Derrick: Folge 103 - Die kleine Ahrens

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untot
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Derrick: Folge 103 - Die kleine Ahrens

Beitrag von untot »

Erstausstrahlung: 27.05.1983

Bestialischer Mord: auf einem alten Werksgelände wird Bernhard Molz gefesselt und erhängt aufgefunden.
Während der Spurensicherung taucht Oberstudienrat Blomann auf, der vorgibt, an der Kultur untergegangener Industrien interessiert zu sein.
Erstaunlich: Blomann verkehrt im Nachtclub "Paradies", dem Stammlokal von Bernhard Molz!

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Mit:
Hans Caninenberg (Dr. Blomann)
Lisa Kreuzer (Vera)
Peter Chatel (Bernhard Molz)
Pascal Breuer (Konrad Jacobi)
Renate Grosser (Frau Reiners)
Silvia Janisch (Sandra)
Dieter Schidor (Hannes Guhl)
Gert Burkard (Kellner Brusse)
Gefion Helme (Frau Winterfeld)
Wega Jahnke (Ursula Hardt)
Miriam Mahler (Eliane)
Ilse Neubauer (Fräulein Schwindt)
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Blap
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Re: Derrick: Folge 103 - Die kleine Ahrens

Beitrag von Blap »

Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Derrick Collectors Box 7 (Folge 91-105)


Folge 103 - Die kleine Ahrens (Deutschland 1983)

Oberstudienrat Dr. Blomann (Hans Caninenberg) bereitet seiner Haushälterin Frau Reiners (Renate Grosser) Sorgen. Neuerdings schlägt sich der Lehrer die Nächte auswärts um die Ohren, kommt angetrunken nach Hause, seine Kleidung riecht nach Qualm und aufdringlichem Parfüm. Tatsächlich verbringt Blomann die Abende in einem zwielichtigen Nachtclub, vor allem die Bardame Vera (Lisa Kreuzer) scheint es ihm angetan zu haben. Der Polzei fällt Blomann auf, als er sich an einem Tatort rumtreibt. In einem leerstehenden Industriegebäude wurde ein erhängter Mann namens Bernhard Molz (Peter Chatel) aufgefunden, Blomann entzieht sich mit einer halbwegs glaubwürdigen Ausrede weiteren Fragen. Schnell können Derrick und Klein eine Verbindung zwischen Dr. Blomann und dem Mordopfer herstellen, offenbar kannten sich die Heren aus der besagten Bar, die Blomann seit einigen Tagen mit Ausdauer frequentiert. Derweil sucht der Lehrer die Räumlichkeiten einer Hilfsorganisation auf, die Lebensmittel und Medikamente nach Indien verschickt. Blomann bietet dem Leiter des Vereins Hannes Guhl (Dieter Schidor) seine ehrenamtliche Mitarbeit an. Will er damit sein schlechtes Gewissen beruhigen, versteckt sich hinter der Fassade des Bildungsbürgers ein eiskalter Killer???

Hans Caninenberg in der Rolle des Lustgreises, der sich Hals über Kopf in den dritten (und vermutlich letzten) Frühling stürzt. Was zunächst nach üblichem Klischee riecht, erweist sich im weiteren Verlauf als Finte, Caninenberg (und dem Drehbuch) gelingt diese Täuschung gekonnt. Ähnlichkeiten mit "Die Stunde der Mörder" (89) sind nicht von der Hand zu weisen, doch diesmal ist die Rolle Caninenbergs vielschichter angelegt, gleiches gilt für die Gesichte hinter "Die kleine Ahrens". Lisa Kreuzer gehört fast zur Stammbesetzung innerhalb der Reihe. Sie erweist sich dabei stets sehr wandlungsfähig, obschon ich sie hier nicht für die ideale Besetzung halte. Ein wenig mehr Sexappeal hätte der Bardame Vera gut zu Gesicht gestanden, Kreuzer erscheint mir auch "aufgedonnert" eine Spur zu bieder und seriös. Peter Chatel macht uns das Opfer, wegen akuter Spoilergefahr gehe ich nicht weiter darauf ein. Renate Grosser mutet wie ein Hausdrachen an, in ihrer Besorgnis um den geschätzten Chef verhält sie sich recht ungelenk, eine gute Leistung der kernig-kantigen Schauspielerin. Gefion Helme taucht als liebenswerte ältere Dame auf. Erneut droht die Gefahr zu viel zu verraten, ergo verzichte ich auf eine Erwähnung der übrigen Darsteller. Hans Caninenberg ist der Star dieser Folge, Schauspielkunst der Spitzenklasse. Sklave Berger darf selbstständig denken und handeln, selbstverständlich nur in einer sehr überschauren Dosis.

Das "Nachtcabaret Paradiso" sorgt für wohlige Sleaze-Atmosphäre, Zigarettengestank und nuttige Duftwässerchen kriechen fast aus der heimischen Glotze hervor. Der Zuschauer wird aufs Glatteis geführt, wenn sich der Nebel bereits nach ungefähr der Hälfte der Spielzeit weitgehend verzieht, wird der Unterhaltungswert dadurch angenehmerweise dennoch nicht beschädigt. "Die kleine Ahrens" hätte sicher Stoff für einen Spielfilm hergeben, in den knapp einstündigen Rahmen wurde jede Menge Stoff gepackt. Hektik kommt nicht auf, manch interessante Nebenfigur hätte mehr Spielzeit gut vertragen, Potenziel ist im Überfluß vorhanden. Günter Gräwert verknüpft die unterschiedlichen Schauplätze gekonnt, überdies war das starke Drehbuch (ich wiederhole mich), sicher nicht leicht mit Stil und angemesssener Tiefe in das enge Korsett von 60 Minuten zu pressen. Die Lösung zeichnet sich drohend am Horizont ab, Gewinner gibt es nicht (doch, den Rechtsstaat). Während der Abspann bereits startet, wechseln Tappert und Caninenberg noch einige Worte. Derrick schaltet das Licht aus, schliesst die Tür. Auf Musik wurde verzichtet, zurück bleibt Stille und ein (hoffentlich) nachdenklicher Zuschauer.

7,5/10 (gut bis sehr gut)
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