur Sache geht. Ich hab mir nicht nur etwas anderes erwartet auch ansonsten hat „Violent Night“ nicht meinen Geschmack getroffen, auch wenn er immer wieder seine Momente hat. Das liegt aber eher am Hauptdarsteller, als an der ausgeklügelten Geschichte, die mir dann im Spannungsfeld von brutalen Home Invasion und naiven Weihnachtswunder doch etwas zu einfach gestrickt war. Mit 111 Minuten ist „Violent Night“ auch zu lang ausgefallen und inhaltlich wiederholt sich doch so einiges, auch wenn man sich Mühe gegeben hat, die Gewalt sehr comichaft und die Figuren überzeichnet wirken zu lassen. Für Action-Fans und Leutchen, die nicht ständig "Stirb Langsam" zum Fest gucken wollen ist „Violent Night“ sicher eine lustige Granate zu Weihnachten, aber für mich war das irgendwie dann doch nur bedingt unterhaltsam und zu bemüht in seinem Bestreben, sehr unterschiedliche Dinge zusammenzubringen.

[Weihnachtsfilmspecial #23]
Schnee-Aufkommen: 7/10
Scare-Faktor: 3/10
Humor: 5/10
zweckentfremdete Nussknacker: 9/10
Weihnachtsfeeling: 4/10
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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Re: Violent Night - Tommy Wirkola (2022)

Beitrag von buxtebrawler »

„Diese Welt wird von Gier beherrscht!“

Der norwegische Genrefilm-Regisseur Tommy Wirkola („Dead Snow“) versuchte sich mit „Violent Night“ an einer (Anti-)Weihnachts-Fantasy-Actionkomödie, einer US-Produktion, die rechtzeitig zum Fest 2022 in die Kinos kam.

„Willkommen zu eurem miesesten Weihnachten überhaupt!“

Santa Claus (David Harbour, „Suicide Squad“) existiert, doch immer weniger Menschen glauben an ihn. Die Feierlichkeiten empfindet er als zunehmend entromantisiert, seinem Job geht er trotzdem zusammen mit seinem Rentiergespann weiterhin nach – wenn auch nicht immer ganz nüchtern. Als Familie Lightstone um Matriarchin Gertrude (Beverly D’Angelo, „Schöne Bescherung“) und deren stiefelleckend aufs Erbe schielende oder schlicht grenzdebile Kinder (Sohn Jason (Alex Hassell, „Suburbicon“), Tochter Alva (Edi Patterson, „Knives Out – Mord ist Familiensache“)) mitsamt ebensolcher Partnerin (Linda (Alexis Louder, „Copshop“)) und Partner (Morgan (Cam Gigandet)) sowie Enkelin (Trudy (Leah Brady, „The Umbrella Academy“)) und Enkel (Bert (Alexander Elliot, „Tom Clancy's Gnadenlos“)) von einer kleinen Privatarmee um Anführer Scrooge (John Leguizamo, „Stirb langsam 2“) überfallen wird und um ihr Vermögen gebracht werden soll, liefert Santa gerade Geschenke aus und wird in den Schlamassel hineingezogen. Nun muss er sich seiner Haut erwehren und den brutalen, bis an die Zähne bewaffneten und vor Mord und Totschlag nicht zurückschreckenden Gangstern den Garaus machen. Gut, dass Santa einst ein hammerschwingender Wikingerkrieger war und über die eine oder andere übermenschliche Fähigkeit verfügt, was ihn fast zu so etwas wie einer Ein-Mann-Armee macht…

„Schluss mit dem Gefühlsbullshit!“

An Genrefilmen mit Weihnachtsthematik bin ich grundsätzlich immer interessiert, zumal die Filmgeschichte in dieser Hinsicht doch schon so einige sehenswerte Werke aus dem Sack gezaubert hat. Meine Erwartungshaltung an „Violent Night“ habe ich zurückgeschraubt, als mir bewusstwurde, dass es sich in erster Linie um einen Actionfilm handelt – ein schwieriges Genre, das mich nur selten überzeugen kann. Wie dem auch sei, diesen Santa hier lernen wir zunächst desillusioniert und trinkend in einer Bar kennen; ein Santa, der statt Milch lieber Alkoholika zu sich nimmt und sich über die Minibars der Häuser hermacht, durch deren Kamine er einsteigt, und vom Rentierschlitten aus Menschen auf den Kopf kotzt (oder auch mal herunterschifft) – und dann, später, ganz anders.

