Die Fortsetzung der
"Mega-Derrick-Sause"
Cover der Derrick Collectors Box 5, welche die Folgen 61-75 enthält
Folge 72 - Der Tod sucht Abonnenten (Deutschland 1980)
Nach einem langen Arbeitstag möchte Derrick den verdienten Feierabend geniessen. Plötzlich hört er laute Hilfeschreie, in letzter Sekunde kann er eine junge Frau (Dinah Helal) davor bewahren, von zwei unbekannten Gestalten in ein Auto gezerrt zu werden. Unser Lieblingsermittler erkennt sofort den Ernst der Lage, das Mädchen leidet offensichtlich unter starken Entzugserscheinungen. Während Derrick telefonisch einen Arzt verständigt, macht sich die Süchtige in aller Eile aus dem dem Staub. Die anschliessende Suche endet mit einem herben Tiefschlag, die junge Frau hat sich in der Toilette einer verufenen Kneipe erhängt. Derrick geht das traurige Schicksal des Mädchens nahe, er versucht die Hintergründe aufzudecken. Die Tote hieß Lieselotte Schenke, sie wohnte mit Marga Mende (Verena Peter) zusammen, die ebenfalls von Heroin abhängig ist. Lieselottes Bruder Rudolf Schenke (Manfred Zapatka) reist an, er möchte für einige Tage im Zimmer seiner verstorbenen Schwester leben, will das Unfassbare verstehen, verarbeiten. Derweil stellen Derrick und Klein weitere Nachforschungen an, die sie zu einer Grafikerschule führen, welche von Lieselotte und Marga besucht wurde. Vor allem fällt Kurt Weber (Jacques Breuer) auf, der für einen Schüler auf verdammt großem Fuß lebt...
Diesmal steht der erschreckende Werdegang junger Mädchen im Blickpunkt, die in die gnadenlose Knochenmühle aus Drogensucht und Prostitution geraten. Noch vor "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" wird die Abhängigkeit von Heroin thematisiert. Ich erinnere mich noch recht gut an die frühen achtziger Jahre, die Hysterie um Drogen und deren Folgen war damals allgegenwärtig. "Der Tod sucht Abonnenten" wedelt dermaßen heftig und ausführlich mit dem erhobenen Zeigefinger vor der Nase des Zuschauer herum, dass die gut gemeinte Warnung nahezu in Richtung Nerventerror abdriftet. Glücklicherweise kippt die Folge nicht in unerträgliche Gefilde ab, was wir der flotten Inszenierung von Zbynek Brynych zu verdanken haben. Trotz "Zaunpfahl" und gebotener Ernsthaftigkeit, transportieren die teils skurrilen Dialoge und überzeichneten Charaktere einen hohen Unterhaltungswert. Selbst der ansonsten stets souveräne Derrick verliert fast die Contenance, macht der ausflippenden Marga eine harte Ansage:
"Wenn Sie hysterisch werden, versohle ich Ihnen den Hintern!" Horst Tappert entgleisen jedoch vor allem die Gesichtszüge, wenn er sich mit dem von Jacques Breuer dargestellten Widerling auseinandersetzen muss. Fritz Wepper macht seinem Unmut im Büro Luft, zwar ziemlich aufgesetzt, aber ohne Frage sehr kurzweilig.
Das Ensemble soll nicht ohne Würdigung bleiben. Verena Peter liefert als Drogenwrack eine erstklassige Vorstellung ab, hat starke Szenen mit dem sehr engagierten Manfred Zapatka. Aus der Verzweiflung heraus entwickelt sich ein Band zwischen den Charakteren, für Marga vielleicht ein Weg aus Drogensumpf? Dirk Dautzenberg dreht als Onkel der Toten durch, Frank Muth spielt dessen Sohn. Muth mutet wie eine groteske Schiessbudenfigur an, inklusive einzigartig bizarrer Brille und Trenchcoat mit aufgestelltem Kragen. Jacques Breuer spielt überzeugend einen äusssert schmierigen Kerl, einen aalglatten Widerling der ekelhaftesten Sorte. Käte Jaenicke und Ute Willing füllen die Abteilung der verzweifelten Figuren auf, Herbert Tiede gibt den überforderten Schuldirektor. Die Reihe kann quasi immer mit starken Darstellern auftrumpfen, diese Folge sticht besonders hervor, auch -aber nicht nur- wegen Verena Peter und Manfred Zapatka. Der Score von Frank Duval ist mir sehr positiv aufgefallen, eine Passage aus dem Pink Floyd Album "Wish you were here" kommt ergänzend zum Zuge.
7/10 (gut) - Eventuell sogar ein halbes Pünktchen mehr, sofern man die penetranten Versuche den Zuschauer zu gängeln nicht berücksichtigt.