Kleine Hartbox (Cover B) von CMV
Nightmares (Australien 1980, Originaltitel: Nightmares)
Scherbenhaufen
Noch immer leidet Helen Selleck (Jenny Neumann) unter ihrer traumatischen Vergangenheit, im Kindesalter erlebte sie Ruchlosigkeit und Tod der eigenen Mutter hautnah. Inzwischen ist die junge Frau eine talentierte Schauspielerin, Regisseur George D'alberg (Max Phipps) engagiert die Nachwuchskraft für ein kurz vor der Premiere stehendes Theaterstück. Auch Terry Besanko (Gary Sweet) ergattert eine Rolle, überdies scheint er Helen sehr zugetan, bemüht sich charmant um Nähe. Derweil wird Helen von grausigen Albträumen und Visionen geplagt, bald ereignen sich fürchterliche Morde im Umfeld des Schauspielhauses ...
Bewusst halte ich den Inhaltseinblick zu
"Nightmare on the Street" (Titel für den deutschen Markt) kurz. Zwar wird der Streifen gern in die Schublade Slasher sortiert, doch Regisseur John D. Lamond gönnt sich immer wieder Blicke über den Tellerrand, bricht Grenzen des Genres auf. So fällt zunächst die recht offensive Gestaltung diverser Nacktszenen ins Auge, offensichtlich kann und will Lamond seinen Bezug zu erotischen Werken nicht leugnen. Morde machen nicht durch besonders spektakuläre Effekte auf sich aufmerksam, versprühen eher eine bedrückende bis nahezu verstörende Stimmung. Wenn in diversen Klassikern und Mitläufern der
-oft maskierte- Schlitzer meuchelt, macht sich beim Zuschauer angenehme Horroratmosphäre breit. Hier greift dieses ungeschriebene Gesetz nicht, hier wird die wohlig blutwarme Suhle zur unbequemen Lava des Schmerzes.
"Nightmares" stellt Killer und Motiv klar in den Raum, dreht Ensemble und Betrachter dennoch durch den Fleischwolf, nicht nur Glas zerspittert im Wahn aus Lust, Leid und Terror. Nicht minder elektrisierend Schnitt- und Szenenfolge, Taumel zwischen Hektik und Liebe zum Detail, bei Betrachtung des Gesamtpakets durchweg stimmig.
Großes Lob für Hauptdarstellerin Jenny Neumann. Wüste Übertreibungen treffen subtile Zwischentöne, Schönheit wird im Eiltempo zur Haßfratze, zu keiner Sekunde lässt mich die junge Dame unberührt, nie war hemmungslose Übertreibung prächtiger. Gary Sweet sorgt für Ansätze von Erdung, sein Terry ist ein angenehmer Typ, wünschen wir ihm Glück
(was freilich ein hoffnungsloses Unterfangen bleibt). Max Phipps poltert als schablonenhafter Regisseur durch den Saal, zeigt sich zunehmend dünnfellig. Vor allem John Michael Howson darf für herrliche Momente sorgen, in der Rolle des tuntigen Kritikers Bennett Collingswood spuckt er Gift und Galle, will manchen Beteiligten nicht nur auf den schmerzempfindlichen Zahn fühlen. Ich möchte mich nicht in endlosen Auflistungen ergehen, belasse es bei herausragenden Charakteren, verneige mich erneut vor Jenny Neumann!
Ist
"Nightmares" Kunst im Schundgewand? Schund im Kunstgewand? Großes Kino auf kleinem Fuß? Vielleicht die verkannte Avantgarde des Schlitzerfilms? Egal zu welchem Ergebnis man kommen mag, sofern überhaupt ein Stempel haftet, dieses Werk ist ein besonderer Film, ergißt sich abseits des großen Stroms in mein Herz, Hirn und den fahlen Schein des Grauens. Mir ist das einen Eintrag ins Buch der unverkrampft-abseitigen Spektakel wert. Down Under dreht am Rad, meine Rübe fühlt sich zwischen den rotierenden Speichen wohl. Danke!
CMV präsentiert
"Nightmares" auf einer soliden DVD, der Bonusbereich besteht aus Trailern und einer Bildergalerie. Als Verpackung dienen kleine Hartboxen, zwei unterschiedliche Cover stehen zur Verfügung.
In Zahlen? Muß das unbedingt sein? 7/10? 10/10 für Jenny Neumann, 10/10 für Mut und Kreativität der Verantwortlichen!
Lieblingszitat:
"Lass diese Scherze!"