Nach diesem in London spielenden Prolog verschlägt es ihn nach Greenwich in den USA, wo die verhaltensauffälligen Mitglieder der Lighthouse-Familie ein- und vorgestellt werden. Die Kinder streiten passiv-aggressiv ums offenbar ethisch verwerflich zusammengeklaubte Erbe der noch lebenden, rüstigen Unternehmermutter, Jason und Linda haben sich voneinander entfremdet, Morgan ist Action-Schauspieler und hält sich in seiner Selbstverliebtheit für Don Geilo, deren Sohn ist ein permanent in asozialen Netzwerken livestreamender Rotzlöffel. Einzig Töchterchen Trudy – eigentlich Gertrude, wie die Großmutter, aus Einschleimgründen so genannt – scheint zurechnungsfähig und halbwegs sympathisch. Von ihr abgesehen wirken all diese Figuren wie Karikaturen, sodass einer amüsanten, heuchlerische weihnachtliche Familienzusammenkünfte aufs Korn nehmenden Komödie eigentlich nichts im Weg stehen sollte. Leider jedoch wird diese Art der Figurenzeichnung im Falle Jasons und Lindas umgehend fallengelassen, da sie als Sympathieträgerin und -träger fungieren sollen. Dies ist das erste Problem des Films.

Mit dem Überfall auf die dysfunktionale Familie beginnt die Action und schießt der Bodycount augenblicklich in die Höhe. Santa gerät in tödliche Schlägereien und Schusswechsel, stets ultrabrutal, damit dieses Topos überhaupt noch jemanden hinterm Ofen hervorlockt, aber meist comichaft überzeichnet. Die kleine Trudy kann per Walkie Talkie Kontakt mit Santa aufnehmen und avanciert zu einer Art Sidekick für ihn. Rückblenden in Santas Vergangenheit erweitern dessen Mythologie um eine Wikingerherkunft, was ganz grober Unfug ist, aber herhalten muss, um seine Fähigkeiten, Menschen im Kampf zu zersplattern, zu erklären. An diese erinnert der adipöse Rauschebartträger nun nämlich und greift verstärkt darauf zurück, wenn Regisseur Wirkola ihn als Ein-Mann-Armee zu Bryan Adams‘ Weihnachtslied sogar wehrlose Gegner zermatschen lässt.

„Violent Night“ will bei alldem zu viel auf einmal: Ein abgebrühtes Genrepublikum will er mit Ultrabrutalität und zynischem Humor unterhalten, er will Hommage an die in einigen Referenzen ins Gedächtnis gerufenen „Kevin – Allein zu Haus“ und „Stirb langsam“ sein – was ich anerkenne, aber überhaupt nicht nötig gewesen wäre (beide Filme sind fest im kollektiven Filmgedächtnis verankert) und „Violent Night“ nicht besser macht –, er will Fantasy-Märchen sein und hantiert dafür mit ein paar computergenerierten Spezialeffekten (scheinbar endlos befüllter Geschenkesack, animierte „Naughty or nice“-Liste, Santa schlüpft durch die Kamine u.ä.) sowie reichlich missglückt mit der Mythologie, er mischt all das mit einer oberflächlich bleibenden Familiendramödie sowie etwas Weihnachtskitsch, um sich im nächsten Moment wieder über das Fest und den Weihnachtsmannmythos lustig zu machen. „Violent Night“ ist zu bemüht auf Partyfilm getrimmt und lässt bei bzw. aufgrund all seiner Professionalität in Sachen Ausstattung und Ensemble den Charme kleinerer, garstigerer Produktionen vermissen. Die Handlung wirkt dabei vollgestopft wie eine Weihnachtsgans, kommt in ihren Teilaspekten aber zu kurz und kann, sobald sich der Rauch verzogen hat, nicht verhehlen, dass die Geschichte ziemlicher Müll ist.

Schlecht gemacht ist das alles trotzdem beileibe nicht, angenehmerweise auch komplett abgekoppelt von jedwedem christlichen Bezug, so richtig gut gemundet hat „Violent Night“ dann aber eben auch nicht. Die ganze Chose ist leidlich unterhaltsam, verfügt – vorgeführt im weihnachtlichen Familienrahmen von jenem Familienmitglied, das immer einen neuen Weihnachtsfilm dabei hat – über reichlich Schockpotenzial für ein ungeeichtes Publikum, hat einige starke Einzelszenen zu bieten und ist für beinharte „Stirb langsam“- und „Kevin…“-Fans vielleicht eine Offenbarung – für mich aber eher das Äquivalent zu einem etwas zu schnell abkühlenden Glühwein, der auf ungesunde, unvernünftige, für den Moment aber trotz unausgewogen abgeschmeckter Zutaten nicht unangenehme Weise den Geist benebelt, von dem aber niemand mehr etwas wissen will, sobald die Weihnachtsmärkte abgebaut sind.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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