Die Fortsetzung der
"Mega-Derrick-Sause"
Cover der Derrick Collectors Box 5, welche die Folgen 61-75 enthält
Folge 69 - Tödliche Sekunde (Deutschland 1980)
Achim Rudolf (Uwe Ochsenknecht) ist mit dem Moped auf dem Weg nach Hause, kurz zuvor hat er sich von seiner Freudin Marianne Schieder (Irina Wanka) verabschiedet. Als er in einer Nebenstrasse kurz anhalten muss, entdeckt er dort den geparkten PKW seines Vaters Albert (Werner Kreindl). Plötzlich ertönen laute Hilferufe, ganz in der Nähe wurde der Besitzer einer Lottoannahmestelle getötet, zudem wurde eine grössere Summe Geld geraubt. Frau Kahl (Eva Brumby), die Gattin des Opfers, gibt bei ihrer Zeugenaussage an, sie habe drei Gestalten gesehen. Eine brauchbare Beschreibung kann die geschockte Frau nicht zu Protokoll geben, gleiches gilt für ihre Tochter Ina (Lisa Kreuzer) und deren Ehemann Gerhard (Werner Asam), die im Haus der Kahls leben und zur Tatzeit anwesend waren. Achim stellt wenig später fest, dass der Wagen seines Vaters inzwischen verschwunden ist. Den jungen Mann beschleicht ein schrecklicher Verdacht, mit dem er seinen Vater unverblümt konfrontiert. Vieles spricht für eine Täterschaft Albert Rudolfs, vor allem sein Vorstrafenregister, welches im Zusammenhang mit dem Raub höchst brisant erscheint...
Werner Kreindl und Uwe Ochsenknecht funktionern als Vater und Sohn vortrefflich. Nein, weil die Beziehung so gar nicht funktionieren mag, bietet sie den Schauspielern eine reizvolle Bühne, die Kreindl und Ochsenknecht dann auch erstklassig für sich zu nutzen wissen. Übrigens sieht Ochsenknecht hier "Buffalo Bill" sehr ähnlich, dem Serienkiller aus "Das Schweigen der Lämmer", der 1991 von Ted Levine dargestellt wurde (Das tut nichts zur Sache, aber ich wollte es unbedingt anmerken). Irina Wanka sehen wir als hübsche Freudin des Herrn Ochsenknecht, Ida Krottendorf als verängstige Mutter des Burschen. Lisa Kreuzer hatte bereits mehrfach eindrucksvolle Auftritte innerhalb der Reihe (z. B. Folge 38 - Inkasso, Folge 47 - Solo für Margarete), in "Tödliche Sekunde" bleibt sie zurückhaltend, nebensächlich. Überhaupt sind die Rollen der "Opferfamilie" eher unscheinbar angelegt, lediglich Eva Brumby hat ein paar starke Momente. In Nebenrollen tauchen Charakterkopf Dan van Husen und Klaus Münster auf, die als schrullige Brüder am Start sind.
Der gestörten Vater-Sohn-Beziehung räumt man viel Platz ein, jedoch wird der interessant konstruierte Kriminalfall nicht an den Rand gedrängt. Es ist nicht nur der Sohn, der seinem alten Herrn nicht über den Weg traut. Nein, auch der vorbestrafte Vater mißtraut seinem Sprößling, zweifelt mit Nachdruck an dessen Loyalität und Familiensinn. Das Drehbuch baut nicht auf Krawall, die Fäuste Kreindls und Ochsenknechts bleiben kalt, lediglich der Tonfall wird ansatzweise eine Spur harscher. Auf Zbynek Brynych ist Verlass, seine Inszenierung verrät ein gutes Gespür für feine Zwischentöne, die oft gar nicht so einfach in den vorgegebenen Rahmen von einer Stunde Spielzeit zu packen sind. "Tödliche Sekunde" ist eine gute und unterhaltsame Folge, deren Auflösung sich auf nachvollziehbare Art ein wenig komplexer als üblich gestaltet.
7/10 (gut)