The invisible man
Australien 2020
Regie: Leigh Whannell
Elisabeth Moss, Oliver Jackson-Cohen, Harriet Dyer, Aldis Hodge, Storm Reid, Michael Dorman, Benedict Hardie, Renee Lim, Brian Meegan,
Nick Kici, Vivienne Greer, Nicholas Hope, Cleave Williams, Cardwell Lynch, Sam Smith, Zara Michales, Serag Mohamed
OFDB
Ein in der Filmgeschichte beliebtes und oft verfilmtes Sujet: Der Mann der sich unsichtbar machen kann, und entweder allmählich seinen Verstand verliert und zum Amoklauf tendiert, oder unerkannt gegen Ungerechtigkeiten vorgeht. Ich muss gestehen, dass ich außer der 1975’er Serie mit David McCallum keine einzige der Verfilmungen bisher kenne, und damit an die (Neu-)Verfilmung von 2020 sehr unvorbelastet herangehen konnte. Womit jetzt also auch kein Vergleich zwischen einem Schwarzweiß-Klassiker und einem modernem Effektspektakel zu erwarten ist, genauso wenig wie zwischen einem gewalttätigen Hollywood-Produkt (was ich von dem 2000-er Film HOLLOW MAN mit Kevin Bacon bislang gelesen habe) und einem atmosphärischen Psychothriller.
Denn um genau solch einen handelt es sich hier: Cecilia macht sich in der Nacht auf und davon und kehrt ihrem widerlichen Mann den Rücken. Der lässt dies, ganz der manipulative Kontrollfreak der er ist, nicht auf sich sitzen – und bringt sich um. Cecilia allerdings hat schon kurze Zeit danach das Gefühl, dass in ihrer Umgebung etwas ist. Richtiger: Jemand. Dass sich ein unsichtbarer Gast in ihrer Nähe aufhält, der ihr nachts die Decke wegzieht, ein blutverschmiertes Pillendöschen auf das Waschbecken stellt, oder die Tochter ihres Freundes ohrfeigt. Bloß, wer würde Cecilia glauben, dass ihr offiziell als tot erklärter Mann sich unsichtbar an ihrem eigenen Leben zu schaffen macht? Würde das im wirklichen Leben überhaupt jemand glauben? Eben …
Regisseur und Drehbuchautor Leigh Whannell hat mit der Produktion der SAW- und der INSIDIOUS-Filme mutmaßlich eine Menge Kohle auf sein Konto bekommen, und dieses Geld scheint er hier nun in ein groß budgetiertes Effektspektakel zu stecken. Stimmt das? Ist DER UNSICHTBARE wirklich nur das Prestigeprodukt eines Produzenten der denkt, dass er die Sache mit dem Regiestuhl besser kann? Das mittlerweile übliche CGI-Gewitter, dessen einzige Existenzberechtigung die Präsentation des derzeit machbaren am Computer ist? Ich war positiv überrascht, dass dem nicht so ist! Im Gegenteil baut vor allem die erste Stunde sehr gezielt und gleichzeitig langsam Atmosphäre und Spannung auf, erzeugt die Kamera gerade durch statische Einstellungen ungeheuren Druck, und dürfen die Darsteller zeigen, dass in ihnen mehr als nur das übliche Sie-muss-schreien-und-er-zieht-die-Waffe-Gehampel steckt. Diese erste Stunde hat praktisch keine Musik am Leib, und manipuliert den Zuschauer nur durch den überaus cleveren Einsatz der Kamera so weit, das er schnell beginnt sich nicht mehr wohl zu fühlen in seiner Haut. Der zwei Jahre vorher entstandene UPGRADE schimmert da ganz deutlich durch: Ein Mensch, der Zwiesprache hält mit etwas, was andere nicht sehen, was aber sehr wohl physisch vorhanden und brandgefährlich ist.
Leider schwenkt die zweite Stunde dann doch wieder in das gewohnte Blockbuster-Fahrwasser moderner Produktionen. Die Action nimmt proportional zur Laufzeit zu, die Effekte werden immer mehr, und der Schluss ist durchaus vorhersehbar, wenngleich ich dem Film sehr hoch anrechne, dass der Showdown einen etwas anderen Verlauf nimmt als ursprünglich gedacht. Und obwohl man fairerweise zugeben muss, dass diese zweite Stunde, auch wenn sie deutlich konventioneller und effekt-iver daherkommt als der Beginn, hochgradig spannend ist und die hauchdünne Story erstklassig mit Action übertünchen kann. Eine Stunde erstklassiges Psychokino der ganz feinen Art, welche den ganzen Film in trockene Tücher bringt, und eine Stunde actiongeladenes Spannungskino – Kann da noch was schief gehen? Nö …
7/10