Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"
Derrick Collectors Box 8 (Folge 106-120)
Folge 114 - Keine schöne Fahrt nach Rom (Deutschland 1984)
Sabine Reis (Beate Finckh) und ihr Freund Martin Maurus (Thomas Schücke) wollen gemeinsam nach Rom trampen. Zunächst findet sich keine Mitfahrgelegenheit, doch irgendwann hat Sabine endlich einen LKW aufgetan. Als Martin einsteigen möchte, verpasst man dem jungen Mann einen Tritt vor die Brust, der Laster braust ohne ihn davon. Immerhin kann Martin wenige Sekunden später einen PKW stoppen. Dessen Fahrer (Heinz Reincke) zeigt sich zunächst hilfsbereit, wirft den ungebetenen Mitfahrer jedoch nach einigen Kilometern auf einem Parkplatz aus dem Auto. Am nächsten Morgen wird Sabines Leiche gefunden, das Mädchen wurde geschändet und wie Abfall entsorgt. Martin Maurus bekam die Insassen des Lastkraftwagens zwar nicht zu Gesicht, kann aber Angaben zum Namen der Spedition machen. Kollege Hamann (Wolfgang Müller) vom Raubdezernat berichtet von LKW-Diebstählen, offenbar wurde das betreffende Fahrzeug bereits vor Sabines Tötung von einer gut organisierten Bande gekapert, die Fahrer der Spedition wurden bei diesem Überfall leicht verletzt. Maurus stellt auf eigene Faust Nachforschungen an, bewusst hält er Informationen zurück, obschon Derrick ihn auf die Gefahren aufmerksam macht. Lässt sich der junge Mann auf ein lebensgefährliches Spiel ein, will er Rache für die Vergewaltigung und Ermordung seiner Freundin üben...???
Im Gegensatz zu seinen Darbietungen in den Folgen
"Am Abgrund" (80) und
"Das sechste Streichholz" (85), spielte Thomas Schücke in
"Tödliches Rendezvous" (104) recht hölzern auf. Nun scheint er teils zur Salzsäule erstarrt, geistert wie ein Beamter auf Valium durch das Szenario. Ist das genialer Minimalismus, ist das Arbeitsverweigerung? Ich weiss es nicht. Gleichwohl passt Schückes
"konsequentes Nicht-Schauspiel" gut zur inneren Leere der Figur Martin Maurus, nach dem gewaltsamen Tod seiner Freundin fällt der Bursche in ein tiefes Loch, hinzu kommen selbstzerstörerische Vorwürfe, hatte er den besorgten Eltern Reis doch versprochen auf ihr Mädchen zu achten. Heinz Reincke windet sich wie ein schleimiger Wurm, dem sympathischen Schauspieler gelingt mühelos die Darstellung eines widerlichen und feigen Menschen. Udo Thomer und Christiane Hammacher sehen wir als Eltern des Mordopfers, Thomer wurde diesmal nicht als Ekel besetzt, eine erfrischende Maßnahme. Sabine Reis kommt als aufgeweckter Sonnenschein daher, umso härter trifft ihr Tod den Zuschauer. Wolfgang Müller gehört nicht zur Riege der Superbullen, Harry gibt dem Kollegen hilfreiche Tipps. Ulli Kinalzik muss
(mal wieder) als skrupelloser Fiesling herhalten, geschmacklose Cowboystiefel inklusive, meine Augen schmerzen noch immer.
Fahrt nicht per Anhalter, es könnte euer letzter Trip sein! Der Hinweis ist nicht zu übersehen/überhören, allzu penetrant wird der erhobene Zeigefinger angenehmerweise nicht erhoben. Der Fall entwickelt sich zu einem kurzweiligen Drama um einen trauernden Menschen, der in seinem Schmerz und der allumfassenden Hoffnungslosigkeit jegliche Vernunft abstreift, dabei gleichzeitig sehr methodisch und abgeklärt vorgeht. Das Finale unterstreicht die Eigenschaften der Protagonisten, letztlich sollte damit auch der schnarchigste Zuschauer klare Einblicke erhalten. Triste Kulissen
(Autobahn, Speditionsgelände) untermalen vortrefflich die melancholische Stimmung. Frank Duval steuerte den Song
"Living Like a Cry" bei. Leider zählt das Stück nicht zu den Sternstunden des Musikers/Komponisten, zu allem Überfluß wird das Geplärre sehr ausdauernd eingesetzt, keine gute Entscheidung. Regisseur Alfred Weidenmann inszeniert mit gutem Gespür für Tempo und Atmosphäre, daran ändert auch Duvals Geseier nichts. Vielleicht noch ein paar Worte zu Horst Tappert. Erneut versucht Derrick einen Betroffenen über die väterliche Schiene zu erreichen
(siehe Folge 112 "Drei atemlose Tage"), scheitert aber diesmal bereits im Ansatz, da die zu umsorgende Person bereits zu tief in der eigenen Gefühlswelt gefangen ist. Freilich wirft unser Oberinspektor nicht die Flinte ins Korn, obwohl er den Bengel am liebsten übers Knie legen möchte. Herrliche Dialoge:
Harry:
"Er sucht offenbar die Konfrontation mit den Tätern, eine persönliche Konfrontation."
Stephan:
"Ein Irrer!"
Einer geht noch:
Stephan:
"Wir müssen rein, der Junge ist in Lebensgefahr! Was sollen wir tun!?"
Harry:
"Reingehen!"
Stephan:
"Ich hau ihm den Arsch voll."
7,5/10 (gut bis sehr gut)