Cover der Derrick Collectors Box 4, welche die Folgen 46-60 enthält
Folge 46 - Kaffee mit Beate (Deutschland 1978)
Beate Schill (Helga Anders) und ihre Freundin Helga (Johanna Elbauer) warten aufgeregt auf ihren Vorsprechtermin, die jungen Schauspielerinnen hoffen auf ein Engagement beim Theater. Weil Helga besonders nervös ist, gibt Beate ihr eine mit Alkohol gefüllte Praline. Auf dem Weg zur Bühne bricht Helga zusammen, wenig später verstirbt sie im Krankenhaus. Beate ist ausser sich, niemals würde sie ihrer Freundin nach dem Leben trachten. Die Laboruntersuchung bestätigt derweil den grausigen Verdacht, die Pralinen waren tatsächlich vergiftet. Die gefüllten Süssigkeiten lagen am Morgen in Beates Zimmer, sie weiss nicht wer der "edle" Spender ist. Offenbar galt der Mordanschlag nicht Helga, doch wer ist daran interessiert Beate zu töten? Derrick hat eine zündende Idee. Die junge Frau lebt in einem Zimmer in einer grossen Wohnung, gewissermaßen in einer "ganz besonderen" Wohngemeinschaft. Glücklichweise ist momentan ein Zimmer frei, Harry "darf" sich als verdeckter Ermittler verdingen, nur Beate wird über seine wahre Identität informiert. Die Vermieterin Frau Pacha (Agnes Fink) mutet ein wenig seltsam an, berichtet aber freimütig darüber, dass alle Bewohner ganz besonders in die liebenswerte Beate vernarrt seien...
Hui, diese Folge brennt ein regelrechtes Feuerwerk ab, die Charaktere sind herrlich überzeichnet, teils geradezu grotesk. Helga Anders sehen wir als vermeintlich naives Mädchen, welches sich mehr und mehr als die personifizierte Verführung entpuppt. Zumindest übt sie auf ihre Mitbewohner massive Anziehungskraft aus, selbst Harry kann sich nur schwer den Reizen der jungen Schönheit entziehen. Agnes Fink spielt als neugierige Vermietin toll auf, Tilly Lauenstein übertrumpft sie in der Disziplin Schrulligkeit sogar noch. Klaus Herm sehen wir als Herrn Pacha, den unscheinbaren Bruder von Agnes Fink. Peter Pasetti wird von Tilly Lauenstein umgarnt, die er barsch abbügelt, während er sich gleichzeitig nach Beate verzehrt. Christian Quadflieg sieht als junger Bursche den neuen Mitbewohner als gefährlichen Konkurrenten. Horst Tappert hat in "Kaffee mit Beate" wenig zu tun, während dieser Folge darf Fritz Wepper den grössten Teil der Arbeit erledigen.
Unglaubliche Dinge spielen sich hinter der gutbürgerlichen Fassade ab. Ein Wohngemeinschaft die äussert bizarr anmutet, man lausche den herrlichen Dialogen, sehe sich die befremdlichen Fratzen an. Wenn man einem Derrick-Regisseur eine besonders skurrile Folge zutraut, dann ist es sicher Alfred Vohrer. Doch mit dem üblichen (von mir geliebten) "Vohrer-Popanz" hat "Kaffee mit Beate" gar nicht so viel zu tun, von wenigen erotischen Momenten abgesehen. Wenn man sich auf dieses ungewöhnliche Treiben einlassen kann, sind etliche Schenkelklopfer garantiert! Bei genauem Hinsehen wird die Tragik der einzelnen Figuren sichtbar, die in Verbindung mit den sehr skurrilen Auswüchsen, zu einem reizvollen und auf eigenwillige Art faszinierenden Erlebnis wird. Gern hätte man diesen Beitrag in Spielfilmlänge ausführen dürfen! Als Kriminalfall macht der Stoff nicht viel her, dazu ist die Auflösung zu vorhersebar. Die Stärken dieser Geschichte sind die schrillen Charaktere, die unter der hochklassigen Regie von Alfred Vohrer erblühen!
Als übliche Folge bewertet: 7/10 (gut). Als bizarrer Ausflug bewertet: Unfassbar und grandios!